Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
Hatte ich schon gesagt, daß ich Pessimist bin?
Das nimmt kein gutes Ende mit Homo Sapiens. Wenn diese destruktiven Parasiten die Krone der Schöpfung sind, sollte sich der Schöpfer-Gott dringend einen neuen Job suchen. In dem Metier ist er nicht gut. Es gibt schließlich viele andere gute Berufe. Bademeister zB werden gerade dringend gesucht. Das bietet sich doch geradezu an, wenn man übers Wasser gehen kann. Hauptsache irgendwas, bei dem er keine neuen „intelligenten“ Lebewesen entwerfen muss.
Als Putin vor gut drei Monaten seine Armee die Ukraine angreifen ließ, dachten viele, auch ich, das ginge sicher schnell angesichts der hochgerüsteten russischen Riesen-Armee mit all den modernen Waffen, bis die kleine Ukraine vollständig besetzt wäre.
Und zumindest klammheimlich hielt man es auch für die beste Lösung. Je weniger Widerstand der Ukrainer, je übermächtiger die Russen, desto weniger Blutvergießen, desto kürzer wäre der Krieg, desto weniger würde das Land zerstört, desto unbeschadeter käme die Ukrainische Bevölkerung davon.
All das ist nun aber obsolet, weil die ukrainische Führung sofort entschied, maximalen Widerstand zu leisten, egal wie sehr ihr Land kaputt gesprengt wird und wie viele Myriaden Opfer es gibt.
Mich überraschte die Stümperei der russischen Kommandeure.
Mich überraschte Selenskyjs Vehemenz.
Mich überraschte der unbedingte Wille, lieber zu sterben, als sich den Russen zu ergeben.
Es ist, wie auch Olaf Scholz heute betonte, selbstverständlich das alleinige Recht der Ukraine darüber zu entscheiden. Wir haben aus der sicheren Entfernung keine Ratschläge zu geben.
Mich überraschte im Februar die homogene und entschlossene Haltung des Westens.
Mich überraschte, wie wenig Kakophonie es bei der Frage gab, ob man mitten in einem heißen Krieg auf unserem Kontinent, eine Seite mit Waffen versorgen sollte, obwohl man damit automatisch eine atomare Supermacht zur Weißglut bringt.
Mich überraschte, wie schnell im Westen Konsens hergestellt werden konnte, Russland mit extrem harten Sanktionen zu belegen, um den Angriff auf einen souveränen Staat mit nahezu jedem Mittel – außer der direkten Kriegsbeteiligung – zu missbilligen.
Und für all das gibt es gute Gründe. Es ist legitim, einer angegriffenen Nation zu helfen und es ist richtig, mit allen politischen und diplomatischen Mitteln dem Angreifer entgegen zu treten. Das ist nicht selbstverständlich. Die USA und Groß Britannien konnten einen illegalen Angriffskrieg gegen den Irak, Saudi-Arabien gegen den Jemen beginnen und die Türkei greift kontinuierlich Syrien an, ohne daß die Weltgemeinschaft sich bemüßigt fühlt, das zu kommentieren. Verständlicherweise dachte Putin, er könne das dann auch tun. Gut, daß „der Westen“ (gemeint sind die USA, die EU und die NATO) im Falle Ukraine die russische Aggression nicht apathisch hinnimmt.
Anfang März dachte ich, EU und NATO würden nun neu belebt. Man stand zusammen, war begeistert von der eigenen Entschlossenheit und auch London erkannte, wie wichtig bei so einer enorm kriegerischen Aggression, die Staatenbündnisse sind, in denen man gemeinsame Werte teilt und sich gegenseitig beisteht.
Vielleicht könnte jetzt endlich das geschehen, das seit 20 Jahren dringend geschehen muss, aber von der bräsigen, desinteressierten Merkel versäumt wurde: Eine massive Stärkung der EU. Schluß mit dem Einstimmigkeitsprinzip, Übertragung von exekutiver Kompetenz nach Brüssel, endlich eine wirklich gemeinsame Außen-, Sicherheits-, Militär- und Energiepolitik.
Ich komme zur Impudenz-Krone im Mai:
Idiot des Monats ist „der Westen“, der all den Elan wieder fallen ließ, in ein erbärmliches nationales Klein-Klein zurück fiel. Ein Rumgeeiere, das leider auch von Ukrainischer Seite befördert wurde, indem der deutsche Botschafter und der Kiewer Präsident immer wieder einzelne westliche Nationen gegeneinander ausspielten, manche Politiker willkommen hießen, andere ausluden, Wohlverhaltens-Noten verteilten und nationale Entscheidungen rüde attackierten.
