Die absolute Monarchie als Regierungsform ist indiskutabel. Das Volk hat keine Wahl und der Regent verfügt womöglich über keinerlei Qualifikation.
Europäische parlamentarische Monarchen sind dennoch fast immer viel beliebter als die gewählten Regierungschefs. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen.
Sie treffen nicht die für das Volk unangenehmen Entscheidungen, müssen sich keinen schmutzigen Wahlkämpfen stellen, meistens werde sie seit ihrer Geburt sehr gut vorbereitet, zu PR-Profis erzogen. Ob Elisabeth Windsor als Bürgerliche eine gute Außenministerin geworden wäre, weiß niemand. Aber nach 70 Jahren als Staatsoberhaupt, war sie zwangläufig so erfahren, daß sie mehr Expertise als alle Kollegen besaß.
Und schließlich tritt ein enormer Gewöhnungsprozess ein. Der habituell denkfaule Staatsbürger mag, was er kennt, wagt ungern Neues. So konnten Kohl und Merkel immer wiedergewählt werden, obwohl eigentlich nur noch Schaden anrichteten.
Regierungserfahrung ist ein Kompetenz-Vorteil. Daher sind lange Amtszeiten zu begrüßen.
Das viel gescholtene britische House of Lords muss natürlich abgeschafft werden, weil es zutiefst undemokratisch ist, von 92 Erbadeligen, 26 Bischöfen und lauter Windeiern, die ihren Sitz von Tory-Regierungschefs kauften, okkupiert wird.
[….] Aber auffällig ist halt schon, wer da so alles ins Oberhaus katapultiert wurde. Nach Angaben der Londoner »Times« zum Beispiel schafften es seit 2010, als die Konservativen unter David Cameron an die Macht kamen, 22 der großzügigsten Tory-Spender ins House of Lords. Sie hatten zusammen 54 Millionen Pfund springen lassen. Das kann natürlich Zufall sein. [….] Das freilich hinderte Boris Johnson nicht daran, seinen »Freund« Evgeny Lebedev, Sohn eines ehemaligen KGB-Spions und Besitzer mehrerer britischer Zeitungen, mit einem Sitz im Haus zu adeln. Die britischen Geheimdienste hatten zwar angemerkt, Lebedev stelle eine potenzielle »Bedrohung der nationalen Sicherheit« dar, aber warum hätte Johnson, gern gesehener Gast in Lebedevs italienischer Villa, das kümmern sollen? [….]Lebedev sitzt derweil weitgehend stumm im House of Lords. Aber dafür mit einem besonders hübschen Titel: Baron Lebedev of Hampton in the London Borough of Richmond upon Thames and of Siberia in the Russian Federation. Mehr als 90 neue Peers hat Johnson in seinen drei Jahren als Regierungschef bestallt. Selten hat jemand so ungeniert solvente Unterstützer und treue Vasallen in die Legislative bugsiert. Und es gibt wenig, das die hauseigene Ernennungskommission gegen solcherlei Schindluder tun könnte. Sie darf zwar von Kandidaten abraten, die das Haus »in Verruf bringen« könnten. Aber ob er oder sie dem Rat folgt, entscheidet jeder Regierungschef allein. Und ihrerseits darf die Kommission nur zwei Experten pro Jahr ins Oberhaus befördern. […..]
Ein völlig indiskutables „Spukschloss an der Themse“ – einerseits.
Andererseits erscheinen die meisten Lords ohnehin nicht zur Parlamentsarbeit. Aber eine doch erkleckliche Minderheit wühlt sich akribisch durch Gesetzesvorlagen und arbeitet erstaunlich sinnvoll, weil sie nicht von Parteidisziplin oder Wahlen behindert wird. Diesen Lords kann niemand etwas, sie müssen sich nicht fürchten, haben nichts zu verlieren, sind daher auch nicht in Abhängigkeiten zu verwickeln. Vorteile einer lebenslangen Amtszeit.
Lange Amtszeiten sind aber gleichzeitig auch sehr gefährlich, weil sie eher undemokratisch sind und zur Bräsigkeit verleiten. Nach zehn, zwölf, 14 Jahren fängt ein Kanzler keine notwendigen Reformen mehr an und sitzt, um des Machterhalts Willen, alles aus. Und das ist noch die weniger gefährliche Variante.
Andere Dauerregenten wie Putin, Hasina Wajed, Orbán, Netanyahu oder Erdoğan entwickeln Allmachtsphantasien und mutieren zu rechten Diktatoren.
Daher sind Amtszeitbegrenzungen und regelmäßige Wahlen in vielen Nationen vorgesehen, um das Abgleiten in eine Diktatur zu erschweren.
