Immerhin
einen Konsens gibt es wohl bei dem leidigen Thema Einwanderung.
So wie
es Ende der 1950er, in den 1960ern und Anfang der 1970er gehandhabt wurde, also
möglichst viele billige Arbeitskräfte für miese Jobs in der deutschen Industrie
anzuheuern und zu glauben man müsse sich um gar nichts weiter kümmern, funktioniert
es nicht.
Wer
hätte das auch ahnen können? Da kam doch tatsächlich auch echte Menschen aus
Italien und der Türkei. Das waren gar keine primitiven Roboter, die man nach
Belieben ein- und absetzen konnte.
In den
Jahrzehnten, die sie an deutschen Werkbänken, in deutschen Kohlegruben oder in deutschen
Großküchen „schafften“, hatten sie neben ihrer Nettoarbeitszeit auch noch
private Leben. Donnerschlach!
Offenbar
hatten Politiker aller Parteien, Kirchen und Firmenbosse angenommen, so ein
Anatolier verfalle nach neun Stunden am Fließband in Starre, könnte
bedürfnislos in einem Schrank abgestellt werden bis zum nächsten Morgen.
Wer
hätte gedacht, daß diese Typen auch Frauen haben, Kinder bekommen, irgendwas
essen, irgendwo wohnen wollen und womöglich sogar mal krank oder gar alt
werden? Da ist so ein ungelernter Arbeiter gerade mal 40 Jahre in Deutschland
und dann stellt man erstaunt fest, daß der schon Wurzeln geschlagen hat und möglicherweise
gar nicht mehr in die Osttürkei zurück will, nur weil der Rest seiner Familie
auch in Deutschland lebt. Also sowas!
In den
1990er Jahren, als der endlose Kohl, von 1990 bis 1998 mit einer
Bundesministerin namens Angela Merkel zusammen regierte, wurde mit anderen
Augen auf Migranten geblickt.
Sie
waren nun endlich keine bloßen billigen Arbeitskräfte ohne Rechte und
Bedürfnisse mehr, sondern etwas viel besseres: CDU-Stimmvieh.
Kohl,
Merkel und die CSU schickten Staatssekretär Waffenschmidt in die ehemaligen
Sowjetrepubliken, um im großen Stil Einwanderer anzuwerben.
Integrationsprobleme
gab es nicht, da sie am ersten Tag in Deutschland einfach den deutschen Pass
erhielten und damit das Thema erledigt war. (Ich habe nach einem halben
Jahrhundert immer noch keinen deutschen Pass!)
[…..]
Zwischen 1950 und 2016 wanderten mehr als
viereinhalb Millionen Menschen im Rahmen des (Spät-)Aussiedlerzuzugs nach
Deutschland ein (4.529.758) – davon zweieinhalb Millionen seit 1990. Im
Mikrozensus 2016 gaben 3,2 Millionen zugewanderte Deutsche (einschließlich
zeitgleich eingereister Ehegatten und Kinder) an, mit dem Aussiedler- bzw.
Spätaussiedlerstatus nach Deutschland eingereist zu sein. Die meisten
(Spät-)Aussiedler kommen aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion
(2016: 1,5 Mio.) – darunter vor allem aus Kasachstan (582.000) und aus Russland
(580.000). Daneben sind Polen (642.000) und Rumänien (223.000) wichtige
Herkunftsländer. [….]
Allein
im Jahr 1990 holte Kohl 400.000 sogenannte „Spätaussiedler“ nach Deutschland
und machte sie sofort zu Deutschen.
Insbesondere
vor den Bundestagswahlen 1994 und 1998 ließen Kohl, Merkel und Weigel die
Werbetrommeln schlagen.
[….]
