Als Sozialdemokrat verdanke ich dem Pannengenerator Laschet sehr viel.
Ohne sein unermüdliches Bemühen, bei jedem Auftritt
möglichst viele Wähler von der CDU wegzutreiben, wäre die SPD nicht bei der Bundestagswahl 2021 stärkste Partei
geworden.
Das muss man erst mal schaffen, sich am Wahltag noch beim Wählen zu blamieren,
indem man gleich dreifach gegen das Wahlrecht verstößt: 1. Armin Laschets
Stimmenzettel war offen, so daß das CDU-Kreuz allgemein sichtbar war. 2. Seine
Frau Susanne machte den gleichen Fehler 3. Die Wahlurne war nicht verschlossen.
Abends dann der erratische Auftritt, in dem der krachende Wahlverlierer aus dem schlechtesten CDU-Ergebnis aller Zeiten den Schluss zog, den Wählerauftrag als Kanzler einer „Zukunftskoalition“ erhalten zu haben. Am nächsten Tag herrschte allgemeines Mitschämen für den offensichtlichen Total-Realitätsverlust des Opus-Dei-Katholioten.
Es schmerzt zusehen zu müssen, wie dieser arme überforderte Mann jegliche Selbstachtung aufgibt.
[….] Wir können nicht mehr. Und wir wollen auch nicht. Bitte, CDU/CSU, bitte, Armin Laschet. Lasst uns frei. 16 Jahre sind genug, ihr braucht ohnehin eine Pause. Wer liebt, lässt los – auch und erst recht das Vaterland. [….] Lieber Armin, ich weiß nicht, wer dich berät, aber er oder sie kann oder können es nicht wirklich gut mit dir gemeint haben. Der Wahlkampf jedenfalls hat dich zum Ritter der traurigen Gestalt geschrumpft, geendet bist du als Mr. Minus-Neun-Prozent. Und dann haben sie dich auch noch genötigt, das Wort "Zukunftskoalition" in den Mund zu nehmen. An einem derartig erschütternden Abend. Mehr Erniedrigung ging wirklich nicht, warum tust du dir so etwas an? Wir Deutschen mögen ja in der uns eigenen Bräsigkeit ein gepflegtes Sowohl-als-auch gewählt haben, aber eines wollten wir ganz sicher nicht: einen weiteren CDU-Kanzler. [….]
(STERN, Niels Kruse, 27.09.2021)
Wenn man so eine jämmerliche Figur abgibt, daß der politische Gegner Mitleid empfindet, ist man womöglich nicht geeignet, um die viertgrößte Industrienation der Erde anzuführen.
Ich sehe es aber gar nicht gern, wenn die Menschen meiner politischen Wellenlänge, nun auf einen baldigen Ausstieg Laschets aus der Bundespolitik hinarbeiten, seinen Rücktritt anmahnen.
Es ist genau wie mit den Säkularisierungsbeschleunigern Ratzinger, Mixa, TVE, Woelki und Heße. Aus atheistischer Sicht sind sie die besten Verbündeten, die unter allen Umständen im Amt bleiben sollten! Es wäre schlimm für uns, wenn sie durch fähige oder gar sympathische Bischöfe ersetzt würden.
Armin Laschet ist im Moment die Inkarnation des stärksten Arguments gegen Jamaika. Die grüne Führung, die untereinander im Hinterzimmer schon das Vizekanzleramt für Robert Habeck ausgekungelt hat, schwärmt immer noch von der CDU.
In Hamburg hatten auf Druck der Grünen Landesführung mehrere Grüne Bezirksfraktionen rot-grün Koalitionen verlassen und wechselten zur CDU.
Die Wähler haben das ausdrücklich mit überdurchschnittlichen Stimmenzuwächsen belohnt. In den betreffenden Bezirken – Altona und Eimsbüttel – holten die Grünen Kandidaten das Direktmandat in den Bundestag.