Gleichzeitig sind dauernde Wahlkämpfe Hemmschuhe der Parlamentsarbeit. Im Wahljahr passiert nichts mehr, weil alle in ihre Wahlkreise ausfliegen, Spenden sammeln und endlose Wahlkampfreden halten. Das nervt und ist extrem teuer. Zudem sind in Deutschland immer Wahlen. 16 Landtagswahlen, 16 Kommunalwahlen, Bundestagswahl, Europawahl, Bundespräsidentenwahl.
Jeder versteht; das ist zu viel des Guten, und so wurden bereits in allen Bundesländern die Legislaturperioden von vier auf fünf Jahre verlängert.
In den USA beträgt die Legislaturperiode des „House“ nur zwei Jahre. Die Parlamentarier befinden sich quasi im Dauerwahlkampf, werden extrem empfänglich für reiche Spender. Das ist absurd und einer der Gründe, die den US-Kongress so dysfunktional machen.
Auch die Amtszeitbegrenzung für Präsidenten, kann tragisch enden. Ja, in seiner zweiten und damit definitiv letzten Amtszeit kann ein US-Präsident freier und mutiger werden. Das gilt für Barack Obama, der praktisch seine gesamte erste Amtszeit verplemperte, weil er zu vorsichtig und rücksichtsvoll war.
Andererseits verkommt der Potus nach fünf oder sechs Jahren automatisch zur lame duck, weil alle bereits das neue Machtzentrum antizipieren oder aber – auch das trifft auf Obama zu – sie inzwischen die parlamentarischen Mehrheiten verloren haben, um ihre Politik umzusetzen.
Eine dramatische Fehlleistung der Geschichte war Bill Clintons Amtszeitverkürzung im Wahljahr 2000. Er war einer der intelligentesten und erfolgreichsten US-Präsidenten aller Zeiten, der 2000 im Alter von nur 54 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft ins Aus gezwungen wurde. Seine Zustimmungswerte waren so enorm, daß er eine dritte Wahl mit einem Erdrutschsieg gewonnen hätte. Stattdessen wurde im Januar 2001 ein mit Stimmenminderheit gewählter absoluter Idiot Clintons Nachfolger. GWB, der im selben Jahr, nach dem 11.September, die Welt in eine Megakatastrophe mit über einer Millionen Toten, Krieg, Terror und einer gewaltigen Weltfinanzkrise führte, von der man sich bis heute nicht erholt hat. Was für eine Tragik. Was hätte der Welt erspart bleiben können, wenn es in den USA keine Amtszeitbegrenzung auf acht Jahre gäbe und Clinton noch im Amt gewesen wäre!
Die Antithese zum 24-monatigen Wahlzyklus und der Begrenzung auf zwei Potus-Amtszeiten, sind die auf Lebenszeit ernannten Supremecourt-Richter, die idealerweise ausschließlich nach Qualifikation ausgesucht werden und nach dem britischen House-Of-Lords-Prinzip völlig unabhängig agieren sollen, weil sie keine Wahlen fürchten müssen und ihre Karriere nicht enden kann. Eigentlich eine gute Idee.
Uneigentlich können GOPer Präsidenten hochkorrupte rechtsradikale Schwachköpfe zu obersten Richtern ernennen, die dann eigenmächtig Politik machen und nicht mehr loszuwerden sind.
[….] Ein Foto vor dem Haus des obersten Richters Samuel Alito zeigt die Stars and Stripes, kopfüber aufgehängt. Über ein toxisches Zeichen, das den Wahlkampf in den USA weiter anheizt.
[….] Die Aufnahme stammt offenbar vom 17. Januar 2021, also wenige Tage vor Joe Bidens Amtsantritt als 46. Präsident der Vereinigten Staaten. Im November 2020 hatte Biden die Wahl gegen Donald Trump gewonnen, Trump sollte das Weiße Haus zügig verlassen, aber er wollte nicht. Am 6. Januar 2021 rief der Verlierer seine Anhänger zusammen, ein Mob stürmte daraufhin das Kapitol, in dem der Sieg seines Nachfolgers bestätigt werden sollte.
Es gab Tote und Verletzte, einige Angreifer hatten auch umgedrehte US-Fahnen dabei. Diese Version war eines der Symbole von "Stop the Steal" im Zuge von Trumps Lüge, ihm sei der Triumph gestohlen worden. Im Obersten Gerichtshof wurden derweil noch juristische Versuche geprüft, das Ergebnis zu kippen. Und heute, kurz vor dem nächsten Duell mit Biden am 5. November, geht die Debatte über Trumps Rebellion von damals in die nächsten Runden. [….] Der Supreme Court erörtert gerade Fälle, die mit dem Sturm auf den Kongress zu tun haben, es geht unter anderem um Trumps Wunsch nach Immunität. Er findet, ein Präsident müsse für sämtliche Aktionen seiner Ära straflos bleiben, also auch für diese Art Putschversuch. Sehen die Granden der Justiz das genauso, dann wäre der geplante Prozess gegen Trump wegen mutmaßlicher Verschwörung geplatzt; ein Sonderermittler hatte Anklage erhoben. Eine entscheidende Figur der mächtigsten Juroren ist Samuel Alito, 74 Jahre alt, 2006 vom damaligen Staatschef George W. Bush ernannt, einem Republikaner. Er beerbte die legendäre Richterin Sandra Day O'Connor und trägt seither zum Rechtsruck dieser letzten Instanz bei. [….] Beobachter gruseln sich bei dem Gedanken, dass eine so maßgebliche Stimme der Nation die 50 Sterne nach unten baumeln ließ, als sei dies ein besonders radikaler Beitrag zu Trumps Maga-Runde. [….]
