Natürlich schlägt uns die bahnbrechende ökonomische Inkompetenz der FDP auf den Magen.
Den Mineralölkonzernen ausgerechnet jetzt, während sie gewaltige Gewinne machen, weitere drei Milliarden Euro in den Rachen zu werfen, ist ein hepatisgelber Schildbürgerstreich.
Aber auch wenn die Deutschen ihre Autos mehr lieben, als ihre Familien, handelt es sich bei dieser Auswirkung des Ukraine-Krieges um peanuts.
Die ganze Hysterie entsteht nur, weil das Tanken etwas teurer wird. In einer Zeit, in der die Erdaufheizung so katastrophal wird, daß man sogar unbedingt mit deutlich höheren Benzinpreisen reagieren muss.
Die unmittelbaren Folgen von Putins Angriffskrieg erlebt derweil die Ukraine mit bereits über 10.000 getöteten Soldaten, unzähligen zivilen Opfern und zerstörten Städten.
Noch mehr Menschenleben kosten allerdings die mittelbaren Folgen, weil mit den gewaltigen Ernteausfällen der Weizen-Kornkammern Russland und Ukraine eine Hungernot über Afrika zieht. Das war schon zu Beginn des Krieges absehbar.
(…) Größere Probleme als private Tankrechnungen in Wuppertal oder Buxtehude, kommen aber auf all die Länder zu, die von Getreideimporten abhängig sind, weil sowohl Russland, als auch die Ukraine große Weizenproduzenten sind.
Hauptabnehmer sind die Arabellion-Länder, in denen die hohen Brotpreise schon einmal mehrere Regierungen wegfegten.
[….] Ägypten ist auf Weizenimporte aus dem Ausland angewiesen. Für das Erntejahr 2021/22 prognostizierte die USDA für Ägypten ein Importvolumen von 12,5 Millionen Tonnen Weizen. Damit war das nordafrikanische Land der führende Importeur von Weizen weltweit. Besonders wichtig für die ägyptische Weizenversorgung in den Vorjahren waren die Länder Russland und die Ukraine. [….]
(Statista, Sandra Ahrens, 15.03.2022)
Die Weizenernten der Ukraine werden ausfallen, aus Russland darf nicht importiert werden.
In Nordafrika wird man sich auf Hungernöte einstellen müssen.
[….] „Putins Krieg überzieht nicht nur die Ukraine mit unermesslichem Leid. Die Auswirkungen werden weit über die Grenzen der Region zu spüren sein“, sagte Martin Frick, Direktor des WFP in Deutschland. Weltweit leiden aktuell etwa 280 Millionen Menschen an Hunger. Die Zahl könnte in den kommenden Monaten dramatisch steigen. [….] Vor allem Länder in Afrika, Nordafrika und Asien sind von Weizen-Importen stark abhängig. Mit Beginn des Krieges hatten die Preise aber bereits Rekordniveau erreicht. Ägypten mit seinen 100 Millionen Einwohnern importiert sein Getreide fast ausschließlich aus Russland und der Ukraine. Ebenso Tunesien. Dort begann einst der „Arabische Frühling“. Eine der Gründe, warum diese Revolution die ganze Region erfasste, waren auch gestiegene Brotpreise, die vor allem die Ärmsten der Armen hart trifft.
Auch die Stabilität der Türkei hängt wohl nicht unwesentlich von „verträglichen“ Brotpreisen ab. Die Kombination aus einer gigantischen Inflation und steigenden Nahrungsmittelpreisen könnte sich als gefährliche Mischung erweisen. Die Türkei bezieht auch mehr als die Hälfte ihres Getreides aus Russland. [….]
Deutschland verbraucht im Jahr etwa 43 Millionen Tonnen Getreide, produzierte im Geschäftsjahr 2021 genau 43,3 Millionen Tonnen.
Sind wir also aus dem Schneider? Könnte man in der ersten Sekunde meinen. Richtig pervers wird es aber, wenn wir eine andere Zahl ansehen: 8,6 Millionen Tonnen Getreide essen wir in Deutschland!
