Der
frühere CDU-Stadtverordnete in Frankfurt und das einstige CDU-Vorstandsmitglied
Michel Friedmann sagte einmal, solange er mindestens 51% des Parteiprogramms
zustimme, könne er Mitglied seiner Partei sein und begreife es als seine
Aufgabe den Rest der Partei von seinen abweichenden Ansichten zu überzeugen.
Dies
könne er am besten im Vorstand erreichen.
Ohne
ironisch zu sein: Ich halte das für eine ehrenwerte Einstellung.
Tatsächlich
argumentierte Friedmann mehrfach engagiert und mutig gegen xenophobe und
intolerante Ansichten in der CDU. Ab 1994 kämpfte er somit auf Augenhöhe gegen
den tumben Helmut Kohl für die multikulturelle Gesellschaft, die Reform des
Staatsangehörigkeitsrechts und das Einbürgerungsrecht. Sollte er damit auch nur
ein tumbes CDU-Mitglied von homophoben oder xenophoben Gedanken abgebracht
haben, gebührt Friedmann Dank!
Das gilt
auch für schwule CDU-Präsidiumsmitglieder wie Jens Spahn.
Die
Frage ist natürlich, ob man nicht in anderen Parteien viel mehr erreicht.
Und es
gibt Grenzen.
Als im
Jahr 2000 der Maximallügner und stets am ganz kackbraunen Rand agierende Roland
Koch zig Millionen Schwarzgelder als „jüdische Vermächtnisse“ zu deklarieren
suchte, trat Friedmann aus dem hessischen CDU-Landesverband aus und wechselte
zu seinem Kumpel Peter Müller in die Saar-CDU; heute Heimat der homophoben
Kramp-Karrenbauer.
Bekanntlich
sank Friedmanns moralisches Ansehen rapide, als im Jahr 2003 sein Koks- und
Nuttenkonsum bekannt wurde.
Seine
liberaleren Ansichten behielt er allerdings und so fragt man sich beständig wie
er es bei dieser ewiggestrigen Partei aushält, die immer noch so unumwunden
ausländerfeindliche Stimmung verbreitet.
Sind da
immer noch < 51% Übereinstimmung mit dem CDU-Programm?
Ich gehöre auch zu der winzigen Minderheit von gerade mal gut einem Prozent der in Deutschland lebenden Menschen, die einer Partei angehören.
Ich gehöre auch zu der winzigen Minderheit von gerade mal gut einem Prozent der in Deutschland lebenden Menschen, die einer Partei angehören.
Nach wie
vor bin ich fest davon überzeugt, daß man so am besten Einfluss nehmen kann.
Parteien bestimmen die Politik.
Abgesehen
davon, daß ich in Deutschland nicht wählen darf und mir daher meine
Parteimitgliedschaft auch als Ersatzmethode fungiert hier politischen Einfluss
zu nehmen, verstehe ich gar nicht wieso überhaupt Menschen NICHT Parteimitglieder
sind und auf diesen direkten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern
verzichten.
Friedmanns
problematische 51%-Grenze streife ich noch nicht mal – dem SPD-Parteiprogramm
kann ich weitgehend zustimmen.
Das was
mich gerade an der Union am meisten stört, ihre gesellschaftliche
Rückständigkeit und die Lust am Diskriminieren, sind in meiner Partei ohnehin
verpönt.
Solche üblen
Typen wie Kauder, Steinbach oder Koch gibt es in der SPD gar nicht.
Und wenn
mal einer unter 500.000 verrückt wird, wie beispielsweise Thilo Sarrazin, ist
auch Schluß mit Funktionen und Pöstchen in der Partei.
Daß es
unter 500.000 auch unter den Top-Vertretern einige gibt, die ich für
unsympathisch (Thierse), dumm (Nahles) oder wahnsinnig (Griese)
halte, liegt in der Natur der Sache einer Massenpartei.
Bedauerlicher
ist schon, daß es ausgerechnet der Parteivorsitzende ist, den ich gegenwärtig so gar nicht leiden kann.
Wieso
verhält er sich eigentlich so merkelesk?
Griechenlandbashing.
TTIP-Befürworter.
Vorratsdatenspeicherung.
Einknicken
bei den Selektoren.
Einknicken
bei Snowden.
