Dienstag, 30. Juni 2020

Das größte Verbrechen der Christen


Wieso haben so viele kalifornische Metropolen eigentlich spanische Namen wie San Francisco, San Diego, Los Angeles, Santa Barbara?
Ganz einfach, sie gehen alle auf Missionsgründungen des spanischen Franziskaners Bruder Junípero Serra (*1713 in Petra, Mallorca; † 1784 in Kalifornien) zurück.
Der Mallorquiner machte sich des größten Übels schuldig, für das die katholische Kirche steht: Die Missionierung, also den brutalen Kulturraub an hunderten Millionen Menschen auf allen Kontinenten.
Die Mission war ein gewaltiger globaler Genozid an hunderten Völkern, der bis heute anhält.
In Südamerika handelte es sich überwiegend um die Conquista, also die Schwertmission, bei der im päpstlichen Auftrag jeder vor die Wahl „Taufe oder Tod“ gestellt wurde.
Wer seiner Kultur, seinem Glauben, seiner Philosophie, seinen Gewohnheiten, seinen Sitten treu bleiben wollte, wurde sofort getötet.
Nicht nur wurden durch Conquistadores  70 bis 100 Millionen Menschen in Süd- und Mittelamerika  - das entspricht über 90% der indigenen Bevölkerung -  getötet, nein die Kirche raubte dabei beide Teilkontinente vollständig aus, raffte alles an sich was ihr wertvoll erschien.

Der spanische Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas berichtete 1552 wie seine christlichen Brüder vorgingen:

[….] Sie wetteten miteinander, wer von ihnen einen Menschen auf einen Schwertstreich mitten von einander hauen, ihm mit einer Pike den Kopf spalten, oder das Eingeweide aus dem Leib reißen könne. Neugeborene Geschöpfe rissen sie bei den Füßen von den Brüsten ihrer Mütter und schleuderten sie mit den Köpfen wider die Felsen. (…) Große und Edle brachten sie gewöhnlich folgendergestalt um: sie machten Roste von Stäben, die sie auf Gabeln legten, darauf banden sie die Unglücklichen fest, und machten ein gelindes Feuer darunter, bis sie nach und nach ein jämmerliches Geschrei erhoben, und unter unsäglichen Schmerzen den Geist aufgaben.  [….]
Nachdem nun alle diese ungerechten und satanischen Kriege nebst den dabei verübten Mordtaten vorüber waren, verbreitete [der katholische spanische Gouverneur Nuno des Guzman], wie gewöhnlich, die unerträglichste und abscheulichste Sklaverei über das ganze Land. Denn alle christlichen Barbaren, die sich in Indien befinden, behaupten, dies Recht über die dortigen Völker zu haben und es ausüben zu dürfen. Bei dieser Gelegenheit erlaubte er seinem eigenen Hofmeistern, so wie allen übrigen, den Indianern die schrecklichsten Qualen und Martern antun zu dürfen, damit sie Gold und Tribut von ihnen erpressten. Einer von seinen Haushofmeistern ließ eine Menge Indianer hängen, lebendig verbrennen, den Hunden vorwerfen, ihnen die Köpfe, Hände und Füße abhauen oder die Zungen ausreißen, da doch die guten Leute in Frieden lebten und er keine andere Ursache angeben konnte, als dass er sie in Schrecken setzen und sie zwingen wollte, sich ihm zu unterwerfen und Gold und Tribut zu bezahlen. [….]

Der unfehlbare und heiliggesprochene Papst Woytila sprach über 400 Jahre später von einer „glücklichen Schuld“ seiner Kirche.
Nun ja, man habe zwar 100 Millionen Menschen massakriert, aber dafür könnten die Überlebenden das Glück genießen nun Christen zu sein.

[….]  Der Anlass für die Konferenz war die 500-Jahr-Feier der "Evangelisierung" Lateinamerikas. Johannes Paul II. gab in seiner Eröffnungsansprache die diesbezügliche Sprachregelung vor: Die Christianisierung Lateinamerikas durch die spanischen Eroberer weise zwar gewaltsame Züge auf und sei insofern zu verurteilen. Weil aber die "bewundernswerte Evangelisierung" zu einer "Ausweitung der Heilsgeschichte" beigetragen habe, handle es sich letztlich um "glückliche Schuld".
Während die brasilianischen Bischöfe in ihren "Richtlinien für Santo Domingo" vorsahen, die Kirche müsse für die Teilnahme an der Conquista Indianer und Afroamerikaner um Vergebung bitten, enthielt das Schlussdokument der Konferenz kein Wort kirchlicher Selbstkritik. [….]

JP-II und Ratzinger luden in den gut drei Dekaden ihrer brutalen Herrschaft schwere Schuld auf sich, indem sie die südamerikanische Befreiungstheologie niederschlugen, die „Kirche der Armen“ erfolgreich verhinderten und ihre RKK weiterhin fest an der Seite der rechtsradikalen und faschistischen Diktaturen des Subkontinents aufstellten.

Junípero Serra war 20 Jahre Chefmissionar in Mexico-Stadt bevor er aus dem damaligen Vizekönigreich Neuspanien nach der Vertreibung der Jesuiten (die beim spanischen König in UNgande gefallen waren) im Jahr 1768 nach Südkalifornien geschickt wurde, um dort den Oberbefehl über alle Missionsstationen zu übernehmen.

Der Städtegründer Junípero Serra wurde 1988 von Woytila seliggesprochen und schließlich im Jahr 2015 von Franz heiliggesprochen.

 [….] Mit einer Petition will man den Papst zum Umdenken drängen. Mehr als 10.000 Menschen haben die Onlinepetition gegen die geplante Heiligsprechung des spanischen Missionars am 23. September bereits unterschrieben. Auch in den Sozialen Netzwerken wird die Heiligsprechung sehr heftig kritisiert: Auf Facebook wird der Missionar mit blutigem Kreuz dargestellt und als Monster bezeichnet.
 [….] Von der indigenen Bevölkerung wird Serra aber äußert kritisch gesehen. Denn sobald die Europäer in ihre Region kamen, wurde die Lebensgrundlage der ansässigen Bevölkerung zerstört, durch eingeschleppte Krankheiten starben Tausende. Als etwa spanische Soldaten und Siedler Frauen vergewaltigten, seien ihnen spanische Priester nicht zu Hilfe gekommen, kritisieren die Initiatoren der Petition gegen die Heiligsprechung von Serra. Nahrung und Schutz in den Missionen bekamen die Menschen nur, wenn sie sich taufen ließen. Wer einmal getauft war, durfte die Mission meist nicht mehr verlassen.
Indigene werfen Serra auch vor, dass Frauen und Männer in den Missionen voneinander getrennt und Familien auseinandergerissen wurden. Wenn sich die Menschen den ihnen auferlegten Regeln widersetzten, wurde körperliche Gewalt angewendet. Die Indigenen seien nicht als Menschen anerkannt und als solche behandelt worden. [….] In einer Predigt im Mai 2015 verteidigte Papst Franziskus den vor 230 Jahren verstorbenen Missionar. Serra habe wie viele Missionare der indigenen Bevölkerung Nordamerikas das Christentum gebracht [….]

Serra, der schon in Mexico 90.000 amerikanische Ureinwohner zwangsmissioniert und gefangen hielt heilig zu sprechen, kann nur der weißen katholischen Kirche einfallen. Auch in Kalifornien beschäftigte er sich damit Indianerstämme auszurotten.

[….] Serra’s mission system was responsible for the destruction of several tribes, often through the introduction of foreign diseases. Tribes that did survive, such as the Chumash, still suffered greatly and were often forced into building the missions.
The mission system not only pressured indigenous peoples into becoming Catholic, but pressured them to assimilate and, therefore, lose their cultural ways. [….]

