Heute beendete das Bundesverfassungsgericht
eine der brutalsten Formen des Kirchenlobbyismus.
Die Kirchenlobbyisten Kerstin Griese,
Andrea Nahles, Göring-Kirchentag, Pascal Kober werden ihre
sadistisch-fundamentalistische Qual-Ideologie nicht mehr so leicht jedem
aufzwingen können.
Es geht um
Sterbehilfe.
[….] Die Mehrheit im Bundestag [….] hat die geschäftsmäßige Hilfe bei der
Selbsttötung mit bis zu drei Jahren Gefängnis bedroht. Es zeigt sich wieder:
Ein Drohen mit Strafe führen nicht immer zum Ziel. Viele, die ihr eigenes
Sterben in die Hand nehmen wollten, sind ausgewichen, in die Schweiz gefahren
und haben sich dort Hilfe beim Sterben organisiert.
In der Schweiz sind die Zahlen hoch,
und das liegt, so heißt es, vor allem auch an den Deutschen, die kommen. Wer
nicht in die Schweiz fahren wollte, war verunsichert oder war empört, dass es
nun keine legale Hilfe mehr gab. Und die meisten Ärzte fanden den neuen
Paragrafen im Strafgesetzbuch unklar. Sie wussten nicht, ab wann sie sich
strafbar machen und haben deshalb sicherheitshalber Fragen der Patienten zu
diesem Thema überhört.
Das alles haben die Verfassungsrichter
gesehen und mit einer gewissen Radikalität gesagt: Ja, ein selbstbestimmtes
Leben zu führen, bedeutet auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das
schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen. Punkt. […..]
Die Fanatiker
einer gewissen Religion, die sich nach 2.000 Jahren immer noch an einem
hingerichteten ausgemergelten zu Tode gefolterten Leichnam am Stock ergötzen,
sind empört. Nicht nur, weil sie als Freunde von Prügelstrafen das menschliche
Leiden anbeten, sondern weil sie generell versuchen jedwede individuelle
Selbstbestimmung zu zu verhindern. Nach ihrem Willen soll sich auch im Jahr
2020 noch jeder den anachronistischen und antihumanistischen Regeln einer
primitiven Hirtengesellschaft unterwerfen, in der Sklavenhaltung ebenso
gottgewollt war wie das strikte Schweigegebot für die grundsätzlich
minderwertigen Frauen.
Um keine
Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wer das für sich selbst will, soll so
leben. Aber solche Steinzeitansichten dürfen nicht die intelligenteren Bürger,
die sich von dem Unsinn losgesagt haben dominieren.
Rückblick:
(….) Hass ist ein starkes Wort, aber wenn ich in der Dokumentation „Frau S. will sterben“ sehe, wie Kerstin Griese
auch zwei Jahre später noch stolz auf ihr Gesetz zur systematischen Qual von
Menschen ist, wünsche ich den Befürwortern dieses Aktes soziopathischen
Bevormundung ein eigenes Lebensende mit jahrelanger….
Der Gesundheitsminister und seine frommen Parlamentskollegen sind eine
Schande für ihren Berufsstand.
(…..) Gröhe ist ein Musterexemplar des anmaßenden Sadismus‘.
Bundesgesundheitsminister Hermann
Gröhe (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, die organisierte Beihilfe zur
Selbsttötung schwer kranker Menschen unter Strafe zu stellen. "Ich sehe
die große Gefahr, dass die organisierte Sterbehilfe als Behandlungsvariante
neben andere tritt", sagte er am Montagabend bei einer Veranstaltung der
Konrad-Adenauer-Stiftung in Hannover. Ein entsprechendes Gesetzesverfahren soll
nach Angaben der CDU-nahen Stiftung nach der Sommerpause beginnen. Ein erster
Anlauf war in der vergangenen Wahlperiode gescheitert, weil sich die
schwarz-gelbe Koalition nicht einigen konnte.
