Wie schafft man es, die Nazis davon abzuhalten, nach 91 Jahren erneut die Demokratie niederzuringen, um ein totalitäres Regime zu errichten und Deutschland zu ruinieren?
Unklar. Aber wir wissen immerhin, was nicht nur nicht funktioniert, sondern ganz im Gegenteil, die Nazis immer stärker macht: Die Anbiederung und Umarmung durch Friedrich Merz.
Es ist nach einer Dekade AfD nicht mehr lustig, wenn Lindner und die C-Politiker eifrig die braunen Wähler in Schutz nehmen und darauf pochen, die Nazis „inhaltlich zu stellen“. Wenn das auch nur ansatzweise möglich wäre, fragt man sich, wieso die entsprechenden Parteien, dieses tolle Rezept noch nie verwendet haben und lieber tumb zusehen, wie die Weidelianer immer mehr zulegen.
Natürlich kann und muss man in Politmagazinen, seriösen Zeitungen, Talks die AfD-Lügen sezieren; ihre Heuchelei und Menschenfeindlichkeit entlarven, nachweisen wie dreist sie bei der NSDAP klauen. Aber zu glauben, im Lichte dieser Erkenntnis, würde der gemeine HAUT-AB-Brüll-Sachse denken „Oh Schreck, die sind rechtsextrem? Also dann wähle ich nicht mehr AfD, sondern schwenke zur CDU um“, war schon zur Bundestagswahl 2017 sträflich naiv. Heute wissen wir sicher, daß so ein Einsichts-Prozess nicht existiert. Indem die AfD-Themen hysterisch von allen anderen Parteien hyperventiliert werden und die C-Chefs dem braunen Urnenpöbel bestätigen, berechtigte Anliegen zu haben, verfestigt sich das faschistoide Wählerpotential.
[….] Die AfD hat die simulierte Zweiteilung der politischen Landschaft schon sehr früh mit zwei Begriffen markiert: »Altparteien« und »linksgrün«. Das heißt: wir gegen die. Daran, dass die Phrase »linksgrün« längst auch aus FDP und CDU/CSU gelegentlich zu hören ist, kann man den Erfolg dieser populistischen Vereinfachung ablesen. Teile von Union und FDP glauben nach wie vor an die Existenz eines »bürgerlichen Lagers«, zu dem sie selbst sich zählen.
Doch wer soll diesem »bürgerlichen Lager« gegenüberstehen? Die Arbeiterklasse? Und zu welchem Lager gehören die Wählerinnen und Wähler der AfD? Auch die tatsächliche Zusammensetzung der Wählerschaft von Grünen, SPD und Linken führt diese Zweiteilung ad absurdum: All diese Parteien haben selbstverständlich viele »bürgerliche« Wählerinnen und Wähler. Einfache Dichotomien sind in einer komplexen Welt immer falsch.
Maßnahme eins zur Verkleinerung der AfD lautet daher: Alle demokratischen Parteien müssen sich irreführenden Vereinfachungen und Zweiteilungen konsequent widersetzen. […..] Setzten sich die Rechtsextremen mit ihren rassistischen und völkischen Ideen durch, bräche dieses Land zusammen. Rassismus ist keine begründbare Position, er ist emotional und irrational. Ein »arisches« Deutschland gab es nie, kann und wird es nie geben.
Maßnahme zwei lautet daher: Alle demokratischen Parteien müssen rassistische, also irrationale Positionen und Argumente stets als solche brandmarken und sie selbst meiden.
Es gibt in der Union in dieser Hinsicht eine düstere Tradition (»Kinder statt Inder«, Roland Kochs Kampagnen gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund). Und heute? Man denke an Friedrich Merz’ Gerede von den »kleinen Paschas«; von Flüchtlingen, die Deutschen angeblich die Zahnarzttermine wegnehmen; an Markus Söders Gerede vom »Asyltourismus«. Es war in dieser Kolumne schon mehrere Male zu lesen, aber es ist zu wichtig, um es hier wegzulassen: Es ist empirisch vielfach nachgewiesen , dass die Übernahme populistischer Positionen nur den Populisten nützt: Anpassungsstrategien verringern die Unterstützung für Rechtsradikale nicht .