[….] “I had high hopes for this pope, who has been making some very pro-social-justice statements,” said Deborah A. Miranda, an Ohlone Costanoan Esselen Indian and an American literature professor at Washington and Lee University in Lexington, Va.
“Serra did not just bring us Christianity. He imposed it, giving us no choice in the matter. He did incalculable damage to a whole culture,” Ms. Miranda, the author of “Bad Indians,” said of her ancestors and what she called “the mission mythology.”
“If he is elevated to sainthood,” said Nicole Lim, the executive director of the California Indian Museum and Cultural Center in Santa Rosa, “then he should be held responsible for the brutal and deadly treatment of native people.” [….] The Indians were forced to shed their languages, dress, religion, food and marriage customs. Thousands died from exposure to European diseases to which they had no immunity. Of the approximately 310,000 Indians in 1769 in what is now California, only one-sixth remained a hundred years later, according to a University of California historian.
Native Americans have complained about not only the cultural sabotage but also what they call the romanticization of the missions’ true history by schools, churches and the news media. [….] Archbishop Salvatore J. Cordileone of San Francisco, who credited Father Serra with bringing “Christianity to this part of the world,” said he understood why Indians were upset, acknowledging the whippings and coercive environment. But missionaries also taught school and farming, he said. [….]

Im Juni 2020, endlich, nahmen sich amerikanische Bürgerrechtler ein Herz und stürzten die Statue des Serra vom Sockel – buchstäblich rissen sie sein Standbild im Golden Gate Park von San Francisco um.

Europäische Dunkelkatholiken sind entsetzt.

[….] Im Internet haben #blacklivesmatter-Aktivisten zum Sturz einer weitere Statue des Heiligen Junipero Serra aufgerufen. Doch katholische Jugendliche stellten sich vor die Statue und gegen den Mob von 200 Anarchisten und konnten dies verhindern. […..]

Ein gefundenes Fressen ist der Vorgang natürlich für den rechtsextremen Verschwörungstheoretiker, AfD-Fanboy, Katholiban und exzessiven Hetzer wider alle Nicht-Weißen und Nicht-Katholiken David Berger. Er stellte sich mit seinem Pipi-Blog hinter den Erzbischof von San Francisco, der allen Ernstes mit einer Teufelsaustreibung reagierte.


[….] Mit dem Gebet des Rosenkranzes, einem Sühneakt und einem Exorzismusgebet hat der Erzbischof von San Francisco, Salvatore Cordileone, auf den Sturz der Statue von St. Junípero Serra durch linksradikale Gewalttäter reagiert.
Wie auch PP berichtete, wurde die Statue des von Papst Franziskus heiliggesprochenen Junípero Serra, der sich in der Kolonialisierung mutig für die Rechte der Eingeborenen eingesetzt hatte, am 19. Juni im Golden Gate Park von einer aufgeheizten Menge etwa 100 linksextremer Terroristen niedergerissen.
„Das Böse hat sich hier eingestellt. Wir haben uns also versammelt, um zu Gott zu beten, um die Heiligen um ihre Fürsprache zu bitten, vor allem unsere Gottesmutter, in einem Akt der Sühne, in dem wir Gott um seine Gnade für uns und die ganze Stadt bitten, damit wir unsere Herzen ihm zuwenden“,    so Salvatore Cordileone, der Erzbischof von San Franzisco am 27. Juni.
Hier seien nicht nur Vandalismus und Hass am Werk gewesen, sondern hier sei ein Sakrileg verübt worden, ein Akt des abgrundtief Bösen, des Teufels.
Daher habe man das von Papst Leo XIII. 1884 eingeführte Exorzismusgebet zum heiligen Erzengel Michael gebetet, das sich von den Exorzismusgebeten, die man bei der Besessenheit einer einzelnen Person anwendet, unterscheide:
Heiliger Erzengel Michael,
verteidige uns im Kampfe, gegen die Bosheit und die Nachstellungen des Teufels sei unser Schutz. Gott gebiete ihm, so bitten wir flehentlich. Du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen, stoße den Satan und die anderen bösen Geister, die in der Welt umhergehen, um die Seelen zu verderben, durch die Kraft Gottes in die Hölle.
Amen.
Im Anschluss an das Gebet besprengte der Erzbischof den Sockel. auf dem die Statue stand, mit Weihwasser. [….]

Auch hunderte Jahre nach den brutalen Genoziden und Massenmorden an allen nichtkatholischen Völkern, steckt offenbar noch dasselbe Denken in den Köpfen der Christen des Jahres 2020.

Montag, 29. Juni 2020

Es geht nur ums Geld.


Donald Trump, Rassist der Herzen und Großlügner der Welt konnte Präsident der USA werden, weil die Medien ihn ließen.
Den News-Sendern garantierte er Einschaltquoten und somit höhere Werbeerlöse.
Und so hielten CNN, FOX und alle anderen einfach immer drauf, sobald sich GOP-Präsidentschaftskandidat Trump blicken ließ. Ein unverantwortlicher diabolischer Pakt. Der orange geschminkte groteske Grobian erhielt kostenlose Sendezeit im Wert von mehreren Milliarden Dollar, gewann die Wahl und lieferte den Sendern dafür Aufmerksamkeit.

Die seriöseren Sender begriffen immerhin recht schnell was sie angerichtet hatten, gaben sich daraufhin kritischer und ließen nicht mehr ganz so viele Trumpfans ungeniert in ihren Panels hetzen.
Die prominentesten CNN-Anchors sind heute harte Trump-Kritiker, widerlegen alle seine Lügen und greifen ihn ob der tödlichen Folgen seines verantwortungslosen Handelns scharf an.

Seine wahre Destruktivität entfaltet der Rage-Tweeter allerdings über die sozialen Medien.
Er prahlt mit seiner ungeheuren Reichweite auf Facebook, Youtube und Twitter, lässt bei den Bossen die Kassen klingeln.
Dafür drücken Dorsey, Zuckerberg und Co alle Augen, inklusive Hühneraugen zu, wenn gehetzt, gehasst, gelogen wird.

Es gab Versuche mit Spiegelaccounts auf Twitter und Facebook, bei denen einfach nur jeder Tweet Trumps retweeted wurde.
Diese Accounts wurden wegen Hassreden gelöscht, während Trump wegen seiner 82 Millionen Follower eine Extrawurst genießt.

Da Trump aber auch aktiv daran arbeitet die amerikanische Demokratie und Meinungsfreiheit zu zerstören, ging Dorsey vor einigen Wochen doch soweit Trump-Tweets als FakeNews zu kennzeichnen.
IQ 45 tobte natürlich vor Wut und erließ sofort eine präsidentielle Verfügung zur Regulation der sozialen Medien.

Google, Facebook und Co mussten sich allerdings nicht ernsthaft fürchten da Trump zu dumm ist das Geschäftsmodell zu verstehen und sich eher selbst behinderte, indem er androhte Twitter dazu zu zwingen alle Posts auf Wahrheitsgehalt zu checken.

Von allen Social-Media-Multimilliardären dürfte Marc Zuckerberg der Skrupelloseste zu sein. Er kennt keine moralischen Grenzen, kooperiert mit Trump, ließ schon im 2016ner Wahlkampf zu, daß (vermutliche russische) Bots auf Facebook massiv die Republikaner unterstützen.
Moral kennt der Mann nicht.


Daher war er derjenige, der sich gar nicht geneigt sah gegen Trumps gefährliche Hetze vorzugehen.
Bürgerrechtler beißen sich an Zuckerberg die Zähne aus.

Eine andere Sprache versteht er allerdings schon: Die Geldsprache.
Unter dem Hashtag #StopHateForProfit sammelten sich inzwischen 90 Konzerne – darunter extreme reiche Facebook-Werbekunden wie Honda, Coca-Cola, Unilever, Verizon – und verkündeten keine Anzeigen mehr bei Zuckerberg zu schalten, bis er gegen Hetze und Hass auf seinen Plattformen vorgeht.
Das wirkte.
Wenn es um Profite geht, tut Zuckerberg auf einmal das, was er über viele Jahre als unmöglich ablehnte.


[….] Das werbefinanzierte Facebook hat sich diese Krise und den folgenden Einbruch an der Börse ganz allein selber zuzuschreiben. Erst gerierte sich seine Leitung als gekränkte Unschuld, die nichts für den Schmutz könne, den sie in die digitale Welt befördert. Erst unter politischem Druck ging der Konzern dann gegen Hater vor, freilich mit laschestmöglicher Hand. Vor dem Hintergrund der US-Wahlen im November und der Rassismusdebatte wollen immer mehr Firmen nicht länger die Bühne mitbezahlen, auf der täglich Grundwerte der Demokratie mit Füßen getreten werden - gut so.
Ja, das Netz braucht Freiheit, aber es ist kein rechtsfreier Raum. Die Boykottbewegung spricht die einzige Sprache, die Facebook zu verstehen scheint: Der Konzern hat mit dem Hass viel Geld verdient, und jetzt kostet ihn dieser Hass viel Geld. Facebook muss lernen, the hard way, wie man in den USA sagt. […..]

