Californische Youtuber erscheinen aus Perspektive der
Ost-Küste und erst Recht von Europa aus betrachtet extreme Blasen-Wesen zu
sein, die jeden LALA-Land-Witz verdienen.
Extreme Beschäftigung mit sich selbst und dazu eine bizarre
Mischung aus politischem Desinteresse und gleichzeitiger Hypersensibilität für
politische Correctness.
Da machen aufgeklärte, ökobewußte, genderfluide Leute
täglich Videos für ihre 10, 20 oder 30 Millionen Follower ohne ein Wort darüber
zu verlieren, daß Präsidentschafts- oder Kongresswahlen sind.
Trump finden sie zwar alle doof, aber wichtiger sind ihre
neuen Schminkutensilien, Tiktok-Videos, Gucci-Sandalen oder Feuchtigkeitsmasken
nach dem Gym.
Das völlig aus dem Ruder geratene Influencer-Wesen führt
dabei zu einer Geschmacks-Nivellierung, die ich so noch nie irgendwo beobachtet
habe. Die Häuser haben alle den gleichen Schnitt, die Frauen die gleichen
Lippen und Brüste, die Männer die gleichen Figuren, die Kinder die gleichen Interessen.
Alle fahren die immer gleichen SUVs, tragen dieselben Farben und streben nach
dem Einheits-Lifestyle.
Wieso einen das kümmern muss?
Muss es nicht, aber Kalifornien mit seinen 40 Millionen Einwohnern ist auch eine ökonomische und kulturelle Supermacht.
Muss es nicht, aber Kalifornien mit seinen 40 Millionen Einwohnern ist auch eine ökonomische und kulturelle Supermacht.
Mit beinahe drei Billionen Dollar Bruttoinlandsprodukt ist
der Westküstenstreifen die mit Abstand wichtigste Wirtschaftsregion der USA und
wäre für sich allein betrachtet nach den USA, Japan, China und Deutschland die
fünftgrößte Macht der Welt.
Diese eben noch so geschmähten ewig lächelnden sonnigen
Youtuber beeinflussen nicht nur die Jugend weltweit, sondern machen dabei auch
noch zig Millionen Dollar allein mit der Youtube-Werbung,
let alone die vielfache Summe, die sie mit Merch und Werbedeals einkassieren.
Man kann diese schillernde Glitzerwelt belächeln.
Man kann diese schillernde Glitzerwelt belächeln.
Aber immerhin können die exaltierten Wesen, die wie zum
Beispiel die Dolan-Twins, zwei Teenager mit elf
Millionen Followern, die nichts besonders vollbringen, sondern einfach für ihr
Berühmt-Sein berühmt sind, oder James Charles, der immerhin schon reife 20
Jahre alt ist und seine mehr als 16 Millionen Follower mit Variationen seines
Lidschattens entzückt, durch ihren gewaltigen Einfluss auch zur Liberalisierung
der Gesellschaft beitragen, indem sie konsequent gegen Fat-Shaming, Rassismus
und andere Formen der Diskriminierung vorgehen. Da haben die Heten-Jungs
keinerlei Berührungsängste mit ihrem Homo-Altersgenossen, sie fahren Tesla, um
die Umwelt zu retten und betonen bei all ihren Merch-Produkten „it is vegan! It
is cruelty-free!“
Sie sorgen sich um die Waldbrandgefahr und essen gluten-free.
Man kann das natürlich belächeln.
Aber als Gegenpol zu den Abscheulich-Amerikanern wie Don
Trump Jr., der als lupenreiner Rassist den Klimawandel für eine „hoax“ hält,
als Waffenlobbyist auftritt und durch die Welt reist, um vom Aussterben bedrohte Tierarten wie das Argali abzuknallen, lobe ich mir jeden angeökten
gelifteten Jung-Kalifornier mit Louis-Vuitton-Täschchen
und lackierten Fingernägeln.
Allzu kritisch darf man natürlich nicht hinsehen, wenn diese
Menschen Pro-Greta-Thunberg-Memes teilen, während sie im Privatjet von LA
nach Las Vegas fliegen, um sich zu schminken.
Oder aber nur so ein bißchen im eigenen Jet rumfliegen, um zu
sehen wie viele Hamburger man währenddessen fressen kann.
Aber zum Glück sparen sie ja wieder mit der Tesla-Flotte
beim CO2-Ausstoß.
Die konsequente Umsetzung ihrer modernen Überzeugungen ist
natürlich so eine Sache, wenn das neue Wangen-Glitter-Zeug für 50 Dollar als „it’s
vegan!“ beworben wird und in einer Lederschachtel verschickt wird.
Während in Deutschland Veganer und Vegetarier eifersüchtig
um die Deutungshoheit streiten und Veganer mit anderen Veganern darüber
debattieren, ob man Äpfel vom Baum pflücken darf oder warten muss, bis sie von
allein abfallen, wird in Kalifornien so gut wie alles unter „organic food“
subsummiert.
A „nice vegan meal“ kann dann schon mal Käse aus Kuhmilch,
Lachs und Hühnerbruststreifen enthalten.
Da ist alles vegan, wenn nicht
gerade ein riesiges blutiges Rindersteak in der Mitte liegt.
Ökologisch betrachtet ist der Wasserverbrauch bei der
Rindfleischproduktion einer der Höchsten. Ein katastrophaler „Footprint“.
Aber mit der ökologischen Moral ist es kompliziert.
