Dienstag, 25. Februar 2020

Annegret Nero-Karrenbauer

Eigenartig, daß eine so überzeugte Karnevalistin wie Annegret Kramp-Karrenbauer den Sinn des Karnevals so gar nicht begreift.
Da muss ich als eiskalter Norddeutscher, der sich niemals verkleidet und konsequent jeden Fasching meidet, wohl ein bißchen aufklären.
Offenbar kennt AKK weder die historische noch die literarische Bedeutung eines Hofnarren und die sich daraus ergebende Narrenfreiheit.
Gemeint sind die außergewöhnlichen Umstände unter denen ein einfacher Bürger den Mächtigen etwas ins Gesicht sagen darf, ohne dafür böse Konsequenzen spüren zu müssen. Simpel ausgedrückt: Die Schwachen dürfen sich über die Starken lustig machen. Im Karneval dürfen sogar alle Narren sein. Der Narr wird König, und der König wird erniedrigt.
AKK stellte das Konzept auf den Kopf, indem sie als eine der mächtigsten Menschen Deutschlands über die Schwächsten (in dem Fall Transgender) herzog.
Verschärfend kam hinzu, daß sie als katholische Vorsitzende der CHRISTEN-Union für eine politisch-religiöse Richtung spricht, die traditionell immer die aggressivsten LGBTI-Feinde waren.

[….] Als CDU-Vorsitzende sollten Sie sich nicht als Putzfrau verkleiden. Das ist heikel. Sie hat bei ihrem Vortrag schale Witze über die Feinstaubdebatte oder das Gewicht von Peter Altmaier gemacht, sich dabei aber hinter der Rolle der Putzfrau versteckt, es einer Putzfrau in den Mund gelegt. Das hat etwas Feiges. Als Politiker verstecke ich mich nicht hinter einer Figur, die in der Hierarchie unter mir liegt. Das hat was Despektierliches und ist für die Putzfrau ehrverletzend. Kramp-Karrenbauer hat so getan, als würde die doofe Putzfrau reaktionäre Gedanken hegen. Dabei hatte Kramp-Karrenbauer selbst solche Gedanken.
[….] Der Karneval ist heute Popkultur und versucht, Menschen zu inte­grieren. Alle können mitmachen, auch ­sexuelle Minderheiten, auch Vertreter des ­dritten Geschlechts. Hier aber hat sich eine Mehrheit über eine Minderheit lustig gemacht. Da ist Frau Kramp-Karrenbauer ihre Konservativität zum Verhängnis geworden. Sie verharrt noch in der Brauchtumskultur der Sechzigerjahre. [….]  Man sollte die kleinen Leute nicht zur Zielscheibe machen - es sei denn, sie verhalten sich asozial. Vertreter des dritten Geschlechts sind aber nicht asozial. [….]

Auch ihre Rolle als Parteichefin begreift Kramp-Karrenbauer offensichtlich nicht, wie man an ihrem völlig vermasselten Rücktritts-Statement sehen konnte.

(….) Alles was Annegret Kramp-Karrenbauer vor zehn Tagen bei ihrer Rücktrittsankündigung versprach – Führung von vorn, Findungsprozess bis Dezember, Zusammenführung von Kanzleramt und CDU-Parteivorsitz  - ist bereits Makulatur.
Die gesamte CDU-Führung ist blamiert bis auf die Knochen und wird inzwischen selbst von den eigenen Ministerpräsidenten Hans und Günther als „irrlichternd“ beschrieben. (….)

Das Prinzip der Verantwortungsübernahme kennt AKK offenbar nicht und machte noch im Abgang Angela Merkel madig.
Kein aus CDU-Perspektive unbedingt schlauer Zug, da die Kanzlerin immer noch der größte Machtfaktor und die beliebteste Politikerin ihrer Partei ist.

(…..) Annegret Kramp-Karrenbauers Rücktrittsgrund war die von Merkel angeordnete Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur, bzw Bundeskanzleramt. Das habe nicht funktioniert und daher solle der nächste CDU-Bundesvorsitzende auch Kanzler/Kanzlerkandidat sein.
Was für eine fadenscheinige Scheiße, die von dem eigentlichen Grund – „ich bin unfähig und noch nicht mal der CDU-Vorstand unterstützt mich“ – ablenken soll.
Das Thema Kanzlerschaft steht nicht zur Debatte. Kein CDU-Politiker kann ohne Neuwahlen Angela Merkel im Kanzleramt beerben, weil dazu eine Kanzlermehrheit im Bundestag notwendig ist, die vollkommen ausgeschlossen ist.

Es gäbe sie nur in drei Konstellationen:
1.) Schwarzrot, aber das wird garantiert kein einziger SPD-Abgeordneter mitmachen, weil damit dem Neuen der ungeheure Vorteil eines Amtsbonus‘ für die nächste Bundestagswahl geschenkt würde.
2.) Jamaika, aber das ist nach Lindners Nein auf der FDP-Seite ohnehin unwahrscheinlich und von den Grünen ausgeschlossen; würden sie doch damit ihre 8,9% im Bundestag zementieren, während sie bei Neuwahl stabil über 20% erreichen könnten.
3.) Kemmerich-Koalition, aber auch das ist nach dem Erfurter Desaster ausgeschlossen.

