Daß mal
eben mitten in der Hauptstadt Frankreichs ein Dutzend Karikaturisten abgeknallt
wurden, weil sich irgendwelche Religioten in ihren Gefühlen beleidigt fühlten,
war schon ein Schocker.
Die kurz
darauf auftauchende und millionenfach verbreitete „Je suis Charlie“-Graphik mit
weißer Schrift auf schwarzen Grund was meines Erachtens ein Geniestreich.
Zutiefst eindrücklich, trauernd und gleichzeitig ein mutiges Statement.
Zudem
ist sie unverwechselbar. Ein Spruch aus drei einfachen Worten, der aber sehr
konkret ist und sich auf einen spezifischen Anlass bezieht.
Der Ruf
schwoll schnell zu einer solchen Phonstärke an, daß jeder mitmachen wollte.
Sarkozy
und Netanjahu drängelten sich gar mit körperlicher Gewalt in die erste Reihe
vor den Kameras, obwohl sie gar nicht eingeladen waren.
Jeder
sollte auch Charlie Hebdo sein, um seine Solidarität auszudrücken und um einfach dazu zu gehören. Bischöfe und
Peginesen. Rechte und Linke, Kluge und Dumme, - alle wollten auch Charlie sein.
Charlie
Hebdo war eine schöne Metapher, um den Islamisten eins auszuwischen, sich
zusammen zu rotten und hip zu sein.
Es
dauerte ein paar Tage, bis einigen dämmerte was dieser ominöses französische
Karl eigentlich für ein Typ war:
Frech, konfessionsfrei,
unangepasst, respektlos und auch noch zu allem Übel irgendwie links.
Ach Du
Schreck.
Nein,
bei denen wollte man ja eigentlich doch nicht als Sympathisant gelten.
Und so
begann auch schnell die Absetzbewegung von Je suis Charlie.
Einer
der ersten, die klar gegen Meinungsfreiheit und religiöse Meinungsdiktatur
einsetzte, war der Papst. Er fand, religiotische Reflexe wären wichtiger als
demokratische Werte. Wer seine Mutter beleidige, bekäme auch was auf’s Maul
von ihm.
Franzels
Unverschämtheit war eine Initialzündung.
Sofort
begann man sich überall von den getöteten 12 abzusetzen, die eben noch geehrt
wurden. Haben die es eigentlich verdient geehrt zu werden?
Religioten aller Länder schlugen zurück, schoben den Getöteten eine Mitschuld in die Schuhe und sprachen somit die Täter ein Stück weit von der Verantwortung frei. Man findet riesige Mengen an Christen, die auch im 21. Jahrhundert Gewalt rechtfertig.
Religioten aller Länder schlugen zurück, schoben den Getöteten eine Mitschuld in die Schuhe und sprachen somit die Täter ein Stück weit von der Verantwortung frei. Man findet riesige Mengen an Christen, die auch im 21. Jahrhundert Gewalt rechtfertig.
Es folgen einige dialektische
Meisterwerke der Widerlichkeit.
[…]
Wenn
sich die Karikaturisten also gegen die Al-Qaida-Fanatiker durch Lächerlichmachung
des Begründers des Islam abgrenzen wollen, gleichen sie nicht jenen Demagogen,
welche die Entstehung solcher Kampfgruppen dem Islam als solchem zur Last
legen?
[…] Wie im
Nationalsozialismus und Kommunismus, in den Ideologien sowohl des Rassen- und
Klassenhasses als auch in jener der Kultur- und Religionsfeindlichkeit ist der
bourgeoise Westen das Ziel der Angriffe. Frankreich ist ein besonderes Beispiel
der gegenwärtigen westlichen Kultur: Die Schüler dürfen nicht muslimisches
Tuch, christliches Kreuz und jüdische Kippa tragen; das Vorhandensein
christlicher Symbole in der Öffentlichkeit wird bis zu einer Selbstkastration
eingeschränkt, damit „die Muslime nicht entrüstet würden“. Aber eine die
Muslime entrüstende Zeitschrift wird als heiliges Symbol der französischen
Kultur angesehen. Ist nicht das Prinzip der „Laizität“ allmählich zu einer
intoleranten Religion des Atheismus geworden?