Im
K.O.alitionvertrag wurden schon einige Kröten geschluckt (Homoehe, Doppelte
Staatsbürgerschaft, Vermögenssteuer, etc), aber da konnte man natürlich
argumentieren, daß die CDU fast doppelt so viele Sitze hatte und ein dementsprechend
großes politisches Gewicht in die Regierung einbringt.
Aber
nachdem dieser Vertrag nun ausgehandelt, unterschrieben und weitgehend
abgearbeitet ist, verstehe ich nicht, wieso Sigi weiter der CDU nachläuft.
Journalisten
rätseln ebenfalls.
Was hat
er nur, der Wirtschaftssuperminister?
Die Frankfurter
Allgemeine Zeitung spekuliert, der SPD-Chef wolle einen Keil zwischen Merkel
und die Unions-Fraktion treiben. Doch wäre es ein kühnes Manöver, wenn der
SPD-Chef versuchen sollte, die Kanzlerin gleichsam rechts zu überholen.
Deutlich wahrscheinlicher sind zwei andere Motivationen: Gabriel kennt die
Umfragewerte und weiß, dass eine Mehrheit der Deutschen eine Griechenland-Rettung
skeptisch sieht.
Vor allem hat der
SPD-Chef kein Interesse daran, dass mit der Syriza eine Partei für möglichst
radikale Forderungen belohnt wird. Das nämlich wäre ein fatales Signal für die
Sozialdemokraten in Spanien, Portugal und letztlich auch hierzulande. Ein Sieg
von Syriza wäre „das Zeichen, dass man mit nationalen Interessen Europa
erpressen kann“, warnt Gabriel in der Bild-Zeitung.
Das sind
beides mögliche Erklärungen.
Ich
glaube auch, daß Merkel davor zurückschrecken wird als die Kanzlerin in die
Geschichte zu gehen, die erstmals in 60 Jahren ein Land aus der EU drängte,
womöglich den entscheidenden Schritt zum Scheitern Europas geht.
Und all
das aus kleingeistiger Furcht vor den eigenen Wählern. Denn immerhin geht es
nur um überschaubare Summen.
Es könnte
tatsächlich passieren, daß sich Januskopf Schäuble von seiner Arroganz und
Bosheit gegenüber Griechenland übermannen läßt und dann in fürchterlichen
Streit mit seiner Chefin gerät.
Es
könnte tatsächlich passieren, daß sich vom griechophoben Mob gefeierte
CDU-Parlamentarier wie Wolfgang Bosbach von der Kanzlerin lossagen und Merkel
als CDU-Chefin dann blamiert dasteht.
Für wesentlich
wahrscheinlicher halte ich allerdings, daß die Meckerfraktion im
Kanzlerwahlverein wie üblich einknickt, Merkel das Problem aussitzt und die SPD
am Ende noch weniger Wähler hat.
Freunde
bei der Sozi-Basis macht Gabriel sich nicht.
Die CDU
mit Griechenlandbashing zu überholen ist voraussichtlich sinnlos. Wer seine
Wahlentscheidung davon abhängig macht, wie hart man Syriza attackiert, kann gleich
AfD oder CDU wählen.
Der prinzipielle
Unterschied zwischen CDU und SPD besteht darin, daß die eher phlegmatische
Unionsbasis obrigkeitshörig und mindestens genauso tumb-konservativ wie ihre
Parteispitze ist.
Die
Sozibasis hingegen ist von Natur aus aufmüpfig und steht in der Regel klar
links von ihrer Führungsriege.
Gabriel
mag derzeit so gut wie unersetzlich sein und über eine ihm zu Dank verpflichtete
Partei gebieten, aber wie ein Sonnenkönig herrschen kann er deswegen noch lange
nicht.
Am
20.06.2015 droht ihm großes Ungemach, wenn er sich 250 Delegierten des kleinen
SPD-Parteitags im Berliner Willy-Brandt-Haus stellen muß.
Rund
einhundert SPD-Gliederungen haben Änderungsbedarf angemeldet.
Viele
sind wütend.
Lieber Sigmar, es
reicht!
Wir haben uns ja schon
öfter gefragt, welche Überlegungen hinter so manchem öffentlichkeitswirksamen
Auftritt unseres Parteivorsitzenden stehen. Mit deinem Gastbeitrag zum
drohenden Euroaustritt Griechenlands hast du dich aber in vielerlei Hinsicht
selbst übertroffen.