[….] Insgesamt ernteten deutsche Bauern im Wirtschaftsjahr 2021/21 etwa 43,3 Millionen Tonnen Getreide – verbraucht werden hierzulande ebenfalls knapp 43 Millionen Tonnen. Davon werden jedoch „nur“ 8,6 Millionen Tonnen bzw. 20 Prozent für die menschliche Ernährung benötigt. Immerhin knapp 25 Millionen Tonnen oder 58 Prozent der Ernte fließen in der Futtertröge der Tiere. Immerhin 3,8 Millionen Tonnen oder knapp 9 Prozent werden außerdem für die Energiegewinnung eingesetzt und auch die Industrie verbraucht etwa 8 Prozent der Ernte (darunter als Braugerste und Stärke) und für Saatgut werden 2 Prozent benötigt. [….]
(Dr. Olaf Zinke, agrarheute, 14.03.2022)
Der massenhafte Fleischkonsum Deutschlands ist also perverser denn je. Wer Putin nicht finanzieren will, sollte nicht nur weniger tanken und heizen, sondern auch kein Fleisch fressen.
Keine Kinder bekommen, Urlaub mit dem Flugzeug sein lassen und natürlich auch keine Haustiere anschaffen! All das sollten wir für den Planeten tun!
Über 80% des erzeugten Getreides verprassen wir für die Tiermast und die Produktion von Biodiesel, während 25.000 Kinder jeden Tag auf der Welt verhungern. Prof. Dr. Matin Qaim, Professor of International Food Economics and Rural Development, klärt auf.
[….] Die Zahl der Hungernden könnte so kurzfristig um über 100 Millionen Menschen ansteigen, schätzt Qaim. Um das zu verhindern, könne man an verschiedenen Stellschrauben drehen. Zuallererst sollte man versuchen, die Handelswege aus Russland heraus für Lebensmittel offen zu halten und Schiffstransporte von Lebensmitteln weiterhin zu ermöglichen. Andererseits könne man auch die Nachfrage drosseln, indem die Verwendung von Pflanzen für Biokraftstoffe und Biogas eingeschränkt wird – auch wenn das die Energie- und Kraftstoffkrise befeuern könnte. „Also weltweit geht ja einiges an Getreide und Ölsaaten auch in die Biokraftstoff-Produktion. Das ist zum Teil Bio-Ethanol, Biodiesel. Bei uns spielt Biogas eine Rolle, wo relativ viel Mais reingeht. In dem Augenblick, wo man Biogas aufgrund von Reststoffen und Abfällen produzieren kann, ist das eine gute Idee. Aber wenn das heißt, dass noch mehr Mais in diesen energetischen Bereich reingeht, gibt es eine unmittelbare Konkurrenz zwischen Tank und Teller.“ [….]
(Deutschlandfunk, 10.03.2022) (…)
(Noch mehr unangenehme Wahrheiten, 16.03.2022)
Inzwischen werden die Nöte der hungernden Menschen immer größer, weil auch die Hilfsorganisationen nicht genug Geld haben, um genügend Nahrungsmittel zu kaufen. Das World Food Programm (WFP) bettelt verzweifelt um Geld, um Kindern den grausamen Hungertod zu ersparen, während der deutsche Finanzminister drei Milliarden Euro in eine Branche pumpt, die im Jahr um die 200 Milliarden Dollar Gewinn macht.
