Das sind ja mal ganz neue Sitten. Die Sozis sind gelassen
und abgeklärt, der Stabilitätsanker der Groko, während sich CDU und FDP eifrig
selbst zerlegen.
AKK tritt also ab, will nicht mehr Kanzlerkandidatin
werden, den Parteivorsitz abgeben, aber irgendwie auch nicht gleich, sondern
sich noch lange durchwurschteln bis Dezember.
Leider sieht man daran, daß sie tatsächlich als Parteichefin
völlig ungeeignet ist.
Erst stellte sie in Leipzig völlig ohne Not die
Vertrauensfrage, dann lässt sie es laufen in Thüringen, ohne vorher klar zu
signalisieren, was sie eigentlich will, kann sich anschließend nicht gegenüber
einem kleinen Landesverband durchsetzen, machte sich selbst immer kleiner,
indem sie verzweifelt auf Vorstand und Kanzlerin hinwies, die sie unterstützen
und nun auch noch zu allem Übel Christian Lindner das Geschenk machte die Frage
nach seinem Rücktritt zu verdecken.
Nein, Annegret Kramp-Karrenbauer gibt nicht auf, weil Merkel
ihr keinen Platz ließ oder weil sie als Frau so ungerecht behandelt wird.
Sie musste aufgeben, weil sie eine schlechte Politikerin
ist. Sie ist dem Job nicht gewachsen.
Fast könnte einem AKK leidtun, nachdem sie nun von ihren
eigenen Stellvertretern und Landesverbänden im Stich gelassen, hinwerfen
musste.
Aber bevor die Tränen allzu heiß kullern sei daran erinnert,
daß AKK immer noch die Frau ist, die hämische Witze über Transgender reißt, die
sich gegen Schwulenrechte positioniert, nach dem Rezo-Video die
Meinungsfreiheit in Frage stellt, die ohne Not xenophobe Töne anschlägt, mal
eben deutsche Soldaten nach Syrien schicken will und immer wieder mit recht
miesen Winkelzügen agiert, indem sie zur Eigenprofilierung Ministerin wurde,
nachdem sie ausschloss Ministerin zu werden.
Tatsächlich ist so viel ungeklärt, daß die CDU vor einem
ähnlichen Problem wie die SPD steht. Der Austausch der Personen an der Spitze
wird nicht auf wundersame Weise blitzartig die demoskopischen Werte verbessern,
solange es keine extrem charismatischen, überzeugenden Spitzenleute wie Brandt,
Schmidt, Schröder gibt.
Ein solches Kaliber ist aber weit und breit in keiner Partei
in Sicht und so begnügen sich aktuelle Parteichefs meist damit Wähler
abzuschrecken.
Das ist Mohring und AKK in Thüringen perfekt gelungen. Der
Imageschaden ist gewaltig. Mit einem Paukenschlag haben sie ein Drittel ihrer
Wähler verjagt.
[….] Wenige
Tage nach der umstrittenen Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Thüringer
Ministerpräsidenten klettert "Die Linke" auf neue Rekordwerte. Die
Partei des früheren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow erreicht in einer
Blitzumfrage von infratest-dimap im Auftrag von MDR THÜRINGEN 39 Prozent. Das
sind acht Prozentpunkte mehr, als bei der Landtagswahl im Oktober. Dagegen
stürzt die CDU von 21,7 Prozent zur Landtagswahl auf jetzt nur noch 13 Prozent
ab (minus 8,7 Prozentpunkte).
Die AfD bleibt mit 24 Prozent (plus 0,6) in etwa konstant. Die SPD
steigert sich leicht auf zehn Prozent (plus 1,8). Die Grünen verlieren leicht
(minus 0,2 Prozent) und müssten mit fünf Prozent erneut um den Einzug in den
Thüringer Landtag zittern. Die FDP wäre mit aktuell vier Prozent (minus 1,0)
nicht mehr in einem neuen Landtag vertreten. Rot-Rot-Grün hätte mit dem
Ergebnis eine komfortable Mehrheit in einem neuen Thüringer Landtag. [….] Drastisch angestiegen ist die Unzufriedenheit
mit CDU-Chef Mike Mohring und dem neu gewählten Ministerpräsidenten Thomas
Kemmerich (FDP), der kurz nach der Wahl zurückgetreten ist und nur noch
geschäftsführend im Amt ist. Mit Mohring sind aktuell 65 Prozent der Befragten
unzufrieden (plus 23), mit Kemmerich sind es 51 Prozent (plus 40). Die
Unzufriedenheitswerte von AfD-Landeschef Björn Höcke liegen stabil bei 75
Prozent (plus/minus 0). [….]
