Als
ökonomische Einheit betrachtet bin ich sehr allein.
Meine „Firma“ besteht eigentlich nur aus einem Gewerbeschein und dem was ich so vor mich hinkritzele.
Meine „Firma“ besteht eigentlich nur aus einem Gewerbeschein und dem was ich so vor mich hinkritzele.
Das hat
Vorteile, weil ich wenige Unkosten habe. Schließlich wohne ich allein mit 20
Jahre altem Mietvertrag; keine Haustiere, keine Kinder, keine Exfrauen, die ich
finanzieren muß. Keine teuren Hobbys, keine Reisen und für’s „ausgehen“ bin ich
glücklicherweise zu alt.
Blöd ist
natürlich, wenn ich mir, wie Anfang des Jahres geschehen, einen
Krankenhausaufenthalt mit aufwändiger OP gönne und anschließend zwei Monate nicht
mehr laufen kann. Miete, die extrem teure private Krankenversicherung,
aus der ich nicht rauskomme, die Zeitungsabos, sonstigen Versicherungen,
KfZ-Steuer, Telefon, Internet werden selbstverständlich weiterhin jeden Monat
abgebucht.
Das wird
dann sehr schnell unlustig und bedrohlich, wenn kein Geld mehr reinkommt.
Hilfe kann
man nicht erwarten. Wenn ich anfange zu jammern, daß ich diesen Monat leider
nicht gearbeitet habe und daher kein Geld habe, wird meinen Vermieter das nicht
interessieren.
Politische
Appelle kann ich mir auch sparen. Ich habe schließlich keine Lobbyisten bezahlt,
bin systemisch irrelevant.
Das ist
ganz anders, wenn man Opel, Banker, Atomindustrie oder Bauer ist.
Dann
muss man sich auch nicht mit Petitessen aufhalten und zum Beispiel erst mal
klären, ob man wie die ein oder andere Landesbank ganz allein schuld an der Misere
ist.
Dann
reißt an einfach die Klappe auf.
Der Goldstandard ist der Status als „global
systemrelevant" (Global Systemically Important Bank, G-SIB), vulgo „too big, to
fail“.
Das ist
praktisch. Da kann man rücksichtslos rumspekulieren, Milliarden an sich raffen
und wird zum Geburtstag zum Privatdinner ins Kanzleramt eingeladen.
Und wenn
alles schief geht, man zehnstellige Summen verdaddelt hat, bekommt man
weiterhin seine Millionengehälter, wird weiterhin ins Kanzleramt eingeladen und
hält dort die Hand auf, um den Steuerzahler die Verluste übernehmen zu lassen.
Man
erinnere sich an die international gesehen kleine HSH-Nordbank, die eigentlich Kleinunternehmer
in Hamburg und Schleswig-Holstein unterstützen sollte, dann aber auf die Idee
kam lieber das ganz große Geld mit internationalen Finanzprodukten und
Schiffsfinanzierungen zu machen.
Im
Aufsichtsrat hockten völlig überforderte Landespolitiker wie Werner Marnette, von
Juli 2008 bis März 2009 CDU-Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr
des Landes Schleswig-Holstein und Wolfgang Peiner, von 2001 bis 2006 CDU-Finanzsenator
der Freien und Hansestadt Hamburg, die tumb zu allem Ja sagten.
Und dann
waren plötzlich 30 Milliarden verzockt und die Bürger der beiden nördlichen Bundesländer
hatten den Schaden.
Peiner
und Marnette schämten sich noch nicht einmal.
Nur
Bundesfinanzsenator Steinbrück war sauer und verfügte, Manager der vom
Steuerzahler „geretteten“ Banken dürften nicht mehr als EUR 500.000,- jährlich
verdienen.
CDU-Bürgermeister
Ole von Beust hatte es aber bekanntlich nicht so mit Regeln und Anstand. Er
ließ dem Mann, der 30 Milliarden verloren hatte, Dirk Jens F. Nonnenmacher, von
2008 bis 2011 Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank, dennoch 1,5 Millionen
Euro Gehalt zahlen.
Als die
Sache aufflog, zuckte Beust mit den Achseln und verkündete lapidar für bloß
500.000,- bekomme man eben keinen qualifizierten Manager.
Spätestens
da bedauerte ich es kein Bankmanager geworden zu sein.
Wenn man
noch einem 30-Mrd-Verlust, für den die Hamburger und Schleswig-Holsteiner
gerade stehen müssen, immer noch als so qualifiziert gilt, daß man 1,5
Millionen Jahresgehalt verdient, kann der Job ja nicht sehr anspruchsvoll sein.
