Wie
verkündete es neulich der CDU-Fraktionschef und Heckler-und-Koch-Lobbyist
Kauder?
In Brüssel wird wieder deutsch gesprochen.
In Brüssel wird wieder deutsch gesprochen.
Und
leider spricht man in Deutschland auch deutsch.
Die
Deutschen wollen keine linke Regierung am Tisch und setzen alles daran Syriza
aus Brüssel zu vertreiben.
Mittlerweile
lügen auch die SPD-Großkopferten Gabriel und Schulz nach
Herzenslust – offensichtlich hoffen sie damit bei den
schlecht informierten und xenophoben Wählern in Deutschland zu punkten.
Prof.
Gesine Schwan (SPD), Politikwissenschaftlerin: „Die Gläubiger wollen ein für allemal verhindern, dass eine alternative
Wirtschaftspolitik zum Zuge kommt, das ist ganz klar. Und das ist ganz schlimm,
denn wenn diese Wirtschaftspolitik, die jetzt betrieben wird, nicht zugunsten
der Menschen geht, dann ist das schlimm für die Menschen. Und daraus erklärt
sich auch die Härte des Kampfes. Denn an Griechenland zeigt sich, ob die
Europäer offen bleiben können für andere politische Optionen angesichts dieser
Schuldensituation oder ob sich eine bestimmte Wirtschaftspolitik, eben die der
Austerität, durchsetzt nur durch Sparen wachsen, die bisher nach meinem
Eindruck nirgends wirklich Erfolg hatte.“
Prof.
Thomas Piketty, Paris School of Economics: „Wir
müssen anfangen, unsere Irrtümer einzusehen. Wenn wir eine so schlechte
wirtschaftliche Performance haben und doppelt so hohe Arbeitslosenzahlen wie in
den Vereinigten Staaten, dann weil wir eine viel zu strenge Sparpolitik
betrieben haben.“
Demokratie
ist inzwischen weniger gefragt, unter Merkels perfiden Ägide zählt nur
neoliberales Diktat.
Merkel und Lagarde entwickeln sich mehr und mehr zu
den Totengräberinnen Europas.
Erstere
vertritt ein Land, das bis heute das im WK-II von Griechenland geraubte Geld nicht zurückzahlen will,
das nach dem ersten und zweiten Weltkrieg nur durch gewaltige Schuldenschnitte
wieder auf die Beine kam und stammt zudem aus der DDR, die auch niemals die
eigenen Schulden zurückgezahlt hätte, wenn nicht ein anderer Staat eingegriffen
hätte.
Letztere
war zu doof, um bei der ENA angenommen zu werden
und scheiterte als französische Ministerin.
Zu Wochenbeginn ist im Wall Street Journal ein ausführlicher Beitrag
über die deutsche Rolle in der EU erschienen, der auch die Folgen der Berliner
Krisenpolitik scharfsichtig analysiert. Der Autor des Beitrags zeichnet in
groben Zügen zunächst nach, wie die Bundesrepublik in den vergangenen Jahren
zur dominierenden Macht der EU geworden ist. Jahrzehntelang habe es ein
"Tandem aus Frankreich und Deutschland" gegeben, das in Brüssel den
Ton angegeben habe, heißt es in dem Text; deutsch-französische Kompromisse
hätten, weil sie von stark divergierenden Standpunkten aus erzielt worden
seien, die übrigen EU-Staaten gewöhnlich integrieren können. Seit Deutschland
nun allein dominiere, sei diese Integrationskraft nicht mehr gegeben. Berlins
Macht schaffe stattdessen neue Spannungen in der EU, die gegen "die
anschwellende Dominanz eines ihrer Mitglieder" zu kämpfen habe. Spätestens
mit dem griechischen "Nein" vom vergangenen Sonntag seien "die
Gefahren, die aus Deutschlands Aufstieg für das europäische Projekt resultieren,
deutlich geworden" - aus einem einfachen Grund.