In Europa wachse die
Stimmung „Es reicht“, erzählst du da in jener Bildzeitung, die seit Beginn der Krise
mit blanker Hetze gegen „die faulen Griechen“ die Stimmung an den deutschen
Stammtischen anheizt. Gemeint hast du damit die erneut stockenden Verhandlungen
über Schuldenschnitte und Kredite mit der griechischen Regierung. Du redest von
„Spieltheoretikern“ und „Zockern“, von „Kommunisten“ und „überzogenen
Wahlversprechen“. Und, damit der sprichwörtliche deutsche Stammtisch auch brav
applaudiert, müssen natürlich auch wieder die „deutschen Arbeitnehmer und ihre
Familien“ herhalten.
Lieber Sigmar, in der
Tat: Es reicht! Es reicht ganz Europa der deutsche Chauvinismus und die
süffisante Überheblichkeit, mit der du und andere VertreterInnen der deutschen
Regierung gegenüber Griechenland und anderen krisengebeutelten Staaten
auftreten! Es reicht den Menschen in Griechenland die aufgezwungene Sparpolitik
der Troika, die jede eigenständige wirtschaftliche Entwicklung verhindert! Es
reicht jedem Menschen mit einem Fünkchen internationaler Solidarität im Herzen
die ewig gleiche Nummer, bei der die RentnerInnen in Deutschland gegen die
RentnerInnen in Griechenland ausgespielt werden, während fröhlich die
finanziellen Interessen deutscher Banken in der „Schuldenkrise“ gerettet
werden.
Und es reicht uns
Jusos dein blanker Populismus, mit dem du dich vor den Karren der
Griechenlandhetze aus dem Haus Springer spannen lässt. Wir erwarten mehr von
einem Vorsitzenden der SPD, als unreflektiert Stammtischparolen zu wiederholen
und im trübbraunen Wasser zu fischen. Wir erwarten von dir als
sozialdemokratischem Wirtschaftsminister, dass du Menschen Ängste vor der Krise
nimmst und rechtspopulistische Kurzschlüsse enttarnst, anstatt mit ihnen zu
spielen. Und wir erwarten, dass du auch die eigene Krisenpolitik kritisch
hinterfragst, anstatt einfach die Schuld auf die neue griechische Regierung zu
schieben.
Lieber Sigmar, die
Sozialdemokratie ist eine internationalistische Bewegung, die Solidarität mit
Menschen großschreibt. Das heißt für uns, dem Populismus, der Panikmache und
dem nationalen Chauvinismus den Kampf anzusagen. Es wäre schön, wenn auch du
dich diesen Werten verpflichtet fühltest und in Zukunft auf derart plumpe
Debattenbeiträge verzichten könntest. Uns jedenfalls reicht es schon lange –
und zwar mit solchen Aussagen von dir!
Mit solidarischen
Grüßen
Zu den Äußerungen des
Parteivorsitzenden der SPD heute in der Bildzeitung habe ich folgendes zu
sagen:
1. Kein/e ernst zu
nehmende/r Ökonom_in bestreitet heute noch die Tatsache, dass die Austertitätspolitik
in Griechenland gescheitert ist. Dieser falsche Weg soll nun fortgesetzt
werden. Warum?
2. Es war die deutsche
Bundesregierung, die zusammen mit den europäischen Eliten, das Geld der
Steuerzahler_innen für die Rettung der europäischen Banken eingesetzt hat. Die
notleidende griechische Bevölkerung hatte davon nichts. Vor allem Deutschland
profitiert von den Zinszahlungen der Anleihen.
3. Eben diese Banken
haben über viele Jahre mit der korrupten Regierung Samaras gute Geschäfte
gemacht.
4. Denkt jemand
darüber nach, was in Griechenland passiert, wenn Syriza scheitert? Die
faschistische Partei Goldene Morgenröte war immerhin drittstärkste Partei bei
den Wahlen im Januar.
5. Die demokratisch
gewählte Partei Syriza bringt einen unglaublichen Wert mit: sie war und ist
nicht korrupt. Warum diese Diskriminierung? Warum nicht die Chance nutzen an
einer Demokratisierung Europas zu arbeiten?
6. Von
Sozialdemokrat_innen erwarte ich genau das.
Es gab SPD
Vorsitzende, die sich für so etwas geschämt hätten.
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