[….] Platz 1 für den größten tierischen Klimaschädling geht somit an das
Rind mit etwa 15 Kilogramm sogenannter CO2-Äquivalente pro Kilo Fleisch; das
Schwein folgt mit weitem Abstand und 4,2 Kilo, dicht gefolgt vom Geflügel mit
etwa 3,5 Kilo CO2 pro Kilo Fleisch. Zum Vergleich: Gemüse verursacht im Schnitt
nur etwa 150 Gramm CO2 pro Kilo.
Ganz anders sieht das Fleischranking aus, wenn man die ethische Seite
betrachtet, also die Frage, wie viele Tiere ihr Leben lassen müssen, damit der
Mensch satt wird. Das Magazin „Scientific American“ hat dazu eine Studie
veröffentlicht, die der Vegetarierbund vebu aufgegriffen hat. Die provokante
Frage lautete, wie viel Töten mit dem Konsum einer bestimmten Menge an Energie
aus Fleisch, Milch und Eiern verbunden ist. Hier nun steht Hühnerfleisch bei
weitem am schlechtesten dar, da jedes geschlachtete Federvieh lediglich 3.000
Kalorien auf die Teller bringt. Im Gegensatz dazu liefert das Schlachten eines
Rindes über 400.000 Kalorien. Ein Schwein macht mit 84.000 Kalorien „pro Tod“
immerhin noch so satt wie 28 Hühner. […..]
(Evidero)
Bedenkt man also wie viele Individuen für eine menschliche
Mahlzeit getötet werden, sollte man insbesondere auf Hühnerfleisch verzichten.
Also ist es völlig absurd wie so viele ums Tierwohl Besorgte
bei „weißem Fleisch“ alle Augen zuzudrücken, während man einen Bogen um das
böse „rote Fleisch“ macht.
Aber als Vogelfreund bin ich ohnehin nicht neutral. Ich
liebe alle Piepsis und würde dafür plädieren statt der allgegenwärtigen
Hühnerbruststreifen lieber Hunde und Katzen zu essen.
Watschelige Vögel finde ich zwar noch großartiger – wie kann
man bitte sehr Enten nicht lieben? – aber das Haushuhn wird auch extrem
unterschätzt.
Ich empfehle dazu die hervorragende Reportage der hervorragenden Schriftstellerin/Journalistin Anja Rützel
über Hühnerdressur.
[….] Aufs Huhn gekommen
Wer Hunde dressieren will, soll sich erst einmal an Hühnern versuchen.
Unsere Autorin hat am Hühnerkurs einer weltberühmten Tiertrainerin teilgenommen
– und sieht das Geflügel seitdem mit anderen Augen.
Das klügste Huhn der Welt heißt Buffy. Es hat Federn, die in der Sonne
aussehen wie das Fell eines Füchsleins. Es kann Rot, Blau und Grün
unterscheiden und, wenn es sich anstrengt, einen gezeichneten Adler von einem
gezeichneten Häschen. Es mag Mais, und es mag nicht, wenn man es zu fest unter
den Arm klemmt.
Ich lerne Buffy kennen, als ich einen Hühnerdressurkurs in Bayern
besuche. Bei dem ich mich nicht – obwohl das an manchen Tagen wie ein absolut
plausibler Plan erscheint – angemeldet habe, weil ich vorhabe, mich mit einer
gemischten Hühner-Alpaka-Ameisenbär-Dressurnummer und ein bisschen
Messerwerferei dem fahrenden Volk anzuschließen. Ich mache den Kurs, um meinen
Hund besser trainieren zu können. Wer lernen will, wie man Tieren etwas
beibringt, fängt am besten mit einem Huhn an.
Das sagt Terry Ryan, Wissenschaftlerin, in Tiertrainerkreisen ein Guru.
Auf der ganzen Welt veranstaltet sie »Chicken Camps«, dabei will sie ja
eigentlich nicht Hühnern etwas beibringen, sondern Hunden, oder noch besser
gesagt: den Menschen. […..]
Jeder sollte die Geschichte von Buffy kennen und sich fragen
weshalb wir eigentlich nicht den ganzen Tag vor dem Ministerium der
Großbauern-Lobbyisten Julia Klöckner demonstrieren, die immer noch für
betäubungslose Ferkelkastration und Kükenschreddern sorgt.
[…..] Das ganze Jahr lang haben die Menschen über das Klima diskutiert. Über
die Flugscham und das Artensterben. Über Elektroautos, SUVs und
Kohlekraftwerke. Sie haben wütender und lauter diskutiert als je zuvor. Wen das
Klima bewegt, den bewegt die Frage, wie wir mit der Welt umgehen, und vor
allem: wie lange noch?
Der Mensch, die Welt, der Untergang. Große Worte. Dabei reicht es zu
fragen, wie der Mensch mit seiner Umgebung umgeht. Zum Beispiel mit dem Haushuhn,
Gallus gallus domesticus.
Jedes Jahr werden in Deutschland rund 45 Millionen männliche Küken
getötet. Sie werden vergast oder geschreddert, meistens kurz nachdem sie
geschlüpft sind. Es sind die Brüder der Legehennen, die, Überraschung, keine
Eier legen und nur wenig Fleisch ansetzen. Beides ist nicht gut fürs Geschäft.
Und tote Küken kosten nichts.
45 Millionen, das sind etwa 123 288 Küken am Tag.
45 Millionen, das sind etwa 1,43 Küken in der Sekunde. […..]
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