[….] Die Online-Plattform Reddit will die Verbreitung von hasserfüllten Inhalten bekämpfen und hat daher eine bei vielen Unterstützern von US-Präsident Donald Trump beliebte Gruppe geschlossen. [….]

[….] Die Video-Plattform Twitch ging sogar noch einen Schritt weiter. Sie sperrte Trumps Kanal und begründete die Aktion mit der hasserfüllten Verhalten auf dem Kanal.
Trumps Kanal sei wegen beleidigender Kommentare in einem Stream zeitweilig suspendiert worden, teilte eine Twitch-Sprecherin mit. Zudem sei der betreffende Inhalt entfernt worden.
Twitch gehört zum Internetriesen Amazon. Dessen CEO, Jeff Bezos, ist unter anderem Inhaber der "Washington Post" und gilt als scharfer Kritiker Donald Trumps. [….]

Sonntag, 28. Juni 2020

40 Jahre schlafen


Der weise und weitsichtige Bundeskanzler Helmut Schmidt beschäftigte sich schon in den späten 1970er Jahren mit modernen Kommunikationstechniken und kam zu dem Schluß; ein modernes Glasfasernetz könne Deutschland enorme Wettbewerbsvorteile liefern.

[…..] Altkanzler Schmidt wollte Glasfaser-Spitzenreiter werden.
[….] Die sozialliberale Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt hat bereits Anfang der Achtzigerjahre beschlossen, alle alten Telefonleitungen durch schnellere Glasfaser zu ersetzen. Das geht aus bisher unveröffentlichten Dokumenten einer Kabinettssitzung vom 8. April 1981 hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegen.
„Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, wird die Deutsche Bundespost aufgrund eines langfristigen Investitions- und Finanzierungsplanes den zügigen Aufbau eines integrierten Breitbandglasfasernetzes vornehmen“, heißt es in einem Sitzungsprotokoll, das unter dem Aktenzeichen B 136/51074 im Bundesarchiv liegt. Wäre der Plan durchgezogen worden, könnte die Bundesrepublik heute das beste Glasfasernetz der Welt haben.
Fünf Wochen nach der Kabinettssitzung legte der damalige Bundespostminister Kurt Gscheidle (SPD) dem Bundeskabinett einen 30-Jahres-Plan vor. Ab 1985 sollte die Bundespost in jedem Jahr ein Dreißigstel des Bundesgebiets mit Glasfaser verkabeln. „Für den Ausbau ist bei einem jährlichen Investitionsvolumen von drei Milliarden Mark ein Zeitraum von 30 Jahren zu veranschlagen“, erklärte der Postminister damals. [….]

Was dann aber kam, ist bekannt: Helmut Kohl wurde 1982 Bundeskanzler, acht Jahre saß in seinem Kabinett eine promovierte Physikerin als Ministerin: Angela Merkel.
Mit diesem Glasfaserzeug könne man nichts anfangen, befanden die beiden CDU-Größen.
Wichtiger wäre es gegen den „Rotfunk“ (CDU-Postminister Schwarz-Schilling über die ARD-Regionalsender) vorzugehen und Kohl ultrakonservativen Amigo und Millionenspender den Aufbau eines konservativen Privatfernsehens aufzubauen.
Sat1 als „geistig-moralische Wende“ – darauf ist Schwarz-Schilling auch heute noch stolz.

[….] Die sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt hatte bereits 1981 Pläne für einen bundesweiten Glasfaserausbau beschlossen. Ein Jahr später kam Helmut Kohl an die Macht, legte die Pläne aufs Eis und förderte lieber das Kabelfernsehen. 35 Jahre Jahre später gibt es immer noch kein flächendeckendes Glasfasernetz. [….] 1982 wurde Helmut Kohl Kanzler einer schwarz-liberalen Koalition und der hatte andere Pläne. Statt Glasfaserausbau gab es Kabelfernsehen.
2017 warten viele Menschen noch immer auf den versprochenen Breitbandausbau. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland beim Glasfaserausbau fast am Ende.
 Der Deutschlandfunk berichtete vor wenigen Tagen in der Sendung Hintergrund über die Motivation, warum die Union auf Kabelfernsehen setzte. Dort erklärte der damalige Post-Minister Schwarz-Schilling (CDU):
    „Das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen war in dieser Zeit mit einer absoluten linken Schlagseite versehen.“ Das Kalkül der Union: Wenn man schon nicht Sendungen wie „Monitor“ und „Panorama“ beeinflussen kann, dann soll es zumindest Konkurrenz von außen geben: durchs Privatfernsehen, eingespeist in die Kabelnetze. Also wurde die Bundesrepublik aufgebuddelt, und es wurden von der Bundespost Kupferkabel verlegt. Die kosteten damals weniger als ein Drittel der Glasfaser. [….]

Selbst Ende der 1990er Jahre wehrte die CDU-FDP-Regierung hartnäckig alle Investitionen in die digitale Infrastruktur ab.
Legendär wurde eine Wahlkampfdiskussion im Jahr 1994 mit Helmut Kohl, als er vom Microsoft-Deutschland-Chef gefragt wurde, was der in Sachen "Datenautobahn" zu tun gedenke, aber noch nicht einmal den Begriff verstand, sondern von Autostraßen fabulierte – immerhin 13 Jahre nachdem sein Vorgänger schon ein entsprechenden Kabinettsbeschluss gefasst hatte.


(Aus: Ranga Yogeshwar: „Nächste Ausfahrt Zukunft: Geschichten aus einer Welt im Wandel“)

Bis 1998 blockierten Kohl und Merkel die digitale Zukunft Deutschlands.
In der Schröder-Regierungszeit 1998-2005 verfügte Rotgrün bis auf die ersten drei Monate nie über eine Mehrheit im Bundesrat. Dort schwebte die CDU-Chefin „Mrs. Njet“ über den schwarzgelben Ländern und blockierte weiterhin alles.
Zudem hatte die SPD die sehr Netz-kritischen Grünen an ihrer Seite.
Die Homöopathie-affinen Esoteriker lehnten damals „big data“ noch genauso entschlossen ab wie heute die „grüne Gentechnik“.

[…..] Als Gründe, warum Deutschland bis auf wenige Ausnahmen der digitalen Entwicklung hinterherhinkt, führt Ohrt zudem die negative Haltung vieler Westdeutscher gegenüber der Computertechnik an. Die Sorge vor dem Überwachungsstaat wurde dabei nicht zuletzt durch die Datensammelwut des BKA in den 1970er Jahren besonders bei Linken und Grünen genährt – Stichwort Rasterfahndung und Volkszählung. [….]

Seit 2005 ist Merkel selbst Kanzlerin und setzt offenbar mit einer gewissen destruktiven Freude behäbige vorsintflutliche Technikfeinde wie Günther Oettinger, Alex Dobrindt, Michel Glos oder Andi Scheuer an die Stellen, wo eigentlich längst das flächendeckende schneller Internet umgesetzt werden sollte. Natürlich wurde das bis heute nichts und Deutschland ist technologisch hoffnungslos veraltet.

Acht Jahre später, im Jahr 2013 erklärte die das Internet zu #Neuland.


In Deutschland gibt es keinen Computerhersteller mehr, niemand kann ein Mobiltelefon bauen und das Internet ist das langsamste Europas.

Konsequent haben konservative Politiker und die technikfeindlichen Grünen über Jahrzehnte den Fortschritt blockiert.
Deutschland wird international ausgelacht, verliert kontinuierlich Marktanteile.

Sich das ganze Elend anzusehen empfehle ich dringend in Form der hochinteressanten ARD-Dokumentation „Digitale Verlustzone“ von Andreas Orth.

