Wenn 1945 schon die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und entsprechende Behandlungsmethoden bekannt gewesen wären, hätten wir die zerstörerischen Folgen des zweiten Weltkrieges völlig anders bewertet.
Aber so wie die „Kriegszitterer“, die vor über 100 Jahren im 1. Weltkrieg nach endlosem Trommelfeuer aus den Gräben krochen, ihr Leben lang psychisch schwer geschädigt waren; kümmerte sich Nachkriegsdeutschland ab 1945 auch nicht um die schwer traumatisierten ehemaligen Wehrmachtssoldaten, obwohl viele von ihnen für jeden offensichtlich nicht mehr wie früher waren und Qualen litten.
Daß so viele vor dem, oder im Krieg, geschlossene Ehen scheiterten, wenn der soldatische Ehemann nach Jahren „im Feld“ und womöglich längerer Kriegsgefangenschaft heimkehrte, schob man eher den Frauen in die Schuhe.
Diese hätten nämlich in der Abwesenheit ihrer Männer, als
sie deren Aufgaben miterfüllen mussten, zu viel Selbstbewußtsein generiert. Sie
verdienten eigenes Geld, trafen Entscheidungen allein, hatten sie angewöhnt,
Verantwortung zu tragen.
Wenn nun aber der Ehegatte nach Hause kam und wieder seine natürliche Rolle als
Oberhaupt der Familie einnehmen wollte, waren ihre Gattinnen oft zu aufmüpfig,
um sich wieder devot unterzuordnen. Es waren aber noch die 1950er und 1960er
Jahre, als Mann seine Frau straffrei vergewaltigen durfte, als er ein Anrecht
auf Vollzug der Ehe hatte. Ein Job annehmen oder ein Bankkonto eröffnen, durfte
eine Frau nach unserem deutschen Grundgesetz nur, wenn ihr Mann zugestimmt
hatte.
(….) Der Bundesgerichtshof hatte am 02.11.1966 mit unserem Grundgesetz eine Bumspflicht für die Frau festgelegt. Dabei genügte es nicht, wenn die Frau wie ein Brett dalag und sich nicht gegen den Geschlechtsverkehr wehrte, sondern sie hatte nach Ansicht der höchsten Richter auch die Pflicht zu einem „engagierten ehelichen Beischlaf“, anderenfalls könnte sie bei einer Scheidung nach dem damaligen Schuldprinzip schuldig gesprochen werden und damit alle weitere Rechte – Erziehungsberechtigung, Unterhalt – verlieren. Kinder weg und Geld weg, wenn Frau beim Bumsen keine Begeisterung zeigte.
[….] „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (...) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet. (...) Deshalb muss der Partner, dem es nicht gelingt, Befriedigung im Verkehr zu finden, aber auch nicht, die Gewährung des Beischlafs als ein Opfer zu bejahen, das er den legitimen Wünschen des anderen um der Erhaltung der seelischen Gemeinschaft willen bringt, jedenfalls darauf verzichten, seine persönlichen Gefühle in verletzender Form auszusprechen.“ [….]
(BGH, 02.11.1966 - IV ZR 239/65) (….)
(Tot durch Kleiderbügel, 14.05.2022)
Dem Geist der Zeit entsprechend, sollte die Frau wieder zurück an den Herd und ihre untergeordnete Rolle einnehmen, um die gottgewollte Ordnung der Ehe wieder herzustellen.
Eine Expertin für gottgewollte Rollen war damals die CDU-Bundestagsabgeordnete Julie Rösch (1902-1984), die nach ihrer Ausbildung auf einer Hauswirtschaftsschule von 1949-1961 im Bundestag saß. Bei der Evangelischen Frauenhilfe in Württemberg und beim Kirchlichen Müttererholungsheim hatte Rösch gelernt, was Frau wollen: Kochen, Putzen, Gebären und dem Oberhaupt der Familie treu dienen.
Dazu mussten ihr aber erst einmal die Flausen von der Selbstbestimmung und dem eigenen Job ausgetrieben werden. Und genau daran arbeitete die erzkonservative bigotte kirchliche CDU. So entstand das Ehegattensplitting.
[….] Als das Ehegattensplitting über Deutschland kam, hieß der Kanzler noch Konrad Adenauer. In der ersten Lesung im Bundestag sagte der damalige CDU-Finanzminister Franz Etzel, man beschreite mit dieser Reform einen Weg, der "der Stellung der Frau im modernen Staat und in der heutigen Gesellschaft im besonderen Maße Genüge tut". Und die CDU-Abgeordnete Julie Rösch äußerte die Hoffnung, der Splittingvorteil könne "ein wenig dazu helfen, dass die eine oder andere bisher berufstätige Mutter die außerhäusliche Berufsarbeit aufgibt und erkennt, dass Ehefrau und Mutter sein nicht nur im Sinne der Steuergesetze, sondern auch in Wirklichkeit ein das Leben voll ausfüllender Beruf ist". [….]
