Dienstag, 10. März 2015

Oh, ja, es geht noch viel schlimmer!

Mir fallen langsam keine drastischen Überschriften mehr ein, die noch ansatzweise dem Irrsinn der amerikanischen Politik gerecht würden.

OK, im deutschen Bundestag sitzen auch genügend Irre. Ok, in der deutschen Provinz gibt es auch genügend Rechtskonservative, für die ich mich den ganzen Tag schäme.
Aber das Gute an der GroKo ist, daß die CDU’ler viel zu minderbemittelt sind, um über ihren Tellerrand hinaus zu gucken.
Sie sind so damit beschäftigt im Berliner Kleinklein Opposition in der Regierung zu spielen, daß sie keinen ernsthaften weltpolitischen Schaden anrichten können.
Ihnen geht es nur darum den SPD-Ministern bei Frauenquote oder Mindestlohn in die Speichen zu greifen. Politischer Erfolg ist für sie nur noch das Verzögern der kleinen innenpolitischen Projekte des Koalitionspartners.
Merkel kann das egal sein.

In Amerika hieß es über viele Jahre es schade gar nicht, wenn der Kongress nicht von der Präsidentenpartei dominiert wäre. Im Gegenteil, zwinge man das Weiße Haus mit der Opposition zusammen zu arbeiten, würden extreme Auswüchse verhindert und Kompromisse zum Wohle des Landes geschlossen. So könnten alle ihr Bestes in die amerikanische Politik einbringen.

Spätestens mit der House-Herrschaft des Molchs Gingrich änderte sich das.
Der von 1995 bis 1999 amtierende Sprecher des Repräsentantenhauses gab es auf mit Präsident Clinton zusammen zu arbeiten und betätigte sich geradezu manisch damit das ganze Land zum Erlahmen zu bringen; immer darauf hoffend die Wähler würden dies dem Weißen Haus anlasten.
Dabei ging er soweit seine Nation der absoluten Lächerlichkeit preiszugeben, indem er Sonderermittler Kenneth Starr von der Leine ließ, der wiederum ein Impeachment-Verfahren gegen den amtierenden Präsidenten ins Rollen brachte, da diesem womöglich von einer Praktikantin einer geblasen wurde.

Schlimmer geht nimmer?


Doch. Schlimmer ging vor Allem, als im Januar 2009 ein Schwarzer Präsident wurde. Die kontinuierlich weiter nach rechts gerutschten Teebeutel-Republikaner steigerten sich in so einen Hass hinein, daß sie ihrem Bestreben dem eigenen Präsidenten zu schaden einfach alles unterordneten.
Staatsbankrott, außenpolitische Bauchlandungen, ökonomisches Desaster, Verelendung von Millionen – all das wird systematisch angestrebt, um Obama schlecht aussehen zu lassen.
Wenn sie könnten, würden die Cruz‘, Palins, Bachmanns und McConnells auch die Zombiapokalypse oder den nuklearen ewigen Winter auslösen, wenn dabei nur Obama verschwände.


Eine neue Dimension der totalen Obstruktion erreichen die Kongressrepublikaner jetzt damit, indem sie das letzte Tabu brechen – sie torpedieren die Außenpolitik ihrer eigenen Regierung nach Kräften. Sie spannen ausdrücklich gegen den Willen des Präsidenten und des Außenministers einen Regierungschef eines anderen Landes ein, um im Kongress die Friedensbemühungen des Oval Office mit allen Mitteln kaputt zu treten.


(………..) Bibi, der Molch und Herr Boehner drehen jetzt völlig frei, oder?
Inzwischen wird Weltpolitik, ja sogar der Frieden, den persönlichen Machtinteressen skrupellos untergeordnet.
In den letzten 70 Jahren hatte Israel nirgends auf der Welt so treue und
so wichtige Freunde wie im Weißen Haus.
Und Bibi schafft es der gesamten US-Administration so vor das Schienbein zu treten, daß alle Minister und der Präsident sowieso schreiend weglaufen, wenn er in Washington ist. Niemand will mehr mit ihm gesehen werden.
Wenn Netanjahu im Oval Office auf Obamas Schreibtisch geschissen hätte, wäre das auch kein größerer außenpolitischer Eklat, als das was er tatsächlich anstellte.

Eine Rede, gespickt mit vom eigenen Geheimdienst Mossad längst widerlegten Lügen und Übertreibungen. Und eine Rede voller Anwürfe gegen die USA, immerhin seit der Gründung Israels vor fast 70 Jahren der wichtigste Verbündete des Landes. Nancy Pelosi, demokratische Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus und bislang wahrlich nicht als Kritikerin der israelischen Politik aufgefallen, empfand die Rede als „so selbstgefällig und beleidigend“, dass sie „mit den Tränen gekämpft“ habe.
Netanjahus Auftritt habe sie „an Dr Strangelove erinnert“, meinte die bekannteste Politikjournalistin der USA, Christiane Amanpour in Anspielung auf Stanley Kubricks berühmte Kalte-Kriegs-Satire. Darin löst ein paranoider, von sowjetischen Angriffsabsichten überzeugter US-General beinahe  einen Atomkrieg aus.