Denn mit jeder Krise,
deren Lösung die deutsche Kanzlerin dominiert habe, sei vielen Menschen in der
EU die Botschaft vermittelt worden, dass gänzlich "ungeachtet der
Lippenbekenntnisse zu einem gemeinsamen 'Europäischen Projekt' die Deutschen
und gesichtslose Bürokraten in Brüssel den Takt vorgeben", heißt es weiter
im Wall Street Journal.. Gelinge es nicht, die Griechenland-Krise in nächster
Zeit einzudämmen, werde der Widerstand gegen "die deutsche Macht in
Europa" wohl weiter wachsen. Ähnlich wie die Rolle der Vereinigten Staaten
die ganze Welt polarisiere, "polarisiert die deutsche Macht Europa",
schreibt der Autor. Dabei gehe der Riss durch alle Länder.
Ich meine
zu beobachten, daß sich die Merkel-Gabriel-kritischen Stimmen inzwischen doch
häufen.
Zu
offensichtlich verabreicht insbesondere Schäuble der griechischen Wirtschaft immer weiter Rattengift.
Genau
die „Medizin“, die Syrizas christdemokratische und sozialdemokratische
Vorgänger brav exekutiert hatten und damit Griechenland ruinierten.
Wenn es
Merkel und ihrem fanatischen Finanzminister gelingen sollte, Europa kaputt zu
machen und zig Millionen Menschen zur Freude der Banker ins soziale Elend zu
stürzen, können sie nicht a posteriori behaupten, es nicht besser gewußt zu
haben.
Es
mangelt nicht an mahnenden Stimmen
Berliner Blockierer. Es spricht viel dafür: Deutschlands Regierung
unternimmt zurzeit fast alles, um Griechenland aus dem Euro zu werfen. Denn
wenn es stimmt, dass Merkel ohne den IWF kein Rettungspaket schnüren will, der
aber auf einen Schuldenschnitt besteht, den Merkel wiederum kategorisch
ablehnt, dann lässt sich daraus eigentlich nur ein Schluss ziehen: Selbst wenn
die griechische Regierung auf den Knien nach Brüssel rutschen würde (was sie
längst tut), wären Merkel und Schäuble kaum bereit, Griechenland in der
Euro-Zone zu halten.
Die martialische
Spar-Rhetorik der letzten Wochen wäre damit entlarvt: Als politisches
Schmierentheater auf Kosten der griechischen Bevölkerung. Die wahren
Blockierer, das lehren uns die letzten Tage, sitzen eben nicht in Athen sondern
in Berlin.
Der Traum des
deutschen Finanzministers von einem wohlhabenden "Kerneuropa" – er
scheint zum Greifen nah. Dass Griechenlands Rentner oder Spaniens junge
Arbeitslose sich dafür nichts kaufen können. Das gehört offenbar zum eiskalten
Zynismus dieses Kalküls.
(Georg
Restle, WDR, 10.07.2015)
[Brüssel
und Berlin] hielten die Krisenstaaten mit
Notkrediten zahlungsfähig, und zwangen sie, ihre Ausgaben radikal zurückzufahren.
Zugleich definierten sie die Finanzkrise, die aus der maßlosen Kreditvergabe
der Banken entstanden war, zu einer Staatsschuldenkrise um und dehnten das
Sparkorsett mit ihrem „Fiskalpakt“ auf die ganze Euro-Zone aus.
Und um das zu
rechtfertigen, beriefen sie sich auf eine Theorie, die schon seit 70 Jahren
widerlegt ist. Es sei „ein Irrtum, zu meinen, dass Austerität dem Wachstum und
der Schaffung von Jobs schadet“, behauptete etwa Trichet im Juli 2010. Das
„größere Problem“ sei vielmehr „der Mangel an Vertrauen bei Haushalten und
Unternehmen, dass die staatliche Haushaltspolitik nicht nachhaltig ist“.
Heute, fünf Jahre
später, ist klar: Es ist genau anders herum. Mit jedem Euro, den die Staaten
sparten, verloren sie bis zu 1,50 Euro an Wirtschaftsleistung, stellten
Forscher des Internationalen Währungsfonds (IWF) schon 2012 fest. Im Ergebnis
investierten die Unternehmen immer weniger, dafür stiegen die Schuldenquoten
und die Arbeitslosigkeit. Und weil alle Euro-Länder gleichzeitig ihre Ausgaben
kappen, fällt die europäische Wirtschaft weiter zurück.
Doch merkwürdig: Alle
Verantwortlichen weigern sich rundheraus, diesen eindeutigen empirischen Befund
anzuerkennen. Und das selbst im Fall Griechenland. Nachdem die Wirtschaft dort
bereits um volle 25 Prozent geschrumpft ist, fordern Finanzminister Schäuble
und seine Kollegen gemeinsam mit IWF-Chefin Lagarde und EZB-Chef Draghi weitere
Kürzungen, welche die Rezession um noch einmal zehn Prozent verschärfen würde.