Deutsche
Bauern sind ähnlich gut vernetzt.
Ihre
Lobby-Präsidenten sitzen üblicherweise direkt in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
und sorgen wie schon Seehofer und Aigner dafür, daß unter allen Umständen
geheim gehalten wird, wer eigentlich die gewaltigen Agrarsubventionen
bekommt.
Subventionen,
die vom Steuerzahler aufgebracht werden, im großen Maßstab, ja sogar global die
Landwirtschaft ruinieren, weil sie mit EU-Billigexporten afrikanische Bauern in
die Pleite treiben und zur Flucht zwingen. Subventionen, die inzwischen 50% der
bäuerlichen Einkünfte ausmachen und nach Fläche verteilt werden. Den Größten
und Umweltschädlichsten das Meiste.
Fast
alles für Monokulturen, nichts für kleine Ökobauern.
[…..] Die 15 Top-Subventionsempfänger erhielten
2017 zusammen 86 Millionen Euro - von insgesamt 6,5 Milliarden Euro. […..] Auch die dänisch-schwedische
Molkereigenossenschaft Arla gehört mit 3,09 Millionen Euro zu den
Top-Subventionsempfängern in Deutschland. […..] Die Agrarausgaben machen mit etwa 58 Milliarden Euro jährlich aktuell
fast 40 Prozent des EU-Budgets aus. Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik
(GAP) hat auch deshalb einen so großen Stellenwert, weil sie seit mehr als 50
Jahren der einzig voll gemeinschaftlich finanzierte Politikbereich der EU ist. […..]
Unter den Top 20 sind auch fünf
landwirtschaftliche Großbetriebe - sie bewirtschaften alle riesige Flächen in
Ostdeutschland. […..]
Die Molkerei Arla
steht mit gut drei Millionen Euro im Ranking der Direktzahlungen auf Platz fünf[…..]
Mit Südzucker landet
einer der größten Nahrungsmittelkonzerne Deutschlands auf Platz elf der Empfänger
von Direktzahlungen. Das börsennotierte Unternehmen bezog 2017 rund 1,6
Millionen Euro aus dem EGFL-Topf. Hinzu kamen noch fast 300.000 Euro aus dem
ELER-Fördertopf für die Entwicklung des ländlichen Raums. 2016 bekam Südzucker
Subventionen in Höhe von 1,82 Millionen Euro. Der Konzern machte in den
vergangenen beiden Geschäftsjahren unterm Strich jeweils einen Gewinn von mehr
als 300 Millionen Euro. […..]
Laut Zahlen des
Bundeslandwirtschaftsministeriums erhielten die landwirtschaftlichen
Haupterwerbsbetriebe in Deutschland im Wirtschaftsjahr 2016/2017 im
Durchschnitt 33.817 Euro an Direktzahlungen und Zuschüssen. Dies entsprach 408
Euro pro Hektar. [….]
Fairerweise
sei erwähnt, daß die kleinere Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft diesen Wahnsinn auch kritisch sieht.
[….]
Es sei zu einfach, jetzt nur Geld vom
Bund zu fordern, sagt ihr Geschäftsführer, Georg Janßen. Er appelliert an die
Solidarität der Bauern untereinander und die der Abnehmer ihrer Erzeugnisse.
"Faire Preise würden uns viel mehr helfen als die Unterstützung vom
Staat", sagt er. [….]
Derzeit erleben
wir eine Rekordhitze in Deutschland.
Jeder
kann mit eigenen Augen sehen, wie die Natur leidet.
In Hamburg
schöpft die Umweltbehörde täglich tonnenweise tote Fische aus der Alster ab,
die Straßenbäume werfen die Blätter ab und die Grünflächen sind braun.
Wie so
oft, klagen natürlich auch die Bauern.
Nicht so
gerne erwähnt wird dabei, wie heterogen das Bild ist. Einigen nützt die Hitze.
Und alle können sich über höhere Preise freuen.
[….] "Beim Obst überwiegen die positiven
Effekte der Witterung", sagt Michael Koch vom Agrarmarktinformationsdienst
(AMI). Die Apfelbäume hängen in diesem Sommer recht voll. Auch melden
Obstbauern in diesem Jahr eine deutlich größere Kirschen- und Pflaumenernte.