Im Vorfeld der Bundestagswahl 1994 wurden
die Russlanddeutschen vom damaligen Aussiedlerbeauftragten Horst Waffenschmidt
(CDU) gezielt angeworben, in die Bundesrepublik zu ziehen; eine parteipolitisch
und wahlkampfstrategisch motivierte Maßnahme, die selbst von der
Schwesterpartei CSU intern kritisiert wurde, laborierte man doch paradoxerweise
gleichzeitig an einer Einschränkung des Asylrechts. [….]
[….]
Mit einer gezielten Werbekampagne unter
Hunderttausenden Aussiedlern, vor allem unter Rußland-Deutschen, will die CDU
zusätzliche Stimmen gewinnen. Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion präsentierte der
Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Horst Waffenschmidt, am vergangenen
Dienstag eine Hochglanz-Broschüre mit "Informationen für Aussiedler"
auf deutsch und russisch ("Wir sind an Ihrer Seite"). Darin verspricht
die CDU den "lieben Landsleuten", sie werde dafür sorgen, "daß
auch weiter Aussiedler zu uns kommen dürfen" und daß das "Tor nach
Deutschland offen bleibt". [….]
Daß
diese Millionen Menschen zum großen Teil kaum deutsch konnten, daß sie auch
irgendwo wohnen und arbeiten mussten, interessierte keinen in der CDU/CSU/FDP-Bundesregierung
bis 1998.
Gerd Schröder,
der Vielgescholtene, begann die rotgrüne Bundesregierung mit einer Vielzahl
richtiger und notwendiger Vorhaben.
Dazu gehörte
von Anfang an die Entrümpelung des anachronistischen deutschen Blutrechts, das
durch ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht ersetzt werden sollte. Außerdem
setzte der Bundeskanzler die CDU-Politikerin Süßmuth ein, um mit vielen
Experten ein sinnvolles Einwanderungsgesetz zu konstruieren.
Es entstand
eine Vorlage, die von nahezu allen Seiten Lob erhielt. Arbeitgeber, Kirchen,
Gewerkschaften, Juristen, Migrationsexperten, SPD, Grüne und Journalisten
unterstützten den Plan.
Das
Ergebnis ist bekannt. Die neue CDU-Generalsekretärin Angela Merkel trat
gemeinsam mit Roland Koch im Januar 1999 die „Wo kann man hier gegen Ausländer
unterschreiben“-Unterschriftenkampagne los und machte so massiv xenophobe
Stimmung, daß das rotgrüne Hessen an die CDU fiel.
Das
Zeitfenster war zu. Seitdem hatten rot und grün nie wieder eine Mehrheit im Bundesrat
und Bundestag gleichzeitig. Seit nun fast 20 Jahren blockieren CDU und CSU ein
modernes Staatsbürgerschafts- und Einwanderungsrecht.
Aber
dafür engagieren sich die C-Parteien intensiv dafür möglichst viele Menschen in Not im Mittelmeer zu töten.
Allein im Juni 2017 krepierten 629 auf See, während Deutsche alles dafür tun,
Seenotrettungshelfer zu kriminalisieren.
Groteskerweise
wird aber der Arbeitskräftemangel in Deutschland
gerade jetzt, während alle Parteien massiv daran arbeiten jede Grenze zu
schließen so gravierend, daß ausgerechnet der fremdenfeindliche Hardcore-Minister
Spahn einen Weg finden muss viele neue Arbeiter (in der Altenpflege) nach
Deutschland zu holen.
@BMG_Bund pic.twitter.com/wHlUooVF0gUnser neues Format „Frag den Spahn“ startet in der nächsten Woche auf Social Media - heute schon gedreht mit dem Pflege-Azubi @alexander_jorde.
Es ging um bessere Bezahlung, die Pflegeausbildung und Personaluntergrenzen.
Nach
Jahrzehnten ist der Erkenntnisgewinn beim ultrakonservativen Spahn immer noch
nicht messbar.
Altenpfleger
und Krankenschwestern aus Osteuropa sind für ihn immer noch keine menschlichen
Wesen mit Rechten, sondern reine Manövriermasse, die man als Billigarbeiter für
die Scheiße einsetzen kann, die kein Deutscher machen will.