Was dagegen hilft, ist ein »cordon sanitaire« , wie das in der Fachliteratur öfter zu lesen ist, was in etwa dem deutschen Begriff der »Brandmauer« entspricht. Friedrich Merz, Markus Söder und andere, die in der Union (und Teilen der FDP) im Moment das Wort führen, wollen das augenscheinlich nicht wahrhaben. Merz behauptete diese Woche, die Ampelkoalition führe eine »Kampagne« gegen Bauern, Rechtsradikale hätten an den Traktorprotesten gar nicht teilgenommen. Das ist nachweislich falsch, und das muss Merz auch klar sein. Das ist der Sound und der Stil der AfD. […..]
(Prof Christian Stöcker, 21.01.2024)
Es ist zum Verzweifeln, wenn man die stoische Erkenntnis-Unfähigkeit der Söderisten und Merzianer mitansieht. Mit geradezu Trumpscher Borniertheit, trommeln sie eifrig weiter für das Falsche, setzen ihre ganze Energie dafür ein, die Demokraten zu schwächen und die Faschisten zu stärken.
Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Merz bewußt die AfD stärkt, weil er genauso rechtsradikal denkt, oder ob er einfach zu dumm ist, zu begreifen, wie er fortwährend die Nazis bewirbt. Beides sind keine schönen Szenarien.
Einige unverbesserliche Optimisten des linksliberalen Lagers, schöpfen aus den weit über einer Million Demonstranten gegen Rechts in den letzten Tagen, die Hoffnung auf eine Umkehr bei den AfDophilen C-Parteien.
Heute scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. Söder und sein antisemitischer Vize-MP, präsentieren soeben den Plan, rassistische AfD-Mitglieder zu bayerischen Verfassungsrichtern zu machen. So agiert die bayerische Staatsregierung kaum 24 Stunden nachdem 350.000 Münchner gegen Rechts aufstanden.
Antisemit Aiwanger mag die Demokraten ohnehin nicht.
[….] Während sich Söder klar gegen die AfD-Politik positioniert, lässt es Aiwanger an einem solchen Bekenntnis fehlen. [….] Wegen seiner Haltung zu den deutschlandweiten Demonstrationen gegen die AfD muss Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) teils heftige Kritik einstecken. "Ich halte das für unmöglich, wie er sich positioniert", sagte der frühere CSU-Parteichef Theo Waigel am Montag der Süddeutschen Zeitung. Der Hintergrund: Aiwanger hatte sich wiederholt vom breiten gesellschaftlichen Protest distanziert - und gesagt, dass dieser "vielfach von Linksextremisten unterwandert" sei. Für Waigel ist das "ziemlich übel". Er ist der Meinung, dass Aiwanger "den dunklen Kräften geradezu Auftrieb gibt, indem er die Wirklichkeit leugnet und zu den Dingen, die im Moment in der AfD stattfinden, keine klaren Worte bezieht".[….] [….] Neben Söder gibt es aber weitere hochrangige CSU-Mitglieder, die allzu konkrete Äußerungen über Aiwanger scheuen. Erst kürzlich hatte ein Kabinettsmitglied zahlreiche Aussagen - und mehrere Fragen - zu Aiwanger nachträglich aus einem Interview mit der SZ gestrichen. [….]
Die moralische Fehlprägung Söders, der wieder einmal nicht die Kraft, oder den Willen findet, dem rechtsradikalen Antisemiten an seinem Kabinettstisch Einhalt zu gebieten, wirkt nach dem enormen Statement seiner Bevölkerung gegen den Faschismus noch erbärmlicher.
[….] Die Demos am Wochenende boten ein beeindruckendes Bild, Vertreter aller demokratischen Parteien lobten das Engagement. Nur FW-Chef Aiwanger spottet und vermeidet eine Abgrenzung nach rechts außen. Wer ihn gewähren lässt, gefährdet seine eigene Glaubwürdigkeit. [….]
