Der
deutsche Bundespräsident hat nicht besonders viel zu sagen.
Er
bekleidet nur rein formal das höchste Amt im Staate.
Mir
wahrhaft mächtigen Präsidenten wie denen in Frankreich oder Russland teilt er
sich nur den Namen.
Verglichen
mit Obama oder Erdoğan ist Gauck ein armes Würstchen, welches bei
Staatsbesuchen den richtigen Präsidenten durch seinen protokollarischen Rang
die Zeit stehlen kann.
Es wirkt
bisweilen absurd. Steinmeiner reist nach China, Merkel reist nach China,
Gabriel reist nach China. Alle bekommen Gesprächstermine mit der Staatsführung.
Aber der arme Xi Jinping muß sich auch noch einen Tag freischaufeln, wenn Gauck
einschwebt, obwohl der ganz im Gegensatz zu den drei Erstgenannten nichts zu
sagen hat.
Es gibt
noch andere Nationen mit repräsentativen Staatsoberhäuptern ohne Regierungsgewalt.
Aber die
britische Queen oder die dänische Dronning sind wenigstens hochadelige
Persönlichkeiten mit vielen, vielen Jahrzehnten Erfahrung.
Und der
Österreichische Präsident bezieht eine besondere Legitimation aus der Tatsache,
daß er direkt vom Volk gewählt wird (wenn es denn mal klappt…).
Wie ein
deutscher Bundespräsident gewählt wird, erklären die vielen Medien zwar seit 60
Jahren immer wieder, aber beim minderbemittelten Urnenpöbel ist das eine
hoffnungslose Angelegenheit.
So gut
wie niemand weiß was eine Bundesversammlung ist und wie sie sich zusammensetzt.
Die
Väter der deutschen Verfassung haben sich gegen einen starken und direkt
gewählten Präsidenten entschieden, nachdem in der Weimarer Republik der senile
Trottelpräsident Hindenburg (1925 im Alter von 77 Jahren ins Amt gewählt) mit
schwachsinnigen Präsidialkabinetten die Demokratie ruinierte und schließlich
1933, als 86-Jähriger Hitler zum Reichskanzler ernannte.
Man kann
das so machen. Vielleicht arbeiten die wichtigsten Bundesminister und der
Bundeskanzler konzentrierter und effektiver, wenn es einen extra Grüß-August
gibt, der im gewaltigen Schloß Bellevue mit seinen 57 Sälen residiert und sich
mit anachronistischen Unwichtigkeiten wie Ordensverleihungen und Gartenfesten
plagt.
Der
Kanzler, die Kanzlerin hat wahrlich wichtigeres zu tun.
Die
Deutschen scheinen sich aber nicht vollständig von monarchischem Glanz
emanzipiert zu haben und überhöhen den Präsidentenjob in geradezu absurder
Weise.
Präsidenten
sind letztlich nichts anderes als bessere Hiwis der Bundesregierung, die als
Platzhalter bei Eröffnungen, Jubiläen und Gedenkveranstaltungen rumstehen, wenn
man im Kanzleramt mit echter Politik beschäftigt ist.
Der
beste Bundespräsident, den Deutschland je hatte, war Jens Böhrnsen.
Meiner
Ansicht nach war er als unprätentiöser, unauffälliger und doch würdevoller,
pflichtbewußter Sympath genau der Typ, den man im Schloß Bellevue sitzen haben
sollte.
Böhrnsen,
der frühere Verwaltungsrichter und siebenter Präsident des Senats und
Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen übernahm am 31. Mai 2010 gemäß Art.
57 Grundgesetz die Amtsgeschäfte und Befugnisse des Bundespräsidenten bis zum
Amtsantritt Christian Wulffs am 30. Juni 2010.
Im
Gegensatz zu den extrem statusverliebten, Privilegien-affinen, egozentrierten
Karrieristen Köhler, Wulff und Gauck bildete er sich nie etwas auf sein
vorrübergehendes Amt ein.
Es gab
noch eine zweite Sedisvakanz, bei der Horst Seehofer als Bundespräsident
amtierte. Im Gegensatz zu Böhrnsen genoß
und inszenierte dieser natürlich seine protokollarische Stellung.
1.
Bundespräsident: Theodor Heuss - 1949 - 1959
2.
Bundespräsident: Heinrich Lübke - 1959 - 1969
3.
Bundespräsident: Gustav Heinemann - 1969 - 1974
4.