[….] Wie Deutschland den Anschluss verlor
[….]. Denn was kaum einer weiß in Zeiten von Funklöchern, lahmem Internet und Debatten über die Frage, ob an jeder Milchkanne ein leistungsstarkes Netz zur Verfügung stehen muss: Deutschland war mal Weltmarktführer und der Zeit weit voraus.
Konrad Zuse, genialer und rechenfauler Pionier aus Berlin, baute nicht nur den ersten Computer weltweit, sondern hat damit im Allgäu bereits 1947 Milchpreise in Hochgeschwindigkeit berechnet.
Sein Computer, der riesige Z1, führte zu einem Quantensprung in der Digitalisierung. Ingenieure der Firma Telefunken erfanden die Rollkugelsteuerung, heute weltbekannt als Computermaus. Das Deutsche Patentamt hatte die Rollkugelsteuerung jedoch wegen "mangelnder Erfindungshöhe" abgelehnt. Heute verdienen andere mit dem Patent Geld.
Die Geschichte der Digitalisierung in Deutschland ist eine faszinierende Abfolge von genialen Ideen, erstaunlichen Erfolgen und vertanen Chancen. [….]

Es ist ein einziges Elend und etwas weniger verblödete Wähler würden nicht auch noch im Jahr 2020 mit riesigem Abstand die CDUCSU als ihre präferierten Parteien angeben.


Die erste Computermaus, das mp3-Format, eine Suchmaschine, ja sogar der erste Computer wurden in Deutschland erfunden und gebaut.
Aber alles wurde systematisch von den Patentämtern als „nutzlos“ abgewiesen und von der Politik blockiert.
Besserung ist nicht in Sicht. Das zeigt Merkels gegenwärtige Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) mustergültig, die 40 Jahre nach Helmut Schmidts Kabinettsbeschluss immer noch nicht begriffen hat wofür superschnelles Internet notwendig ist.

[….] "5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig", sagte Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) vor anderthalb Jahren. Mit dieser Aussage löste sie einen Sturm der Entrüstung aus. Doch, gerade an der Milchkanne – zum Beispiel in der Hightech-Landwirtschaft – müsse der neue Mobilfunkstandard der fünften Generation verfügbar sein, sagen ihre Kritiker. Oder in der Industrie, für smarte Städte oder für die Telemedizin. Also dort, wo der schnelle Austausch großer Datenmengen neue Technologien und Geschäftsmodelle ermögliche – künftig also eigentlich überall. […..]

Die Orth-Dokumentation zeigt mustergültig am Beispiel einer hochmodernen Lachsfarm auf den Lofoten wie falsch Merkels-CDU-Ministerin liegt. Gerade in abgelegenen, ländlichen Gegenden sind extrem gutes Internet und stabile Mobilfunknetze besonders wichtig.

Samstag, 27. Juni 2020

Ein Zeichen der Hoffnung


Es ist nicht schlau angesichts einer bevorstehenden Operation Erfahrungsberichte zu googeln, weil dort ein verzerrtes Bild gezeigt wird.
Wer so eine Operation komplikationslos erlebte, fühlt sich nicht veranlasst das im Netz auszubreiten. Wenn jedoch etwas schief geht, will man das warnend mitteilen. So entsteht der Eindruck es ginge immer alles schief.

Bei den deutschen Corona-Hygiene-Demos ist es ähnlich.
Eine riesengroße Mehrheit versteht wie und warum eine Pandemie bekämpft wird und akzeptiert daher die Maskenpflicht. Diese Leute fallen aber nicht auf, weil sie nicht lärmend auf die Straße gehen.
Die echten Schwachköpfe wie Attila Hildmann, Xavier Naidoo und Til Schweiger sind viel präsenter und werden extrem überproportional von den Medien multipliziert.

Die Trumpschen Anti-maskers bestechen mit ihrem Abgrund an Stupidität ebenfalls so sehr, daß ihre Aussagen weltweit zum Renner werden.


Aber selbst in den USA ist das nicht repräsentativ. Die meisten Amerikaner tragen mit Überzeugung Masken.

Der christliche Glaube ist ebenfalls ein weitgehend irrationaler Unsinn, der in der deutschen Medienwelt extrem überrepräsentiert ist. Der insbesondere auch in den Parlamenten so dramatisch überrepräsentiert ist, daß die grundgesetzwidrige Kirchenfinanzierung auch im 101. Jahr  nach ihrer geforderten Abschaffung weiter besteht. Bischöfe bekommen beliebig viele Zeitungsspalten freigeräumt, sind in jeder Talkshow willkommen, werden devot und servil als „Exzellenz“ angesprochen. Bischöfe sitzen wie selbstverständlich in Rundfunkräten und Ethikkommissionen.
Zuwächse um eine Person in den katholischen Gremien werden mit großem Brimborium in den Medien ventiliert.

[….] CDU-Politiker Amthor in Berliner Katholikenrat berufen
[….] Ein halbes Jahr nach seiner Taufe kommt der CDU-Politiker Philipp Amthor in ein katholisches Spitzengremium. Wie der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin am Mittwoch bestätigte, nahm er den 27-jährigen Bundestagsabgeordneten in die Reihe seiner "hinzugewählten Einzelpersönlichkeiten" auf. Der Diözesanrat ist die höchste Laienvertretung von mehr als 400.000 Katholiken des Erzbistums in Berlin, Brandenburg und Vorpommern. Das Gremium mit rund 100 Vertretern der Gemeinden und Verbände nimmt zu politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Fragen Stellung. [….]

Ob sich die Hauptstadt-RKK so einen Gefallen tut einen derart deutschnationalen, Lobby-affinen, bestechlichen, homophoben Hobby-Tierkiller ins Nest zu setzen, bezweifele ich stark.
Der eine prominente Kirchenzuwachs steht nämlich in einem krassen Missverhältnis zu 540.000 Austritten und 260.000 mehr Sterbefällen als Taufen.

[…..] Der Mitgliederschwund in der evangelischen und katholischen Kirche beschleunigt sich. Mehr als 800.000 Mitglieder verloren die beiden großen christlichen Kirchen im vergangenen Jahr. Das zeigen die Mitgliederstatistiken der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für 2019, die am Freitag veröffentlicht wurden. 2018 war es in der Summe ein Verlust von 704.000 Mitgliedern. […..] Auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen aus den 20 evangelischen Landeskirchen traten etwa 270.000 Menschen aus der Kirche aus. […..] Noch mehr Menschen traten 2019 aus der katholischen Kirche aus: Mehr als 272.700 annullierten ihre Mitgliedschaft - ein Anstieg von 26,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Austrittsrate stieg auf über 1,2 Prozent. So hoch war sie noch nie, sagte der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack dem Evangelischen Pressedienst (epd). […..]

Marx, Müller, Mixa, Käßmann, Bedford-Strohm, Ratzi und Franzi sind also myriadenfach prominenter als Carsten Frerck, Michael Schmidt-Solomon und Philipp Möller.
Vertreter der Atheisten oder Konfessionslosen findet man so gut wie nie in der veröffentlichten Meinung.

Dennoch sieht die Entwicklung der Kirchenmitgliedschaften viel positiver aus als diese extreme öffentliche Unter-Repräsentation befürchten ließe.
Viel mehr Menschen schießen sich den Argumenten von uns Atheisten an, als umgekehrt.

Das ist wenig überraschend. Denn die Bibel steckt voller brutaler Hassbotschaften, die Kirchengeschichte ist eine einzige Kette krimineller Untaten und heutige Kirchenvertreter kleben heuchelnd an der Bibel und schützen Kinderficker. Wer schwört heute noch auf ein Buch, das Sklaverei und Antisemitismus propagiert.

Freitag, 26. Juni 2020

Die Schamlose


Julia Klöckner, die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz steckt so tief im Mastdarm der Agrarlobby, daß man ihr Ministerium umbenennen müsste in „Ministerium für Fehlernährung, Verbraucherschädigung und Bauernlobby“.
Offenbar verfügt sich auch darüber hinaus über eine große Portion Sadismus. Anders ist ihr unermüdlicher Einsatz für die Tierquälerei nicht zu erklären: Kükenschreddern, Ferkelkastration ohne Betäubung, Schweine im Kastenstand – all diese epochalen Großperversionen gibt es Dank Frau Klöckner noch.