[….] Der dringend benötigte Regen am Horn von Afrika ist nach fast einem Monat Regenzeit bisher ausgeblieben. Sollte dieser Zustand anhalten und die humanitäre Hilfe stagnieren oder sogar zurückgehen, könnte die Zahl der Hungernden 2022 aufgrund der Dürre von derzeit geschätzten 14 Millionen auf 20 Millionen ansteigen, warnte das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) heute. Während in Somalia eine Hungersnot droht sind eine halbe Million Menschen in Kenia nur noch einen Schritt von einer Hungerkatastrophe entfernt. In Äthiopien liegt die Mangelernährungsrate weit über dem Notfallgrenzwert. Für Familien, die ums Überleben kämpfen, wird die Zeit knapp. "Aus Erfahrung wissen wir, dass frühzeitiges Handeln entscheidend ist, um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden, aber aufgrund fehlender Finanzierung waren unsere Möglichkeiten mit Hilfsmaßnahmen zu beginnen, bisher begrenzt", sagte Michael Dunford, WFP-Regionaldirektor für Ostafrika. " WFP und andere humanitäre Organisationen haben die internationale Gemeinschaft seit letztem Jahr gewarnt, dass diese Dürre katastrophale Folgen haben könnte, wenn wir nicht sofort handeln. Dennoch ist es nicht gelungen, Mittel in dem erforderlichen Umfang bereitzustellen." Die Situation hat sich durch die Auswirkungen des Konflikts in der Ukraine noch verschärft. Die Kosten für Nahrungsmittel und Kraftstoff haben einen Höchststand erreicht. Die von der Dürre betroffenen Länder am Horn von Afrika werden wahrscheinlich am stärksten von den Auswirkungen des Konflikts betroffen sein. Die Kosten für einen Nahrungsmittelkorb sind bereits gestiegen - insbesondere in Äthiopien (66 Prozent) und Somalia (36 Prozent), die in hohem Maße von Weizen aus den Ländern des Schwarzmeerbeckens abhängig sind. Importunterbrechungen bedrohen die Ernährungssicherheit zusätzlich. Auf einigen Routen haben sich die Transportkosten seit Januar 2022 verdoppelt. [….]
Der andauernde Krieg, der Ausfall der Ukrainischen Getreideernte und die weitgehend durch die Ölkonzerne verursachte Klimakatastrophe bedeuten für Millionen Menschen buchstäblich den Tod.
[….] Mudan arbeitet für die Hilfsorganisation Save the Children [….] sieht eine der Familien noch vor sich, die erschöpft das Team von Safe the Children erreichten, die Eltern suchten nach Hilfe für ihr schwer unterernährtes Baby. Die Helfer waren zur Rettung bereit, aber sie konnten nichts mehr tun. Das Kind war am nächsten Morgen tot. "Oftmals kommen die Leute zu spät, es wäre wichtig, die Jüngsten schon zu versorgen, bevor sie in einen so kritischen Zustand verfallen," sagt Mudan. [….] Noch seien es einzelne Kinder, die sterben, sagt Mudan, "aber so wie sich die Dinge entwickeln, muss man damit rechnen, dass die Mortalität rasch nach oben klettern wird". Somalia ist eine jener Regionen, die von den Landwirtschaftsexperten der Vereinten Nationen jüngst als besonders bedrohte Hunger-Hotspots eingestuft wurden. Nach UN-Analyse sind bis zu 750 000 Menschen in diesen Gefahrenzonen vom Hungertod bedroht, außer Jemen und Afghanistan liegen alle diese Gebiete in Afrika. [….] Aber nun ist da auch noch dieser Krieg in der Ukraine, weit weg von den ausgedörrten Ebenen Somalias, aber in seinen Folgen doch sehr akut für alle afrikanischen Regionen, die auf Hilfe angewiesen sind. [….] Ähnliches gilt auch für weitere Krisenherde auf dem Kontinent, wo das Elend zunimmt, besonders alarmierend ist die Lage in Äthiopien und der dortigen Kriegsregion Tigray, sowie dem Sahel-Gürtel, der südlich der Sahara vom Osten des Kontinents bis nach Westafrika verläuft. Das Land Tschad hat bereits den Notstand ausgerufen, was nicht nur mit klimatischen Verhältnissen zu tun hat, sondern mit den vom Konflikt in der Ukraine getriebenen Preissteigerungen für Lebensmittel und Treibstoff. "Im Sudan und Äthiopien etwa kämpfen die Menschen schon mit Preissteigerungen um 40 Prozent", sagt Ulf Terlinden, Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Nairobi. Wer ohnehin nur ein paar Dollar am Tag hat, um seine Familie durchzubringen, rückt so schnell an den Abgrund. Hinzu kommt, dass der Ukraine-Krieg zu Engpässen bei Düngemitteln führt und viele Bauern sie nicht mehr bezahlen können. Die Vereinten Nationen rechnen mit schweren Folgen für die kommerzielle landwirtschaftliche Produktion auf dem afrikanischen Kontinent selbst, zumal auch die Spritpreise nach oben geschnellt sind. Das Welternährungsprogramm schätzt, dass alleine in Äthiopien die lokale Getreideernte um 21 Prozent einbrechen dürften. [….]
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