Montag, 28. Mai 2018

Neonationalismus unter Sozialdemokraten.


Das hatte ich glaube ich noch nie angedeutet, oder? Ich bin kein wirklich großer Fan von Andrea Nahles.

Die karnevalistisch katholische Katastrophe tut unglücklicherweise genau das was ich erwartete und prophezeite; sie reitet die SPD mit sicherem Gespür weiter in den Abgrund.

Nachdem damit schon CDU (Spahn), CSU (alle), FDP (Lindi), Grüne (Palmer) und Linke (Wagenknecht, Lafo) auf die Nase gefallen sind, beginnt die planlose Pfälzerin nun mit drei Jahren Verspätung nach den anderen Parteien auch damit der AfD nachzuplappern und an nationale Gefühle des Urnenpöbels zu appellieren.
Wie kann man auf maximale Weise gegen alle Grundwerte der SPD verstoßen, fragte sich die neonationale Nahles offenbar und kam zu dem Schluß die Gedanken von der „internationalen Solidarität“ zu zertreten. Im Bemühen auch die letzten Unterscheidungspunkte zu schwarzbraungelb zu verwischen, drischt sie nun auf die Schwächsten der Gesellschaft ein. Auf Flüchtlinge und Heimatvertriebene, deren Zuhause unter Zuhilfenahme deutscher Waffen zerstört wurde.

[….]  Mehrere SPD-Politiker kritisieren eine Äußerung von Parteichefin Nahles zur Flüchtlingspolitik, wonach Deutschland "nicht alle aufnehmen" könne. Juso-Chef Kühnert sagt, mit solchen Sätzen spielten die Parteien das Spiel der AfD mit.
[….] SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci bezeichnete Nahles' Satz im Kurznachrichtendienst Twitter als "dumm, gefährlich und richtig": "Dumm, weil gar nicht alle kommen wollen oder können; gefährlich, weil mit diesem Satz gezündelt wird; richtig, weil es objektiv so ist und auch niemand etwas anderes behauptet." Der Süddeutschen Zeitung sagte er, die SPD müsse endlich zu einer klaren Haltung in dieser Frage finden. "So kann das nicht weiterlaufen." [….] Grünen-Chefin Annalena Baerbock hielt der SPD, ebenfalls auf Twitter, entgegen: "Wenn in den letzten 70 Jahren Politik in unserem Land in den entscheidenden Momenten nach gefühlter (!) Akzeptanz gemacht worden wäre, gäbe es weder das Grundgesetz, die EU noch die Gleichstellung von Mann und Frau. Politik braucht Haltung." [….]

Erst grinst Nahles mit Spahn und Dobrindt um die Wette und nun bemüht sie sich auch noch wie Sarrazin zu sprechen?




Wo bin ich hier eigentlich gelandet?
Für mich ist Sozialdemokratie die Partei, die Haltung zeigt, die als einzige gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmte und dafür ins KZ ging.
Die Partei, deren hochverehrter und Friedensnobelpreis-gekrönter Chef Willy Brandt Deutschland verließ, um von Skandinavien aus gegen die Nazis zu kämpfen.
So wie das eben anständige Deutsche taten. Thomas Mann oder Marlene Dietrich zum Beispiel.
Ich verehre Sozialdemokraten, die wie der heute noch in weiten Kreisen bewunderte legendäre Fraktionschef Herbert Wehner, der von Moskau und Schweden aus gegen Nazi-Deutschland kämpfte, weil er an die internationale Solidarität glaubte.


Ich glaube an supranationale Werte. Schwache und Benachteiligte sollen grenzüberschreitend zusammenstehen und nicht etwa wie von Nahles angedacht gegeneinander ausgespielt und gegeneinander in Stellung gebracht werden.

Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht.

