Außer der AfD, sind alle Bundestagsparteien sehr stolz auf des deutsche Grundgesetz; unsere Verfassung.
Und natürlich außer der CSU, die dem 1948 auf dem Verfassungskonvent von Herrenchiemsee ausgearbeiteten Text nicht zustimmen mochte.
[…..] In den frühen Morgenstunden des 20. Mai 1949 war es soweit: Die Debatte war beendet, es konnte abgestimmt werden. Mehr als vierzehn Stunden hatten die Abgeordneten des bayerischen Landtages heftig und leidenschaftlich gestritten. Zur Entscheidung stand in dieser dramatischen Nacht, ob der Freistaat Bayern dem Grundgesetz, der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, zustimmen sollte oder nicht. O-Ton Horlacher: „Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung ist folgendes: Abgestimmt haben 174 Abgeordnete; davon stimmten 64 mit „Ja“, 101 mit „Nein und 9 mit „Ich enthalte mich“. Ich habe demgemäß festzustellen: Das Grundgesetz in der vorliegenden Fassung hat nicht die Zustimmung des Bayerischen Landtags gefunden (Zurufe: Pfui!, Pfui!). Ich bitte diese Zwischenrufe zu unterlassen! (Weitere Zurufe) … Die bayerische Staatsregierung hatte dem Landtag empfohlen, das Grundgesetz abzulehnen. Große Teile der regierenden CSU empfanden das Grundgesetz in seiner vorliegenden Fassung als Angriff auf die Eigenständigkeit Bayerns. Bereits im Parlamentarischen Rat in Bonn, wo die Verfassung erarbeitet worden war, hatten die meisten CSU-Abgeordneten dagegen gestimmt. Es gab in ihren Augen dem Bund zu viel Gewicht und schmälerte die Gesetzgebungs- und Finanzhoheit der Länder. In der CSU herrschte die Meinung vor, daß dem Bund nur so viel zustehe, wie die Länder ihm zu geben bereit seien. [….]
Vielleicht der größte Fehler der Bundesrepublik Deutschland. Man hätte 1949 den ärmliche Agrar-Freistaat Bayern, der den andern Bundesländern bis 1987 nur auf der Tasche lag, nie in die BRD aufnehmen dürfen.
[….] Was bei der bayerischen Kritik am Finanzausgleich zudem oft unter den Tisch fällt: Bayern war selbst von 1950 bis 1986 durchgehend Nehmerland. Insgesamt hat der Freistaat laut Finanzministerium rund 3,4 Milliarden Euro durch den Länderfinanzausgleich erhalten. Genau in diesen Zeitraum fällt auch Bayerns wirtschaftlicher Aufstieg vom Agrarland zum Industrie- und Technologiestandort, auf dem der heutige Wohlstand Bayerns fußt. [….]
Statt dessen bekam Bayern aber durch den Sonderstatus der CSU sogar stets ein politisches Übergewicht in Bonn, bzw Berlin. Unglücklicherweise wurden daher viel zu viele CSU-Mitglieder Bundesminister, die sich leider allesamt dadurch auszeichnen latent debil zu reden und fachlich weit unterdurchschnittliche Leistungen abzuliefern.
Die gewaltigen Probleme, der Reformstau, vor dem die Ampelregierung heute steht, der 20-Jahre-Rückstand gegenüber anderen europäischen Ländern (zB zerbröselnde Infrastruktur, Digitalisierung, Wärmepumpen, Schnarch-Bahn, Bundeswehrdesaster) wurden weit überwiegend von CSU-Bundesministern verursacht. Glos, Guttenberg, Ramsauer, Aigner, Friedrich, Dobrindt, Seehofer, Scheuer – davon erholt sich die stärkste Volkswirtschaft nicht.
Bayern, die Plage der Bundesrepublik.
Glück im Unglück dabei war immerhin allerdings die CSU-ureigene Doofheit der Minister, die noch mehr schädliche Gesetze durchgepeitscht hätten, wenn sie wüßten, wie man Gesetze schreibt. Aber es wurde zu ihrem Signature-Move, grundgesetzwidrige Gesetze zu propagieren, die ohnehin wieder einkassiert werden mussten – Herdprämie, Anti-Ausländer-Maut, Bayerische Grenzpolizei – alles illegaler Unsinn.