(Tomáš Halík,
Professor und Hochschulpfarrer an der Karlsuniversität Prag,
17.01.15 in der FAZ)
[…] Eine
spezielle Mitverantwortung hat im Pariser Fall insbesondere die Satire. Sicher
ist ,Meinungsfreiheit' ein hohes Gut. Doch es korrespondiert im Grundgesetz mit
dem ‚Persönlichkeitsrecht‘, wobei ‚üble Nachrede‘ strafbar ist, wenn
‚Diffamierung im Vordergrund steht‘. Auch ist laut Grundgesetz Paragraf 166 die
"Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgemeinschaften, (…), ‚die
geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, (…) strafbar". Also hier
irrt Tucholsky. Satire darf nicht alles! Satire darf nicht mit militanter
Religionsfeindlichkeit ohne Grenzen beleidigen. Offenbar waren seit Jahren
manche Karikaturen Öl ins Feuer der sozial frustrierten und islamistisch
fanatisierten Attentäter von Paris. Oder um mit einem anderen Bild zu sprechen:
Wer wilde Stiere mit einem roten Tuch reizt, ist der nicht lebensmüde? […]
[…] Mich
macht es sehr traurig zu sehen, wie verführbar der heutige Mensch ist und wie
leicht er sich zu spontanen unüberlegten Reaktionen hinreissen lässt. In der
Zeit der sozialen Netzwerke schiessen Massenphänomene regelrecht aus dem Boden.
Viele Zeitgenossen übernehmen gedankenlos irgendwelche Statements und Slogans
und verbreiten sie, ohne zu überlegen, was sie damit auslösen und mit wem sie
sich damit identifizieren. Ein aktuelles
Beispiel ist die tausendfache Übernahme des Slogans "Ich bin
Charlie". […] Ohne
sich bewusst zu werden, identifizieren sie sich damit aber mit Personen, die
Gott, auch den Gott der Bibel, seit Jahren in den Sumpf ziehen und absolut
keine Achtung vor dem Heiligen in irgendwelcher Form haben, auch nicht vor
Jesus Christus.
Nach eigener Aussage
hassen die Charlie Hebdo-Leiter jegliche Autoritäten. Mit dem Ausspruch
"Ich bin Charlie" identifizieren sie sich mit dem Geist der Rebellion
gegen Gott und alle Autoritäten. […] Ich bin
nicht Charlie und will es auch mit Gottes Hilfe nie werden."
(Hanspeter Nüesch, Präsident von Campus für
Christus Schweiz, idea, 29.01.15)
[…] Der Paderborner
Landtagsabgeordnete Daniel Sieveke
(CDU) hält die
Entwicklung der aktuellen
öffentlichen Diskussion rund um Pegida, Islam sowie Religions- und
Pressefreiheit in Deutschland für gefährlich.
[…] Wenn Satiriker und
Karikaturisten, im Namen der Pressefreiheit, einerseits Mohammed, andererseits
Jesus und andere Religionen verunglimpfen und damit die religiösen Gefühle
vieler Menschen verletzen dürften, während sich
gleichzeitig „alle Welt“ unter dem Slogan „Je suis Charlie!“ mit eben
solchen Meinungsäußerungen solidarisiere,
dann sei das keine gute demokratische, abwägende Grundhaltung.
„Es sind Menschen, die ermordet wurden, das
ist schon Erschütterung unserer Grundwerte genug!“, so Sieveke, der eine pauschale Solidaritätsbekundung auch
mit allen Veröffentlichungen von „Charlie Hebdo“ nicht mittragen möchte: „Ich bin nicht Charlie! Ich bin
Demokrat, Christ, Paderborner, Deutscher, Europäer, Ehemann, Sohn und Vater, aber ich erkläre mich nicht
solidarisch mit zügellosen und verantwortungslosen Meinungsäußerungen, die religiöse Gefühle auf allen Seiten
verletzen.“ Stattdessen sollten sowohl religiöse Führer, als auch Politiker
viel mehr auf die Lebenswirklichkeit der
Bürgerinnen und Bürger Rücksicht nehmen, die zunehmend „schlichtweg Angst“ hätten, so der Paderborner
CDU-Vorsitzende weiter. „Nehmen wir doch einmal an, in Dresden wäre es zu einem Anschlag gekommen, was gottlob nicht
geschehen ist: Wären wir dann auf einmal alle Pegida? Wohl kaum!“ […]
[…] Das
Volk, „der große Lümmel“ (Heinrich Heine), muss erzogen werden. Merke: Gefahr
geht immer von rechts aus. Und wenn sie mal vom Islamisten ausgeht, dann
stecken trotzdem Rechte mit drin. Diese einfache Wandteller-Gewissheit wandert
querbeet durchs politische Geschäft und durch das der Kolumnisten. Da war die Neujahrsbotschaft der Kanzlerin,
tatsächlich ganz besorgte Mutti, allerdings auch eine entsetzlich
bevormundende, sie gängelte, was einen schalen Geschmack hinterließ. Geht nicht
demonstrieren, sagte sie: „Diese Leute haben Vorurteile, bisweilen auch Hass in
ihren Herzen.“
Mit einer gewissen
Konsequenz wächst seitdem der Strom der Pegida-Demonstranten, jener leicht
drolligen Vaterlandssucher und Globalisierungs-Verlorenen und –Ratlosen, und
sicher, Kleinbürger, aber das ist kein Verbrechen.
