Eigentlich
unglaublich, aber Netanjahus außenpolitischer Amok- und Angstwahlkampf hat
letztendlich in der zersplitterten Israelischen Parteienlandschaft doch
gefruchtet.
Mit
allerhöchster Wahrscheinlichkeit wird Berserk-Bibi in seine vierte Amtszeit als Regierungschef der Atommacht Israel
gehen.
Gerade
weil er noch kurz vorm Wahltag alle seine internationalen Verbündeten vor den
Kopf stieß, indem er sagte mit ihm werde es keinen Palästinenserstaat geben,
wurde sein Likud-Block mit 30 Sitzen erneut stärkste Partei in der 120 Sitze
starken Knesset.
Zur
Regierungsmehrheit fehlen ihm noch weitere 31 Sitze, aber die wird er wohl
leicht bekommen, da alle Rechtsradikalen, Ultranationalisten und
Ultraorthodoxen schon untertänig ankündigten Netanjahu zu wählen:
Partei
Jüdisches Heim (acht Mandate, nationalistisch ultrareligiös)
Schas
(sieben Mandate, ultraorthodox)
Tora-Judentum
(sechs Mandate, ultraultraorthodox),
Liste
Kulanu (zehn Mandate, konservativ)
Unser
Haus Israel (Jisra'el Beitenu, sechs Mandate, rechtsextrem-nationalistisch)
Das
ergibt zusammen also eine stabile absolute Mehrheit von 67 Mandaten.
Der
Parteichef der Jisra'el Beitenu, Außenminister Avigdor Liebermann wird also mit
seiner liebenswürdigen Art der Welt erhalten bleiben.
Der
Frieden im Nahen Osten dürfte noch ein Stückchen weiter in die Ferne
gerückt sein.
Dabei
sieht es zwischen Syrien und dem Jemen bekanntlich ohnehin nicht eben nach
einer rosigen Zukunft aus.
Bibi
gehört zu den Politikern, denen ich nicht abnehme zufällig eine andere Meinung
zu vertreten, aber aus seiner Sicht „das Beste für sein Land“ zu wollen.
Ich
unterstelle ihm, daß er im Gegenteil gerne Öl ins Feuer gießt, da er persönlich
von Krieg, Terror und Angst profitiert. So hält er sich im Amt.
Zündeln
hilft – leider.
Man
erinnere sich an die verabscheuungswürdige Provokation Ariel Scharons am 28.
September 2000, mit der er mit über 1000 bewaffneten Männern in der Jerusalemer
Altstadt den unter arabischer Verwaltung stehenden Tempelberg enterte.
Damit
löste er die sogenannte „Zweite Intifada“ aus:
460 Angriffe mit Qassam-Raketen,
20.406 Anschläge,
138
Selbstmordanschläge,
13.730 Schussüberfälle,
1.036
getötete Israelis ,
3.592
getötete Palästinenser,
208
Palästinenser durch gezielte Tötungen des Israelischen Geheimdienstes.
Aber
Scharon wurde am 07.03.2001 Israelischer Ministerpräsident, weil sich seine Wahlchancen in der von
ihm selbst ausgelösten Terrorsituation als bekannter harter Hund gewaltig verbessert hatten.
So
funktioniert konservative Politik im Nahen Osten.
Eins hat
Wild-um-sich-Schläger Bibi bei seinem diplomatischen Amoklauf durch die USA
allerdings übersehen: So wichtig und bedeutend er sich selbst halten mag: Obama
ist noch mächtiger und verfügt über erheblich mehr Geld und Waffen. Den amerikanischen
Präsidenten hat sich Bibi wirklich zum Feind gemacht. Bibi glaubt er sei
amerikanischer als Obama. Aber es macht doch noch einen kleinen Unterschied,
daß Obama US-Präsident IST – und Bibi nicht.
Ohne
Obama geht in Israel aber gar nichts.