2023 ist Wahljahr in Bayern. Daher muss Markus Söder, der quasi im Alleingang die deutsche Energiepolitik ruinierte, den Ausbau von Stromtrassen und erneuerbarer Energie blockierte und stattdessen, wie alle seine CSU-Ministerpräsidenten-Vorgänger stets zum Hintern-Küssen nach Moskau jettete, lügen wie gedruckt, um von seiner blamablen Bilanz abzulenken. Lieber stärkt er die AfD.
[….] »Ihr habt’s wohl den Arsch offen da oben«, ruft Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, auf einer Demonstration im bayerischen Erding. In der Bundesregierung habe man offenbar »kein Interesse an einem gemeinsamen Erfolg«, sagt der Spitzenkandidat der hessischen Grünen, Tarek al-Wazir. »Unser Land wird vor die Wand gefahren«, heißt es auf den Flyern des AfD-Politikers Robert Sesselmann, der am Sonntag im thüringischen Sonneberg zum ersten Landrat seiner Partei in Deutschland gewählt werden könnte. Ohne diese drei Politiker oder ihre Parteien gleichzusetzen: Was solche Äußerungen eint, ist der Adressat. Beziehungsweise das Zerrbild, das sie von ihm entwerfen. Wo immer es ans Wählen geht, dieses Jahr in Bayern und Hessen, nächstes Jahr in drei ostdeutschen Bundesländern, ist die Hauptstadt mit ihren angeblich abgehobenen Eliten ein beliebtes Ziel. Mit Sprüchen über »die da in Berlin« lässt sich im Land Stimmung machen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bestreitet gefühlt halbe Wahlkampfauftritte mit Angriffen gegen urbane Milieus. »Wir essen lieber Schweinsbraten statt Insekten und Madenmüsli«, sagte er auf dem Politischen Aschermittwoch. [….]
Mit seinem sinnlosen Bayern-Bayern-Bayern-Geschrei zerstört der CSU-Chef unser aller Zukunft.
Denn auch, wenn Söder, Scheuer oder Aiwanger es nie laut sagen würden, es gibt beim besten Willen keine Alternative zur Energiewende, die bereits seit 40 Jahren verschleppt wird.
Wir müssen weg von fossilen Energien, dürfen nicht mehr ewig mit Gas und Öl heizen. Die CSU verhindert aber nicht nur den Eingang in das moderne klimaneutrale Zeitalter durch ihre verheerende Regierungsbilanz auf Landesebene, sondern vergiftet auch deutschlandweit das Gesprächsklima
[….] das Ziel an sich, also die Wärmewende weg von fossiler, hin zu erneuerbarer Energie, ist doch nicht das bizarre Hobby eines einzelnen Ministers, wie der Ausdruck suggeriert. (Da könnte man noch eher von "Wissings Weiterbau-Wahn" reden, wenn es um neue Autobahnprojekte geht.) Eine zügige Umstellung der Heiztechnik ist unverzichtbar, wenn Deutschland 2045 oder überhaupt irgendwann in absehbarer Zeit klimaneutral werden will. Eine Heizung tauscht man ja nicht alle paar Jahre aus.
Und dieses Ziel wiederum haben sich auch nicht irgendwelche Ideologen ausgedacht, sondern es steht im Klimaschutzgesetz. Zur Erinnerung: Das Zieljahr 2045 kam ins Gesetz, nachdem das Bundesverfassungsgericht die frühere, weniger strikte Version als in Teilen grundgesetzwidrig eingestuft hatte. Mal abgesehen davon, dass Deutschland sich als Teil der EU und mit dem Pariser Klimavertrag sowieso verpflichtet hat, seinen Teil zum Klimaschutz beizutragen.
Auch wenn das Pariser Abkommen offenlässt, wer sich wie sehr anstrengen muss, ist doch klar: Wenn es sich alle erst mal gemütlich machen, wird das nichts. Bleibt es bei den bisher weltweit umgesetzten Maßnahmen, müsste man bis 2100 mit rund 2,6 Grad Erwärmung rechnen, und noch mehr danach. Das kann niemand wollen. Es ist auch nicht so, dass man hierzulande überambitioniert wäre. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland laut dem unabhängigen Projekt Climate Action Tracker nur im Mittelfeld, Gesamtnote "unzureichend". Beim Einsatz Erneuerbarer zum Heizen und Kühlen ist Deutschland in der EU sogar weit abgeschlagen, auch eine Folge des langen Festhaltens an billigem Gas aus Russland. […]
Hätten wir die Bayern doch bloß 1949 draußen gelassen!
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