Wäre man ein Freund der evangelischen Kirche, könnte man froh sein, mit der gegenwärtigen Chefin, jemanden an der Spitze zu haben, die über einen nicht ganz so niedrigen IQ, wie ihre Vorgänger Heinrich Bedford-Strohm, oder gar Margot Käßmann, verfügt.
Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschuss wirkt zudem persönlich nicht so abstoßend, wie die BILD-Kolumnistin Käßmann, da sie nicht so eitel ist und weniger mit ihrem persönlichen Klimbim in die Yellow-Press drängt.
Präses Kurschus, 60, geboren in Fulda, Tochter eines Pfarrers, ist seit November 2021 EKD-Chefin. Sie vermied bisher jedes Fettnäpfchen und lädt nicht durch viel zu kurz gedachte öffentliche Äußerungen dazu ein, kollektiv ausgelacht zu werden. Immerhin.
Hätte ich Interesse am Wohlergehen der Kirche, würde ich eine Person mit solchen Eigenschaften an der Spitze empfehlen. Tatsächlich geht es auch unter Kurschus-Führung rapide bergab. In dem mittlerweile von 84 Millionen Menschen bevölkerten Deutschland, gehören weniger als 20 Millionen der evangelischen Kirche an.
[….] Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat heute ihre Mitgliederzahlen für das Jahr 2021 veröffentlicht. Nach den aktuellen Berechnungen auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen aus den Gliedkirchen der EKD gehörten zum Stichtag 31.12.2021 insgesamt 19.725.000 Menschen einer der 20 Gliedkirchen der EKD an. Das sind rund 2,5 Prozent weniger als im Vorjahr. [….]
Die Gläubigen laufen in Scharen davon, obwohl Kurschus sie nicht aktiv vertreibt, wie es Käßmann oder Woelki so wunderbar verstehen.
Die Ursachen dafür werden deutlich, wenn man einen anderen Aspekt der Peron Kurschus betrachtet.
Die arme Frau ist, wenig überraschend, eine Vollblutreligiotin. Sie ist nicht nur Theologin mit lila Genen, Pfarrerin und Präses, sondern auch Herausgeberin des evangelischen Trottel-Magazins chrismon und der evangelischen Monatszeitschrift zeitzeichen. Zudem fungiert sie als Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Presseverbandes, des Aufsichtsrats der Deutschen Bibelgesellschaft und spricht Beiträge zur Morgenandacht im WDR-Radio.
Den morgen beginnenden evangelischen Kirchentag in Nürnberg, ihr wichtigstes Event des Jahres, kann sie überraschend nicht besuchen, weil der liebe Gott ihr heute eine Covid19-Erkrankung verpasste. Ausgerechnet die Chefin kommt nicht; Gott hat vielleicht doch Humor.
Kurschus gab aber „im Vorfeld“ jede Menge Interviews, in denen sie zwei Dinge klarstellte: Erstens bietet die christliche Ideologie keinerlei Mehrwert im Jahr 2023. Zweitens bemerken die Theologen aber genau das nicht, weil ihre Inselverarmung an dieser Stelle nicht erkennen kann, wie albern, altmodisch und lächerlich ihr Kirchensprech klingt.
Ein Running-Gag erster Klasse ist ihre Erläuterung zum Kirchentagsmotto „Jetzt ist die Zeit“. Kirchisten müssen sich ständig Motti für irgendwelcher Events ausdenken. Dafür bedienen sie sich immer in der Bibel und bevorzugen krude-rudimentäre Verse, die zuverlässig jedes Mal vom Publikum als völlig aus altmodische Sinnlosigkeiten empfunden werden. In einem religiotisch dadaistischen Zirkelschluss, erklären anschließend die Kirchenoberen völlig entrückt; gerade das Alte sei so modern und passe daher so gut in die Gegenwart.
[….] Warum das größte christliche Laientreffen Deutschlands diesmal mit dem Leitsatz "Jetzt ist die Zeit" überschrieben ist, erklärt Annette Kurschus, die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.
SZ: Frau Präses Kurschus, das Motto basiert auf einem Vers aus dem Markusevangelium: "Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahegekommen, tut Buße und glaubt an das Evangelium". Ruft die evangelische Kirche jetzt die Apokalypse aus?
Annette Kurschus: Nein, überhaupt nicht. Dieses Wort ist ein Werben für das Jetzt. Jesus sagt ja: Wartet nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und klebt auch nicht an der Vergangenheit, sondern jetzt habt ihr die Chance, umzukehren und es anders zu machen. Für einen Kirchentag in diesen Zeiten könnte es kaum ein besseres Motto geben. Wir durchleben gerade eine Krise nach der anderen. In diese Stimmung hinein kommt der Kirchentag mit seinem Motto: Jetzt ist die Zeit, mutige Aufbrüche zu wagen. Auch und gerade in der Kirche. [….]
(Kurschus-Interview SZ, 06.06.2023)
Herrliche Realsatire. Die SZ legt den Finger in die Wunde, daß die Kirche seit 2.000 Jahren von der Wiederkehr Jesu spricht, dieser aber ganz offensichtlich eins nicht tut – nämlich noch mal auf der Erde zu erscheinen. Statt zuzugeben, daß nach 2.000 Jahren die Glaubwürdigkeit von „Jesus kommt jetzt“ bei Null angekommen ist, antwortet sie mit einem Theologiotischen Schwall-Satz: „Ein Werben für das jetzt!“ Mehr Pathos geht kaum und offenbar erfreut sich Kurschus so sehr an ihrem vermeidlichen linguistischen Geniestreich, daß sie gar nicht bemerkt, wie vollkommen sinnfrei der Satz ist.
Theologensprech kann die EKD-Chefin offenbar wie am Fließband produzieren. Typisch realitätsentrückte Protestantenkirchen-Fürstin: Gaga-Sätze das Fenster zum Himmel offen halten mit soviel hanebüchenen Annahmen verquicken, daß die Interviewer gar nicht nachkommen, ihre Prämissen in Frage zu stellen.
[….] SZ: Und was erwarten Menschen von der Kirche?
Annette Kurschus: Wir sollen das Fenster zum Himmel offen halten. Die Menschen brauchen Transzendenz, also eine Dimension, die über unsere Erfahrung hinausgeht. Das ist ein tiefes Bedürfnis in einer Zeit, in der wir alle merken, wie begrenzt unsere Möglichkeiten sind und an wie vielen Stellen wir nicht mehr wissen, wie es weitergeht. In der Gewissheit zu leben und sie zu vermitteln, da gibt es noch etwas über unsere eigenen Denkhorizonte hinaus, das ist eine große Stärke der Kirche. Wir sind uns nicht selbst genug, unser Leben und die Welt liegen in Gottes Hand. [….]
(Kurschus-Interview SZ, 06.06.2023)
Nein, „die“ Menschen brauchen keine Transzendenz, nein, das ist kein tiefes Bedürfnis „der Zeit.“
Die arme Frau glaubt aber offenbar tatsächlich, damit einen Nerv getroffen zu haben, „die Menschen“ abzuholen, indem sie deren innerste Bedürfnisse nicht nur erkennt, sondern gleich auch feststellt, es sei die große Stärke der Kirche, diese Wünsche zu erfüllen.
Ich schätze, die bombardierten Menschen in Bachmut, Cherson, im Jemen oder Syrien, die im Mittelmeer ersaufenden Kinder, haben eins nicht: Ein tiefes Bedürfnis nach Transzendenz. Und ich auch nicht.
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