Ist das
mit Friedensnobelpreisen eigentlich genauso wie mit Dr.-Titeln; daß sie „verliehen“
werden und deswegen auch nicht einfach zurückgegeben werden können, sondern nur
von der Institution, die sie verliehen hat auch wieder entzogen werden können?
Friedensnobelpreise
werden ja aus sehr unterschiedlichen Gründen verliehen. Zum Beispiel um die
Wandlung eines Falken zur Taube zu würdigen.
Oder
auch, um einer Privatperson, die eher im Stillen wirkte Publicity zu geben.
Gelegentlich
sind Friedensnobelpreise auch unstrittig, weil sie für jeden ersichtlich
wirklich verdient waren.
Albert
Schweitzer (1952), Martin Luther King (1964), Willy Brandt (1971), Anwar
as-Sadat (1978), Elie Wiesel (1986), Michail Sergejewitsch Gorbatschow (1990), Nelson
Mandela (1993) und Jitzchak Rabin (1994) waren, bzw sind solche
Ausnahmemenschen.
2009
wollte Oslo sich offensichtlich in dem Glanz des eben erst gewählten Barack
Obama sonnen. Das war in vielerlei Hinsicht großer Mist. Oslo blamierte sich,
Oslo schadete Obama enorm, indem es seine Gegner von der GOP aufstachelte und
Oslo wählte einen, dessen spätere Taten als Potus das Gegenteil von friedlich waren.
2012 war
ich von der Entscheidung über den Friedensnobelpreis zunächst überrascht, ließ
mich dann überzeugen.
In der
Tat ist es nach 2000 Jahren Kleinstaaterei und permanenten Krieg tatsächlich so
etwas wie ein Wunder, daß mitten in Europa seit 70 Jahren Frieden ist und sich
die jüngere Generation gar nicht mehr vorstellen kann, daß nebenan über
Jahrhunderte stets nur „der Erbfeind“ lebte, den man mit allen Mitteln
bekämpfen mußte.
Die
unglaubliche Symbolik dessen, daß sich Gerhard Schröder und Jacque Chirac auf
verschiedenen EU-Gipfeln gegenseitig vertraten, daß man sich so gut kannte und
sich so sehr vertraute, daß Chirac für Deutschland und später Schröder für
Frankreich eine Stimme abgab, verursacht immer noch Gänsehaut.
Würden
sich heute Paris und Berlin gegenseitig den Krieg erklären, stünde das Volk
auf, um die eigenen Regierungen abzusetzen. Kein Soldat würde auf Soldaten des
Nachbarlandes schießen.
Was für
eine fundamentale Wende verglichen zu dem Zustand vor genau 100 Jahren als
Franzosen und Deutsche sich massenhaft freiwillig meldeten und in beiden
Ländern auf der Straße Jubelprozessionen losgingen, weil man sich so dermaßen
für den Weltkrieg begeisterte.
Da kann
man schon mal einen Nobelpreis für die EU rausrücken.
Sicherlich
sollte der 2012er Preis auch ein Ansporn sein Europa weiter zu entwickeln; noch
näher zusammen zu rücken.
Erstaunlich
was dann doch noch alles schiefgehen konnte.
Ein Krieg
in der Ukraine, der mitausgelöst wurde durch extrem schlechte, überhebliche und
unüberlegte Russlandpolitik der EU.
Ein
Europa der Ängste, das Millionen Wähler in Nord und Süd den Europafeinden und
Rechtsextremen zutreibt, gestörte Beziehungen zwischen den engsten Partnern,
Debatten über Grexit und Brexit, Brüsseler Entscheidungen, die einzelne Mitgliedsländern
in den Ruin treiben und dazu auch noch perfide menschenfeindliche Flüchtlingspolitik,
die Europas Südgrenze zu einem Friedhof macht.
Merkel,
beliebteste Kanzlerin aller Zeiten trägt einen Großteil der Schuld an der
Griechenlandkrise.
Sie marschiert wider besseres Wissens in die
Sackgasse und Europa guckt tumb zu.
Offensichtlich
will man Athen und damit letztendlich auch Europa das Genick brechen.
