Sonntag, 27. Mai 2018

Richtiges und Viele.



Mehrheiten sind wichtig in der Demokratie.
Nur mit Mehrheiten kann man sich durchsetzen; in einer pluralistischen Demokratie ist das Organisieren von Mehrheiten das mühsame, aber notwendige Handwerkszeug.

Unglücklicherweise sind Mehrheiten durchaus manipulierbar und generierbar. Man kann ein Volk durch Propaganda und Agitation dazu bringen mehrheitlich bestimmte Dinge zu denken.
Schon vor 80 Jahren brachten es Leni Riefenstahl und Joseph Goebbels in dieser Disziplin zu wahrer Meisterschaft.
Inzwischen sind die Möglichkeiten zur Mehrheiten-Herstellung unermesslich, weil wir alle an unseren Klugtelefonen hängen und Algorithmen dafür sorgen was wir dort sehen.

Es gibt weit verbreitete Überzeugungen, die sich unterschiedlich schnell verändern lassen.
Es dauerte 200 Jahre, um die Menschen in Westeuropa davon zu überzeugen, daß Schwule und Lesben gleichberechtigt sind, daß Frauen eben so viel zu sagen haben wie Männer.
Das Ansehen einzelner Politiker kann damit verglichen im Rekordtempo von Null auf Hundert und auch wieder zurück auf Null gehen.
Es gab Zeiten, da war Karl-Theodor Baron von und Freiherr zu Guttenberg von einer derartigen Welle der Sympathie getragen, genoss 90%ige Unterstützung von ganz links bis ganz rechts, daß er sich fast per Akklamation zum Kanzler und Parteichef aufgeschwungen hätte.
Wie wir alle heute (und wenige schon damals) wissen, resultierte die KTG-Begeisterung auf Massenwahn, Betrug und Manipulation.

Manchmal denkt das deutsche Wahlvolk mit großen Mehrheiten das Richtige, wenn es zum Beispiel den Einfluss der Pharma- und KfZ-Lobby beklagt, sich ein liberales Sterbehilfegesetz wünscht oder Donald Trump den Stinkefinger zeigen will.
Manchmal liegt eine ebenso große Majorität auch irregeleitet und falsch. In den Fällen geht es zum Beispiel um Überfremdungsängste, doppelte Staatsbürgerschaft und die Einschätzungen von Gefahren.
Enorme Mehrheiten sind gegen alles Ausländische und mutmaßen nicht existente Privilegien Nichtdeutscher herbei.
So gut wie kein Deutscher kennt das Staatsbürgerschaftsrecht, aber 70% sind dagegen. Unwissenheit schützt vor Meinung nicht.

Etwas politisch Richtiges zu wollen und zu tun, kann also hart mit der tumben Mehrheitsmeinung kollidieren und für ein abruptes vorzeitiges Ende der Amtszeit sorgen; siehe Helmut Schmidt und Gerd Schröder.

Politisch gar nichts zu wollen und auch bereit zu sein dem Volk schweren Schaden zuzufügen, wenn man sich dafür strikt an Umfragen orientiert, kann hingegen zu endlosen Amtszeiten wie bei Merkel führen.

Es ist natürlich angenehmer große Mehrheiten auf seiner Seite zu wissen, als im Einzelkämpfermodus scheinbar gegen Windmühlen zu kämpfen.
Lieber habe ich wie in der Sterbehilfefrage 80% der Mitbürger hinter mir, als ebenso viele gegen mich, wenn es um Migration geht.

Ich freue mich, wenn wie heute in Berlin geschehen beim lange geplanten dumpfdeutschen xenophoben AfD-Marsch die fünffache Menge von Gegendemonstranten sichtbar wird.