Abgesehen von dieser mathematischen Unmöglichkeit einer neuen Kanzlermehrheit, wäre das auch taktisch für die CDU desaströs, da Merkel immer noch die beliebteste CDU-Politikerin ist und zudem zwei Drittel der Wähler wünschen, daß sie in der Groko bis zum Ende der Legislatur amtiert. 
 
Ein CDU-Vorsitzender kann also vor dem Herbst 2021 maximal die Kanzlerkandidatur erreichen.
Dazu hätte aber AKK das Vorschlagsrecht. Wenn sie davon so überzeugt ist, hätte sie einfach ihren eigenen Anspruch anmelden müssen.
Ihre Theorie von der Zusammenführung der beiden Ämter ist aber löcherig, denn auch als zukünftige Kanzlerkandidatin hätte sie sich in Erfurt in der CDU-Landtagsfraktion eine blutige Nase geholt. Den Ostlern sind widersprüchliche Vorgaben aus dem Konrad-Adenauer-Haus inzwischen egal.
AKKs Unehrlichkeit bei ihrer Rücktrittsbegründung und ihr vollkommen idiotischer Zeitplan bis Ende Dezember, der erneut ihr strategische Naivität belegt, hat nur ihrer Partei erneut geschadet. Nun hat sie eine veritable Führungsdebatte mit Flügelstreit an der Backe. Dazu kommen eine lame-duck-Verteidigungsministerin, eine Kanzlerin in völlig erlahmter Ideenlosigkeitsendphase und eine autoritätslose Parteichefin mit nur noch sehr begrenzter Restlaufzeit. (….)
(Plädoyer für Friedrich Merz, 15.02.2020)

AKK wird nicht wie sie wollte in zehn Monaten ihren Chefposten los sein, sondern bereits in acht Wochen.
Auf den frühestmöglichen Zeitpunkt, den 25.04. wurde der CDU-Wahlparteitag vorgezogen, weil niemand mehr länger als unbedingt nötig von der Noch-Vorsitzenden geführt werden will.


Noch heute verweist sie im Spiegel-Interview perfide auf andere, wenn es um die Kardinalkatastrophe von Erfurt geht.

[…..] Und wenn Sie auf die Ereignisse in Thüringen anspielen: Die sind eben auch den schwierigen Verhältnissen in Thüringen geschuldet, die von der dortigen CDU mitverschuldet worden sind. Da sind Entscheidungen, die wir in den Führungsgremien der Bundespartei gemeinsam getroffen haben, leider nicht immer gemeinsam nach außen mitgetragen worden. Die CDU braucht aber alle Kräfte, um diese schwierigen Fragen zu lösen. Und ich sehe mich als Teil der Lösung. […..] Es sind von Anfang an vor Ort eine Reihe von Fehlern gemacht worden. Der erste lag darin, dass die Thüringer CDU nach ihrer klaren Wahlniederlage nicht sofort erklärt hat, dass sie in die Opposition geht, sondern wochenlang den Eindruck erweckt hat, sie versucht doch irgendwie, in die Regierung zu kommen. Der zweite große Fehler war aus meiner Sicht, dass Bodo Ramelow sich im Landtag zur Wahl gestellt hat, obwohl er keine Mehrheit hatte. Nach der Landesverfassung hätte er ja einfach geschäftsführend im Amt bleiben können. Der dritte große Fehler war dann ohne jeden Zweifel, dass die CDU einen FDP-Kandidaten unterstützt hat, der mit den Stimmen der AfD ins Ministerpräsidentenamt gekommen ist. Das war der größte Fehler von allen. [….]

Aus Sicht der CDU-Vorsitzenden haben also alle anderen Schuld, während sie selbst Teil der Problemlösung ist.

Ihrem Nachfolger gibt sie auf den Weg, daß Merkel weitere anderthalb Jahre Kanzlerin bleibt und damit die Situation, an der sie selbst scheiterte erhalten bleiben wird.

Es wird also in Zukunft noch viel ungemütlicher für die CDU, da alle möglichen Nachfolger extreme Merkel-Kritiker sind.
Laschet käme zwar mit Merkel aus, tritt aber gemeinsam mit Spahn an, der schon der Parteivorsitzenden Merkel bei Parteitagen rüde in die Parade fuhr.
Merz hasst Merkel sogar wie die Pest, hat es nie überwunden ihr vor 18 Jahren zu unterliegen. Röttgen schließlich ist der einzige Minister in 15 Jahren Merkel-Kanzlerschaft, den Merkel so sehr verachtete, daß sie ihn knallhart aus dem Kabinett warf.


Merkel hegte große Sympathien für AKK, aber selbst in dieser Harmonie funktionierte die Doppelspitze nicht.
Wie soll die Regierungspartei CDU dann erst funktionieren, wenn Kanzlerin und Parteichef sich gegenseitig verachten.