In ihrem Bemühen der Gesundheit der Deutschen zu schaden, blockiert sie natürlich auch die seit Jahren geforderte Lebensmittelampel., die dafür sorgen könnte, daß wenigstens die sehr interessierten Konsumenten auch erfahren was sie da eigentlich essen.

[…..] Julia Klöckner blockiert Lebensmittel-Ampel
[…..] In der Diskussion um eine verständliche Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln hat die Verbraucherorganisation foodwatch Julia Klöckner verbraucherpolitisches Versagen vorgeworfen. […..] „Frau Klöckner betreibt Verbraucherschutz-Verhinderungspolitik. Nestlé will freiwillig die Nutri-Score-Ampel auf seine Produkte drucken – darf das in Deutschland aber nicht, solange Julia Klöckner nicht die rechtliche Grundlage dafür schafft. Es ist einfach unfassbar, dass Frau Klöckner Unternehmen Steine in den Weg legt, wenn diese verbraucherfreundlich handeln wollen“, erklärte Luise Molling von foodwatch. „Der Nutri-Score ist nachweislich ein verbraucherfreundliches und von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickeltes Modell. Während etwa in Frankreich Verbraucherinnen und Verbraucher im Supermarkt längst die Lebensmittelampel auf vielen Produkten finden, müssen in Deutschland selbst Unternehmen, die freiwillig vorangehen wollen, rechtliche Schwierigkeiten fürchten.“ [….]

Die Schande des Kabinetts ist eigentlich nur noch mit satirischen Mitteln zu beschreiben.

(…..) Da ist die Agrarindustrie der Monokulturen und des maximalen Pestizideinsatzes wieder in Ordnung. Schluss mit diesem Unsinn, daß Verbraucher über Inhalte und Nährstoffe ihres Essens informiert werden könnten.
Lebensmittelampeln? Nicht mit Klöckner.
Tierwohl ist für Klöckner ein Fremdwort.


[….] In Zukunft habe ein 110 Kg schweres Schwein gerade mal 0,90 m² Platz statt  0,75 m², kritisierte Künast. Klöckners Tierwohllabel schaffe kein Tierwohl, sondern sei "ein Absatzprogramm für einige Fleischerzeuger", so Künast. Da das Label freiwillig sei, würden die meisten Schweine "auch weiterhin arme Schweine bleiben." [….]

Heute schießt die Agrarlobbyministerin allerdings den Vogel ab, indem sie nach den Tönnies- und Wiesenhof-Megaskandalen ungeniert mal wieder einen Showgipfel mit den Verursachern der Krise abhält.

[….] Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) trifft sich heute mit Branchenvertretern zu einem "Fleischgipfel". Neben Arbeitnehmervertretern nehmen Vertreter der Land- und Ernährungswirtschaft, der Schlachtereien, des Lebensmittelhandels und der Verbraucher an dem Treffen bei Klöckner teil. [….] Das Treffen sorgt bereits im Vorfeld für harsche Kritik: Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Grünen sprachen von einer bloßen "Show-Veranstaltung". Anja Piel aus dem DGB-Vorstand monierte, dass erst "auf Nachhaken" und "in letzter Minute" Vertreter der Beschäftigten eingeladen worden seien: Offenbar solle eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der Fleischbranche nicht im Vordergrund stehen, sagte Piel der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ("NOZ").
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte ein "grundlegendes Umsteuern in der gesamten Kette". Hofreiter warf Klöckner vor, sie lade zu einem "bloßen Show-Event" ein. Von überparteilichen, gesamtgesellschaftlichen Lösungen sei die Ministerin "meilenweit" entfernt, sie habe den Ernst der Lage "nicht begriffen". […..]

Bei der gegenwärtigen Aufregung um den Schlacht-Corona-Sumpf so zu tun, als erfordere es nun einen Gipfel, um zu besprechen was beim CDU-Großspender Tönnies schief lief, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.
Das fällt in die Kategorie „Wählerveraschung mit Auslachen und Vogel zeigen“.

Wir brauchen ganz sicher keine weiteren Informationen, keine Gespräche, keine Gipfel, keine Pressetermine mehr.
Seit Jahrzehnten werden die Fleischskandale dieser Republik öffentlich diskutiert, in großen Artikelserien angeprangert und mit drastischen Filmaufnahmen in den großen Magazinsendungen der Bundesrepublik ausgebreitet.
Wir wissen was bei den Großmästern vor sich geht und kennen sie Kehrseite des massenhaften Billigfleisches.
Das grandiose NDR-Medienmagazin ZAPP hat machte sich diese Woche die Mühe die ausführlichen TV- und Zeitungsreportagen über die Fleischmafia nur der letzten zehn Jahre zusammenzustellen.

[….] Werkverträge, miese Hygiene, enge Unterkünfte - lange vor Corona und Tönnies haben Journalisten über unhaltbare Zustände in der Fleischbranche berichtet. Konsequenzen: Fehlanzeige. […..]

In all diesen zehn Jahren hielt der Deutschen liebsten Parteien, die CDU und CSU, die jetzt wieder ob der Begeisterung des Urnenpöbels mit gewaltigem Abstand stärkste Partei sind, in Form ihrer Landwirtschaftsminister
Horst Seehofer 2005-2008,
Ilse Aigner 2008-2013,
Hans-Peter Friedrich 2013-2014,
Christian Schmidt 2014-2018 und
schützende Hand über die Tönniesse dieser Republik.

Ein Blick auf die Umfragen zeigt es deutlich:
Die Werte der CDU gehen durch die Decke; der Urnenpöbel findet die Union offenbar ganz großartig und will keine Sozialpolitik.



Seit zehn Jahren wird kontinuierlich über diese Massentierquälerei und Menschenquälerei berichtet. Seit den Tagen der bei der Agrarlobby so verhassten Renate Künast (Grüne Bundesminister für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft von 2001-2005) werden alle Wünsche der Fleischmäster erfüllt.

Donnerstag, 25. Juni 2020

Unbelehrbar


Vorgestern erhielt ich eine drastische Verwarnung von Mark Zuckerberg. Ich hatte mich der „Hassrede“ schuldig gemacht, indem ich einen Artikel mit dem Kommentar „Die spinnen, die Amis“ verlinkte.
Das könne zur längeren Strafen und Löschung meines Accounts führen so über Amerikaner zu sprechen.

 Ich habe mich sehr amüsiert, das von einem Mann zu erfahren, der sich so vehement für Trump einsetzt und sich weigert seine rassistischen Lügen zu sanktionieren.
Damit war schließlich unfreiwillig meine These „die spinnen, die Amis“ bewiesen worden.
Wie immer bei Facebook werden weder Ironie noch Zitate (Asterix!) erkannt.
Abgesehen davon versteht es sich von selbst, daß Kritik an den Russen, weil Putin irgendwas Unmoralisches tut oder Kritik an den Amis, weil sie so einen Typen gewählt haben, logischerweise nicht jeden einzelnen Russen/Amerikaner meint.
Ein Land mit 330 Millionen Einwohnern ist so selbstverständlich heterogen, daß keine pauschale Schmähung jedes einzelne Individuum meinen kann.

Aber es soll ja nicht so aussehen, als ob ich mich nur auf mein eigenes Volk, die Amis, einschieße.

Die Deutschen, beispielsweise, spinnen auch.
Nach zwei Monaten im Corona-Panikmodus, als jedes Klopapierregal leergekauft wurde und man glaubte den Covid19-Verlauf günstig beeinflussen zu können, indem man Zentnerweise Nudeln im Keller lagert, kippte auf einmal alles in die große Sorglosigkeit um.
War ja irgendwie nicht so schlimm. Nun kann man wieder öffentlich rudelbumsen wie gewohnt.

Hatten wir nicht noch im April überlegt alle unsere Lehren aus der Pandemie zu ziehen, nachhaltiger zu leben, bewußter einzukaufen und die die Zwangspause dazu zu nutzen ernsthaft die ganz großen Probleme wie Klima, Artensterben und Umweltverschmutzung anzugehen?

Aber das war wohl wieder mal nichts. Den Lockdown-Schock haben die Deutschen nicht nur überwunden, sondern auch verdrängt.
Es wird weiter wie verrückt Billigfleisch von Tönnies und Wiesenhof gekauft, gegrillt, als gäbe es kein Morgen und die Billigflieger füllen sich sobald es geht.
Drei Monate ohne Malle? Nicht mit den Deutschen.