Der Wähler ist ein sich stets im Fluchtmodus befindliches
scheues Reh.
Da ist es sehr hilfreich, wenn Walter-Borjans und Esken sich
hinter den AKK-Kabalen verstecken und so lange sie nicht gesehen werden,
wenigstens keine SPD-Wähler vertreiben können.
Die meisten Kommentatoren wie zum Beispiel Philipp Wittrock
schreiben heute, mit AKK sei auch Merkels Plan der Trennung von Kanzleramt und
Parteivorsitz zur Nachfolgeregelung gescheitert.
Dem stimme ich bedingt zu. Ja, der Plan scheiterte mit AKK.
Vielleicht hätte sich ein anderer Parteivorsitzender aber auch bei einer amtierenden
Merkel profilieren können.
Außerdem prophezeien sie die vorzeitige Aufgabe des
Kanzleramtes von Merkel, da sich kein künftiger CDU-Vorsitzender mehr bieten
lassen werde im Schatten der mächtigen Kanzlerin zu agieren.
Davon bin ich wenig überzeugt, da Merkel gern die
EU-Präsidentschaft vom Juli bis Dezember 2020 ausfüllen möchte.
Außerdem bleibt die technische Schwierigkeit einen anderen
Kanzler zu wählen. Unter keinen Umständen wird die SPD ohne Neuwahlen ein
anderes CDU-Mitglied zum Kanzler wählen, da sie dem politischen Gegner damit
den ungeheuren Vorteil des Amtsbonus schenken würde und die Hoffnungen auf die
nächste Wahl gleich begraben könnte.
Aber auch Neuwahlen sind schwer herbei zu führen, da alle
drei Groko-Parteien massive Verluste erwarten müssen und zudem die echte
Möglichkeit eines Bundeskanzler Habecks bestünde.
Wieso sollte Merkel das Risiko eingehen, wenn sie damit noch
nicht mal ihrer Partei ins Amt verhelfen kann?
Merkel könnte gegen ihren Willen nur mit einem konstruktiven
Misstrauensvotum aus dem Amt entfernt werden. Aber auch das ist faktisch
unmöglich, weil die SPD mit 20% keinen eigenen Kandidaten präsentieren kann,
keinen CDUler oder CSUler wählen würde und vor allem die CDU nicht gegen Merkel
stimmen kann, weil diese nun einmal mit Abstand die beliebteste Politikerin Deutschland ist und
die Wahlchancen der CDU bei der nächsten Bundestagswahl zerstört wären, wenn
die Partei gerade ihrer eigenen Kanzlerin in den Rücken gefallen wäre.
Man wird Merkel nicht so leicht los; insbesondere weil der
Urnenpöbel das auch ausdrücklich nicht will. Diejenigen, die Merkel nun als „lame
duck“ schmähen, sollten nicht vergessen, daß sie nun auch nichts mehr zu
verlieren hat und durchaus in der Lage sein könnte sich gegen kleine Merzens
und Spahns zu wehren, wenn diese ihr zu offensichtlich Knüppel zwischen die
Beine werfen.
Das Desaster in Thüringen ist außerdem noch keinesfalls
geregelt. Was passiert eigentlich, wenn sich die CDU dort weiter selbst
demoralisiert und verzwergt, aber gar keiner mit Autorität mehr da ist, um die
AfD-affinen Ost-CDUler zur Raison zu rufen?
Währenddessen verschärfen sich die außenpolitischen Krisen
und ökonomisch sieht auch einiges nach einer Rezession aus.
Sollte Merkel als EU-Präsidentin im zweiten Halbjahr 2020 glänzen und sich immer deutlicher als das Hauptwahlkampfargument der CDU herausstellen, halte ich es eher für möglich, daß sie bekniet wird 2021 noch mal anzutreten und die 20 Jahre als Kanzlerin voll zu machen.
Sollte Merkel als EU-Präsidentin im zweiten Halbjahr 2020 glänzen und sich immer deutlicher als das Hauptwahlkampfargument der CDU herausstellen, halte ich es eher für möglich, daß sie bekniet wird 2021 noch mal anzutreten und die 20 Jahre als Kanzlerin voll zu machen.
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