Weder die schwache EU-Führung von der Leyens, noch die ausgelaugte NATO Führung Stoltenbergs konnte eine gemeinsame Linie durchsetzen.
Im Gegenteil, nach drei Monaten Krieg, herrscht im Westen bereits Erschöpfung und Kriegsmüdigkeit. Selbst der bellizistische SPIEGEL, der besonders laut schwere Waffen für Selenskyj fordert und geradezu manisch Olaf Scholz runterschreibt, weil er ihm die Angelegenheit zu gründlich durchdenkt und prüft, fragte kürzlich kleinlaut, wie und ob man überhaupt eine nukleare Supermacht besiegen könne.
Das ist in der Tat ein riesiges Problem: Wenn Putin so entschlossen und so böse ist, wie er immer beschrieben wird, muss man davon ausgehen, daß er bei einer totalen Niederlage vor Augen, Atomwaffen einsetzen würde.
Dafür spricht auch, daß sich Gerd Schröder nun doch von seinen Aufsichtsratsposten zurückzieht. Schröder ist immun gegen öffentlichen Druck. Unfreundliche Zeitungsartikel hätten ihn nie dazu bewegt, den Rosneft-Job hinzuwerfen. Er brachte sich aber für eine Vermittlerrolle ins Spiel und wenn man mal die gerade modernen Schröder-Antipathien beiseitelässt, ist das eine konstruktive Idee. Putin würde sich nämlich mutmaßlich auf gar keinen anderen Westler einlassen. Schröders überraschender Rückzug aus den russischen Unternehmen wird nun so gedeutet, daß auch er bei Putin eine solche Verhärtung erkennt, daß er die Hoffnung aufgegeben hat, in Moskau noch etwas bewirken zu können. Ich halte das für eine sehr plausible Theorie und für eine extrem schlechte Nachricht.
Es läge nun an EU und NATO, sich nicht nur einen Verhandlungsstrategie zu überlegen, echte politische Schwergewichte (auf Regierungschef- oder Staatsoberhauptebene) als Unterhändler zu benennen und sich insbesondere ein Ziel zu überlegen. Was wollen wir eigentlich, außer dem vagen Minimalkonsens, daß Putin nicht gewinnen soll?
Aber was heißt das eigentlich in dem Fall, daß er dann womöglich einen Atomkrieg startet und die Menschheit auslöscht? Würde man ihm irgendwelche Zugeständnisse machen? Wenn ja, welche? Läßt man vielleicht den Einsatz „kleinerer“ russischer Atombomben, die „nur“ ein paar hunderttausende Ukrainer töten, unbeantwortet? Hat der 99-Jährige Henry Kissinger Recht, daß man nur einen Modus Vivendi mit Russland finden kann, wenn man Putin östliche Teile der Ukraine zugesteht? Und was, wenn sich die Ukrainer partout verweigern?
Wie stellt sich der Westen eigentlich eine Nachkriegszeit vor?
Stoltenberg und von der Leyen haben aber nicht nur darauf keine Strategie und keine Antworten, sondern die beiden westlichen Bündnisse zerfallen schon wieder.
Der antidemokratische Diktator Recep Tayyip Erdoğan führt als NATO-Staat nicht nur einen Angriffskrieg gegen Syrien, sondern erpresst – mal wieder – die NATO-Verbündeten. Finnland oder Schweden in die NATO? Derzeit nicht möglich, weil Erdoğan sein Veto einlegt, obwohl beide skandinavischen Nationen wirklich demokratische Brüder sind und zudem auch noch über militärische Mittel verfügen, die die NATO unbedingt braucht.
Aber wir lassen uns devot von Ankara vorführen.
Das gleiche erbärmliche Spiel auf EU-Ebene beim Erdöl-Embargo. Hier ist es der antidemokratische Diktator Viktor Orbán, der sein Veto einlegt und seine europäischen Partner vorführt.
Was für ein Glück Putin mit diesem Westen hat.
Wenn schon eine grüne Außenministerin eindringlich vor „Kriegsmüdigkeit“ warnt, muss Russland einfach nur abwarten. In einem Jahr wird der Westen zermürbt und ermattet daliegen. Dann lassen wir Russland einfach gewähren.
Nur daß dann ein großes Land komplett zerstört sein wird und vermutlich eine sechsstellige Opferzahl zu beklagen ist. Das hätten wir billiger haben können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen