Donnerstag, 5. Mai 2016

Neue Fromme



Zufällig stolperte ich heute  noch einmal über den Text „Männerherzen“, in dem sich der fromme Katholik Matthias Drobinski damit auseinandersetzt, inwieweit die etwa 50 homophoben Bibelverse heute noch Geltung hätten und unter welchen Voraussetzungen man aus christlicher Sicht Schwule und Lesben vielleicht eines Tages nicht mehr diskriminieren müsse.
Das ist natürlich im Grunde genommen Realsatire, wenn eine große seriöse überregionale Zeitung aus einem Märchenbuch zitiert, wenn es um fundamentale Menschenrechte geht.
Ja, die Kirche fußt auf Gottes Worten und somit Dogmen, die als für immer unabänderliche Lehrmeinungen definiert sind.

In der Welt der Religioten bedeutet „für immer unabänderliches Dogma“, daß man durchaus in ein paar Dekaden auch mal das Gegenteil dessen vertreten kann.
Die meisten Regeln aus dem Buch Leviticus sind wertlos.
Christen essen Schalentiere, lehnen die von Jesus verteidigte Sklaverei ab, stören sich an dem von Paulus definierten Judenhass, tragen Kleidung aus Mischgeweben und statt des radikalen Zinsverbotes, das Jesus forderte, besitzen die Kirchen jetzt selbst Banken.

Als Helmut Schmidt heiratete, wurden gemischtkonfessionelle Ehen noch mit augenblicklicher Exkommunikation bestraft.

Bis heute konnte sich der Vatikan nicht dazu aufraffen die massenmordenden europäischen Nazis zu exkommunizieren.

Anders als Hitler und die Nazis, verdammte Pius XII Hitlers Gegner mehr als deutlich. Beispielsweise in der Enzyklika „Divini Redemptoris“ (am 19. März 1937 veröffentlicht).

Die "acta apostolicae sedis", die Gesetzessammlung des Heiligen Stuhls vom Juni 1949 machte die Exkommunikation der Kommunisten und ihrer Anhänger aktenkundig und offiziell.

Die Weisung des Vatikans lautet: Kein Katholik kann Mitglied einer kommunistischen Partei sein oder sie begünstigen. Kein Katholik darf Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften veröffentlichen, lesen oder verbreiten, in denen die kommunistische Doktrin verkündet wird. Jeder Katholik, der die materialistische und antichristliche Lehre des Kommunismus verkündet, sie verteidigt oder gar verbreitet, verfällt als Abtrünniger des katholischen Glaubens der Exkommunikation.
(DER SPIEGEL)

Der unfehlbare Papst definiert „kommunistische Erzsünder“ als Intellektuelle und KP-Propagandisten, die automatisch exkommuniziert sind.

Mitglieder der katholischen Kirche blieben hingegen Adolf Hitler, Heinrich Himmler, Reinhard Heydrich, Rudolf Hoess, Julius Streicher, Fritz Thyssen, Klaus Barbie, Leon Degrelle, Emil Hacha, Ante Pavelic, Konrad Henlein, Pierre Laval, Franco, Mussolini oder Josef Tiso.

Das ist die Realität der Heiligen Römisch-katholischen Kirche.
Die Befreier von Ausschwitz, die Rote Armee, wurden verdammt und exkommuniziert, aber der Lagerkommandant Rudolf Hoess, sowie der Megasadist Josef Mengele blieben Mitglieder der RKK.

Nach 1945 half der Vatikan den Massenmördern des Jüdischen Volkes der Justiz zu entkommen.

Adolf Eichmann, Alois Brunner, Dr. Josef Mengele, Franz Stangl (Kommandant der Vernichtungslager Sobibór und Treblinka), Gustav Wagner (Stangls Assistent), Klaus Barbie, Edward Roschmann („Der Schlächter von Riga“) und Aribert Heim (KZ Mauthausen) sind einige der Männer, die auf Veranlassung des Papstes durch Bischof Hudal mit Vatikanischen Papieren ausgestattet vor der alliierten Justiz nach Südamerika flüchteten.