Bundespräsident: Walter Scheel - 1974 - 1979
5.
Bundespräsident: Karl Carstens - 1979 - 1984
6.
Bundespräsident: Richard von Weizsäcker - 1984 - 1994
7.
Bundespräsident: Roman Herzog - 1994 - 1999
8.
Bundespräsident: Johannes Rau - 1999 - 2004
9.
Bundespräsident: Horst Köhler - 2004 -2010
-
Bundespräsident kommissarisch: Jens Böhrnsen - 2010
10.
Bundespräsident: Christian Wulff - ab 2010 - 2012
-
Bundespräsident kommissarisch: Horst Seehofer - 2012
11.
Bundespräsident: Joachim Gauck - ab 2012
Mehrere
Mythen ranken sind sich um das höchste Amt im Staate.
Mythos
I
Insbesondere
schreiben alle Journalisten gegenseitig voneinander ab, wie viel Glück
Deutschland mit seinen Präsidenten gehabt hätte.
Das ist
purer Unsinn. Lübke, Carstens, Herzog, Köhler, Wulff und Gauck waren schlechte
Präsidenten. Scheel war peinlich.
In
Wahrheit waren sie lediglich beliebt. Aber das lag daran, daß sie keine Tagespolitik
betrieben. Ähnlich ist es mit Außenministern. Die sind auch fast immer deutlich
beliebter als ihre Kabinettskollegen – die einzige Außnahme war der extrem
schlechte und überforderte Guido Westerwelle, der auch im repräsentativen
Außenamt nie über den Beliebtheitsstatus von Fußpilz hinaus kam.
Mythos
II
Ein
anderer Mythos ist der von der Richtungsentscheidung, die ein Bundespräsident
für die nächste Bundestagswahl bedeute.
Das war
tatsächlich im Jahr 1969 der Fall. Am 05.März wurde im dritten Wahlgang ganz
knapp mit einfacher Mehrheit von 512 zu 506 Stimmen (absolute Mehrheit = 519) der
SPD-Kandidat Heinemann durch die Hilfe der FDP Bundespräsident. Damit bewies
die SPD gewissermaßen ihre Regierungsfähigkeit und stellte nach der
Bundestagswahl vom 28.September tatsächlich auch erstmals den Regierungschef.
Für alle
anderen Bundespräsidenten läßt sich diese These aber schwerlich aufrechterhalten.
Von Weizsäcker konnte Kohl nicht leiden, CDU-BuPrä Herzog mußte den SPD-Kanzler
Schröder ernennen. Während Raus gesamter Amtszeit gab es gar keine
Farbenveränderung bei der Bundesregierung. Köhler trommelte für Schwarzgelb, mußte dann aber eine
GroKo-Merkel ernennen. Während der erbärmlichen beiden Wulff-Jahre gab es keine
Bundestagswahl und der rotgrüne Kandidat Gauck mußte eine 2013 wieder eine
CDU-Kanzlerin ernennen.
Mythos
III
Ein
großes Gewese veranstaltet die veröffentliche Meinung traditionell um die
angeblich notwendige Überparteilichkeit der Bundespräsidenten.
Auch das
ist großer Unsinn. Carstens, Scheel und Wulff waren knallharte Parteipolitiker,
die ganz klar für eine gesellschaftliche
Linie standen.
Deswegen
kann man aber dennoch als Präsident aller Deutscher funktionieren, so wie
Angela Merkel selbstverständlich auch Kanzlerin aller Deutschen ist und nicht
nur für die Bürger verantwortlich ist, die ebenfalls Mitglieder der Partei
sind, der sie vorsitzt.
Mythos
IV
Es darf
kein Geschacher um das Amt des Bundespräsidenten geben, weil dies die Würde des
Amtes beschädige.
Hierbei
handelt es sich um eine relativ durchschaubare Schutzbehauptung der Parteienvertreter,
die entweder keine Mehrheit in der Bundesversammlung aufbringen, oder die wie
Angela Merkel sehr schlecht im Schachern sind, weil sie geradezu gesetzmäßig
auf das falsche Pferd setzen.