Unmittelbar vor Beginn
des EU-Gipfeltreffens haben die Kreditgeber der griechischen Regierung einen
Forderungskatalog vorgelegt, den diese niemals erfüllen kann, ohne daheim von
den Bürgern davongejagt zu werden. Sollte Premierminister Alexis Tsipras die auf
neun Seiten aufgelisteten prior actions, also die am dringendsten
durchzuführenden Maßnahmen, unterschreiben, käme dies einer Kapitulation seiner
Regierung vor den Kreditgebern gleich
[…]
Die Botschaft der
Experten von Europäischer Kommission, Zentralbank und Internationalem
Währungsfonds klingt zwischen den akkurat und bis ins Detail aufgelisteten
Forderungen unmissverständlich durch: Sie sind nicht bereit, auf die bisherigen
Reformangebote der griechischen Regierung einzugehen. Sondern halten an den
alten Vereinbarungen fest. Die in der Liste aufgeführten Forderungen
entsprechen grundsätzlich den im Herbst 2012 von der konservativen
Vorgängerregierung von Premier Antonis Samaras unterschriebenen Verpflichtungen
des zweiten Rettungsprogramms für Griechenland. Also genau dem, was der linke
Premier Tsipras verändern und eben nicht erfüllen wollte. Selbst die kleinen
Annäherungen, die in den vergangenen Tagen erreicht wurden, sind wieder
gestrichen. Statt weniger fordern die Kreditgeber mehr.
Es ist
einfach nur erbärmlich was die großen Reichen mit Europa anstellen.
Der
große Philosoph Habermas dringt nicht mehr durch.
[….]
Weil für die deutsche Bundeskanzlerin
schon im Mai 2010 die Anlegerinteressen wichtiger waren als ein Schuldenschnitt
zur Sanierung der griechischen Wirtschaft, stecken wir wieder in einer Krise.
[….]
Gewiss, in der Sache geht es um das sture
Festhalten an einer Sparpolitik, die nicht nur in der internationalen
Wissenschaft überwiegend auf Kritik stößt, sondern in Griechenland barbarische
Kosten verursacht hat und hier nachweislich gescheitert ist. Aber in dem
Grundkonflikt, dass die eine Seite einen Wechsel dieser Politik herbeiführen
möchte, während sich die andere Seite hartnäckig weigert, sich überhaupt auf
politische Verhandlungen einzulassen, verrät sich eine tiefer liegende
Asymmetrie.
Man muss sich das
Anstößige, ja Skandalöse dieser Weigerung klarmachen: Der Kompromiss scheitert
nicht an ein paar Milliarden mehr oder weniger, nicht einmal an dieser oder
jener Auflage, sondern allein an der griechischen Forderung, der Wirtschaft und
der von korrupten Eliten ausgebeuteten Bevölkerung mit einem Schuldenschnitt -
oder einer äquivalenten Regelung, beispielsweise einem wachstumsabhängigen
Schuldenmoratorium - einen neuen Anfang zu ermöglichen.
Statt-dessen bestehen
die Gläubiger auf der Anerkennung eines Schuldenberges, den die griechische
Wirtschaft niemals wird abtragen können. Wohlgemerkt, es ist unstrittig, dass
ein Schuldenschnitt über kurz oder lang unvermeidlich ist. Die Gläubiger
bestehen also wider besseres Wissen auf der formellen Anerkennung einer
tatsächlich untragbaren Schuldenlast.
[….]
Unsere Presse macht sich über den Akt der
Umbenennung der Troika lustig; er ist tatsächlich so etwas wie eine magische
Handlung. Aber darin äußert sich der legitime Wunsch, dass hinter der Maske der
Geldgeber doch das Gesicht der Politiker hervortreten möge. Denn nur als
Politiker können diese für einen Misserfolg, der sich in massenhaft vertanen
Lebenschancen, in Arbeitslosigkeit, Krankheit, sozialem Elend und
Hoffnungslosigkeit ausgebreitet hat, zur Rechenschaft gezogen werden.
[….]
Diese Auflösung von Politik in
Marktkonformität mag die Chuzpe erklären, mit der Vertreter der deutschen
Bundesregierung, ausnahmslos hochmoralische Menschen, ihre politische Mitverantwortung
für die verheerenden sozialen Folgen leugnen, die sie als Meinungsführer im
Europäischen Rat mit der Durchsetzung der neoliberalen Sparprogramme doch in
Kauf genommen haben.