(….)  Der absolute ökologische Irrsinn sind Kreuzfahrten. All die 400 m langen, 70 m hohen Giganten für 6.000 Passagiere und 4.000 brutal ausgebeutete Arbeitssklaven unter Deck.

[….] Der Nabu rechnet vor (PDF), dass ein Kreuzfahrtschiff pro Tag so viel CO2 ausstösst wie fast 84.000 Autos, so viel Stickoxide wie etwa 421.00 Autos, so viel Feinstaub wie etwa über 1 Million Autos und so viel Schwefeldioxid wie gut 376 Millionen Autos.
Die Deutsche Lungenstiftung warnte daher schon vor Jahren: „Lungenkranke, die sich auf eine Kreuzfahrt begeben, sollten sich vor den Abgasen des Schiffes in Acht nehmen.“ [….]
Kreuzfahrtschiffe fahren mehrheitlich mit Schweröl und verbrauchen davon täglich im Schnitt 150 Tonnen. Schweröl ist stark umwelt- und gesundheitsschädlich und deswegen an Land verboten, denn das giftige Abfallprodukt der Petrochemie enthält 3.500 mal mehr Schwefel als auf Europas Straßen für PKW erlaubt wären. […..]

Weltweit gibt es etwa 6.500 Passagierschiffe. Davon sind 500 Kreuzfahrriesen.
500 mal 150 Tonnen = 75.000 Tonnen Schwerölverbrauch pro Tag.
Das entspricht 27.375.000 Tonnen im Jahr.
27 Millionen Tonnen giftiges Schweröl werden jährlich für betrunkene, reiche Kreuzfahrtouristen in die Luft geblasen?
Schluss mit dem Irrsinn. Kein Bailout für Kreuzfahrtreedereien. Alle 500 Schiffe für immer stilllegen. (…..)

Kreuzfahren sind generell sinnlos.


Wer kann den Kreuzfahrten so sehr lieben, daß er riskiert wegen eines Seuchenausbruchs über viele Monate auf einem Totenschiff eingesperrt werden zu können, weil kein Hafen so eine gigantische Viren-Petrischale an Land gehen lässt?
Social distancing geht nicht, wenn man sich zu Tausenden auf einem Schiff drängelt, ohne sich aus dem Weg gehen zu können.

Aber die Deutschen sind unbelehrbar.

[….]  Kreuzfahrten hoch im Kurs Umfrage ergibt: Deutsche wollen unbedingt wieder auf See[….]  Trotz der derzeit schwierigen Lage auf dem Kreuzfahrtmarkt blicken deutsche Schiffsreisende positiv in die Zukunft. Dies geht aus einer Umfrage mit über 6000 Teilnehmern des Reiseportals Kreuzfahrtberater.de hervor. 90 Prozent der Befragten wollen nach der Corona-Krise wieder in See stechen. 58 Prozent erwägen, bereits in den kommenden Monaten wieder eine Kreuzfahrt zu buchen. [….]  Auf die Frage, wie wahrscheinlich es sei, nach der Corona-Krise eine Kreuzfahrt zu buchen, antworteten 39,84 Prozent der Befragten mit „Auf jeden Fall wahrscheinlich“. Während 32,73 Prozent die Frage mit „Sehr wahrscheinlich“ beantworteten, sprachen sich immerhin noch 17,92 Prozent der Befragten für „Eher wahrscheinlich“ aus. Insgesamt gaben 5.601 von 6.190 Befragten an, nach der Krise wieder Urlaub auf See machen zu wollen. Das entspricht etwa 90 Prozent.
„Dass fast 100 Prozent der Befragten bereits jetzt planen, nach der Krise wieder einen Kreuzfahrturlaub zu buchen, lässt uns positiv in die Zukunft blicken”, erklärt Frank Riecke, Geschäftsführer des Online-Reisebüros Kreuzfahrtberater.de. [….]  [….]  [….] 

Mittwoch, 24. Juni 2020

Underperformer


So schwer kann das ja wohl nicht sein‘ dachte sich die homophobe erzkatholische Saarländerin, als sie am 07.12.2018 Merkels Nachfolgerin als CDU-Bundesvorsitzende wurde.
Die größte Hürde war es die noch konservativeren Mitbewerber Span und Merz aus dem gigantischen Landesverband NRW mit deren enormer Hausmacht loszuwerden.
Den eigentlichen Job als Parteichefin hatte Merkel schließlich bereits 13 Jahren neben ihrem Fulltime-Beruf Bundeskanzlerin erledigen können, während AKK sich Vollzeit hineinzustürzen plante. Die Partei hatte doch immer nach strammer Führung gegiert und unter Merkels Desinteresse und langer Leine gelitten.
Ideale Bedingungen also, um sich als neue Kraft zu profilieren, die ihre ganze Aufmerksamkeit der CDU-Zukunft widmet, sich nicht mit einem anderen Job verzettelt und auch nicht in die Kabinettsdisziplin eingebunden ist.

Wie es dann kam, ist bekannt. AKK erfüllte keine der hochtrabenden Erwartungen, würgte die Herbsteuphorie über die offene Vorsitzendenwahl von 2018 vollständig ab, steuerte die CDU demoskopisch weiter nach unten, leistete sich Fehlleistung um Fehlleistungen, musste permanent ihre eigenen Klarstellungen klarstellen, da sie immer anders verstanden wurden, als sie angeblich gemeint waren und stellte sich so schnell als hoffnungslos überfordert heraus, daß sie als letzten Strohhalm ihr Versprechen sich nur der Partei zu widmen brach und im Juli 2019 das mächtige Amt der Verteidigungsministerin übernahm, weil sie ohne Ministerium und Regierungsmacht gar nicht mehr ernst genommen wurde.
Von da an trudelte sie noch steiler bergab, verlor jegliche Autorität, scheiterte schließlich sogar daran einige oppositionelle Provinz-CDUler aus dem Minilandesverband Thüringen zu Raison zu bringen.
Am 10.02.2020 gestand sie ihr Scheitern auf ganzer Linie ein, verkündete entnervt sowohl die Kanzlerkandidatur als auch das inzwischen verhasste Amt der Parteichefin aufzugeben; wohl aber werde sie den Prozess der Machtübergabe, die nach ihren Wünschen im Dezember 2020 erfolgen sollte „moderieren“.
Wie erodiert ihre Reputation war, machten ihr Söder und die Nachfolge-Aspiranten schnell klar.
Ihren Zeitplan könne sie sich abschminken; spätestens im Mai müsse ihr Nachfolger gewählt, ergo AKK in die Wüste geschickt werden. Ihre „Moderation“ sei dabei so überflüssig wie ein Kropf.
Diesmal sprangen gleich vier katholische NRW-Herren aus der Deckung: Merz, Spahn, Röttgen und Laschet.
Aus vier wurden drei, weil Laschet und Spahn sich verpaarten. Aus drei wurden de facto zwei, weil die Kandidatur Röttgens keinerlei Unterstützung fand.
Mert und Laschet hatten das Heft des Handelns fest in der Hand; sie würde es untereinander ausfechten und mit einer klaren Ausgangslage in einen CDU-Sonderwahlparteitag im Spätfrühling gehen.
Wäre doch wohl gelacht, wenn die beiden Alpha-Männchen es nicht besser als die debakulierenden Hobby-Karnevalistin aus Völklingen hinbekämen.
Da war einerseits die Multimillionärs-Heuschrecke Merz, die stets als ihr eigener Lautsprecher unterwegs vor Selbstbewußtsein strotze, von der JU umjubelt einen Umschwung als rechter Messias in Richtung 50er-Jahre CDU vollbringen wollte.
Andererseits Armin Laschet, der nicht nur anders als Merz, der niemals eine Wahl gewonnen und niemals regiert hatte, über das wichtigste Regierungsamt außerhalb der Bundesregierung verfügte.
Als NRW-Ministerpräsident verfügt er über eine enorme Hausmacht und hatte die Wahl gewonnen, an der Konkurrent Röttgen einst gescheitert war.
Das versprach also Spannung. Zwei Macher könnten nun den Loser-Frauen zeigen wie es geht.