Die überlebenden Juden, die sich nach Israel retten konnten, schätzte der Vatikan weit weniger.

Es dauerte bis 1993 - fast ein halbes Jahrhundert - bis sich der Vatikan dazu herab ließ auch nur diplomatische Beziehungen zu Jerusalem aufzunehmen.

Tatsächlich exkommuniziert wurde vom unfehlbaren Papst nur Joseph Goebbels. Der Vatikan störte sich aber nicht etwa an dessen Antisemitismus, der schwersten Kriegsverbrechen oder dem durch seine entscheidende Arbeit durchgeführten Genozid an den europäischen Juden.
Das sind aus biblischer Perspektive verzeihliche Sünden.
Schlimm war aber, daß er 1931 die Protestantin Magda Quandt heiratete. Gemischtkonfessionelle Ehe? Iih, das war dann doch zu viel für die RKK.
Nach den unabänderlichen kirchlichen Regeln hätte damals auch der Trauzeuge dieser teuflischen Verbindung exkommuniziert werden müssen.
Das war allerdings ein gewisser Adolf Hitler und an den traute sich Rom dann doch nicht heran.

Ich verstehe mich als „evolutionärer Humanist“ im Sinne der Schmidt-Salomonschen Definition. Wir sind nicht etwa die Krone der Schöpfung, sondern die Neandertaler von morgen.
Während wir Atheisten aber rund um die Uhr gegen die rabiate Unmenschlichkeit der Bibellehren kämpfen, setzen sich die Religioten irgendwann einfach selbst auf den Zug der Veränderung und behaupten einfach, das sei jetzt christliche Lehre.

Äußerst praktisch für die Christen, denn weil die gesellschaftlichen Veränderungen zwar stetig, aber doch langsam und ungleichzeitig stattfinden, können sie einerseits selbst von ihnen profitieren und andererseits gegen diese Veränderungen wettern.

Die politische Legende Willy Brandt wurde über Jahrzehnte von CDU und CSU wegen ihrer unehelichen Geburt attackiert. Brandt war ein „Kegel“ und mußte sich noch als Bundeskanzler mit Friedensnobelpreis als „dieser Frahm“ beschimpfen lassen.
Die Parteien mit dem „C“ in ihrem Namen instrumentalisierten noch 1998 und 2002 die Scheidungen Gerhard Schröders gegen ihn – „drei Ex-Ehefrauen können nicht irren“ – prangte auf JU-Plakaten.

Eine sehr ekelhafte, aber auch bigotte Politik, denn während man noch eheliche Untreue oder gar Scheidung bei Sozis als „bähbäh“ brandmarkte, ließen die amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Wulff und Oettinger ihre Ehefrauen sitzen und nahmen sich eine deutliche jüngere Freundin.
Markus Söder, der 2016 bekundet täglich die Bibel zu hören, poppte genau wie sein Parteichef Seehofer außerehelich. Beide bekamen während ihrer Ehen Kinder von anderen Frauen.

Ähnlich halten es schwule CDU-Politiker wie Spahn oder von Beust, die gerne davon profitieren, daß ob der gesellschaftlichen Veränderungen Homosexuelle als modern und hip gelten, während sie aber einer Partei angehören, die Menschen wie ihnen nicht dieselben Rechte zugestehen will.

Aber das sind Erscheinungen der Übergangszeit.
Die RKK verliert mit ihren menschenfeindlichen Lehren an Zulauf. Sie wird Positionen wie das Scheidungsverbot und die Homodiskriminierung irgendwann aufgeben müssen.
In Europa steht sie auf verlorenem Posten.

Allerdings gibt es in Afrika und Südamerika neben der Abkehr vom Katholizismus großen Zulauf für Evangelikale und Pfingstkirchler.
Diese hassen Homosexuelle noch mehr und halten nichts von Armen. Ihre Gründer werden durchaus mal Milliardäre, weil sie ihre Anhänger noch viel effektiver ausbeuten, als es die RKK kann.
Die Südamerikanischen Evangelikalen agieren im Gegensatz zu RKK des 21. Jahrhunderts sogar ausdrücklich feindlich gegenüber der indigenen Bevölkerung.
Brasilien, das größte Katholische Land der Welt, driftet ab.
Schlimmer geht immer.

