Es gibt diese Sorte Politiker, die einfach nicht die breite
Masse erreichen, die keine Talkshow-Plauderer sind und nie die vorderen Plätze
des Beliebtheitsrankings einnehmen werden.
Sie sind nicht geschaffen für die große Öffentlichkeit, auch
wenn sie im kleineren Kreis ungeheuer gewinnend sind und von ihren Mitarbeitern
und Kollegen geradezu geliebt werden.
Jürgen Trittin ist so einer. Chronisch unbeliebt bei Volk
und Medien, aber persönlich bescheiden, umgänglich und hochgeschätzt.
Idealerweise kann man auf der großen Bühne und Talkshows
überzeugen und wird außerdem noch von seinen Mitarbeitern sehr gemocht. Gerhard
Schröder war so einer, den man immer als Rampensau wahrnahm. Weniger bekannt
waren seine Zuhörerqualitäten. Als Ministerpräsident und Bundeskanzler war er
ein Wanderer, der kaum hinter seinem Schreibtisch saß, niemand einbestellte, sondern
lieber selbst zu den Sekretären und Referenten ging. Vollkommen unprätentiös.
Bekannt ist das auch von den Politik-Giganten Schmidt, Wehner und Brandt, die
von ihrer nächsten Umgebung über alle Maßen verehrt wurden. Ihre Fahrer,
Wachleute, Telefonisten wären für sie durchs Feuer gegangen.
Wieder andere können es zu enormer öffentlicher Beleibtheit
bringen – zu Guttenberg, Kohl – aber gleichzeitig extrem unangenehme Chefs
sein, die keinerlei Loyalität zu ihren Mitarbeitern aufbringen.
Einige der beliebtesten Politiker, die hervorragend
verstehen für sich selbst PR zu machen, werden in ihrem innersten Kreis
regelrecht gehasst, weil sie rücksichtslose Egomanen sind, die alle anderen als
niedere Wesen behandeln.
Schäuble, von der Leyen und natürlich Seehofer sind
Beispiele dafür. Immer wieder trennen sich Untergebene von ihnen, weil sie wie
Dreck behandelt werden.
Angela Merkel ist ein Sonderfall. Sie ist bekanntlich keine
Volkstribunin. Sie ist eine schlechte Rednerin und im Smalltalk mit normalen
Menschen legendär ungeschickt. Mit ihr kann man nicht schnell warm werden. Wenn
sie Besuchergruppen, Sternensinger empfängt, kann sie nicht kaschieren wie
wenig Lust sie dazu hat.
Dafür gibt es aber immerhin einen kleinen sehr festen
Mitarbeiterstab, also im Wesentlichen „das Girlscamp + Altmaier“, aber auch
einige politische Freunde wie Klaus von Dohnanyi, die 100% loyal sind, Merkel
immer verteidigen und wie man hört, auch ganz andere Seiten an ihr loben. Sie
soll sogar komisch sein können und hervorragend andere Promis imitieren können.
Saskia Esken steht ebenfalls auf einsamen Posten.
Ich gebe gern zu, daß ich nicht objektiv bin, weil ich in
der deutschen Politik (außer am rechten Rand) seit Jahrzehnten niemanden so
unsympathisch empfand.
Natürlich sind das keine politischen Kriterien, aber ich
kann ihr kaum zuhören, kann sie kaum ansehen. Die Frau triggert irgendetwas an
mir, daß ich schreiend weglaufen möchte.
Auch wenn wenige meine starke Abneigung teilen mögen, so
wird sich auch kaum einer finden, der sie für einen Menschenfängerin hält. Sie
kommt einfach nicht an auf großer Bühne.
Bei Esken deckt sich dieser Eindruck fatalerweise aber mit
allen, die sie persönlich kennengelernt haben. Sowohl in ihrem Wahlkreis, als
auch im Bundestag. Jeder, der schon mit ihr arbeiten musste, wendet sich
angewidert ab.
Sie scheint chronisch illoyal und zudem selbstverliebt zu
sein.
[….] Und Esken? Über sie ist weniger Wohlwollendes zu hören, gerade in der
SPD-Bundestagsfraktion, wo viele eine tiefe Abneigung gegen sie pflegen. Wenn
es in der Phase der Regionalkonferenzen unter den vielen Bewerbern um den
Vorsitz eine Hassfigur gab, dann war es Esken. Viele wunderten sich, wie man
politisch so unerfahren sein und zugleich so selbstbewusst auftreten könne.