Diese demonstrative Ignoranz nährt einen schlimmen Verdacht: Es geht Europas
Regenten gar nicht um Prosperität. Stattdessen missbrauchen sie das Spardiktat
als Machtinstrument, um den Rückbau des Wohlfahrtsstaats zu erzwingen. Draghi
behauptete schon 2012, „das europäische Sozialmodell“ sei „vergangen“. Und so
wurden in den Krisenstaaten Tarifverträge und Arbeitnehmerrechte abgeschafft,
die Renten- und Gesundheitssysteme zur Minimalversorgung eingedampft und die
Gewerkschaften völlig marginalisiert.
"Auf der
Grundlage monatelanger Verhandlungen bin ich [= Varoufakis –T.]
davon überzeugt, dass der deutsche Finanzminister will, dass Griechenland aus
der Währungsunion herausgedrängt wird, um die Franzosen das Fürchten zu lehren
und sie zu zwingen, sich seinem Modell einer Eurozone zu unterwerfen, in der
strenge Disziplin herrscht." Varoufakis nennt das "Schäubles Modell
einer Zuchtmeister-Eurozone". Der Deutsche wolle "klare Verhältnisse
schaffen, auf die eine oder andere Weise".
Wehe dem Volk, das
eine Regierung wählt, auf der nicht Merkels Segen ruht. Es wollte ja schon
einmal ein griechischer Premierminister ein Referendum abhalten, Georgios
Papandreou, im Oktober 2011. Es kam dann nicht dazu, Papandreou wurde von den
eigenen Leuten um sein Amt gebracht. Aber erst mal waren die Deutschen fuchsteufelswild.
Als sie von der Sache Wind bekamen, stoppten sie die Zahlung einer fälligen
Tranche - einfach so. Und als sie sich eines Besseren besonnen hatten,
formulierte Angela Merkel persönlich die Frage, die dem griechischen Volk
vorgelegt werden sollte.
In der Eurokrise
agieren wir mit geradezu kaiserlicher Selbstgerechtigkeit. [….] Längst haben Ökonomen, die nicht dem zerstörerischen Austeritätsdogma
anhängen, den Weg aus der Krise gezeigt: Die Schulden von Staaten müssen nicht
zurückgezahlt werden. Eine Mischung aus Inflation, Sondersteuern auf
Privatvermögen und Schuldenschnitten löst das Problem. Piketty: "Europa
wurde auf dem Vergessen der Schulden und dem Investieren in die Zukunft
gegründet." Und nicht auf Merkels protestantischer Idee der ewigen Buße.
Die Europäische
Integration war auch gedacht als Projekt der Einhegung Deutschlands. Und
langsam könnte uns dämmern: So abwegig war es damals nicht, vor dem
Wiedererwachen eines dunklen deutschen Nationalismus zu warnen. Die
europäischen Staaten, die bei der Niederwerfung Griechenlands jetzt mit Merkel
gemeinsame Sache machen, könnten das eines Tages bereuen. Was wir heute mit den
Griechen machen, kann morgen den Franzosen blühen. [….]
Bereits heute soll
Premier Alexis Tsipras einen neuen Hilfsantrag in Brüssel vorlegen. Am
Donnerstag soll ein neues Spar- und Reformprogramm stehen. Sollten die
Konditionen nicht bis ins Detail bis Freitag Morgen um 8.30 Uhr erfüllt werden,
werde man Griechenland aus dem Euro werfen, droht EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker. Der Grexit sei schon bis ins Detail vorbereitet.
So spricht man nicht
mit Partnern, sondern mit Feinden. Aus diesen Beschlüssen spricht keine
historische Vernunft, sondern der Wunsch nach Rache – dafür, dass sich Tsipras
über den Willen der Euro-Granden hinweggesetzt und sein Volk zu einem „Nein“
hingerissen hat. Es sollte ein „Nein“ zu Ultimaten und Pressionen aus Brüssel
sein - Brüssel antwortet mit neuen Ultimaten.
Gutes kann aus dieser
Politik nicht erwachsen.
(Eric
Bonse taz 08.07.2015)
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