Die Grünen-Wähler bevorzugen offenbar die CDU und belohnen daher den Hamburger Landesverband mit dem Rekord-Zeitstimmenergebnis von 24,9%, PLUS 11 Prozentpunkte; besser als in jedem anderen Bundesland. Wenig überraschend also, daß am Tag nach der Wahl, die drei mächtigsten Hamburger Grünen; die zweite Hamburger Bürgermeisterin Fegebank, die Grüne Parteivorsitzende Blumenthal und der ehemalige schwarzgrüne Justizsenator Till Steffen, frisch in den Bundestag gewählter grüner Abgeordneter aus Hamburg-Eimsbüttel; sich alle gegen Scholz aussprechen. Sie möchten auch im Bund eine Koalition mit der CDU.
Beim Bundesparteichef rennen sie offene Türen ein. Robert Habeck erinnert an die Situation in Schleswig-Holstein 2017. Auch dort gab es rechnerisch zwei Regierungsoptionen: Ampel und Jamaika.
Wie heute im Bund, lagen die Grünen vor der FDP, hatten also die auschlaggebende Stimme. Sie wollten lieber mit der CDU, als mit der SPD regieren.
Auch in BW gab es im März 2021 eine Mehrheit Links der Union.
Aber wieder waren es die Grünen, die sich weigerten und trotz linker Mehrheit lieber mit der CDU eine Koalition bildeten.
Die Grünen Wähler liebten es und belohnten die Grünen mit Zuwächsen.
Armin Laschet wäre für die best buddies Linder und Habeck schon deswegen ein bevorzugter Kanzler, weil er anders als Olaf Scholz über kaum Detailwissen und Durchsetzungsvermögen verfügt. Er braucht so dringend den Kanzlerjob, daß er Gelben und Grünen jedes noch so absurde Zugeständnis machen würde.
Möchtegern-Vizekanzler Habeck und Möchtegern-Finanzminister Lindner, die auch schon ihren Bart im Partnerlook tragen, könnten sich ganz leicht mit dem CDU-Vorsitzenden einigen.
Gehindert werden sie allerdings durch Laschets katastrophalen demoskopischen Absturz.
Keiner ist unbeliebter. Eine überwältigende Mehrheit der Bundesbürger möchte nun Scholz als Kanzler und eben nicht Laschet.
Laschet, Lindner und Habeck argumentieren jetzt wie zu erwarten: Es entscheiden nicht Umfragen, sondern die Wähler und die hätten am 26.09.2021 gesprochen. Das ist nicht von der Hand zu weisen, aber da wurde nicht die Kanzlerpräferenz direkt abgefragt. Für die CDUCSU stehen aber MINUS neun Prozentpunkte zu Buche.
Mit Laschet über Jamaika zu verhandeln, wäre auch deswegen extrem schwierig, weil eine 24%-CDU viel mehr Konzessionen als in allen früheren CDU-Koalitionen machen müßte. Grüne und FDP hätten mehr Gewicht als CDU und CSU. Das Kröten-Schlucken könnte nur ein Kanzler mit sehr viel innerparteilicher Autorität durchsetzen. Offensichtlich jedenfalls nicht Laschet.
Das begreifen konservative Chefredakteure, die allesamt Laschet dringend nahelegen in die Opposition zu gehen.
[….] Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat nach der Wahl sein Überleben als Bundesvorsitzender vor aller Augen an den Verhandlungsprozess zu einer Koalition auf Bundesebene gekoppelt. Laschet bleibt dabei aber nur solange überhaupt „im Spiel“, solange das Modell Jamaika noch eine theoretische Möglichkeit darstellt. Denn er ist in diesen Tagen die Andockstation für diese Koalitionsoption; nicht nur bei der CDU, sondern bei der Union überhaupt. Und das gilt unabhängig von der Einschätzung, ob die FDP Jamaika taktisch oder real spielt. Laschet, so abgewirtschaftet er (objektiv) als Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender ist, ist darum im aktuellen taktischen Set die einzige Möglichkeit, dass die Union noch einmal für eine „Kanzlerschaft“ ins Spiel kommt. [….] In der CDU mehren sich daher die Überlegungen, sich als Partei in ihrem Neuaufbau auf jeden Fall abzukoppeln von der „Chimäre Jamaika“ und bis Jahresende einen neuen Parteivorsitzenden zu wählen, neben einem Oppositionsführer im 20. Bundestag. [….]