In Deutschland sind die aktive Sterbehilfe
und Töten auf Verlangen verboten, die Beihilfe zur Selbsttötung ist aber bisher
straffrei.
[…..] Der Minister lehnte auch den Vorschlag ab, die
Beihilfe zur Selbsttötung in streng umgrenzten Fällen in ärztliche Hände zu
legen. Auf diese Weise würden Grundsätze des Lebensschutzes aufgeweicht.
[…]
Selten erlebt man so penetrantes Ignorieren des alltäglichen menschlichen
Leids.
Gröhe illustriert mustergütig seine eigene Heuchelei, seine Unwissenheit,
seine Gewissenlosigkeit, seine Anmaßung, seine schlicht unmenschliche Bosheit.
Jeder Christ kann sein Leiden, seine bestialischen Schmerzen, sein Ersticken,
seine Unselbstständigkeit, seine Lähmungen, seine Perikardergüsse, seine
Magensonden, seine Tracheotomien, seine Intubationen, seine Katheter, seine
verschleimenden Lungen, seine Inkontinenz, seine Dekompensation, sein
Organversagen, seine Hämodialyse, seine Klistiere, seinen künstlichen
Darmausgang, seine Desorientierung, seine Panikattacken, seine Ängste, Phobien
und Depressionen, seine Verzweiflung, seine Paresen, seine Dekubiti, seine
Ekzeme, seinen Pruritus, seine Exsikkose, seine Infusionen, seine Transfusionen,
seine OPs, seine Beatmungsmaschinen und die Verzweiflung der Angehörigen so
lange genießen wie er will.
Wenn jemand anders das nicht möchte und mit seinem EIGENEN Leben
selbstbestimmt umgehen will, geht das den Christen nichts an.
Kaum je schämte
ich mich so sehr für einige Sozialdemokraten, wie bei der Bundestagsabstimmung
2015 zur Schaffung des § 217, des Verbots der geschäftsmäßigen Beihilfe zum
Suizid.
[….] „Merken Sie sich die Namen der
Abgeordneten, die für dieses reaktionäre Gesetz gestimmt haben“, erklärte dazu
der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon.
„Denn diese Politiker sind verantwortlich dafür, dass Sie möglicherweise
qualvoll sterben müssen!“
Anders als in den meisten Medien
berichtet, „stand keineswegs eine überwältigende, fraktionsübergreifende
Mehrheit hinter dem Gesetz“, sagte Schmidt-Salomon. „Tatsächlich fand es nur
innerhalb der CDU/CSU-Faktion mehrheitlich Zustimmung, was nur über die
besonders enge Kooperation und weltanschauliche Verbundenheit der C-Parteien
mit den Kirchen zu erklären ist." Dennoch wäre das „neue Sterbehilfeverhinderungsgesetz“
im Parlament gescheitert, wenn nicht auch einige Abgeordnete der SPD, der
Grünen oder der Linken für das Gesetz gestimmt hätten. [….]
Die RRG-Abgeordneten, die uns diese staatliche Folter
aufzwangen waren:
[….] SPD: Rainer Arnold; Heike Baehrens; Ulrike Bahr; Doris Barnett; Dr.
Matthias Bartke; Bärbel Bas; Burkhard Blienert; Willi Brase; Martin Burkert;
Dr. Lars Castellucci; Siegmund Ehrmann; Petra Ernstberger; Dr. Fritz
Felgentreu; Dr. Ute Finckh-Krämer; Christian Flisek; Dagmar Freitag; Sigmar
Gabriel; Michael Gerdes; Martin Gerster; Iris Gleicke; Kerstin Griese; Uli
Grötsch; Sebastian Hartmann; Hubertus Heil (Peine); Marcus Held; Wolfgang
Hellmich; Dr. Barbara Hendricks; Dr. Eva Högl; Christina Jantz; Josip
Juratovic; Oliver Kaczmarek; Arno Klare; Lars Klingbeil; Birgit Kömpel; Dr.