Netanjahu ist ein sehr amerikanischer Israeli, der in Pennsylvania aufwuchs und in den
USA studierte. Er erhielt Abschlüsse des Massachusetts Institute of Technology
(MIT), der MIT Sloan School of Management und studierte an der Harvard
University. Bibis größtes Problem ist die Kleinheit des Landes, das er regiert.
Er hält sich selbst für so extrem überqualifiziert, daß er immer wieder laut
bedauert nicht eine Supermacht wie die USA führen zu dürfen. Entsprechend großspurig tritt er auch unter den Regierungschefs auf
und wird ganz offensichtlich von vielen Kollegen leidenschaftlich abgelehnt.
Immer
wieder werden Unmutsäußerungen über ihn geleakt.
[…]
In einem vertraulichen Gespräch mit
US-Präsident Barack Obama hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy über den
israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hergezogen. "Ich kann
ihn nicht mehr sehen, er ist ein Lügner", soll Sarkozy nach übereinstimmenden
Angaben von Mithörern des Gesprächs über Netanjahu gesagt haben. Obama habe ihm
geantwortet: "Du bist ihn leid, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu
tun!" […]
Der
nicht eben als Choleriker bekannte US-Präsident kann sich kaum noch zügeln.
Obama
schäumt vor Wut über Netanjahu
[…]
Die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel
sind strategische Verbündete zur Wahrung ihrer Interessen im Nahen und
Mittleren Osten. Angesichts der Tatsache, dass diese vor allem energiepolitisch
bedeutende Weltregion von Krieg, Despotien, gefährlichen sozialen Unwuchten,
militantem Islamismus und aggressivem Terrorismus gekennzeichnet ist, kommt
dieser Allianz eine hohe Bedeutung zu. Umso fataler ist, dass die Regierungen
in Washington und Jerusalem alles andere als befreundet sind und gegenwärtig
einen Kurs des Frontalzusammenstoßes steuern, wie die israelische Zeitung
"Maariv" schrieb. Dieser Streit ist überflüssig und zudem politisch
brandgefährlich.
Es ist kein Geheimnis,
dass US-Präsident Barack Obama und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu
nicht nur politische Differenzen haben, sondern sich auch ganz persönlich nicht
ausstehen können. Netanjahus Festhalten an einem fortgesetzten Siedlungsbau in
Schlüsselregionen der besetzten Gebiete ist geeignet, dem halb toten
Nahost-Friedensprozess den Rest zu geben, den Obama gern belebt und als Erfolg
seiner Amtszeit vorgewiesen hätte. Mit der Besiedlung zerschneidet Netanjahu
das Gebiet eines möglichen Palästinenserstaates bis zur Unregierbarkeit – was
wohl beabsichtigt ist.
Ein zweiter
Streitpunkt zwischen Washington und Jerusalem hat sich nun zu einem
"endgültigen Bruch" zwischen den beiden Staatsmännern zugespitzt, wie
US-Kommentatoren meinen. Es geht im Kern um die Bemühungen der fünf Veto-Mächte
der Uno – USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – sowie
Deutschlands, den Atomkonflikt mit dem Iran friedlich per Abkommen beizulegen.
Israel und der Westen verdächtigen das Mullah-Regime in Teheran, unter dem
Deckmantel eines zivilen Programms eine atomare Bewaffnung anzustreben. […]
Willkommen
im Kindergarten.
Wie erst
jetzt richtig bekannt wird, hatte Netanjahu die Obama-Administration nicht nur
mit seinem Besuch bei den GOPern düpiert, sondern er verriet sogar
Staatsgeheimnisse an Obamas parteipolitischen Gegner, um ihnen
Wahlkampfmunition zu liefern.