Beim letzten Zensus wurden 123 Millionen Katholiken im Land gezählt, aber auch 42 Millionen Evangelikale, darunter 27 Millionen Pfingstler. Das ist mit Abstand Weltrekord vor Nigeria und den USA. Laut dem nationalen Statistikinstitut hat Brasiliens katholische Kirche in diesem Jahrhundert 465 Gläubige verloren. Pro Tag. Die evangelikalen Kirchen gewinnen täglich 4383 hinzu. Vor allem unter jungen Menschen. Statistiker der Uni Rio haben errechnet, dass es von 2030 an wohl mehr Evangelikale als Katholiken geben wird. […..] Wahrscheinlich ist auch nur mit göttlichem Beistand zu erklären, dass der evangelikale Pastor Marco Feliciano zwischenzeitlich zum Chef der Menschenrechtskommission ernannt wurde. Feliciano ist wie Cunha ein entschiedener Kämpfer gegen Indigene, Schwule und Lesben.

Bizarr, wenn endlich die RKK nach Jahrhunderten der Großverbrechen in Südamerika schwächer wird, wenden sich die Linken und Armen und Geschundenen den noch übleren Religionen zu.

Einen ähnlich bizarren Twist gibt es in Deutschland.
Hier vögeln nun auch C-Politiker ungeniert fremd, outen sich als schwul und wenden sich den durch die Linken über die Jahrzehnte erkämpften Liberalsierungen zu, während Grüne und SPD immer religiöser werden.
Die SPD wird so sehr von Hardcore-Christen – Nahles, Thierse, Griese – dominiert, daß sogar die Gründung einer säkularen AG innerhalb der SPD verboten wurde.

Die Grünen sind personell ohnehin weitgehend deckungsgleich mit dem evangelischen Kirchentag.
Der größte Grüne Star, Winfried Kretschmann ist Mitglied im Zentralrat der Katholiken.
Alexander Bonde, 41, eine der Stützen des Kabinetts Kretschmann I, seit 2011 Landesminister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, kann nicht weiter Karriere machen, weil…
….   (das glaubt einem kein Mensch…) …. der fromme evangelische, mit der CDU-Politikerin Conny Mayer-Bonde verheirate Vater dreier Kinder, mit einer anderen Frau, noch dazu einer Grünen, geschlafen haben soll.

Doch die Tinte unter dem Koalitionsvertrag ist noch nicht getrocknet, da nimmt schon der designierte Finanzminister seinen Hut. Der Grüne Alexander Bonde (41) - bisher Landwirtschaftsminister in Stuttgart - stolpert über ein angebliches Tête-à-Tête mit der Lokalpolitikerin Kerstin Lamparter. Die hatte in der vergangenen Woche bei Facebook von einer außerehelichen Beziehung mit dem Minister berichtet. Danach wurde der Druck auf Bonde offenbar so groß, dass er sich nun dazu genötigt sah, an gleicher Stelle seinen Amtsverzicht zu verkünden.
(RP 03.05.2016)

Für den religiösen Breisgauer im Kabinett des frommen Katholiken Kretschmann ist das ein Rücktrittsgrund.
Eine außereheliche Affäre! So ein unmoralischer Mann kann natürlich kein Minister sein!
Willkommen im Jahr 2016 bei den Grünen!

[…..] Hallo Grüne, geht's noch?
[…..] Aber symptomatisch ist es eben doch, dass im Zuge des neuen grünen Bürgerglücks nun so getan wird, als sei der behauptete außereheliche Sex unvereinbar mit politischer Verantwortung. Das ist nicht nur Unsinn, es ist bigott.
Ein Politiker muss weg, wenn er sich moralisch diskreditiert. […..] Es galt für Sebastian Edathy von der SPD, der sich Bilder nackter Jungs beschaffte. […..] Bonde aber soll einvernehmlich mit erwachsenen Frauen geschlafen haben. […..]Die Welt geht es nichts an.