Der bayerische Ministerpräsident schweigt zu Hubsis rechtem Raunen. Es passt schließlich so gut zu den CSUlern, die pawlowsch gegen das Volk pöbeln, wenn es liberale Tendenzen zeigt. Söders CSU-Justizminister Eisenreich kann angesichts der Bilder von den Großdemonstrationen in Bayerns Städten nicht an sich halten und muss gleich den Faschisten zu Hilfe eilen.
[….] Zugleich kritisierte Münchens CSU-Chef, der bayerische Justizminister Georg Eisenreich, die Organisatoren - vor allem die Klimabewegung Fridays for Future. Mehr als 200 Organisationen und Gruppen hatten zu der Demonstration gegen die AfD am Sonntag aufgerufen. [….] Zugleich kritisiert Eisenreich das Motto der Demonstration: "Gemeinsam gegen Rechts". Dieses halte er "in seiner kalkulierten Unbestimmtheit für falsch". [….] Während er, so Eisenreich, beim Kampf gegen Demokratiefeinde einen "Konsens der Demokraten" erkenne, gebe es diesen nicht in der Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik. Er hoffe, dass die Rednerinnen und Redner auf der Demo "der Versuchung widerstehen, den Konsens beim Kampf gegen Rechtsextremismus für die Forderung nach einer linken Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu nutzen".
Explizit kritisierte Eisenreich die Klimabewegung Fridays für Future. Er frage sich, ob diese "ein legitimer Organisator einer solchen Demonstration gegen Extremismus" sei. Seine Haltung begründet der Münchner CSU-Chef damit, dass sich der deutsche Zweig der Bewegung nur "halbherzig" von "unsäglichen Äußerungen" Greta Thunbergs zu Israel distanziert habe. [….] (SZ, 22.01.2024)
So bekommen wir die AfD selbstverständlich nicht geschrumpft, wenn sich ihre christdemokratisch/sozialen Freunde im Zweifelsfall immer auf die Seite der Faschisten und gegen die Demokratie stellen.
[….] Äußerungen von Georg Eisenreich zur Demo [sind] irritierend und unklug. Die AfD dürfte sich freuen, dass Eisenreich jene zu spalten versucht, die sich gegen die Rechtsaußenpartei engagieren.
Wo all die Gruppen und Vereine zuletzt waren, fragt Eisenreich, als es darum ging, Solidarität mit Israel auszudrücken. Dass vergleichsweise wenige Menschen in München für Jüdinnen und Juden auf die Straße gehen, ist traurig. Dies aber just den Gruppen zum Vorwurf zu machen, die jetzt gegen die Menschenfeindlichkeit der AfD mobilisieren, ist befremdlich. Wo waren und sind denn all die der CSU nahestehenden Menschen beim Protest gegen Antisemitismus? Ginge nur ein kleiner Teil von ihnen auf die Straße, es wäre ein leuchtendes Zeichen.
Ebenso fragwürdig ist Eisenreichs Verbalattacke auf Fridays for Future. Er spricht der Münchner Gruppe der Klimabewegung die Legitimation ab, die Demo gegen die AfD zu organisieren. Ja, Greta Thunbergs Äußerungen zum Nahost-Konflikt sind zu kritisieren, und ja, man darf aufgrund der deutschen Geschichte vom hiesigen Fridays-for-Future-Zweig Distanzierung verlangen. Allein, genau das ist geschehen.
Wenn Eisenreich bei den Klimaaktivisten eine angeblich "halbherzige" Distanzierung von Antisemitismus problematisiert, muss man unweigerlich an Hubert Aiwanger denken. Wie war das mit dessen verharmlosendem Umgang mit dem in seiner Schultasche gefundenen menschenverachtenden Flugblatt? Die CSU hat sich davon abgegrenzt. Ist diese Distanzierung in Eisenreichs Logik auch "halbherzig"? Seine Partei koaliert weiter mit den Freien Wählern, deren Chef Aiwanger ist weiter Minister.
Der Justizminister und Münchner CSU-Chef sollte nicht mit zweierlei Maß messen. Und er sollte nicht eine maßgebliche Gruppe der demokratisch engagierten Münchner Jugend in die Nähe von Antisemitismus schieben.
[…]
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