Das begreifen auch die traditionell der CDU zugeneigten Unternehmer: Laschet darf nicht Kanzler werden.
[….] Ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP wäre die bevorzugte Regierungskoalition der Führungskräfte deutscher Unternehmen. Wie das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag der »Wirtschaftswoche« herausfand, bevorzugen 45 Prozent der deutschen Führungskräfte eine solche Ampelkoalition unter Führung der SPD. Lediglich 30 Prozent der Befragten sprachen sich demnach für eine Jamaikakoalition aus Union, Grünen und FDP aus. [….]
Wer die CDU unbedingt aus dem Kanzleramt jagen möchte und den vierten SPD-Kanzler der BRD regieren sehen möchte, kann sich in dieser Situation also nicht auf die Grünen verlassen, sondern sollte eher Laschet dafür danken, so effektiv selbst seine natürlichen Alliierten abzuschrecken.
Grinse-Armin als CDU-Chef und Verhandlungsführer zu verlieren, könnte das Blatt doch noch zu Jamaika wenden.
Mit Schrecken erinnere ich an die Bayerische Landtagswahl von 2008, als am Ende alle Kandidaten vom Hof gejagt wurden und mit dem Bundestagsabgeordneten Horst Seehofer plötzlich ein Mann Regierungschef wurde, der gar nicht zur Wahl angetreten war und auch keinen Sitz im bayerischen Landtag hatte.
Mit Schrecken erinnere ich an die Europawahl von 2019, als am Ende alle Kandidaten vom Hof gejagt wurden und mit der Bundestagsabgeordneten Ursula von der Leyen plötzlich eine Frau Kommissionspräsidenten wurde, die gar nicht zur Wahl angetreten war und auch keinen Sitz im Europaparlament hatte.
Alle Schrecken könnten drei werden, wenn Laschet verjagt werden würde und der selbsternannte „Kanzlerkandidat der Herzen“ Markus Söder die Unions-Verhandlungsführung übernähme. Die demoralisierte CDU/CSU-Fraktion wäre begeistert. Statt einem Fünftel, stellt dort nun die CSU ein Viertel der Sitze.
[….] Während Armin Laschet taumelt, greift ein anderer in Berlin ein: Markus Söder. Der will erst mal aufräumen - und sich für die Zukunft in Stellung bringen. [….] Eine natürliche Autorität besitzt selbstverständlich auch der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Söder. Sie ist derart natürlich, dass sogar er selbst ein bisschen beeindruckt wirkt. Daraus leitet er offenbar ab, im Zweifel für jedwede Aufgabe der beste Mann zu sein. Deshalb ist es nur konsequent, dass Söder am Dienstag seinen treuen Trompeter Alexander Dobrindt zur Attacke blasen ließ und höchstpersönlich in der Bundeshauptstadt Berlin einritt. Die Situation dort ist für die Union unbestreitbar schwierig - ein Eingreifen der bayerischen Kavallerie war da früher oder später unvermeidlich. Dass es dann eher früher wurde, hat sicher damit zu tun, dass die Kameraden von der CDU nach der gemeinsamen Horrorwahl ja tatsächlich nicht das Gefühl vermittelten, Ruhe und Ordnung eigenhändig wiederherstellen zu können. Für Söder bot sich also die Gelegenheit, auf großer Bühne zu zeigen, wer der tollste Hengst auf der Koppel ist. [….]