Hans-Ulrich Krüger; Helga Kühn-Mengel; Christine Lambrecht; Christian Lange
(Backnang); Steffen-Claudio Lemme; Gabriele Lösekrug-Möller; Hiltrud Lotze;
Kirsten Lühmann; Dr. Birgit Malecha-Nissen; Hilde Mattheis; Bettina Müller;
Michelle Müntefering; Dr. Rolf Mützenich; Andrea Nahles; Dietmar Nietan; Thomas
Oppermann; Aydan Özoguz; Detlev Pilger; Achim Post (Minden); Dr. Wilhelm
Priesmeier; Dr. Sascha Raabe; Martin Rabanus; Stefan Rebmann; Andreas Rimkus;
Dennis Rohde; Dr. Martin Rosemann; René Röspel; Dr. Ernst Dieter Rossmann;
Michael Roth (Heringen); Susann Rüthrich; Bernd Rützel; Annette Sawade;
Marianne Schieder; Udo Schiefner; Dr. Dorothee Schlegel; Ulla Schmidt (Aachen);
Dagmar Schmidt (Wetzlar); Elfi Scho-Antwerpes; Stefan Schwartze; Rita
Schwarzelühr-Sutter; Rainer Spiering; Peer Steinbrück; Gabi Weber
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Volker Beck (Köln); Katrin Göring-Eckardt;
Britta Haßelmann; Bärbel Höhn; Maria Klein-Schmeink; Stephan Kühn (Dresden);
Markus Kurth; Dr. Tobias Lindner; Beate Müller-Gemmeke; Özcan Mutlu; Dr.
Konstantin von Notz; Omid Nouripour; Cem Özdemir; Claudia Roth (Augsburg);
Corinna Rüffer; Manuel Sarrazin; Elisabeth Scharfenberg; Kordula Schulz-Asche;
Dr. Harald Terpe
DIE LINKE: Jan van Aken; Sevim Dagdelen; Annette Groth; Heike Hänsel;
Andrej Hunko; Ulla Jelpke; Martina Renner; Kathrin Vogler; Halina Wawzyniak;
Jörn Wunderlich; Hubertus Zdebel; Pia Zimmermann
Von den 360 Parlamentariern, die für das Verbot votierten, stammen 252
(= 70 %) von der CDU/CSU, 77 (= 21,3 %) von der SPD, 19 (= 5 %) von
Bündnis90/Die Grünen sowie 12 (= 3,3 Prozent) von der Linksfraktion. Wir
bedanken uns bei den 233 MdBs (immerhin fast 40 Prozent der Abgeordneten), die
gegen das Gesetz gestimmt haben (39 Abgeordnete der CDU/CSU, 109 Abgeordnete
der SPD, 41 Abgeordnete der Grünen und 44 Abgeordnete der Linken).
Innerhalb der Parteien waren die Mehrheitsverhältnisse folgendermaßen
verteilt: Bei der CDU/CSU-Fraktion stimmten 86 Prozent der Abgeordneten für das
Verbot, nur 14 Prozent dagegen (ziemlich exakt das umgekehrte Verhältnis, das
in der Bevölkerung vorherrschte), bei der SPD stimmten 41 Prozent für das
Verbot, 59 Prozent dagegen (nicht gerade bürgernah, aber immerhin eine klare
Mehrheit gegen die Kriminalisierung der Suizidhilfe), bei Bündnis 90/Die Grünen
stellten die Verbotsbefürworter 32 Prozent, die Gegner 68 Prozent, Die Linke
konnte sich mit 21 Prozent Strafrechtsverschärfern und 79 Prozent Liberalen
(bei dieser Abstimmung) als die bürgernahste (bzw. kirchenfernste) Partei im
Deutschen Bundestag präsentieren. [….]
Nur dank des Bundesverfassungsgerichts ist Schluss
mit dieser Großperversion.