Ich bin nach einem halben Jahrhundert immer noch begeistert vom SPD-Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der ebenfalls von der Union als vaterlandsloser Geselle verachtet mit breitem Kreuz auf die Frage nach seiner Liebe für Deutschland den legendären Satz sprach:

[…..] Gustav Heinemann hat einmal gesagt, es sei uns von den Großvätern "etwas von der Freude überkommen, die sich mit der unter Bismarck endlich erreichten Einheit verband". Das mag nicht hinreichen, ihn der CSU als einen Patrioten zu empfehlen. Aber es mag helfen zu erklären, warum er diesen Teilstaat Bundesrepublik als etwas freudlos Vorläufiges empfindet, als ein Durchgangsstadium -- als das Provisorium eben, als das die Bundesrepublik von den Vätern des Grundgesetzes einmal gemeint war.
Wer sich daran heute noch hält, setzt sich freilich der Gefahr aus, insgeheim entweder für einen schwärmerischen Illusionär der Wiedervereinigung oder für einen vaterlandslosen Gesellen zu gelten -- vor allem natürlich, wenn er für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert. Heinemann ist gesonnen, das -- besten Gewissens -- zu ignorieren. Und die Frage, ob er diesen Staat denn nicht liebe, macht ihn beinah böse: "Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!" […..]

Und nun auf einmal lese ich Threads auf den SPD-Facebookseiten, in denen einer fragt:

Ich möchte wissen, wie stehen SPD Mitglieder zu Nationalbewusstsein. Eher ablehnend, oder als wichtig?

Die Antworten sind nicht so wie man es unter CDU-Anhängern erleben würde; viele wenden sich gegen den sozialdemokratischen Neonationalismus à a Nahles, aber man liest auch durchaus sowas:






Beides ist schlecht und das sieht man exemplarisch an Nahles, die an niedere Instinkte appelliert, indem sie vor Sorge um die Nation die Grenzen schützen will, keinen mehr reinlassen möchte und darüber orakelt „JEDER“ – also ca 70 Millionen weltweite Migranten käme/wolle nach Deutschland.

„Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.“
(Arthur Schopenhauer)

Vorhin grübelte ich wie eigentlich das Antonym zu „Patriotismus“ lautet.
Ich bin nämlich so gar kein Patriot und kann für patriotische oder gar nationale Gefühle (gegenüber Deutschland ODER Amerika) einfach kein Verständnis aufbringen.
Auch das Wort „Stolz“ liegt mir nicht. Insbesondere könnte ich keinen Stolz auf eine Nation empfinden, da ich Stolz immer mit einer eigenen Leistung verbinde.
Was aber ist weniger ein eigener Verdienst als der Zufall wo man geboren wurde?
Wie nennt man aber nun Menschen, die keine Patrioten sind?
Im Zweifelsfall googlen. Eine Internetsuche spuckt folgende Begriffe aus:

Vaterlandsverräter, Fahnenflucht, Verrat, Unzufriedenheit, Untreue, Falschheit, Wankelmut, Unbeständigkeit, Perfidie, Nestbeschmutzer, „Jemand der sich ganz schnell verpissen sollte. Er mag sein Land nämlich nicht“, Landesverräter, Idiot, Zecke,..

Nun bin ich noch unpatriotischer, nachdem ich sehe welche Konnotationen aktiviert  werden, wenn man Menschen nach dem Gegenteil von Patriotismus fragt.
Das Abstoßende am Patriotismus ist also nicht nur das penetrante Sich-mit-fremden-Federn-schmücken, sondern die mehr oder weniger latent damit einhergehende Abwertung anderer Nationen, bzw der Nicht-Patrioten im eigenen Land.
Es stimmt eben, daß die Grenzen vom Patriotismus zum Nationalismus fließend sind und Letzterer ist einer der destruktivsten Ismen, den die Menschheit hervorgebracht hat.

Immer wenn die Patriotismuskarte gespielt wird, folgt etwas Ekelhaftes. (…….)

Erbärmlich, die selbsternannte Vorzeige-Christin Andrea Nahles, die schon als Sozialministerin xenophob die Bedürftigen nach Nationalität auseinanderdividierte und gezielt Menschen mit den verkehrten Papieren schlechter stellte.