[….] Man nennt sie »Upside Down Flag«: Anhänger von Donald Trump verwenden die umgedreht aufgehängte amerikanische Flagge oft, mit ihr verweisen sie auf dessen Mär von der gestohlenen Präsidentschaftswahl und angeblichem Betrug bei der Abstimmung. [….] 2015 war Alito einer von vier Richtern, die sich gegen die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe aussprach. Das Urteil, mit dem das Gericht das landesweite Recht auf Abtreibung kippte (bekannt unter »Roe vs. Wade«), geht maßgeblich auf seinen Entwurf zurück. Seine Meinung zu der rechtlichen Praxis war eindeutig: »Roe war von Anfang an auf bestürzende Art und Weise falsch«, schrieb er damals. »Es hat die Debatte über Abtreibung in den USA nicht etwa befriedet, sondern sie erst entfacht und die Spaltung des Landes vertieft.« Anders als die meisten Richter stimmt Alito auch für Einschränkungen beim Verkauf von Abtreibungspillen.
Alito ist nicht die einzige Person im Supreme Court, deren Ernennung oder Amtsführung von Skandalen begleitet ist. [….] Clarence Thomas, Jahrgang 1948, ist der dienstälteste Richter am Supreme Court. Nominiert wurde er bereits 1991 von George Bush. Er gilt als Drahtzieher hinter vielen Entscheidungen und vertritt oft ultrakonservative Positionen. Als das Gericht 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung kippte, schrieb Thomas in einer Stellungnahme, dass auch Entscheidungen, die das Recht auf Verhütung, die gleichgeschlechtliche Ehe oder Sex unter gleichgeschlechtlichen Partnern verankern, überprüft werden müssten. Thomas geriet 2023 in die Kritik, weil er zahlreiche Luxusgeschenke von einem republikanischen Großspender annahm – darunter Reisen per Jacht oder im Privatjet. [….] Brett Kavanaugh, Jahrgang 1965, gehört dem Gericht seit 2018 an. Seine Nominierung wurde überschattet von Vorwürfen: Mehrere Frauen bezichtigen Kavanaugh sexueller Übergriffe in den Achtzigerjahren. Der erzkonservative Kavanaugh wies die Vorwürfe zurück, Kritiker der Ernennung konnten schließlich erreichen, dass Präsident Trump FBI-Ermittlungen zu den Vorwürfen anordnete. Mehr aber nicht: Nach erbittertem Streit wurde Kavanaugh schließlich doch zum Richter ernannt. […..] Amy Coney Barrett, Jahrgang 1972, gilt als fromm, konservativ und eine strikte Abtreibungsgegnerin. Amy Coney Barret, durchgesetzt von Donald Trump, folgte 2020 auf die verstorbene liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg und damit als Personalie, die im Supreme Court das Ungleichgewicht noch einmal verstärkte: Mit ihrer Ernennung saßen nur noch drei als liberal geltende Juristen in dem Gericht, aber sechs als konservativ geltende. Sie gehört der katholischen Splittergruppe »People of Praise« an. [….]
Beim hochkorrupten Thomas kommt als besonders Problem seine rechtsextreme Election-denier-Frau Ginni hinzu, die eine wichtige Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol spielte.
[….] A quick refresher on the facts: In the weeks following the election, Ginni Thomas sent then-White House Chief of Staff Mark Meadows a series of unhinged text messages echoing Trump’s false claims of election fraud, urging Meadows to prevent “Biden and the Left” from “attempting the greatest Heist of our History” and imploring Meadows to “save us from the left taking America down.” She lobbied lawmakers in at least two battleground states to overturn Biden’s win and attended the rally on Jan. 6, 2021, prior to the siege of the U.S. Capitol.
After the text messages with Meadows became public, a POLITICO/Morning Consult poll reported that most respondents believed that Justice Thomas should recuse himself from any “cases related to the 2020 election.”
Solche korrupten Abstrusitäten hätten sich noch die Autoren von House Of Cards nicht getraut, weil das als zu gaga von den Zuschauern verachtet worden wäre.
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