Unglücklicherweise sind CDU, CSU, AfD und FDP immer noch sehr stark in der Vergangenheit verhaftet. Der gegenwärtige misogyne CDU-Chef Merz stimmte immer gegen die „Ehe für alle“ und hob 1997 im Bundestag die Hand für die straflose Vergewaltigung in der Ehe.
Die Schwesterpartei CSU versuchte mit aller Macht, noch im Jahr 2014 eine Herdprämie bundesweit einzuführen, damit gerade schlecht gebildete Frauen vom Arbeiten und deren Kinder von frühkindlicher Bildung, abgehalten werden.
(….) Die CSU bringt nur Unheil in die Politik. Weil sie keine ernsthaften Konzeptionen hat, zwingt sie Deutschland ihre beiden Gaga-Projekte auf. Herdprämie und Ausländer-Raus-Maut.
Ersteres haben wir schon und es ist genauso verheerend gekommen, wie man sich das vorher ausmalen konnte. Die Regierung Merkel-II hat eine Bildungsfernhalteprämie geschaffen, mit der der Nachwuchs systematisch verdummt wird.
Kritiker bezeichnen den Obulus als "Herdprämie" und betonen, durch das Betreuungsgeld würden vor allem Migrantenfamilien oder Kinder aus bildungsfernen Milieus von der Kita-Betreuung fernhalten. Die Bildungsungleichheit würde sich verschärfen. Genau das besagt nun eine Untersuchung der Technischen Universität Dortmund und des Deutschen Jugendinstituts, die SPIEGEL ONLINE vorliegt. Gefördert wurde die umfangreiche Studie ausgerechnet durch das Bundesfamilienministerium. Demnach erweist sich das Betreuungsgeld als besonders attraktiv für Familien, "die eine geringe Erwerbsbeteiligung aufweisen, durch eine gewisse Bildungsferne gekennzeichnet sind und einen Migrationshintergrund haben". Die Prämie sei ein "besonderer Anreiz für sozial eher benachteiligte Familien, kein Angebot frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung zu nutzen", wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. [….] Je höher das Bildungsniveau in der Familie ist, desto geringer erscheint der finanzielle Anreiz des Betreuungsgeldes. Von den Familien, in denen kein Elternteil einen Bildungsabschluss besitzt oder die als höchsten Bildungsabschluss einen Hauptschulabschluss nennen, sagen 54 Prozent, das Betreuungsgeld sei Grund für die Entscheidung gewesen. Bei den Familien mit einer mittleren Reife als höchsten Bildungsabschluss liegt dieser Anteil bei 14 Prozent und bei den Familien mit Hochschulabschluss reduziert sich dieser Anteil weiter auf acht Prozent. Während nur 16 Prozent der Familien mit Migrationshintergrund eine außerhäusliche Betreuung in Anspruch nehmen, haben 51 Prozent der Familien mit Migrationshintergrund den Wunsch danach. [….]
Während mit dem CSU-Projekt I
aber „nur“ Deutschland massiv geschadet wird, ist das gestern von Dobrindt
vorgestellte CSU-Projekt-II sogar eine Gefährdung für Europa und an Dummheit
nicht mehr zu überbieten. (…)
(255 + 192, Teil II, 08.07.2014)
SPD-Parteichef Klingbeil und sein General Kühnert haben selbstverständlich völlig Recht, wenn sie versuchen, das zutiefst ungerechte, extrem teure und frauenfeindlichen Relikt der 1950er loszuwerden. 20-25 Milliarden Euro würden dadurch eingespart.
[….] In einem Interview am Wochenende forderte SPD-Chef Lars Klingbeil die Abschaffung des Ehegattensplittings. »Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen«, sagte Klingbeil dem »Redaktionsnetzwerk Deutschland«. Klingbeil formulierte es als Angebot der Versöhnung. Nachdem die vorgesehene Kürzung des Elterngeldes heftige Debatten ausgelöst hatte, sei eine Abschaffung des Ehegattensplittings eine Möglichkeit, den »öffentlichen Streit zwischen Grünen und FDP nach vorne« aufzulösen, wie Klingbeil es erklärte. [….]
Eine frauenfeindliche schwarzbraungelbe Koalition der Ewiggestrigen geht sofort auf die Barrikaden und argumentiert wie die selige Julie Rösch im Jahr 1958.
[….] Das Ehegattensplitting bietet sich als dankbares Ziel sozialdemokratischer Attacken an. Nicht nur, dass der Staat durch die Ende der 50er Jahre beschlossene Subvention für Verheiratete und Lebenspartner:innen jedes Jahr auf einen zweistelligen Milliardenbetrag verzichtet. Es ist außerdem aus der Zeit gefallen, denn es zementiert eine Rollenverteilung à la „Mann geht arbeiten, Frau bleibt zu Hause“. [….] Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rollenverteilung in seiner Begründung zur Beibehaltung des Ehegattensplittings von 1982 auch explizit erwähnt, als es schrieb, der vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Zweck sei unter anderem „eine besondere Anerkennung der Aufgabe der Ehefrau als Hausfrau und Mutter“. [….]
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