Stattdessen kam aber Corona und alle Aspiranten auf den Chefsessel demonstrierten mustergültig ungeeignet zu sein.
Sogar noch schlechter als Kramp-Karrenbauer.

Spahn hatte als Gesundheitsminister über Monate die Pandemiewarnungen aus China ignoriert, war unfähig Hygienematerialien aufzutreiben, scheiterte an seinen Plänen zur frühen Tracking-App und einem Immunitätsausweis.

(…..) Das Bundesgesundheitsministerium wurde am 31. Dezember 2019 durch das internationale Frühwarnsystem ProMED vor dem neuen Virus gewarnt.
Der Pharma-Lobbyist und Yellowpress-Aktivist Spahn begriff überhaupt nicht was das bedeutet und blieb wochenlang inaktiv. Es wurden keine Pläne ausgearbeitet, keine Behörden koordiniert und schon gar nicht dachte der junge Jeck Jens daran das zu besorgen, das man bei allen Seuchen braucht: Schutzkleidung.

[….] Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagt am 23. Januar in den Tagesthemen: "Der Verlauf hier, das Infektionsgeschehen, ist deutlich milder, als wir es bei der Grippe sehen." Ende Januar treten die ersten Fälle in Deutschland auf - die meisten mit einem milden Krankheitsverlauf. Der behandelnde Arzt, Professor Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing, sagt heute im BR-Interview: "Hätten wir ganz schwer symptomatische Patienten gehabt, hätte man die Gefährlichkeit vielleicht anders eingestuft."
 Auch Berliner Regierungsbeamte kommen später zu dieser Einschätzung: Die ersten Infektionen in Deutschland hätten zu einem Trugschluss geführt: Seht, wir können es eindämmen. [….] Knapp zwei Wochen später, am 12. Februar, sagt Jens Spahn im Gesundheitsausschuss, die Gefahr einer Pandemie sei "eine zurzeit irreale Vorstellung". […..] 78 lange Tage
Am 2. März kommt der Gesundheitsausschuss zu einer Sondersitzung zusammen. Es wird auch über die Absage von Großveranstaltungen diskutiert. Gesundheitsminister Spahn macht klar, die Behörden vor Ort sollten entscheiden - "ohne dass man belehrend aus Berlin kommt", heißt es im Protokoll. Bis zu einer Empfehlung des Ministers, Großveranstaltungen abzusagen, vergeht fast eine Woche.

Kein Wunder, daß Richard Grenell und Jens Spahn privat so eng befreundet sind.
Vermutlich erinnert Spahns Leugnen und Debakulieren den amerikanischen Botschafter ein sein ganz großes Idol im Weißen Haus. (…..)

Friedrich Merz infizierte sich als einer der ersten Prominenten selbst mit Sars-CoV2, musste seine geliebten Cult-Gatherings in rechten Lobbygruppen und JU-Verbänden absagen, konnte nicht mehr im Applaus baden und verstummte seither vollkommen.
Dem selbsternannten Wirtschaftsfachmann fällt zum weltweiten Wirtschaftsschock nichts ein. Er hat kein Rezept, keine Ideen und scheitert daran Aufmerksamkeit zu generieren. Seinen Anspruch Chef zu werden, leitet er aus dem Antagonismus zu Merkel ab, zu den schlechten CDU-Umfragewerten und dem Gefühl endlich mal einen anderen Regierungschef haben zu wollen.
Zu blöd; all das ist weggebrochen. Die Wähler lieben Merkel wie kaum je zuvor, die CDU steht in Umfragen sensationell gut da und keiner will mehr, daß sie aufhört.
Im Mai hatte es Merz versucht sich wieder einmal als Mann der Superreichen zu profilieren und gegen die Scholzschen Corona-Hilfen für Geringverdiener und Kleinstselbstständige polemisiert.

[….]  Friedrich Merz lehnt Pauschalhilfen ab
[….] Den von Bundesfinanzminister Olaf Scholz ins Spiel gebrachten Familienbonus in Höhe von 300 Euro lehnt Merz ab. „Da fordert der eine 300 Euro, der nächste 600 Euro und dann dauert es wenige Tage, und es kommt einer mit 900 oder 1000 Euro. Dann sind wir vom Helikoptergeld nicht mehr weit entfernt“, sagte Merz. [….] Er schlug vor eher auf die Angebotsseite zu schauen. [….]

Typisch Merz: Unpopulär, hoffnungslos aus der Zeit gefallen und schnell wieder vergessen.

Da fällt noch eher Nobody Norbert Röttgen auf, der als Außenpolitiker gelegentlich gegen Trump austeilt.

Bei drei Ausfällen lief also alles auf Armin Laschet zu, der in NRW zeigen sollte, was er kann.
Leider stellte sich dabei heraus, daß er nicht die hellste Torte auf der Kerze ist und musste sich ausgerechnet von Markus Söder in den Schatten stellen lassen, der zeigte, wie man ein großes Flächenland durch eine Pandemie steuert.

(…..) Kaum zu glauben, aber wahr: In seinem neu entfachten Ehrgeiz im Kampf um den CDU-Vorsitz stellt Armin Laschet nicht nur wirtschaftliche Interessen von die Gesundheit der Menschen, sondern er stellt sich auch noch gemeinsam mit Hardcore-Religiot Ramelow auf die Seite einer Minderheit von unbelehrbaren Katholiban, die Gottesdienste als Hauptbrutstätten der Pandemie wieder einführen wollen. In der MP-Konferenz mit Kanzlerin musste Laschet ausgerechnet von Jesus-Freak Markus S. gebremst werden.

[….] Zu einer Kontroverse zwischen ihm und anderen Teilnehmern kam es beim Thema Religion. Laschet ist Katholik, gemeinsam mit dem thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) plädierte er für eine Öffnung: Unter Beachtung aller Vorschriften solle es doch möglich sein, Gottesdienste zu feiern.
Andere wiesen darauf hin, dass es vor allem die Älteren, also die Gefährdeten seien, die in die Kirche gingen. Im Gottesdienst werde gesungen, was die Gefahr für eine Übertragung per Tröpfchen erhöhe. Laschet war in der Defensive.
Doch den entscheidenden Schlag führte Söder – ausgerechnet Söder, der zwar protestantischer Franke ist, aber dem katholischen Bayern vorsteht: Man habe schließlich selbst dem Papst zugemutet, an Ostern allein die Messe zu feiern, sagte er. Was soll man dagegen noch vorbringen? […..]
(SPIEGEL, 18.04.2020)

Es ist ja schön, daß Ministerpräsident Laschet verantwortungsvoller als Donald Nero ist, der seine fanatisierten Anhänger dazu antreibt gegen die Kontaktverbote zu demonstrieren.
Aber dennoch ist der dringende Ruf nach dem Hochfahren des öffentlichen Lebens in Deutschland, um der Wirtschaft zu helfen, ein lebensgefährlich bis tödliches Spiel.(…..)

  (…..) Die Wähler mögen „moderierend“ und wählen sie gerade wegen MMM [Merkels moderierende Methode] immer wieder. Tritt sie von dem Rücktritt 2021 zurück, könnte sie locker auch noch zehn Jahre weiter amtieren.
Während Laschet, AKK, Schulz, Nahles, Merz und Co sich so sehr aufregen, daß sie allesamt beweisen viel zu kleine Füße für die Bundeskanzlerschuhe zu haben, könnte Merkel einfach vor sich hindämmern.
Diese Rolle ist ihr auf den Leib geschrieben. Das sieht man insbesondere seit Annegret Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 CDU-Bundesvorsitzende wurde.
Merkel tauchte bei allen innenpolitischen Fragen endgültig ab. Sie hielt sich aus allem raus, sagte kein Wort mehr zu den Landtagswahlen, gab keine Kommentare zu ihrer Partei ab, war manchmal wochenlang überhaupt nicht mehr zu sehen. Ob sie dabei auf ausgedehnten Afrikareisen war oder in der Uckermark Kartoffelsuppe kochte, merkte das Merkel-Volk gar nicht.
Nach anderthalb Jahren Bundesvorsitz ist AKK inzwischen erledigt, Merkels möglicher Nach-Nachfolger Laschet erledigt sich ebenfalls schon selbst und ausgerechnet ihr langjähriger Erzfeind Seehofer, der spätestens ab 2015 alles unternahm, um Merkel zu schaden, empfiehlt ihr nun eine fünfte Amtszeit anzustreben. (…..)

