Das geht nicht, daß Bauern, Rechte, CDU das Gedenken an den Holokaust sabotieren, wie es heute in Sachsen-Anhalt der Fall ist.
[…..] Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) hatte am Vortag eine geplante zentrale Gedenkstunde zum nationalen Holocaust-Gedenktag abgesagt. Hintergrund seien angemeldete Bauernproteste für diesen Samstag auf dem Domplatz vor dem Parlamentsgebäude, so die Landtagsverwaltung zuvor.
Damit zog Schellenberger Kritik auf sich. »In Zeiten, in denen seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober die Zahl antisemitischer Übergriffe in Deutschland ein beschämend hohes Niveau erreicht hat, ist dieses Erinnern und Mahnen dringlicher denn je«, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dem SPIEGEL. Die Entscheidung in Magdeburg sei »nicht hinnehmbar«. Der Landtagspräsident hatte in der Absage erklärt, es könne aufgrund der Bauerndemo keine Sorge getragen werden für ein würdiges Gedenken, eine ungehinderte An- und Abreise, noch jederzeit für eine vollständige Gewährleistung der Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmer. […..]
Wir hatten es eigentlich als obersten BRD-Konsens verstanden, so etwas nicht geschehen zu lassen. Die nach 1945 geborenen Deutschen sind selbstverständlich nicht Schuld an den Nazi-Verbrechen. Aber sie tragen die Verantwortung dafür, die Erinnerung zu wahren, so daß es niemals wieder auf deutschem Boden passiert.
Ich verdanke es dem puren Zufall, familiär gar nicht belastet zu sein. Meine Vorfahren väterlicherseits kämpften im WKII gegen die Deutschen; meine Vorfahren mütterlicherseits stellten sich gegen die Nazis. Lediglich ein Bruder meiner Mutter war Soldat. Er kritisierte schon in der Ausbildung seinen Vorgesetzten, wurde daraufhin zur Strafe an die Ostfront geschickt und am Tag seiner Ankunft gleich auf eine riskante Erkundungsmission zu den russischen Linien geschickt. Er geriet dabei in sowjetischen Gefangenschaft, ohne in dem Krieg je einen Schuss abgegeben zu haben. In sibirischen Lagern überlebte er bis 1955 und kehrte nie zurück. Auf seinem Grabstein steht „vermisst 1944 in Russland“.
Bis 2023 hatte ich noch nicht einmal die deutsche Staatsbürgerschaft und dennoch schäme ich mich persönlich dafür, daß zu meiner Lebenszeit der BRD-Grundkonsens des „Nie Wieder“ verletzt wird.
Eine Nazi-Partei schickt sich gleich in mehreren Bundesländern an, stärkste Partei zu werden, die Konservativen übernehmen faschistoide Narrative, kooperieren mit den Nazis, hecken sogar bei einer gemeinsamen Wannseekonferenz 2.0 Massendeportationspläne aus, die Berliner CDU bildet immer größere Schnittmengen mit der AfD heraus, CDUler organisieren Nazi-Netzwerke, Juden werden auf deutschen Straßen belästigt, wenn sie etwa durch eine Kippa oder einen Davidstern zu erkennen sind, die antisemitischen Straftaten nehmen exponentiell zu und die ehrwürdige Margot Friedländer sagt uns, genau so habe es damals auch angefangen.
[…..] tagesthemen: Frau Friedländer, Sie waren zwölf Jahre alt, als die Nazis an die Macht kamen. Und jetzt sind Sie 102 Jahre alt und müssen miterleben, wie Antisemitismus wieder zunimmt in Deutschland, wie einige sogar darüber reden, deutsche Staatsbürger ausweisen zu wollen. Was empfinden Sie heute in Deutschland?
Margot Friedländer: Ja, es macht mich sehr, sehr traurig, die ganze Geschichte. Ich hätte nie gedacht, dass es wieder so kommen würde. Denn so hat es ja damals auch angefangen. Wir sind die, die das erlebt haben. Es sind ja jetzt auch einige noch am Leben. Für uns ist es besonders schwer zu verstehen. Und sehr traurig. [….]
Ja, ich schäme mich sehr für Deutschland im Jahr 2024.
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