Als linksgrünversiffter Misanthrop und Antinatalist fühle
ich mich in meiner Weltsicht seit Jahren immer mehr bestätigt.
Internetfilterblasen, Zeitungssterben, Rechtsradikalismus
und Hassverbrechen weltweit auf dem Vormarsch, Brexit, Trump,
Impeachment-Freispruch, absolute Mehrheit für Boris Johnson, absolute Mehrheit
für Erdoğans Verfassungsreferendum, Duterte, Bolsonaro, das Welt-Versagen bei
Klimakonferenz von Madrid, immer mehr SUVs, mehr Plastikflaschen, mehr Flüge,
mehr Fleischkonsum, mehr Rüstungsausgaben, rasante Umverteilung von unten nach
oben.
Unter all diesen Vorzeichen wäre ein Corona-Virus 2.0, der
schnell und konsequent den Homo Sapiens von dieser Erde tilgt durchaus zu
begrüßen.
Ein auf Homo Sapiens beschränktes Virus wäre ohnehin meine
bevorzugte Ausrottungsmaßnahme, weil er anders als Atombomben oder Umweltvergiftung
die Flora und Fauna in Ruhe ließe.
Das gefiele mir wirklich, wenn sich Riffe, Wälder, Eismeere
regenerieren könnten, Tiere wieder den Lebensraum gewännen, um zu gedeihen.
Man wird doch träumen dürfen.
Nach dem totalen Desaster der FDP und CDU, die vorgestern den Pakt mit dem Teufel eingingen und
nun verzweifelt zappelnd daran scheitern den Scheiße-Geruch wieder loszuwerden,
werde ich zynischer Groß-Pessimist mit etwas Ungewohnten konfrontiert.
Nämlich Zeichen der Hoffnung. Offenbar gibt es doch in
Deutschland so etwas wie ein politisches Immunsystem, das bei Akut-Infektionen
schnell und heftig reagiert. Und wirkt.
Es sind eben nicht nur ein paar Provinz-Parlamentarier von
FDP und CDU, die sich zum politischen Petting mit dem Faschisten Bernd Höcke
entschieden, sondern es handelt sich um ein drastisches Führungsversagen der schwarzen
und gelben Bundesvorsitzenden.
Ein Führungsversagen, das noch drastischer wirkt, weil
ausgerechnet CSU-Chef Söder sofort die Tragweite des Desasters begriff und
richtig reagierte.
Zu allem Übel logen AKK und Lindner noch sehr dreist, indem
sie zuerst so taten, als sei alles völlig unerwartet passiert. Auch dem alten
Haudegen Kubicki, der seit Jahrzehnten Bundespolitik macht, hatten alle
Instinkte verlassen.
Dabei war Höckes Plan lange bekannt.
[….] Wie überraschend kam die AfD-Hilfe für den FDP-Kandidaten wirklich? Ein
Brief an den "sehr geehrten Herrn Kemmerich" lässt tief blicken.
Schon am 1. November 2019 schickte Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke eine
klare Offerte an den FDP-Kollegen Thomas Kemmerich und in Kopie auch gleich
noch an den CDU-Landesvorsitzenden Mike Mohring. Nach der Wahl in Thüringen sei
zwar klar, dass deren Parteien keine Koalition mit der AfD wollten. Aber Höcke
bot "neue Formen der Zusammenarbeit" an. Etwa eine "von unseren
Parteien gemeinsam getragene Expertenregierung oder eine von meiner Partei unterstützte
Minderheitsregierung".
Das AfD-Schreiben, das am Donnerstag in Berlin kursierte, nährt nicht
nur Zweifel an der Version Kemmerichs, von der Zustimmung der AfD nichts geahnt
zu haben. Es zeigt auch, wer da im Hintergrund die Strippen zog. […..]
(Markus Basler, SZ, 07.02.20)
Aber all das was Schwarz und Gelb fehlt, zeigten umso
schneller Aktivisten, Journalisten und sogar das ganz normale Volk.
In Windeseile erhob sich nicht nur die
Social-Media-Empörung, sondern die Parteizentralen in Thüringen, Berlin und
auch im heiß wahlkämpfenden Hamburg wurden von wütenden Demonstranten umlagert.
"Keine Glatze als MP", "So viel Anstand wie Haare!", "Wir
haben sie umzingelt!" ist auf den Demo-Plakaten zu lesen.
[….] Demo gegen Faschismus in Hamburg
Unter dem Motto „Kein Fussbreit!
Gemeinsam gegen Faschismus“ versammelten sich die Demonstranten zur Kundgebung
in der Nähe des Hauptbahnhofs und marschierten weiter über die
Mönckebergstraße. Die Abschlusskundgebung fand in der Nähe der
Landesgeschäftsstelle der FDP am Hopfenmarkt statt.
Bereits vor zwei Tagen waren nach der Ministerpräsidentenwahl in
Thüringen mehr als tausend Menschen in Hamburg auf die Straße gegangen und vor
die Büros der CDU, AfD und FDP in der Innenstadt gezogen. Sie protestierten
gegen die Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP), der
sich mit AfD-Stimmen hatte wählen lassen. [….]