Während also Laschet in den ersten Pandemiewochen den Ernst der Lage nicht erkannte und mit Wissenslücken auffiel, sprang er im Juni vollständig auf den Lockerungs-Zug auf, wollte sich den Unmut der Corona-Müden zu Nutze machen.

Auch dabei legte er eine spektakuläre Bauchlandung hin, wie spätestens das Tönnies-Desaster zeigte, das zu erneuten Lockdowns führte und von Laschet auch noch mit einem xenophoben Ausfall garniert wurde.

Nun steht Laschet nicht nur als derjenige da, der nach Tönnies-Spenden von 160.000 Euro an die CDU käuflich ist, sondern der auch noch das Leben seiner NRWler zur Disposition stellt, indem er viel zu spät handelt.

[….] Das Zögern vor dem Lockdown von Gütersloh und Warendorf zeigt das exemplarisch. Es ging nicht mehr nur um die Frage, was am vernünftigsten sein würde. Es ging auch darum, ob ein Bruch mit seiner Lockerungsstrategie seinen CDU-Ambitionen schade. Was Laschet auch tut, er ist nicht mehr so frei, wie er sein müsste. Das ist kein guter Zustand für einen, der Kanzler werden möchte. [….]

Erst hatte AKK mit einer spektakulären Underperformance die Erwartungen als Merkel-Nachfolgerungen enttäuscht.

Nun liefern gleich alle vier Aspiranten auf die AKK-Nachfolge eine peinliche Underperformance.

Zu allem Übel für Merz und Co übernimmt Merkel auch noch in der zweiten Jahreshälfte 2020 den EU-Vorsitz und wird international ständig im Rampenlicht stehen. Damit werden die Chancen der vier NRW-Gnome sich als ihre Nachnachfolger zu profilieren weiter absinken.

Gut möglich, daß 2021 auch der Suche nach einem CDU-Kanzlerkandidaten viele in der Partei nur noch einen Namen schreien werden:
Angela Merkel.

Dienstag, 23. Juni 2020

Der Sumpf CDU


Wolfgang Schäuble hatte ja nicht nur überhaupt als zweiter CDU-Mann hinter Kohl einen Koffer voll Bestechungsgeld (100.000 DM) angenommen, um einem kriminellen Waffenhändler zu helfen.
Er hatte ja nicht nur überhaupt deswegen gelogen.
Nein, er tat das auch noch auf die denkbar dreisteste Weise.
Er log nicht nur vom Rednerpult aus das Parlament an, sondern tat dies sogar auf direkte Nachfrage nach eben dem Geldkoffer.


[1999] erklärte Wolfgang Schäuble vor dem Bundestag, er habe nie Geld von dem Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber bekommen. Nach langer und intensiver Arbeit im Untersuchungsausschuss kommt dann aber ans Licht, dass er vor dem Parlament gelogen hat und sehr wohl Geld angenommen hat.
Wolfgang Schäuble musste nach dieser Geschichte zurücktreten. Heute ist er wieder da - als Finanzminister aller Deutschen. Kann man so einem Mann eigentlich noch Geld anvertrauen?
[1999] gab Christian Ströbele den entscheidenden Anlaß, dass Wolfgang Schäuble als Bundesinnenminister zurücktreten mußte, weil er auf Christians Vorhalt hin öffentlich geleugnet hatte, von dem zwielichtigen Karl-Heinz Schreiber für die CDU eine Barspende im Koffer angenommen zu haben. Und diese Lüge holte ihn bei seiner Kür zum Finanzminister nun nochmals ein.

Als Schäuble ob der erdrückenden Beweislast gegen ihn zugeben musste gelogen zu haben, beließ er es aber immer noch nicht dabei, sondern versuchte den Vorgang a posteriori seiner Schatzmeisterin Brigitte Baumeister in die Schuhe zu schieben.

Das war sehr dreist, aber nicht sehr überraschend, denn neben Ursula von der Leyen und Karl Theodor Baron von und zu Guttenberg gilt Wolfgang Schäuble als der am meisten lügende CDU-Minister aller Zeiten. Mit Trump kann er natürlich nicht mithalten, weil er nicht planlos und willkürlich lügt, aber immerhin doch frei von jeglichen moralischen Skrupeln, wenn es ihm selbst dient.
Warum auch nicht? Lügen sind nicht nur in der Wählerschaft akzeptiert, sondern sogar beliebt. Der dreistesten Lügner sind die beliebtesten Politiker.

Schäuble verlor zwar den CDU-Vorsitz und damit die Kanzlerkandidatur, weil er selbst für Unionsverhältnisse zu viel Dreck am Stecken hatte, aber das hinderte Angela Merkel nicht daran ihren Vorgänger erst zum Bundesverfassungs-, dann zum Bundesfinanzminister und schließlich zum Bundestagspräsidenten zu befördern.

In der Funktion muss er nun also ausgerechnet über die Parteifinanzen aller Parteien und die Nebeneinnahmen der Parlamentarier wachen.
Einen extremeren Bock-zum-Gärtner-Fall kann man sich kaum ausdenken.
Und so brauchen Satireportale wie der Postillon auch nichts dazu zu erfinden, um die Ungeheuerlichkeit des Amthor-Freispruchs durch Aufseher Schäuble zu beschreiben.

  [….] Ein Typ (77), der zu Zeiten der Kohl-Regierung eine illegale Barspende in Höhe von 100.000 DM von einem umstrittenen Waffenhändler annahm, sieht im Verhalten von Philipp Amthor im Zusammenhang mit dem amerikanischen Startup Augustus keine Verstöße gegen die Regeln des Parlaments.
"Ich kann bisher (...) überhaupt nicht erkennen, dass er sich an irgendeine der geltenden Regelungen nicht gehalten hat", so der Politiker, der die 100.000 DM damals in eine schwarze Parteikasse wandern ließ. […..]

Amthor, das 27-Jährige Jägerbürschchen im Anzug aus Torgelow in Westpommern ist das perfekte Klischee. Öffentlich gibt der homophobe deutschnationale CDU-Rechtsaußen den Saubermann, ist aber bereits mit unter 30 Jahren mit einer ganzer Reihe braunschwarzer Lügenschafe der Union – Maaßen, Guttenberg – in düsterste Machenschaften verstrickt und hielt mutmaßlich gern die Hand auf für seine Dienste.
Es ist überflüssig den Skandal an dieser Stelle nachzuerzählen, da die investigative Recherchearbeit des SPIEGEL mustergültig ist und die drei großen Amthor-Artikel journalistisch brillieren.




Ausgerechnet Schäuble, den Spenden-affinen Parteifreund über diese Vorgänge urteilen zu lassen, ist ohnehin schon ein schlechter Witz.

Aber Schäuble verblüfft dabei nicht nur moralisch mit einem neuen Tiefpunkt, sondern kippt seine Reputation als Jurist gleich mit den Orkus.

[….] Doch im Fall Amthor hat sich der Bundestagspräsident vorschnell geäußert - und damit seinem Amt geschadet. Er könne bisher "überhaupt nicht erkennen", dass Philipp Amthor sich "an irgendeine der geltenden Regelungen nicht gehalten hat", urteilte Schäuble.
Das ist nicht nur angesichts der Faktenlage erstaunlich. Denn Amthor hat immer noch nicht offengelegt, wer seine Reisen nach New York und St. Moritz zu Gesprächen mit Vertretern von Augustus Intelligence bezahlt hat. Und genauso unklar ist, wofür die Wirtschaftskanzlei White & Case dem CDU-Abgeordneten jeden Monat einen vierstelligen Betrag hat zukommen lassen.
Schäubles Äußerung ist aber auch deshalb ärgerlich, weil er qua Amt der erste Richter in der Angelegenheit ist. Die Verhaltensregeln des Bundestags sehen vor, dass der Parlamentspräsident entscheidet, ob ein Fall minder schwer ist und eine Ermahnung ausreicht - oder ob er weiterverfolgt werden muss. Als Richter sollte man sich aber mit vorschnellen Urteilen zurückhalten. [….]