Wenn Esken sich, gerade dem Taxi entstiegen, einer Gruppe von Kandidierenden
näherte, die plaudernd beisammenstand, löste sie bisweilen allergische
Reaktionen aus: "O Gott, da kommt sie."
Eskens Vorträge auf den
Regionalkonferenzen waren oft einfallslos und plump. Immer dieselben
Textbausteine, dieselben Witze. "Was geschieht alle elf Minuten in
Deutschland?", fragte Esken regelmäßig. Auflösung: "Da werden acht
Millionen Euro vererbt." Oder der Gag darüber, wie sie und Walter-Borjans
zueinanderfanden: "Ich bin ja für Gleichberechtigung. Deshalb wollte ich
einem Mann eine Chance an meiner Seite geben." [….]
(DER SPIEGEL Nr. 50,
07.12.2019, s.17)
Es ist schlecht, wenn Politiker, wie Olaf Scholz nicht
bierzelttauglich sind und keine schmissigen Reden halten können.
Noch viel schlechter ist es aber, wenn man umso
verhasster ist, je besser man kennengelernt wurde.
Die neuen Umfragetrends überraschen daher wenig.
Eskens Urwahlerfolg vom 30.11.2019 wurde umgehend zum Demoskopie-Desaster: Forsa
befragte vom 02.12.–06.12.19 insgesamt 2.502 repräsentativ ausgewählte Personen
(ein große Stichprobe also) und maß ein nie dagewesenes SPD-Rekord-Tief.
Das war nicht anders zu erwarten nachdem die Kamikaze-Strategen
Kühnert und Esken seit Monaten alles darauf setzten mit allen Mitteln
sozialdemokratische Bundesminister zu stürzen und sie durch CDU/CSU-Männer zu
ersetzen.
Das passiert, wenn populistisch verführte Jungs-Sozis
sich auf einen destruktiven Kurs versteifen, bei dem es nur noch darum geht den
beliebtesten Politiker Deutschlands – Olaf Scholz – durch eine möglichst
verhasste Provinzlerin zu ersetzen. Damit kann man zwar politisch gar nichts
erreichen, aber es gibt einem das wohlige AfD-Gefühl „denen da oben“ mal so
richtig in den Hintern getreten zu haben.
[…..] Nach der Klatsche bei der Wahl für den SPD-Vorsitz sprachen alle über
das wahrscheinliche Karriere-Aus von Olaf Scholz – doch plötzlich ist der
ehemalige Hamburger Bürgermeister Deutschlands beliebtester Politiker!
Beim „Deutschlandtrend“ der ARD klettert Scholz bei der Frage, mit
welchem Politiker die Deutschen zufrieden sind, um riesige sieben Prozentpunkte
nach oben […]
Offenbar hat Olaf Scholz durch die Niederlage bei der Wahl um den
SPD-Vorsitz an Sympathie im Land gewonnen. Für das neue Führungsduo der SPD,
Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sowie ihren Unterstützer Kevin Kühnert,
ist das keine gute Nachricht.
Und dazu kommt: Eine große Mehrheit der Befragten ist für die
Fortführung der bei den SPD-Mitgliedern offenbar so verhassten Große Koalition
– genau dafür steht auch Olaf Scholz. Selbst die SPD-Anhänger sind für die
GroKo – nur AfD-Wähler sind dagegen. [….]
Sofort raus aus der Groko ist also ein Schlagwort, das
nur bei Jusos und AfD mehrheitlich gut ankommt.
Für die Fundamental-Opposition AfD ist ein solcher Wunsch
noch verständlich, aber Walter-Borjans und Saskia Esken und Kevin Kühnert gehen
damit auf Kamikaze-Kurs.
Sozis, die so fanatisch auf den beliebtesten Sozi eindreschen
gebührt ein besonderer Platz in der Hölle.
[…..] Das "Voice-of-Germany"-Format der Regionalkonferenzen hat der
Partei letzten Endes geschadet. Es sind wenige Fragen gelöst worden. In der
Großen Koalition bleiben oder nicht? Linkskurs oder doch einen der Mitte? Das bleibt
weiterhin offen. Das Schlimmste ist: Besonders Vizekanzler Olaf Scholz wurde
geschwächt - ausgerechnet das bekannteste Gesicht der Partei. [….]