(…..)  Am 13.01.2018 verkündete Nahles zum Entsetzen ihrer PL-Freunde ihre dortige Mitgliedschaft ruhen zu lassen.

Überrascht gewesen sind sie vermutlich nicht. Nahles ist recht CSU-affin geworden in ihrer Zeit als Ministerin.

[…] Sie hat, zumal als Arbeitsministerin, mitunter einen klaren Blick für die Wirklichkeit an den Tag gelegt - gemessen an dem Umstand, dass sie einst aus dem linken Juso-Verband kam, der sich gerne in Nischenthemen einrichtet. Es war ausgerechnet Nahles, die vor zwei Jahren dem Kabinett einen Gesetzentwurf vorlegte, der bestimmt, dass EU-Ausländer erst dann Sozialleistungen bekommen können, wenn sie fünf Jahre in Deutschland gearbeitet haben. Das Gesetz der damaligen Großen Koalition war eine Botschaft an EU-Neulinge wie Rumänien und Bulgarien, von wo eine Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme beobachtet wurde.
Nahles reagierte damals - unausgesprochen auch unter dem Eindruck des vorherigen Flüchtlingsandrangs - auf das Abschmelzen der Kernklientel der SPD, der klassischen Industriearbeiter. Diese Gruppe misstraut einem liberalen Migrationskurs, flüchtet sich in die Wahlabstinenz oder wendet sich gleich der rechtspopulistischen AfD zu. Der "rechte" Kurs der "linken" Nahles wurde damals von vielen nur am Rande wahrgenommen, zeigt aber, wie unideologisch sie agieren kann. [….]

Schließlich galt Nahles natürlich wegen ihres Buches „Frau, gläubig, links. Was mir wichtig ist. Pattloch Verlag, München 2009, ISBN 978-3-629-02239-4“ als links.

Sehr eigenartig. Als Vertreterin einer stramm konservativen und bis heute rein patriarchalischen Organisation wie der RKK, die in den letzten 1500 Jahren massiv jeden gesellschaftlichen Fortschritt bekämpfte, kann man meines Erachtens nicht links sein. (….)

Natürlich wird das so nichts mit der #SPDErneuerung. Wie sollte es auch, wenn eine derart moralisch volatile Berufsfunktionärin an der Spitze steht?

[….] Dauerkrise der SPD. Die ratlose Partei
Der Umgang mit Russland, die Flüchtlingspolitik, die Parteierneuerung: Die SPD hadert mit sich und ihrer Rolle in der Großen Koalition. Eine Strategie ist bislang nicht erkennbar. [….]

Ich bin immer noch in der SPD, weil ich als Ausländer hier nicht wählen kann und somit nur durch Parteimitgliedschaft an der deutschen Politik teilhaben kann.
Von den zur Auswahl stehenden Parteien ist die SPD immer noch mit einigem Abstand das kleinste Übel.

Nahles ist aber eine so furiose Fehlbesetzung, daß uns nur übrig bleibt sie auszusitzen. Abwarten bis sie die SPD demoskopisch in so einen tiefen Keller führt, bis sie hinter AfD und Grünen zurück fällt, so daß Nahles blamiert zurücktritt und sich aus der Politik zurückzieht.
Oder das Präsidium muss sie vom Hof jagen, weil die Präsiden in aus ihren Ortsvereinen von Typen wie mir massiven Unmut zu hören bekommen.

Es ist angesichts der neonational-katholischen Pfälzer Doppelvorsitzenden kaum noch vorstellbar, aber es gab Zeiten, da war man wirklich stolz auf die Sozen. Als Gerhard Schröder den internationalen Widerstand gegen den britisch-amerikanischen Irakkrieg von 2003 anführte, als er die Zwangsarbeiterentschädigung durchsetzte oder die Homoehe einführte.
Als Helmut Schmidt auf internationaler Ebene brillierte, die G6 erfand, als intelligentester Stratege von allen anderen Staatschefs verehrt wurde und als er staatspolitisch vorbildlich durch den „deutschen Herbst 1977“ führte.