Der Skandal im Skandal
ist die Hartleibigkeit, mit der die deutsche Regierung ihre Führungsrolle
wahrnimmt. Deutschland verdankt den Anstoß zu dem ökonomischen Aufstieg, von
dem es heute noch zehrt, der Klugheit der Gläubigernationen, die ihm im
Londoner Abkommen von 1953 ungefähr die Hälfte seiner Schulden erlassen haben. [….]
Nach
zehn Jahren Merkel hat sich Europa in ein von Egoismen zersetztes St. Florians-Konglomerat
verwandelt.
Noch
widerlicher ist die allgemeine Xenophobie, die sich überall in Europa
durchsetzt.
Kommen noch Touristen,
wenn hier Ausländer rumstehen? In Österreich geben die rechten Ultras von der
FPÖ den Ton an. Die etablierten Parteien eifern ihr nach. Über einen Verfall.
[….] In
Wien standen FPÖler jüngst direkt vor einem Flüchtlingsheim mit großen
Schildern, auf denen zu lesen war: "Nein zum Asylantenheim". In Linz
hielten jetzt übrigens Sozialdemokraten Schilder am Straßenrand hoch:
"Sind Sie auch gegen ein großes Asylzentrum? Dann nicken Sie doch
mal." Kriminalität, Zuwanderung und Asylfragen hatten im Wahlkampf in der
Steiermark und im Burgenland eine herausragende Rolle gespielt. Wie viele
Fremde kommen noch, wer muss wie viele aufnehmen, kommen die dann auch zu uns,
sind wir noch sicher? Erst jetzt, da zwei Wahlen verloren sind und der
Wahlkampf um Oberösterreich und Wien begonnen hat, werden endlich Asylgipfel
angesetzt, Lösungen gesucht, macht der Kanzler das Ganze zur Chefsache, wird an
Menschlichkeit und Solidarität appelliert.
Vorher hatte die Innenministerin
Zelte aufstellen lassen, weil nicht genug Unterkünfte für die Asylbewerber zur
Verfügung stünden. Als Signal, "dass wir der Sache nicht Herr werden, war
das ein Turbo, ein Brandbeschleuniger", wie ein Wiener Politiker wütet.
Monatelang habe man sich im Kabinett nicht für die steigenden Flüchtlingszahlen
interessiert, "das war allen egal". Dann sei plötzlich Panik
ausgebrochen. Die Diskussion habe aber nicht etwa der Frage gegolten, wie man
das Problem konstruktiv angeht. Sondern wie "Österreich möglichst
unattraktiv für Flüchtlinge wird" - eine Politik, die der Nachbar Ungarn
derzeit mit besonders spektakulärer Verve exerziert.
[….] Dass die Konkurrenz der FPÖ hinterherrennt,
sie gar imitiert, das ist der eigentliche Erfolg der FPÖ. So stark ist derzeit
praktisch keine rechtspopulistische Partei in Europa, nicht mal der Front
National in Frankreich oder Jobbik in Ungarn, schon gar nicht Vlaams Belang in
Belgien oder die Freiheits-Partei von Geert Wilders in den Niederlanden, auch
nicht die dänischen Rechtspopulisten, die gerade einen historischen Sieg
errungen haben.
[….] Auch bundesweit rangiert die FPÖ
mittlerweile ganz vorn, sie würde, wenn jetzt der Nationalrat gewählt würde,
laut Umfragen wohl stärkste Partei Österreichs werden. Die früheren
Volksparteien sind im Schock. Ist dies das Ende von Österreich, wie man es
kennt?
[….] Auch die ÖVP verliert an Boden, Halt und
Haltung. Im Wahlkampf in der Steiermark hatte ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer
davor gewarnt, dass "Ausländer langsam das demokratische System
unterhöhlen". Belohnt wurde er dafür mit dem Amt des Landeshauptmannes. [….]
In
Deutschland haben wir für tumbe rechtsradikale Ressentiments sogar mehrere
eigenen Parteien: NPD, CSU und AfD.
Es gibt
keine Peinlichkeit, vor der Crazy Horst, Erfinder der Anti-Ausländermaut
zurückschrecken würde.
CSU-Chef Horst
Seehofer hat am Donnerstag mit einem Interview zur Flüchtlingspolitik
erheblichen Unmut verursacht. Der bayerische Ministerpräsident hatte darin
"massenhaften Asylmissbrauch" beklagt und Bundespräsident Joachim
Gauck kritisiert.
Die Fraktionschefin
der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, warf Seehofer vor,
"billigen Populismus auf dem Rücken von Flüchtlingen" zu betreiben.