Und der Grund für Bibis rasenden Hass auf Obama ist lediglich der, daß in Washington gelegentlich Vernunft einkehrt. (……..)

Wer meinte, dieser Eklat sei nun aber wirklich nicht mehr zu toppen, mußte keine Woche warten, um eines Schlechteren belehrt zu werden.
Gestern schrieben die GOPer Senatoren einen Offenen Brief an Teheran, in dem sie das Weiße Haus der Lächerlichkeit preisgaben.

[…] Dass die Republikaner dem Präsidenten innenpolitisch das Leben so schwer wie möglich machen, ist Obama seit Jahren gewohnt. In der Außenpolitik aber galt lange Zeit für beide Parteien das ungeschriebene Gesetz: Man fällt dem Oberbefehlshaber nicht in den Rücken.
Darauf nimmt die republikanische Mehrheit im Kongress keine Rücksicht mehr: Die Brandrede des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ist kaum verhallt, da sorgt ein offener Brief von 47 republikanischen Senatoren für Empörung im Weißen Haus. Darin warnen die Republikaner die Führung in Teheran, dass das Atomabkommen ohne Zustimmung im Kongress jederzeit gekippt werden könne. Es sei dann eine bloße Vereinbarung, die vom nächsten Präsidenten "mit einem Federstrich" beseitigt werden könne.


[…] Sie fallen ihrem Präsidenten in den Rücken, und das auf internationaler Bühne. 47 Senatoren der Republikaner haben einen Brief geschrieben - ausgerechnet an den Erzfeind Iran. Der Inhalt: eine Abrechnung mit Barack Obama.
[…] Die 47 schreiben, ihnen sei "aufgefallen, dass Sie unser Verfassungssystem offenbar nicht ganz verstehen". Zwar verhandele der Präsident internationale Abkommen, doch ohne Ratifizierung durch den Kongress laufe nichts. Ohne Unterstützung des Parlaments könne Obama nicht mehr als ein Executive Agreement schließen, eine Art Regierungsvereinbarung. Die aber könne der nächste US-Präsident "mit einem Federstrich" aufkündigen[…].
Und zum Schluss legt die Gruppe der 47 noch Wert auf die Feststellung, dass Obama ohnehin bald nichts mehr zu sagen habe, denn dessen Amtszeit ende in zwei Jahren - "wohingegen die meisten von uns noch weit darüber hinaus im Amt bleiben werden, vielleicht Jahrzehnte".
[…] Das ist gleichermaßen eine Kampfansage an Obama als auch an Teheran. Vor allem aber ist es: Sabotage. Die Republikaner versuchen die internationale Autorität des Präsidenten auszuhöhlen, sie signalisieren den Verhandlungspartnern, dass Obama nur ungedeckte Schecks ausstellen kann. […] Richtig ist, dass der nächste Präsident ein solches Atomabkommen wieder außer Kraft setzen kann. Die Frage ist nur: Wird er - oder sie - das auch tatsächlich tun? Sollte es zu einem Deal kommen, dann handelt es sich ja nicht allein um ein bilaterales Abkommen zwischen Iran und den USA, sondern um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft, vertreten durch die fünf Uno-Vetomächte plus Deutschland (P5+1). Und was wäre dann die Alternative? Krieg? Das will wohl keiner der 47 Unterzeichner, darunter auch potenzielle Präsidentschaftskandidaten. […]

Der Wahnsinn.
In ihrem aberwitzigen Hass auf den Nicht-Reinrassigen im Weißen Haus, nehmen es die 47 Lunatics des US-Senats sogar gerne in Kauf von den Erzfeinden in Teheran a) ausgelacht und b) über die amerikanische Verfassung belehrt zu werden.

[…] Mit ihrer Belehrung sind [die Republikaner] jedoch offenbar an den Falschen geraten. Denn auf den Brief hat jetzt Irans Verhandlungsführer Mohammad Javad Zarif geantwortet. Der Außenminister hat in den USA über internationales Recht promoviert, als Professor hält er in Teheran Vorlesungen über multilaterale Verhandlungen. Seit Jahrzehnten ist Zarif zudem Mitglied des iranischen Diplomatencorps.
Zarifs Antwort ging an Tom Cotton, den Initiator des Senatoren-Briefes. Auf Twitter, für alle Welt sichtbar, und "auf Englisch" - damit Cotton es auch ja verstehe. Zarif kanzelte dabei das Schreiben der Republikaner als "Propaganda" ab und legte seinerseits zu einer Belehrung los.
"Ich sollte die Aufmerksamkeit der Autoren auf einen wichtigen Punkt lenken, und das ist: Die Welt ist nicht nur die USA. Die Beziehungen zwischen Staaten werden vom internationalen Recht geregelt und nicht vom inländischen amerikanischen Recht." Weiter führte Zarif aus: "Ich möchte die Autoren darüber aufklären, dass es schlicht eine Verletzung internationalen Rechts wäre, wenn die nächste US-Regierung irgendeine Vereinbarung mit einem Federstrich wieder zurücknimmt, wie die Autoren prahlen." […]

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