Mit
Schaudern denke ich an die Bundespräsidentenwahl von 1994. Kohl hatte sich
trotz einer deutlichen schwarzgelben Mehrheit in eine ganz schlechte Lage
manövriert, weil er Steffen Heitmann, den ultrakonservativen rechten Hetzer aus
Sachsen (woher auch sonst?) zum Bundespräsidenten machen wollte. Die FDP
entdeckte daraufhin einen Rest von Rückgrat, stellte mit Hildegard Hamm-Brücher
eine brillante Kandidatin auf, während die CDU auf die zweite Wahl Roman Herzog
auswich. Den kannte damals zwar keiner, aber wie alle Verfassungsrichter galt
er als automatisch qualifiziert.
Die SPD
hatte unter ihrem neuen und extrabräsigen Vorsitzenden Scharping weder einer
Mehrheit noch gut taktiert, indem sie beispielsweise einen Konsenskandidaten
mit den Grünen aufgestellt hätte. Kandidat Rau hatte in keinem Wahlgang die
geringste Chance gewählt zu werden.
Wären
die Schwachköpfe bei SPD und Grünen auch nur ein kleines bißchen besser im
Schachern gewesen, hätten sie Rau spätestens im dritten Wahlgang zurückgezogen
und ebenfalls Hamm-Brücher gewählt.
Damit
hätten sie einen Keil zwischen Schwarz und Gelb getrieben, weil sich die FDP
schlecht gegen ihre eigene Kandidatin stellen konnte, einen CDU/CSU-Kandidaten
verhindert, ein Signal für die Frau gesetzt und auch noch die vermutlich beste
Bundespräsidentin aller Zeiten bekommen.
Mythos
V
Die
GroKo-Spitzen müssen einen Konsenskandidaten finden.
Hierbei
handelt es sich um ein relativ neues und besonders absurdes Phänomen.
Offenbar
erkannte Merkel nach ihren beiden schlimmen Schlappen (Köhler und Wulff), daß sie
Bundespräsidentenwahl einfach nicht kann.
Zudem
weiß sie aus eigener Erfahrung, daß Streit und klare Positionierungen demoskopisch
bestraft werden. Wann immer sie auch nur den Eindruck erweckte für etwas
Bestimmtes einzutreten, nahmen es ihr die Wähler übel. Aber sobald sie sich
wieder in wolkigen Sinnlos-Reden ergeht und sich aus der Politik
heraushält, mögen sie die Deutschen wieder.
Ein Konsens-Kandidat
ist also bequem für die GroKo-Taktikerin Merkel.
Mit der
Eignung zum Präsidenten hat das aber rein gar nichts zu tun.
"Wir folgen
weiter dem Bemühen, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden", sagt
CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Merkel und Seehofer ist diese Variante die
mit Abstand liebste. Denn sie tut machtpolitisch nicht weh.
Nach dieser Lesart
liefe es besonders gut, wenn die Große Koalition einen Kandidaten fände, dem
auch noch FDP und Grüne zustimmen könnten. So wie das eben bei Vorgänger
Joachim Gauck der Fall war. [….]
Es Merkel
besonders leicht zu machen, ist aber nicht das Verfassungsziel.
Ich habe
selten etwas Abwegigeres von der CDU gehört als die Aufforderung an die SPD den
Vorschlag „Steinmeier“ vom Tisch zu nehmen, weil das keine Konsenslösung wäre.
Die
besten Präsidenten waren der aktive SPD-Parteipolitiker Böhrnsen und der in
einer äußerst erbitterten Auseinandersetzung im dritten Wahlgang ohne absolute
Mehrheit gewählte Gustav Heinemann.
Den
Konsens-Typen Gauck, der sich trotz seiner gammeligen braunen Zahnstümpfe
offenbar selbst über alle Maßen liebt, halte ich für die größte Fehlbesetzung
überhaupt.
Wie ich
immer wieder betone, hätte ich nicht gern einen Altpolitiker, der einfach irgendwohin
weggelobt werden muß (Wulff!) als Bundespräsidenten, sondern Herta Müller, die ich für ideal halte.
Aber sofern
man keinen der Parteipolitik fernen Kandidaten wie Müller oder Kermani
aufstellt, sollen sich die Parteien bitte darum streiten wer für das Amt in
Frage kommt.
Die
Meinungsabbildung für das Volk ist die ureigene Aufgabe der Parteien.
Seit
wann ist Arbeitsverweigerung schick?
Die
Aufstellung eines eigenen Kandidaten, diese Aufstellung zu begründen und den Kandidaten
dann gegen die anderen zu verteidigen, müssen Parteien leisten.
Wenn sie
das nicht wagen, können sie gleich Konkurs anmelden.
Bitte
mehr Streit!
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