Linken-Chef Bernd Riexinger nannte den Ministerpräsidenten einen
"Hinterwäldler". Auch die SPD kritisierte Seehofer heftig.
Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte, der CSU-Chef spiele mit dem Feuer.
Gerade in Zeiten, in denen sich "mancherorts brutaler Protest gegen Flüchtlinge
zusammenrottet", sollten Politiker ihre Worte genau wägen, "statt wie
Seehofer Ressentiments zu schüren und Stammtischparolen hinauszuposaunen".
Flüchtlinge,
Menschen in Not, die unvorstellbares Grauen erlebt haben, sind im Europa des
Jahres 2015, etwas vor dem man sich „abschottet“.
Die EU
bündelt lieber die Kräfte, um Flüchtlingsboote zu zerstören – nachdem sie schon
jeden anderen Weg blockiert hatte.
Menschen
retten steht nicht auf der Tagesordnung der EU.
Gescheiterte
Flüchtlingsquote Triumph der Egoisten
[….] Große Geste ohne Folgen: Nach der
Schiffskatastrophe im April, bei der 800 Flüchtlinge starben, versprach Europa
eine bessere Migrationspolitik. Jetzt konnten sich die EU-Staaten noch nicht
einmal auf eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge einigen - der Eigennutz hat
gesiegt.
Im Poker um die
Zukunft Griechenlands wäre eine Nachricht vom EU-Gipfel in Brüssel beinahe
untergegangen: Europas Staats- und Regierungschefs lehnen eine Flüchtlingsquote
für den Kontinent ab. Flüchtlinge sollen, wenn überhaupt, auf freiwilliger
Basis in Europa umverteilt werden, aber keinesfalls nach einem festen
Schlüssel.
[….] Ein Blick auf die kurze Karriere der
Flüchtlingsquote genügt, um das Ausmaß des politischen Versagens zu begreifen.
Die Forderung nach einer gerechten Verteilung von Asylbewerbern in Europa war
eine Reaktion auf das Massensterben von Migranten an den EU-Grenzen. Mindestens
800 Flüchtlinge ertranken bei der bislang schlimmsten Schiffskatastrophe im Mittelmeer
am 19. April.
[….] Zwei Monate nach der Havarie im Mittelmeer
ist von der Agenda nicht viel übrig geblieben. Die EU-Staaten, die große,
humanitäre Anstrengungen versprachen, konnten sich noch nicht einmal auf die
Verteilung von 40.000 Flüchtlingen einigen. Nationale Egoismen haben über
Menschlichkeit gesiegt. [….] Gemäß
des Schlüssels hätte Portugal wenige Hundert zusätzliche Flüchtlinge
beherbergen müssen. Deutschland, das reichste EU-Land, knapp 9000. Die
türkische Grenzstadt Suruc nahm vergangenen Herbst innerhalb einer einzigen
Woche 30.000 Syrer auf.
In
Deutschland betrachten die C-Parteien verzweifelte Menschen in Not als Gefahr,
vor der man sich schützen muß.
Flüchtlinge
werden einkaserniert – zuweilen sogar in Gefängnissen und sogar ehemaligen KZs (!!!)
– bewacht, drangsaliert, schikaniert, mit Stacheldraht umzäunt und mit
Jahrelangem Arbeitsverbot belegt.
Ein
Wahnsinn.
Das
gelegentlich so hysterische Amerika macht es anders und VIEL besser.
Hier
werden Flüchtlinge auch als Chance begriffen.
Sie
werden auf US-Kosten LEGAL ins Land geholt, müssen anschließend aber die Kosten
erstatten. Dies ist natürlich sehr viel billiger als die illegalen Schlepper
rund um die EU kosten.
In den
USA bekommen Flüchtlinge nicht nur KEIN Arbeitsverbot, sondern werden vom
ersten Tag an ausdrücklich ermuntert zu arbeiten und sich selbst zu
verwirklichen.
Die
großartige Isabel Schayani (2005-2014
Redakteurin bei MONITOR, jetzt Korrespondentin in NY) berichtete vor einigen Tagen im NDR von so einem Fall.
Utica ist eine
Erfolgsgeschichte der besonderen Art. Die Stadt drohte zu zerfallen, doch
Flüchtlinge bewahrten sie davor. Jedes Jahr kommen Hunderte Flüchtlingen nach
Utica.
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