Stolz auf die SPD. Unter der intellektuell unbefleckten Nahles undenkbar.

Aber vor einem halben Jahrhundert schrieb der SPIEGEL über den Spitzenjuristen und deutschen Bundespräsidenten Gustav Heinemann:

[….]  Das ist der eigentliche Grund für die politische Position des Justizministers und Strafrechtsreformers Heinemann: daß nämlich längst nicht alles, was gegen die christliche Ethik verstößt, von Staats wegen mit Strafe bedroht werden dürfe. Deshalb gehören beispielsweise Gotteslästerung, Ehebruch und Homosexualität zwischen erwachsenen Männern nach seiner Überzeugung nicht ins Strafgesetzbuch. Er glaubt, "daß die Kirchen sich selber einen sehr schlechten Dienst tun, wenn sie für ihre besonderen Auffassungen strafrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen", wenn sie "politischer Schleppenträger für einen Teil des Volkes" werden. [….]

Der ebenfalls fromme Christ Heinemann war der Gesellschaft zwei bis drei Generationen voraus.

Heute haben wir eine Parteichefin, die der Gesellschaft mindestens eine Generation hinterherhängt und nun sogar an noch düstere Zeiten denkt.

Statt anständig, modern, international und solidarisch zu sein, kuscht Nahles vor dem rechten Mob, redet der braunen Pest nach dem Mund.

[….]  Deutschland ist auf einem Abweg. Seit Jahren orientiert sich die Politik an einer Minderheit: den AfD-Anhängern. Die schweigende Mehrheit guckt in die Röhre. [….]  Aus Angst vor der AfD. Es ist zum Kotzen.
Besonders ärgerlich ist es aber, wenn die Parteien, die eigentlich ein Bollwerk gegen politische Dumpfheit sein sollten, um erste Plätze im rechten Rattenrennen kämpfen. Andrea Nahles liegt da gerade ziemlich weit vorne.
In einem Interview hat sie gesagt: "Menschen, die weder geduldet noch als Asylbewerber anerkannt werden, müssen schneller Klarheit haben, dass sie nicht bleiben können und zurückgebracht werden. Das gehört unweigerlich zur Willkommenskultur dazu. Sie funktioniert nur zusammen mit einem durchsetzungsstarken Rechtsstaat. Wer Schutz braucht, ist willkommen. Aber wir können nicht alle bei uns aufnehmen."
Wenn die SPD-Vorsitzende geplant hatte, auf möglichst kleinem Raum eine möglichst große Fülle von Unwahrheiten und miesen Assoziationen unterzubringen, dann ist ihr das gelungen.
Wollen "alle" zu uns kommen? Wer hat gesagt, dass wir "alle" aufnehmen wollen? Und: Wer sind überhaupt diese "alle", von denen Nahles da spricht? Die Antwort auf diese Fragen der Reihe nach: Nein. Niemand. Keine Ahnung.
Nahles reagiert auf eine Forderung, die niemand im Ernst stellt. Sie spielt damit das Spiel jener kleinen Minderheit von fanatischen Rechtspopulisten, die unsere Öffentlichkeit so erfolgreich am Gängelband führen.
Und warum tut Nahles eigentlich so, als gebe es ein Spannungsverhältnis von "Willkommenskultur" und "Rechtsstaat"? Das ist wieder eine rechte Fiktion, der die SPD-Chefin unnötig nachgibt. Und die Idee, Willkommenskultur müsse "funktionieren", ist ganz abwegig. [….]

Soweit sind wir mit der Groschenroman-Gebildeten gekommen. Der SPIEGEL muss die einstige Parteilinke daran erinnern nicht wie die AfD zu klingen.

Man kann gar nicht so viel fressen….

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