Nebenbei beanspruchte Söder bei seinem Auftritt wie üblich auch Anstand, Respekt und Stil für sich, indem er "Haltung" und "Souveränität" einforderte und SPD-Bewerber Olaf Scholz zum Sieg gratulierte. Das hatte der unterlegene Unionskandidat Armin Laschet bis dahin unterlassen, worauf wiederum der Servicepolitiker Söder zumindest indirekt hinwies - nur für den Fall, dass die Presseleute seinem gedanklichen Galopp mal wieder nicht hinterherkamen.[….] Söder hat am Dienstag wohl brutale Anerkenntnis der Realität und brutale Gemeinheit gegen Armin Laschet in Deckung gebracht, als er sagte: "Die besten Chancen, Kanzler zu werden, hat derzeit Olaf Scholz - eindeutig." Mit dieser und anderen Analysen ist Söder ein Stück weit in eine Rolle geschlüpft, die er eigentlich unbedingt vermeiden wollte: Für manche ist er jetzt der Mann, der Laschet den entscheidenden Stoß gegeben hat, ein eiskalter Rächer. Dabei hätte das die CDU auch ganz alleine geschafft. [….]
(Roman Deininger, SZ, 29.09.2021)
Söder wäre zwar nicht mehr so leicht von Laschet und Habeck zu kontrollieren und manipulieren wie der einfältige Armin, aber sie könnten ihn besser den Grünen verkaufen und so den Gang nach Jamaika demoskopisch unterfüttern.
Für mich ist ein Unions-Verhandlungsführer mit Autorität bei beiden Unionsschwestern und enormen Beliebtheitswerten beim Urnenpöbel eine Horrorvorstellung.
Möge uns also CDU-Totengräber Armin Laschet noch lange erhalten bleiben!
[….] Man kann davon ausgehen, dass Söders Leute die Spielzüge im Kopf schon genau vorgedacht haben, mit denen es gelingen könnte, Armin Laschet als Kanzlerkandidaten der Union schachmatt zu setzen. Damit Söder doch noch König werden kann. Gestern sah es kurzzeitig so aus, als könnte das gelingen. Armin Laschet ist als Mann, der seine Union mit 24,1 Prozent der Wählerstimmen eine historische Pleite eingebrockt hat, schwer angeschlagen. Erst in letzter Minute konnte der CDU-Chef bei der Wahl von Ralph Brinkhaus zum Fraktionsvorsitzenden einen Aufstand in der Unionsfraktion verhindern. Bevor der Kompromiss, dass Brinkhaus nur für sechs Monate statt für ein Jahr gewählt wird, am Nachmittag bekannt wurde, geisterten Gerüchte durch die Flure, wonach es einen Deal zwischen Brinkhaus und Söder gäbe: Machst du mich zum Fraktionschef, mach ich dich zum Mann, der eine Jamaikakoalition verhandelt und im Erfolgsfall als Kanzler anführt. Armin Laschet aber ist gestern wieder nicht zurückgetreten. Selbst wenn es einen Deal über seine Ablösung gegeben hätte – er hat nicht funktioniert. Söder muss weiter am Stuhl des CDU-Vorsitzenden sägen. Selbstverständlich aber so, dass die herunterrieselnden Spähne möglichst aussehen wie buntes Konfetti. Oder wie »Schnee von gestern«. Mit dieser Phrase wiegelte Söder in der Elefantenrunde die Frage ab, ob die Union mit ihm als Kanzlerkandidat nicht besser abgeschnitten hätte. [….] Wer genau hinhörte, konnte in den letzten Tagen aus allen Ecken Rufe nach Söder hören, die verpackt waren in Abrechnungen mit Armin Laschets Wahlkampf. [….] Und dann sind da noch die Zahlen. Laut einer Civey-Umfrage wäre die Union mit Söder als Spitzenkandidat auf 37 Prozent der Stimmen gekommen. [….]