5 Kommentare:

  1. Wo bitte verteidigt Jesus die Sklaverei? Wo redet man im NT über Zinsen? Und Mischgewebe sollen nur zu gewissen Anlässen untersagt sein.

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    1. Biblisches Zinsverbot:
      http://tammox2.blogspot.de/2013/10/wie-sich-die-zeiten-andern-teil-ii.html

      Sklaverei:

      5 Ihr Sklaven, gehorcht euren irdischen Herren mit Furcht und Zittern und mit aufrichtigem Herzen, als wäre es Christus. 6 Arbeitet nicht nur, um euch bei den Menschen einzuschmeicheln und ihnen zu gefallen, sondern erfüllt als Sklaven Christi von Herzen den Willen Gottes! 7 Dient freudig, als dientet ihr dem Herrn und nicht den Menschen. 8 Denn ihr wisst, dass jeder, der etwas Gutes tut, es vom Herrn zurückerhalten wird, ob er ein Sklave ist oder ein freier Mann. 9 Ihr Herren, handelt in gleicher Weise gegen eure Sklaven! Droht ihnen nicht! Denn ihr wisst, dass ihr im Himmel einen gemeinsamen Herrn habt. Bei ihm gibt es kein Ansehen der Person.
      (Brief an die Epheser, Kapitel 6)
      http://tammox2.blogspot.de/2013/07/der-fehlgriff.html

      Jesus über die Juden:

      Noch im Neuen Testament, der „Frohen Botschaft“ heißt es:

      14 Denn, Brüder, ihr seid den Gemeinden Gottes in Judäa gleich geworden, die sich zu Christus Jesus bekennen. Ihr habt von euren Mitbürgern das Gleiche erlitten wie jene von den Juden. 15 Diese haben sogar Jesus, den Herrn, und die Propheten getötet; auch uns haben sie verfolgt. Sie missfallen Gott und sind Feinde aller Menschen; 16 sie hindern uns daran, den Heiden das Evangelium zu verkünden und ihnen so das Heil zu bringen. Dadurch machen sie unablässig das Maß ihrer Sünden voll. Aber der ganze Zorn ist schon über sie gekommen. (1, Thess, 2)

      http://tammox2.blogspot.de/2015/11/moralischer-totalzusammenbruch.html

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  2. Sorry, aber das ist falsch. Erster Link (Wie sich die Zeiten änder) ist AT. Da redet man über Zinsen. Im NT ist davon keine Rede mehr.

    Zweiter Link (Brief an die Epheser) hat Paulus verfasst! Er spricht und nicht Jesus.

    Was er angeblich über Juden sagte, habe ich nicht thematisiert. Ich habe aber festgestellt, dass Mischgewebe nur zu gewissen Anlässen verboten seien. Also Trauerfeiern etwa.

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    1. Ich sprach bezüglich der Kirche aber von einem biblischen Zinsverbot.
      Das AT gehört zweifelsfrei zur Bibel, es wurde eben NICHT von Jesus außer Kraft gesetzt und daher hatte sich die Kirche eben auch die allerlängste Zeit ihrer 2000-jährigen Geschichte streng an das Zinsverbot gehalten. Bis sie bemerkte wie viel Geld ihnen dadurch durch die Lappen geht.

      Und Paulus, der nun nicht ganz irrelevant für die Bibel ist, spricht nicht SEINE Meinung aus, sondern referiert, daß Jesus die Juden hasst.

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    2. Ich hoffte, dass Tammox Bibelstellen zitieren kann, die es eindeutig belegen. Das Problem an der Bibel ist doch, dass niemand sagen kann, wer sie verfasste* oder verfälschte, was ja nachweislich mehrfach getan wurde.

      Also kann kaum jemand sagen, was Jesus gedacht hat. Ich bin davon überzeugt, dass es ihn nicht gegeben hat. Einen Wunderheiler und Wasserläufer wie ihn, hätte zweifellos jeder Historiker bemerkt. Die Reichen hätten um Behandlung angestanden. Aber dem war ja nicht so.

      * Bis auf die geklauten Teile wie z.B. die Genesis.

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