Immerhin, sie sind
nicht alleine: 60 Prozent der Deutschen so eine jüngste Untersuchung, möchten,
dass „unsere Identität, unsere Werte du Eigenschaften wieder stärker in den
Mittelpunkt rücken.“ Auf 14 Prozent kommen die, die das nicht wollen, unter
denen ganz sicher auch die Antifa-Radikalen, die „Nie wieder Deutschland“
brüllen.
[…] Die
Anschläge von Paris dürften nun endlich den Beweis geliefert haben, dass Pegida
recht hatte mit ihren Ängsten. Dennoch lassen sie weiterhin stoisch die
anschwelenden Beschimpfungen über sich ergehen. Wenn Pegida nicht den Mut und
den Verstand verliert, könnte es eine wichtige demokratische Widerstandsbewegung
sein, eine wirkliche Apo.
[…] Nach
den Morden von Paris hätte ich mir Massenproteste von Moslems in unseren
Straßen gewünscht, einen großen Aufschrei[…]
Matussek
ist wohl am tiefsten gesunken, indem er Pegida im Zusammenhang mit den Charlie
Hebdo-Morden RECHT GIBT. Dabei agitiert Pegida gerade gegen diejenigen, die
OPFER von IS und Al Kaida sind und vor den Islamisten im Irak und Syrien flüchten.
Was für
eine perfide und perverse Lüge Matusseks!
[…] Der
Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich
Bedford-Strohm, hat sich gegen eine zu starke Solidarisierung mit der
französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo ausgesprochen. Er schätze deren
Inhalte nicht, sagte er am Mittwoch in Berlin.
Beford-Strohm fühle
mit den Opfern der Anschläge in Frankreich. Dennoch gelte für ihn: „Ich bin
nicht Charlie“. Vieles, was die Zeitung abdrucke, zeuge nicht von Qualität. Das
sagte der Ratsvorsitzende am Mittwoch beim „Treffpunkt Gendarmenmarkt“, einer
Veranstaltungsreihe seiner Kirche. Obwohl für ihn religiöse Gefühle
schützenswert seien, wandte er sich gegen eine Verschärfung des sogenannten
Blasphemieverbots in Deutschland als „Schnellreaktion“ auf die Attentate in
Paris. Für ihn sei klar, „dass Gott nicht beleidigt werden kann“. […]
Bedford-Strohm rief Christen
außerdem dazu auf, Gespräche mit Religionskritikern zu suchen.
Und
schließlich der Tiefpunkt, die peinlich-feige Absage des Kölner Karnevals an
den Charlie-Hebdo-Wagen.
Der
Charlie-Hebdo-Wagen, der beim Kölner Rosenmontagsumzug mitrollen sollte, bleibt
in der Garage. Über die Entwürfe für den politischen Festwagen war publikumswirksam
bei Facebook abgestimmt worden. Das Festkomitee des Kölner Karnevals hat sich
jetzt aber gegen den Wagen entschieden.
[…]
"In der offiziellen Pressemitteilung
heißt es: 'Einen Persiflagewagen, der die Freiheit und leichte Art des
Karnevals einschränkt, möchten wir nicht.' Einige Kölner hätten sich gemeldet
und Sorgen geäußert." […]
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