Deutschland
scheint sich darauf geeinigt zu haben, nur noch den reinzulassen „der uns
nützt!“.
Also
flexible, bedürfnislos, gut ausgebildete Arbeitsmigranten ohne Familie, die man
auch jederzeit mit einem Arschtritt zurück schicken kann, wenn man sie nicht
mehr braucht.
Dabei ist der „Braindrain“ für südeuropäische Länder auch eine ökonomische Katastrophe. Wenn spanische Ingenieure und griechische Ärzte in Deutschland arbeiten, ersparen sich die Chefs im Norden deren Ausbildungskosten.
Die armen
Länder des Südens müssen also die teure universitäre Ausbildung bezahlen und
werden dann doppelt gestraft und ausgenutzt, weil ihnen anschließend die
qualifizierten Kräfte fehlen.
Was es
für ein menschliches und soziales Leid bedeutet nach Spahns Gutdünken
Osteuropäerinnen zur Versorgung deutscher Geronten einzusetzen, spielt erst Recht
keine Rolle.
Sie
werden schlecht bezahlt, bekommen keine Sicherheiten und werden von der
CHRISTENPARTEI CDU auch noch genötigt ihre Familien auseinanderzureißen.
[…..] Deutschland
will noch mehr Pflegekräfte aus Südosteuropa holen. Meist Frauen. Was macht das
mit den Männern?
[…..]
Mit seiner Familie lebt Tomšić in Štitar,
einem 2000-Seelen-Dorf in Kroatien. Er ist Vater von drei Kindern. Es gibt kaum
Arbeit in dieser ländlichen Region. Mit dem Holz, das er im Wald fällt,
verdient der 50-Jährige nichts, es sind Gefälligkeiten unter Dorfbewohnern.
Hauptverdiener der Familie ist seine Frau Maria. Im 800 Kilometer entfernten
Innsbruck arbeitet sie als Pflegekraft. Für vier Wochen lebt sie bei einer
alten Dame, die sie pflegt, dann steigt sie wieder in den Zug nach Hause. Drei
Wochen ist sie dort, dann muss sie wieder los. So geht es seit vier Jahren. Der
kroatische EU-Beitritt hat es möglich gemacht.
Die Europäische Union
ist für die Menschen hier im Landesinneren abstrakt, was sie von ihr
mitkriegen, sind nur die Folgen. Das alte Problem Arbeitslosigkeit vermischt
sich mit dem neuen Problem Abwanderung. Die Jugend verlässt die Heimat ganz,
die Älteren werden zu Pendlern. Meistens sind es die Frauen, die gehen, um in
Österreich oder Deutschland alte Menschen zu pflegen. So wie Maria.
Geht es nach den
Plänen von Jens Spahn, sollen in Zukunft noch mehr Pflegekräfte aus
Südosteuropa nach Deutschland kommen, und zwar nicht nur aus der EU, sondern
auch aus Kosovo und Albanien. Dort gebe es, so der Bundesgesundheitsminister,
ein hohes Potenzial an jungen Fachkräften.
Zurück bleiben die
älteren Männer. So wie Zdravko. Und jede Menge leere Häuser. Seine Schwägerin
arbeitet bei der Kommune. Sie sagt: Jedes zweite Haus im Dorf steht
mittlerweile leer. Läuft sie durch das Dorf, zeigt sie mit dem Finger auf die
Häuser, bei denen der Rollladen für immer unten bleibt. "Österreich.
Deutschland. Deutschland. Schweiz." Ihr Zeigefinger wippt in der Luft, während
sie auf die Fassaden deutet. "Eigentümer verstorben. Deutschland.
Deutschland." Štitar ist ein Geisterdorf. […..] Während Maria weg ist, muss Tomšić den Haushalt übernehmen. Er hat
gelernt zu kochen, zu waschen, zu bügeln - nur an das Einkaufen kann er sich
nicht gewöhnen. […..][…..]
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