Nein,
das läuft zwischen den Parteien der GroKo nicht nach dem Friede-Freude-Eierkuchen-Rezept.
Da gibt
es durchaus bedeutende Gräben, wie ich
kürzlich schon zeigte.
Es macht
der SPD wirklich Spaß die Bayern zu triezen.
SPD führt Dobrindt bei
der Pkw-Maut vor
Wie soll man es
nennen, was die SPD mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der
Pkw-Maut macht? Spiel ohne Grenzen? Spiel stimmt, und tatsächlich ist die
Freude der Sozialdemokraten, dass jetzt die CSU selbst über die Maut streitet,
grenzenlos.
Aber eigentlich müsste
es "Spiel mit Grenze" heißen, denn seit Bayerns Verkehrsminister
Joachim Herrmann (CSU) Ausnahmen von der Pkw-Maut in grenznahen Regionen
verlangt hat und dafür von CSU-Chef Horst Seehofer scharf gerüffelt wurde,
seinen Vorstoß aber nicht zurücknahm, spielen SPD-Politiker in immer neuen
Variationen mit dem Thema Grenze. Sie produzieren damit ein Diskussionschaos,
in dem die Widersprüche des Dobrindt-Konzepts offenbar werden sollen. […]
Und auch
der SPD-Chef, der es zunächst mit geräuschloser, seriöser sacharbeit versucht
hatte (und dafür vom Wähler abgestraft wurde), poltert nun mit breitem Rücken.
Zum
Entsetzen der CDU und CSU schränkt er tatsächlich die deutschen
Waffenexportgenehmigungen drastisch ein.
Seit Sigmar Gabriel
als Wirtschaftsminister für Exportgenehmigungen zuständig ist, müssen selbst
Skeptiker eingestehen: Es hat sich einiges verändert, der SPD-Chef hat die
Rüstungsexporte tatsächlich eingeschränkt - damit bringt er nicht nur eine
ganze Branche gegen sich auf, sondern auch die Union.
[….]
Schon im Bundestagswahlkampf hatte die
SPD angekündigt, im Fall einer Regierungsbeteiligung die Genehmigung heikler
Ausfuhren deutlich restriktiver handhaben zu wollen als die damalige
schwarz-gelbe Bundesregierung. Nicht jeder hatte das den Sozialdemokraten
abgenommen. Am Ende, meinten viele, würden die Genossen doch wieder eher als
Industrie- denn als Friedenspartei agieren - zumal die rot-grüne
Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder zwar politische Grundsätze für
den Rüstungsexport und ein gewisses Maß an Transparenz eingeführt hatte,
ansonsten aber auch nicht immer zimperlich gewesen war, was die Empfängerländer
anging. Doch seit SPD-Chef Gabriel als Wirtschaftsminister für
Exportgenehmigungen zuständig ist, müssen die Skeptiker eingestehen: Es hat
sich einiges verändert.
Kaum eine Woche
vergeht jetzt ohne massive Klagen aus der Rüstungsindustrie, die Gabriel
vorwirft, sie mit einer restriktiven Genehmigungspraxis Richtung Ruin zu
treiben. Am Donnerstag vergangener Woche berichtete die ARD über einen Brief
von mehr als 20 Betriebsräten von Rüstungsunternehmen, die
"Planungssicherheit" forderten und warnten, es sei "kurz vor
zwölf für einige Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie".
Einen Tag später meldete die Nachrichtenagentur Reuters, nach Schätzungen aus
der Industrie lägen im Wirtschaftsministerium mittlerweile um die 2000
Exportanfragen auf Halde - einigen Firmen stehe das Wasser "bis zum
Hals".[….] In
der Union aber löst Gabriels Politik mittlerweile mehr als nur Grummeln aus.
Die Rüstungsexportpolitik ist bereits jetzt Gegenstand eines handfesten
Konflikts.