Ein mutmaßlicher
Spionagefall droht die Beziehungen zwischen den USA und Israel weiter zu
belasten. Unter Berufung auf hohe US-Regierungsmitarbeiter berichtet das Wall
Street Journal, dass Israel die Atomgespräche mit Iran ausspioniert habe - als
Teil einer groß angelegten Kampagne, um die internationalen Verhandlungen zu
sabotieren. Die geheimen Informationen seien auch an US-Kongressabgeordnete
weitergegeben worden, um ihnen Argumente gegen den Kurs von Präsident Barack
Obama zu liefern. [….]
Die Veröffentlichung
wirft auch ein neues Licht auf eine deutliche Warnung von US-Außenminister John
Kerry an Israels Premierminister Benjamin Netanjahu unmittelbar vor dessen
umstrittener Rede im US-Kongress Anfang März. Kerry hatte erklärt, er sei
"besorgt über Berichte", wonach Details einer möglichen Vereinbarung
mit Iran öffentlich gemacht werden könnten. [….] "Dass
sich die USA und Israel gegenseitig ausspionieren, ist eine Sache", wird
dazu im Wall Street Journal ein hohes US-Regierungsmitglied zitiert. "Dass
Israel US-Geheimnisse stiehlt und damit US-Abgeordnete versorgt, um die
US-Diplomatie zu untergraben, ist eine andere Sache." [….]
Tiefer
kann man unter befreundeten Nationen wohl wirklich nicht sinken.
Bibi
scheint nicht bedacht zu haben, daß Obama noch zwei Jahre im Amt ist.
Er wird
ihm also nicht völlig aus dem Weg gehen können.
Politisch
schlau ist es sicher nicht, wenn man als Mini-Nation seine bedeutendste
Schutzmacht maximal verärgert.
[….]
Der Sieg ist im Sack, doch die Feier
danach gerät zum Tanz auf dem Scherbenhaufen. Israels Premierminister Benjamin
Netanjahu hat im Innern wie im Äußeren so viel Porzellan zerschlagen auf dem
Weg zu seiner Wiederwahl, dass er nun eine schmerzhafte Erfahrung macht: Nicht
jeder ist so wendig wie er, und es gibt immer noch Leute, die ihn beim Wort
nehmen. [….] Die Regierung in Jerusalem soll nicht nur die
geheimen Atomgespräche mit Iran ausspioniert, sondern die dabei abgeschöpften
Informationen auch noch gezielt an US-Kongressabgeordnete weitergeleitet haben.
Das Ziel: Obamas innenpolitische Widersacher zu munitionieren, um ein
Atom-Abkommen zu Fall zu bringen. Das Ergebnis: In Obamas Gunst droht Netanjahu
bald noch von den Ayatollahs in Teheran überholt zu werden.
Netanjahu hat die
US-Regierung tief verärgert - das hat Folgen
Denn Israels Premier
steht hier nicht nur als Trickser, sondern auch als Verräter da. Obama wird das
zu nutzen wissen, denn wer einen vermeintlichen Freund auf diese Weise
öffentlich entlarvt, der verschafft sich eine Menge Handlungsfreiheit. Zuvor
schon hatte er wissen lassen, dass er nichts mehr gibt auf Netanjahus Volten in
Sachen Palästinenserstaat. Nach dessen Absage an den Friedensprozess im
Wahlkampf würden die USA "andere Optionen prüfen", um das Ziel der
Zwei-Staaten-Lösung nicht aus den Augen zu verlieren. Andere Optionen haben die
USA zum Beispiel im UN-Sicherheitsrat, wo sie bislang mit ihrer Vetomacht einen
Schutzschild über Israel hielten. Denkbar ist nun, dass Washington dort eine
Resolution zur Zwei-Staaten-Lösung passieren lässt, die Israel in die Isolation
treibt.
Bei solchen
Perspektiven ist Netanjahus Wahlsieg wahrlich teuer erkauft - und dies ist noch
nicht einmal der einzige Preis, der zu zahlen ist. Mit rassistischem Getöse
gegenüber der arabischen Minderheit in Israel und Verschwörungsvorwürfen gegen
die Linken hat er aus Eigennutz überdies sein Land tief gespalten. [….]
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