Demoskopisch sieht es für die Kanzlerpartei SPD ziemlich mau aus. Eine theoretische Mehrheit ist immer noch da, weil die Grünen die gesamten Verluste der SPD und FDP aufsaugen.
Ich gerate noch nicht in Panik, weil es bis zur nächsten Bundestagswahl noch endlose Jahre dauert. Außerdem gibt es derzeit eine auch mediengeschürte Unzufriedenheit mit dem Kanzler, die sich auf eine außenpolitische Großkatastrophe bezieht, in der man angesichts ausschließlich schlechter Alternativen kaum gut aussehen kann.
Bei der Kanzlerfrage und den persönlichen Kandidatenwerten zeigt sich, weshalb die CDUCSU derzeit deutlich stärkste Partei ist: Mangelnde Begeisterung für Scholz. Die Stärke der Union ist also ausschließlich relativ und kein positives Votum für Merz.
Der CDU-Chef scheint zu ahnen, wie sehr er von SPD-Eigentoren lebt und wie offensichtlich alternative Konzepte der Opposition fehlen. Auf gar keinen Fall will er so ehrlich agieren, daß sein Handeln dem deutschen Volk und damit der Ampel helfen könnte. Nein, er setzt auf Destruktion, um politisch überhaupt vorzukommen.
So positionierte sich die CDUCSU angesichts des dramatischen Arbeitskräftemangels und der fast acht Prozent Inflation, inzwischen auch für den 12-Euro-Mindestlohn; stimmte aber im Bundestag trotzdem nicht dafür, weil Parteipolitik für Merz Vorrang hat: Keine Stimme für ein Ampel-Gesetz.
[….] An diesem Freitag wird die Ampelkoalition im Bundestag ein Wahlversprechen von Kanzler Olaf Scholz einlösen - und den Mindestlohn auf zwölf Euro erhöhen. Die CDU/CSU-Fraktion will sich enthalten. Karl-Josef Laumann, Bundeschef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen, ärgert das. Aber auch das Ampel-Gesetz genügt Laumann nicht: Die Inflation werde bald die nächste Erhöhung erzwingen.
SZ: Herr Laumann, die CDU-Fraktion stimmt der Erhöhung des Mindestlohns nicht zu und enthält sich. Ist dies das richtige Signal?
Karl-Josef Laumann: Nein, ich halte diese Entscheidung für falsch. […] Weil die CDU den Mindestlohn von zwölf Euro ja eigentlich befürwortet. Das sagen wir auch in einem eigenen Antrag. Zugleich ist meine Partei allerdings der Auffassung, der Mindestlohn dürfe nicht von der Politik festgelegt werden. […..]
Mit FDP, Grünen und SPD zu stimmen, ist für die Merz-Partei ein großes Pfui; das kommt nicht in Frage.
Mit ihren geistig näher verwandten Oppositionsfreunden von der AfD stimmt die CDU hingegen durchaus ab.
Da gibt es weniger Berührungsängste. Insbesondere, wenn man wie die CDU in Thüringen den Klimaschutz behindern kann und eine mögliche Unabhängigkeit von russischem Gas und Öl blockieren kann.
[….] Mehr als zwei Jahre nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten mithilfe der AfD, droht der nächste Eklat im Parlament. Hintergrund ist Tagesordnungspunkt 25 für die kommende Sitzungswoche: »Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Bauordnung – Einführung einer Abstandsregelung von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung«, so der sperrige Titel. Dabei geht es um einen Gesetzentwurf der CDU-Fraktion. Die Christdemokraten wollen festschreiben, dass Windkrafträder mindestens 1000 Meter von Wohngebäuden entfernt sein müssen. Das Problem: Der Kooperationspartner der CDU, die rot-rot-grüne Minderheitsregierung, lehnt das ab, weil damit Flächen für den Windkraftausbau verloren gehen. Zustimmung signalisieren hingegen FDP und AfD, womit der Gesetzentwurf gute Chancen hat, im Parlament durchzukommen. Wie einst bei der Wahl von Thomas Kemmerich würde die Mehrheit aus CDU, FDP und AfD in Thüringen genutzt. Es wäre das erste Mal bei einem Gesetzentwurf. [….]
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