Der
häufigste Satz heute lautet:
„Ist ja gerade noch mal gut
gegangen!“
Kein
brauner FPÖ-Mann als österreichischer Staatspräsident.
Mit
unfassbar knappen 50,3% konnte der Vernunftkandidat van der Bellen das
Schlimmste verhindern.
Ja,
immerhin wurde Hofer verhindert. Aber das war ja auch das absolute Minimalziel.
Einen
Grund zur Beruhigung sehe ich nicht, wenn sich in Österreich fast jeder zweite Wähler bei zwei Alternativen
– einem Menschenrechtler und einem Neofaschisten - für
letzteren entscheidet.
Felix Austria? Kein
Grund zur Erleichterung!
Aufatmen,
Erleichterung! Europas politische Elite seufzt vor Glück, dass dieser Kelch an
ihr vorüber gegangen ist. Hauptsache kein Bundespräsident von Rechtsaußen.
Keiner, der dem rechten Spuk in Europa weiter Auftrieb gibt.
Als seien fast 50% nur
ein Menetekel für nationalistische Kleingeistigkeit - und nicht schon eine
Katastrophe an sich. Das österreichische Wahlergebnis bedeutet schließlich vor
allem dies: Mitten in Europa gelingt es völkischen
Nationalisten Mehrheiten zu organisieren, die diesen Kontinent ideologisch in
die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts zurückschreien wollen. Die von
Weltoffenheit und Weltbürgertum ungefähr so viel halten wie Islamisten von
Frauenrechten. Und die mit ihrem Gegröle vom "Wir zuerst!" vor allem
"Ihr zuletzt!" meinen. "Ihr", die Ihr von anderem Blut,
Glauben oder Volk seid!
Wer immer noch meint,
diese Bewegung sei mit "rechtspopulistisch" treffend beschrieben,
ignoriert, dass hier ein völkischer Ungeist am Werk ist, der im Humanismus der
Aufklärung sein wahres Feindbild entdeckt hat. Ein Humanismus, der eben keinen
Unterschied macht zwischen "uns Volksgenossen" und "Euch
Minderwertigeren".
50% hat die Freiheitliche
Partei Österreichs hinter sich versammelt - eine Partei, die mit
Freiheitlichkeit genauso wenig zu tun hat wie irgendeine der anderen
Rechtsaußenparteien in Europa. Deshalb besteht kein Grund zur Erleichterung. Im
Gegenteil: Diese Parteien müssen jetzt erst recht mit aller Entschlossenheit
bekämpft werden: Weil sie uns allen unsere Freiheit nehmen wollen. Nämlich die
Freiheit so zu sein, wie wir sind. Egal wo.
Völkisch-bräunlich
moderig wird wieder quer durch Mitteleuropa gedacht.
Spanien
ist die einzige rühmliche Ausnahme.
Unsere
sogenannten christlich-jüdischen, abendländischen Werte sind das, was
religiotische Werte eben sind:
Ein tiefverwurzeltes „Wir sind besser als die!“-Denken.
Ein tiefverwurzeltes „Wir sind besser als die!“-Denken.
Wer auf
irgendeine Art anders ist, weil er schwul, schwarz, muslimisch, arm, verfolgt
oder behindert ist, wird geistig gnadenlos ausgegrenzt.
Die „europäischen
Werte“ sind eine reine Schönwetterveranstaltung, die Kauder und Merkel gern
einer Monstranz gleich vor sich hertragen, die aber wenn es ernst wird nichts gelten
sollen.
Profit
geht über Mitleid.
Gier
über Teilen.
Homogenität
über Vielfalt.
Konvention
über Neugier.
Die
schöne Michael Schmidt-Salomonsche Theorie des „evolutionären Humanismus“ ist
einer Majorität immer noch fremd.
Menschen
an sich sind missgünstig.
Auch
wenn es sie persönlich gar nicht betrifft, frönen sie ihrer Bösartigkeit.
Der
Durchschnittstoitone mit AfD-Faible will eben nicht, daß der Herr Nachbar einen
Mann heiraten darf, daß die Jungs am Ende der Straße in eine Moschee gehen oder
daß die Frau von gegenüber am Karfreitag tanzen geht.
Von
Akzeptanz der Heterogenität sind wir weit entfernt und selbst die kleine
Schwester der Akzeptanz, die Toleranz hat keine Chance in den Landstrichen, in
denen täglich Asylunterkünfte angegriffen werden.
Dieser
widerwärtige Aspekt der Deutschen wird kein bißchen besser dadurch, daß in
Ungarn und Polen die angebräunten Intoleranten bereits die Regierung stellen,
daß es in der Türkei und Russland eine breite Sehnsucht nach einem allmächtigen
Führer gibt, daß in Amerika nicht ausgeschlossen werden kann ab Januar 2017 von
einem rassistischen Orang regiert zu werden.
In
Deutschland und Österreich muß gar nicht erst eine AFDFPÖ die Regierung
übernehmen.
Die
jeweiligen Grokos verlieren schon bei dem Gedanken an Petry und Strache die
Kontrolle über ihre Peristaltik.
Ohne Not
tut man das was rechte Demagogen, die bisweilen in der eigenen Koalition sitzen
und mit Vornamen „Horst“ heißen, verlangen.
Die rot-schwarze
Bundesregierung hat sich in den vergangenen Jahren von der FPÖ treiben lassen.
Immer wieder hat Rot-Schwarz Forderungen der Rechtspopulisten übernommen - und
doch an Zustimmung in der Bevölkerung verloren.
Gerade in der
Flüchtlingspolitik ist Wien unter dem Anfang Mai zurückgetretenen Bundeskanzler
Werner Faymann Zick-Zack gefahren, zuletzt nicht gerade europafreundlich.
Alexander Van der Bellen hingegen hat sich stets klar positioniert, auch bei
mutmaßlich unpopulären Themen wie Flüchtlingen und Europa.
Der Wahlausgang zeigt:
Die Mehrheit der Österreicher ist weder europafeindlich noch ausländerfeindlich
eingestellt. Und die meisten Bürger des Landes belohnten eine pro-europäische
Linie. Die Grünen sollten sich trotzdem nicht zu viel auf Van der Bellens Sieg
einbilden: Viele Bürger haben auch vor allem deshalb für ihn gestimmt haben, um
einen FPÖ-Präsidenten zu verhindern.
Was
sollen die Doofen und Ängstlichen, die AFDFPÖ anhängen
anderes denken, als „wir haben eben doch recht!“, wenn die Altparteien ihre
Überzeugungen über Bord werfen und den Willen der Rechten exekutieren?
Nein,
der braune Kelch ist noch nicht an uns vorüber gegangen.
Die Le
Pens, Petrys und Straches sind gestärkter als je zuvor.
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