[….] Die AfD ist am Sonntagmittag vom Washingtonplatz zum Brandenburger Tor gezogen.
Ursprünglich waren 10.000 Teilnehmer angemeldet. Die Polizei sprach von rund 5000 Demonstranten.
Mehr als 20.000 Teilnehmer waren für ein Dutzend Aufzüge und Kundgebungen gegen die AfD angekündigt. Die Polizei sprach von insgesamt etwa 25.000 Gegendemonstranten. [….]

[…]  Es ist Politik-Sonntag in der Hauptstadt - wie sollte man sonst diesen etwas eigenwilligen Tag in Berlin nennen, der damit begonnen hat, dass die AfD ihn für sich zu beanspruchen versuchte. Sie hatte in Berlin zur bundesweiten Kundgebung aufgerufen, sie wollte den Sonntag zum Tag der Abrechnung mit Merkels Politik machen, samt Marsch durchs Zentrum und Rede vor dem Brandenburger Tor. Am Sonntag stellt sich die Zahl der zunächst angemeldeten Teilnehmer von 10 000 als etwas großspurig heraus, von 5000 war bald nur noch die Rede. Aber immerhin.
Die AfD mobilisiert - und wenn nicht die eigenen Leute, dann sehr zuverlässig doch deren Gegner. Auch die sind an diesem Sonntag in Berlin auf den Beinen, und zwar so zahlreich, dass bald selbst auf den Wegen im Tiergarten Rechtsverkehr gilt. So verstopft sind die Wege im Park, weil die großen Straßen gesperrt sind und die Polizei im Zickzackkurs durchs Zentrum umleitet. Sie spricht von 25 000 Gegendemonstranten. Ein von der Berliner Clubszene organisierter Umzug von etwa 30 Musikwagen zieht über die Siegessäule zur Straße des 17. Juni, gerade so, als wäre mal wieder Loveparade. Schon lange war der Übergang von der Clubnacht in den Tag nicht mehr so fließend - und so politisch; begleitet vom "Hass ist krass, Liebe ist krasser"-Sticker auf gebräunter Sommerhaut.
"AfD wegbassen" lautet das Motto der Protestkarawane, die sich teils entlang der Strecke der einstigen Berliner Loveparade bewegt. […]  AfD-Vorstandsmitglied Beatrix von Storch sagt: "Die Herrschaft dieses Islam in Deutschland ist nichts anderes als die Herrschaft des Bösen." Über den Fußball-Nationalspieler Mesut Özil sagt sie: Er sei "trotz seines deutschen Passes kein Deutscher".  [….]

Aber was machen schon Mehrheitsverhältnisse in dieser Angelegenheit?
Martialisch und militärisch ejakuliert der islamophobe Hetzer David Berger seine entstellte Sicht der Dinge in die Welt.

 
Für ihn und seine braun-nationalen Epigonen war es ein AfD-Heer, welches den linksgrünversifften Bahnhofsklatschern vielfach überlegen war.
Alle, die etwas anderes sahen – SZ, Tagesschau, Spiegel (im AfD-Srech „Spargel“), Tagesspiegel – gehören ja zur linken, Soros-gesteuerten Systempresse Merkels.


Trump hat es vorgemacht.
Die Realität existiert nicht mehr, die Xenophoben glauben nur noch ihrer eigenen Propaganda.

 
Pipi-Blog 27.05.2018



Tagesschau 27.05.2018

Pipi-Blog 27.05.2018

SPON 27.05.2018

Berger im Pipi-Blog

Kommentare zu Bergers Demoberichterstattung 27.05.2018

Man streitet über Fakten, also über eine gar nicht zu bestreitende Realität.
Werden Fakten nicht von allen anerkannt, erübrigt sich das Gespräch.

Dabei geht es uns allen nur um das wohlige Gefühl mit der Mehrheit zu schwimmen.

Selbst wenn die erneut brutal gegen Dunkelhäutige hetzende Trixi Storch und ihr knitterig-katholischer Kumpan Berger recht hätten und die Zahl der AfD-Marschierer die der Gegner weit überträfe, wären sie trotzdem im Unrecht.

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