Der EKD-Oberbischof Bedford-Strom, der immer
wieder seine intellektuelle Verarmung demonstriert
hatte, tut sich in dieser Frage mit Kardinal Marx, dem obersten Bischof der Kinderfickersekte
zusammen.
[….] Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zur Suizidbeihilfe scharf kritisiert. "Dieses
Urteil stellt einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens
ausgerichtete Kultur dar".
Das erklärten die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch in Bonn und Hannover. Die
Kirchen wollten sich weiter dafür einsetzen, dass "organisierte Angebote
der Selbsttötung in unserem Land nicht zur akzeptierten Normalität
werden".
"Wir befürchten, dass die Zulassung organisierter Angebote der
Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen
kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen", so der
Konferenzvorsitzende, Kardinal Reinhard Marx, und der EKD-Ratsvorsitzende
Heinrich Bedford-Strohm in der gemeinsamen Erklärung. [….]
Wenn sich die beiden Topvertreter der größten
Verbrecherorganisation in der Geschichte dieses Planeten so einig sind in ihrer
Abwertung, weiß man, es war ein sehr guter Tag für die Menschenrechte und den Humanismus.
[…….] Ein
Paukenschlag
[…….] Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner heutigen Entscheidung § 217
StGB für nichtig erklärt. Führende Politikerinnen und Politiker wie Angela
Merkel und Jens Spahn müssen sich nun vorwerfen lassen, 2015 für ein Gesetz
gestimmt zu haben, das nicht auf dem Boden der Verfassung steht. Nach der
mündlichen Verhandlung im April 2019, die als eine "Sternstunde des
Bundesverfassungsgerichts" gewertet wurde, waren die Erwartungen
hochgeschraubt – und sie wurden nicht enttäuscht: Die Urteilsverkündung zu den
Verfassungsbeschwerden gegen § 217 StGB, die Andreas Voßkuhle um 10.00 Uhr
heute Morgen eröffnete, wurde zu einer Lehrstunde in Sachen Grundrechte: Die
Richterinnen und Richter klärten die anwesenden Politiker darüber auf, dass das
Recht des Individuums auf Selbstbestimmung am Lebensende nicht zur Disposition
gestellt werden dürfe. Das 2015 beschlossene "Gesetz gegen die
geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" sei aufgrund seiner "Autonomiefeindlichkeit"
verfassungswidrig und damit nichtig.
Die VerfassungsrichterInnen betonten, dass das Grundgesetz vom autonom
entscheidenden Menschen ausgehe. Dieser habe das Recht, über sein Leben und
Sterben selbst zu bestimmen. § 217 StGB habe dies de facto verhindert, da
sterbewillige Menschen nach der Verabschiedung des Gesetzes keine kompetenten
Helfer mehr finden konnten. Zwar habe der Staat das Recht, Suizidprävention zu
betreiben, aber er dürfe nicht in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen
eingreifen. Auch dürfe der Staat nicht materiell definieren, unter welchen
Bedingungen ein Sterbewunsch legitim bzw. illegitim sei. Hierüber dürfe nur das
eigenverantwortliche Individuum selbst entscheiden. Einengende Kriterien wie
etwa das Vorliegen einer "unheilbaren Krankheit" dürfe der Staat nicht
zur Voraussetzung machen.
In ihrer Urteilsbegründung mahnten die Richterinnen und Richter auch
eine Neufassung der ärztlichen Berufsordnungen und des Betäubungsmittelgesetzes
an, die in ihren gegenwärtigen Fassungen "verfassungsrechtlich
bedenklich" seien. Mit dem heutigen Urteil ist der Rechtszustand von 2015
wiederhergestellt – mehr noch: Nie zuvor hat sich ein deutsches Gericht so klar
zum Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen über sein eigenes Leben und Sterben
bekannt. Ein historisches Urteil, mit dem der scheidende BVerfG-Präsident
Andreas Voßkuhle sich und seinen KollegInnen auf der Richterbank ein Denkmal
gesetzt hat. [….]
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