Offensichtlich breitet AKK ihrer Partei eine unmögliche Zukunft aus.
Sie hätte entweder noch ein Jahr durchhalten müssen, um turnusgemäß zur nächsten Bundestagswahl eine gemeinsamen Kanzlerkandidaten zu küren oder aber gemeinsam mit der Kanzlerin eine frühere Exitregelung finden müssen.
Mit ihrer tatsächlich gewählten Methode macht sie alles noch schlimmer.
Und vielleicht will sie das auch, so könnte man ihren ätzenden Tonfall verstehen, als der SPIEGEL nachfragte, ob sich die Parteichefkandidaten eigentlich mit der Kanzlerin besprechen: "Ich bin nicht der Date-Doctor zwischen Union und Kanzleramt"

Kramp-Karrenbauer ist offensichtlich in Pestlaune und sogar gewillt die Groko zu opfern.
Ihr Wut auf die SPD, die ausnahmsweise mal einen Erfolg vorzuweisen hat, ließ sie ungehemmt freien Lauf.

[….] CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil eine Diffamierungs- und Schmutzkampagne vorgeworfen. Klingbeil behaupte seit Monaten, die Bundes-CDU habe ein Problem mit der Abgrenzung zur AfD, sagte Kramp-Karrenbauer. Dabei gebe es an der Position der Bundespartei "überhaupt nichts zu deuteln".
Kramp-Karrenbauer forderte den SPD-Generalsekretär auf, er solle "die Konsequenz ziehen und seine Partei auffordern, diese Regierung zu verlassen mit der CDU" – oder er solle die Angriffe einstellen. Bisher habe Klingbeil weder das eine noch das andere getan. "Also kann ich es nur als eine ganz bewusste Diffamierungs- und Schmutzkampagne werten nach dem Motto: Irgendwas wird schon hängenbleiben." Entweder behaupte Klingbeil, dass die gesamte Bundesspitze der CDU lüge, "oder er muss es für so unerträglich halten, mit der CDU zusammenzuarbeiten, dass er dann eben die Konsequenzen ziehen muss. Und dann muss er mit seiner Partei aus dieser Regierung austreten." [….]
(DPA, 24.02.2020)

Dabei ist es natürlich AKK, die hier lügt.
Das Verhältnis zur AfD ist eben nicht geklärt. Das ist schließlich die Ursache für das Thüringen-Desaster.

[….]  Der gefährlichste und dümmste Satz zum Umgang mit der AfD in den ostdeutschen Bundesländern stammt von Lars-Jörn Zimmer, dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt. "Ich kann keine 25 Prozent der Wählerinnen und Wähler einfach vor den Kopf stoßen und sagen: 'Mit Euren Vertretern rede ich nicht, was Ihr wollt, was Ihr sagt, ist mir völlig egal'."
Zur Ehrenrettung der CDU in Sachsen-Anhalt muss man sagen, dass der Vorsitzende der dortigen CDU-Fraktion, Siegfried Borgwardt, sich umgehend distanzierte: Es handele sich um Zimmers "persönliche Meinung, die nicht der Beschlusslage der Fraktion entspricht." CDU-Landeschef Holger Stahlknecht sagte: "Das unterläuft eine Partei, das schadet uns allen." Und Zimmers CDU-Bürokollege, der Bundestagsabgeordnete Kees de Vries, kündigte entsetzt die Bürogemeinschaft auf.
Mal über Hitlers gute Seiten reden?
Zimmer ist aber nicht der Einzige. In Thüringen erklärte der CDU-Abgeordnete Michael Heym schon kurz nach der Wahl im Oktober: "Rechnerisch reicht es für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP. Ich finde, das sollte man nicht von vornherein ausschließen." Im Sommer 2019 hatten Zimmer und der zweite CDU-Fraktionsvize im Landtag von Magdeburg, Ulrich Thomas, eine "Denkschrift" veröffentlicht, in der nicht nur stand, dass man doch mal über eine Zusammenarbeit mit der AfD nachdenken müsse, sondern auch: "Es muss wieder gelingen, das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen."
Leuten, die in Geschichte ein bisschen aufgepasst haben, lief es da kalt den Rücken herunter.
Ein CDU-Mitglied namens Christian Reinboth aus Werningerode im Harz sagte dem MDR damals: "Das ist kein Sonderfall. So etwas lesen sie auch von CDU-Anhängern bei Facebook oder auf Twitter immer wieder."
Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, die Positionen der Zimmers, Heyms und Thomas‘ in der CDU zu erklären. Die eine ist: Sie sind selbst rechtsradikal bis rechtsextrem und schreiben so etwas wie "das Soziale mit dem Nationalen wieder versöhnen" (man beachte das "wieder"!) mit voller Absicht, weil sie, so wie Björn Höcke von der AfD, endlich auch mal über Hitlers gute Seiten reden wollen.
Oder sie haben immer noch nicht verstanden, was die AfD eigentlich ist und will. […..]

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