(Dr. René Cuperus,
niederländischer Politikwissenschaftler, Mitglied der sozialdemokratischen
"Partij van de Arbeid" (PvdA), 09.12.19)
Auch andere Umfrage-Institute bestätigen wie schädlich der
Esken-Irrweg für die SPD ist und stützen Olaf Scholz.
[….] Eine repräsentative Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts
Civey für den SPIEGEL dürfte den Finanzminister jetzt zuversichtlich stimmen.
Denn mehr als 60 Prozent der SPD-Anhänger sind demnach eindeutig oder eher der
Meinung, dass der Norddeutsche auch künftig eine wichtige Rolle in der Partei
spielen sollte.
Selbst unter den Anhängern von CDU und CSU wünschen sich knapp 59
Prozent einen bedeutenden Einfluss von Scholz innerhalb der SPD. Das könnte als
klares Statement für die Große Koalition gedeutet werden - denn Scholz hat sich
im Gegensatz zu Walter-Borjans und Esken immer klar für einen Verbleib der
Sozialdemokraten im Bündnis mit der Union ausgesprochen. […..]
Endlich ist Andrea Nahles, die Laute und so oft
Danebenliegende SPD-Geschichte und es findet sich tatsächlich eine noch
schlechtere Bundesvorsitzende.
Gewählt von einem Viertel der Mitglieder. Zwei Viertel
haben nicht abgestimmt, ein Viertel wählte Scholz. Die Jusos haben mit einer
massiven Suizid-Kampagne 75% der Sozis ausmanövriert.
[….] Bei den 23 Regionalkonferenzen wurden die beiden von den Jusos bejubelt
wie kein zweites Team. Auffällig waren auch die Fragen, die den beiden von
Jusos gestellt wurden, meist dankbare, gefällige Vorlagen zu ihren
Spezialgebieten Digitalisierung (Esken) und Steuerpolitik (Walter-Borjans).
Ihre Hauptkonkurrenten dagegen bekamen kritische, scharfe Fragen. Zuvor
hatte Kühnert sicherheitshalber einen Katalog möglicher Fragen an einen großen
Kreis von Juso-Funktionären verschicken lassen. Auch in den sozialen Netzwerken
kam den Kandidaten die Unterstützung der Jusos zugute, die dort deutlich
aktiver sind als die älteren Genossen. [….]
(DER SPIEGEL Nr. 50,
07.12.2019, s.17)
Die Jusos vergessen nur, daß die U35-Generation weniger
wählen geht und ohnehin schwächer ist als die Rentner.
Natürlich kann dieser populistische Exzess kein Aufbruch
sein.
Ich sehe schwarz für meine Partei, dunkelschwarz.
Aber was will man erwarten in einer Zeit, die immer
komplizierter wird und in der gleichzeitig einfache Antworten immer populärer
werden, weil niemand mehr Lust hat sich zu informieren, Zeitungen zu lesen,
sondern ein paar Tweets oder Markus Lanz für ausreichende Informationsquellen
hält?
[…] Nach […] 23
Regionalkonferenzen, haben die Mitglieder der ältesten deutschen
Traditionspartei zwei Figuren auf den Schild gehoben, an deren Eignung doch
berechtigte Zweifel bestehen. […] Dass
[Saskia Esken] im Bundestag sitzt,
dürfte außerhalb ihres Wahlkreises Calw nur wenigen bekannt sein. Und selbst
dort, in der Heimat, gaben ihr zuletzt nur 16,9 Prozent der Wähler die
Erststimme.
Dass diese Doppelspitze das Beste sein soll, was die Partei Willy
Brandts und Friedrich Eberts nach einem Jahrzehnt eines selbst auferlegten
Erneuerungsprozesses aufzubieten hat, dürfte selbst ihre schärfsten Gegner
überrascht haben. Aber daran glaubt ja auch die SPD in Wahrheit nicht. Es ging
nicht um die Suche nach kompetenten Chefs. Es ging darum, den basisfernen
Parteioberen und Berliner Großkoalitionären endlich einmal den Mist vor die Tür
zu fahren und ihnen mit Anlauf in den Arsch zu treten.
Hier schlägt sich, auch sprachlich, der Bogen zu Trump und zum Brexit.
In der SPD ist eine Art innerparteilicher Populismus ausgebrochen, der
rationale Argumente nicht mehr hören will und sich aus dem großen Irgendwie der
Bauchgefühle speist. [….]
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