Als Christian Lindner noch eierte und den Überraschten mimte
– obwohl AKK schon Tage vorher mit ihm über genau dieses Szenario sprach und
ihn bekniete Kemmerich nicht im dritten Wahlgang antreten zu lassen – hatten Myriaden
Menschen längst begriffen was wirklich lief. Bundesweite Demonstrationen
brachen los, als die Tölpel Lindner und Kubicki sich noch über einen FDP-MP
freuten.
[…..] Noch in der Woche zuvor hatte Björn Höcke in demselben Plenarsaal für
einen gemeinsamen "bürgerlichen Kandidaten" von CDU, FDP und AfD
geworben: "Wir können so viel gemeinsam erreichen." Helfe die CDU
hingegen Bodo Ramelow ins Amt, sei das ein "politischer Sündenfall".
Auch solche Sätze fügen sich ins Bild einer gar nicht so raffinierten Finte der
AfD. In welchem Mischverhältnis Dummheit, verheerendes Kalkül und
Verantwortungslosigkeit CDU und FDP dazu gebracht haben, auf diese Finte
einzugehen, spielt in den nun folgenden Stunden praktisch keine Rolle.
Entscheidend ist, dass sie sich
darauf eingelassen haben. [….]
Und auch am Tag drei nach dem Desaster, nach der großen
Aufwallung des politischen Immunsystems verweigern sich die Konservativen
hartnäckig der Realität, glauben ernsthaft ausgerechnet SPD, Linke und Grüne
wären öffentlich für den Schlamassel verantwortlich zu machen, in den AFDP und
CDU bereitwillig hopsten.
[….] Teil der kuriosen Strategie Kemmerichs ist es, nach seiner Wahl an die
"staatspolitische Verantwortung" von Grünen und SPD zu appellieren.
Was die von diesem müden Trick halten, erfährt man beim SPD-Mann mit
den Blumen. Am Telefon sagt Matthias Hey, Kemmerich habe ja selbst eine Chance
gehabt, staatspolitische Verantwortung zu übernehmen, im dritten Wahlgang,
"und die hat er missbraucht. Er hätte ein großer Liberaler werden können,
wenn er die Wahl nicht angenommen hätte. Aber den Spieß jetzt umzudrehen und zu
sagen, ich bin zwar mit Hilfe von Extremisten gewählt worden, aber wenn ihr
nicht wollt, dass Extremisten regieren, dann müsst ihr mit mir
zusammenarbeiten, das ist erstens instinktlos und zweitens unverschämt." [….]
Politische Hygiene kann man nicht von den Schmutzfinken im
Genscher- und Adenauerhaus erwarten.
Daher wachsen diese Woche rot und rot und grün weiter
zusammen.
Erstaunlicherweise stellen sich sogar die SPD-Mitglieder geschlossen
hinter ihre wenig geliebte neue Führung. Aber Esken, Klingbeil und
Walter-Borjans machen alles richtig.
Das dämmert auch den Hamburgern.
[….] Kennen Sie das Hundescheiße-Problem? Man tritt morgens in einen
Kothaufen – und was man auch macht, den Gestank kriegt man erstmal nicht mehr
los. Wo man hinkommt, müffelt es und die Leute rümpfen die Nase.
So wird es CDU und FDP jetzt im Hamburger Wahlkampf gehen. Deren
Parteifreunde in Thüringen sind in einen extragroßen Haufen getreten – und der
üble Gestank zieht bis nach Hamburg.
CDU und FDP paktierten auch in Hamburg mit Rechtsaußen
Schon wird fleißig daran erinnert, dass CDU und FDP vor nicht allzu
langer Zeit in Hamburg mit Ronald Schill paktierten und den aktuellen Hamburger
AfD-Chef damals zum Innensenator machten – eine grundsätzliche Flexibilität
nach rechts ist da schwer abzustreiten. [….]
Das konservative und übermächtige Hamburger Abendblatt prognostiziert ein Desaster für die CDU
und die FDP. Eine „Deutschland-Koalition“ ohne die Grünen sei
quasi vom Tisch und Fegebank werde in ihrer Partei keine Freunde mehr für
Grün-Schwarz finden.
Eher Konservative, die nicht gern eine Grüne als
Bürgermeisterin haben, neigen nun stark dazu SPD-Bürgermeister Tschentscher zu
wählen.
Ausgerechnet in Höcke-affinen Thüringen funktioniert das
politische Immunsystem scheinbar besonders gut.
Eine neue FORSA-Umfrage illustriert wieso sich die
Landes-CDU trotz der tobenden AKK immer noch Neuwahlen verweigert: Totalabsturz für FDP und CDU, Rekordergebnis für die LINKE.
[….] Mit 72 Prozent gaben fast drei Viertel der Befragten an, dass der
FDP-Kandidat Thomas Kemmerich seine Wahl zum Ministerpräsidenten mithilfe der
AfD nicht hätte annehmen sollen. Eine Mehrheit in Thüringen hätte gern den
alten Ministerpräsidenten wieder: 65 Prozent bedauern der Umfrage zufolge, dass
Ramelow nicht mehr Regierungschef ist. Wenn die Thüringerinnen und Thüringer
ihren Ministerpräsidenten direkt wählen könnten, würden sich 64 Prozent für
Ramelow entscheiden. [….]
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