Vor knapp einem Monat
bereits wandten sich neun Abgeordnete der Union in einem Brief an die
Kanzlerin. Zur Einleitung heißt es darin, Gabriel habe "ohne Abstimmung
eine Kehrtwende in der deutschen Exportpolitik eingeschlagen". Seine
"Verhinderungspolitik" ziehe "weitreichende Verwerfungen"
nach sich und führe "zu nachhaltigen Störungen der außenpolitischen
Beziehungen". [….] "Wenn Gabriel seine restriktive und
populistische Exportpolitik fortsetzt, wird er zum Totengräber der
wehrtechnischen Industrie Deutschlands“ [….]
Ist
natürlich ein bißchen blöd für Angie, weil sie einerseits die größte
Waffen-Freundin und Lobbyistin seit 1949 ist, aber andererseits nicht gerne
möchte, daß der Urnenpöbel das merkt.
Insofern
ist ein offener Konflikt mit ihrem Vizekanzler nicht in ihrem demoskopischen
Interesse.
Wenn die
GroKo jedoch von der Opposition, oder sagen wir lieber „vom Oppositiönchen“
unter Beschuss genommen wird, schließen sich die Reihen.
Dann
lautet die Frontlinie „Regierung gegen Linke“ (die Grünen haben sich ja schon
seit der Wahl völlig aus der Bundespolitik verabschiedet und wissen außer
antirussischen Vorurteilen nichts in die bundesrepublikanische Diskussion
einzubringen.)
Gegen
Gysis Leute hält man zusammen.
Der 22. Mai war kein
guter Tag für den Bundesnachrichtendienst. Im NSA-Untersuchungsausschuss des
Bundestags sprachen drei ausgewiesene Experten des Verfassungsrechts – und alle
drei gingen mit dem deutschen Auslandsgeheimdienst hart ins Gericht. Sie waren
der Meinung, dass der BND verfassungswidrig operiere, weil es für die
Überwachung der Telekommunikation im Ausland, wie sie der Auslandsgeheimdienst
praktiziere, keine gesetzliche Grundlage gebe.
Diese drei Kritiker
waren nicht irgendwer: Es waren Hans-Jürgen Papier, der frühere Präsident des
Bundesverfassungsgerichts; dazu sein früherer Richterkollege Wolfgang
Hoffmann-Riem, ein Spezialist für das Kommunikationsrecht, und Matthias Bäcker,
Öffentlichrechtler an der Universität Mannheim.
Was folgt aus dieser
Kritik? Damit will sich die Bundesregierung derzeit nicht einmal befassen. Eine
Anfrage der Fraktion der Linken zu den rechtlichen Grundlagen der Arbeit des
BND wurde von der Regierung auf elf Zeilen, in geradezu beleidigender Kürze,
abgewimmelt.
Das Thema ist ganz
offensichtlich unangenehm: Letztendlich, so hatten die Sachverständigen im
Untersuchungsausschuss des Bundestags nämlich gesagt, mache der BND nichts
anderes als die NSA; sie waren der Meinung, dass der deutsche
Auslandsgeheimdienst verfassungswidrig operiere. […] Also fragten die linken
Abgeordneten ausführlich an, wie die Bundesregierung nun mit diesen
Feststellungen der Verfassungsexperten umzugehen gedenke. Beobachter hatten
deren Auftritt und deren Darlegungen immerhin als „Sternstunde der Juristerei“
bezeichnet. Elf detaillierte Fragen auf der Basis dieser Sternstunde legten
also die Parlamentarier der Bundesregierung vor. […]
Die Antwort darauf ist
keine Sternstunde; im Gegenteil. Die Fragen samt den umfangreichen Gutachten
der Verfassungsexperten fallen quasi in ein schwarzes Loch. In nur elf Zeilen
(Bundestagsdrucksache 18/2128) werden die Fragen abgebügelt. […]
(SZ
vom 25.07.2014)
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