Bereits im Frühsommer hat die Branche sechs Prozent mehr Erdbeeren geerntet als
im Vorjahr. [….] Die Winzer
profitieren bislang vom langen und warmen Sommer 2018. Die Trauben sind etwa
drei Wochen schneller gereift als im langjährigen Durchschnitt, die Rebstöcke
reichlich behängt. "Die Ertragsaussichten der Winzer sind gut in diesem
Jahr", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Bereits in einer
Woche wollen erste Betriebe mit der Weinlese für Federweißer beginnen. Einen so
frühen Erntetermin habe es noch nie gegeben. [….]
Die
politischen Bauern sind allerdings nicht mehr gewöhnt Risiken zu tragen und
vorausschauend zu planen.
Sie
kennen es nicht mehr anders, als immer vom Steuerzahler üppige Zulagen zu
erhalten.
Fällt
die Ernte also mal schlechter aus, ist es ein natürlicher Reflex sofort nach
dem Bund zu quaken. Der soll für die Verluste aufkommen.
Eine
Milliarde Euro Soforthilfe darf es schon sein. CDU-Rechtsauslegerin Klöckner,
ehemalige Weinkönigin und Landwirtschaftsministerin, prüft es wohlwollend. Ist
ja nicht ihr Geld und außerdem waren die Bauern schon immer die treuesten
CDU/CSU-Wähler.
[….] Wann
immer die Natur nicht will, wie die Landwirtschaft hofft, kommt bald der Staat
ins Spiel. Kein Wunder, schließlich sitzen an den Kabinettstischen in Bund und
Land genügend Agrarminister, um auf das Wohlergehen der Bauern zu achten. Einen
so direkten Draht hat keine andere Branche. Wenn Bauernpräsident Rukwied daher
jetzt schon eine Milliarde Euro für „wünschenswert“ hält, um besonders hart
getroffene Bauern für die Ernteausfälle zu entschädigen, lässt das politische
Echo nicht auf sich warten.
[….]
Auch ist es Kernaufgabe jeden Landwirts,
seinen Betrieb gegen Wetterschwankungen zu wappnen.
Es ist seine Sache,
das Risiko auf verschiedene Standbeine (etwa Ökostrom oder Tourismus) zu
verteilen, Pflanzen entsprechend auszuwählen und zu mischen, Kapitalreserven zu
bilden oder sich zu versichern. Doch gerade am Aufbau von Versicherungsschutz
scheint der Bauernverband wenig interessiert. Offenbar ist es einfacher, für
die Wetterlaunen öffentliche Hilfen zu mobilisieren.[….]
Leider
wurde in der Landwirtschaftspolitik längst wieder der Bock zum Gärtner gemacht,
nachdem es unter Gerd Schröder mit Renate Künast eine Bundesministerin gab, die
Strukturen aufbrach, auf Ökologie setzte und die bäuerlichen Großbetriebe und
Monokulturen kritisierte.
Allein,
der Wähler wollte das nicht und wählte lieber wieder C-Politiker auf den
Posten, die tun, was die Agrar-Großlobby will.
Die
Bauern haben zwar zum Teil selbst Schuld an ihrer Misere, aber ihre politischen
Vertreter in der Union befördern eine Vollkasko-Mentalität, die ein
ökologisches Umdenken unmöglich macht.
[…] Landwirte bekommen staatliche Beihilfen, die
knapp die Hälfte ihres Einkommens ausmachen. Und sie können sich auf eine
starke Interessenvertretung verlassen. Wie sehr, das zeigt sich in diesen Tagen
wieder. Eine Milliarde Euro vom Staat verlangt der Deutsche Bauernverband, um
dürregeplagten Erzeugern zu helfen - eine Forderung, die einerseits
verständlich, andererseits aber auch dreist ist. Verständlich ist sie, weil
tatsächlich Existenzen auf dem Spiel stehen. Dreist, weil ein Teil des Problems
hausgemacht ist. Es kann nicht angehen, dass die Agrarlobby einerseits offene
Märkte fordert, andererseits aber sofort nach staatlicher Hilfe ruft, wenn sich
Markt und Wetter einmal von ihrer schlechten Seite zeigen. [….]
Was auf Äckern und in
Ställen geschieht, hat auch Einfluss aufs Klima. In der Tierhaltung entstehen
schädliche Treibhausgase; Böden können dagegen CO₂ speichern.
An diesen
Stellschrauben muss die Agrarpolitik drehen. Weniger Tiere in Ställen, das
bedeutet unter dem Strich weniger Emissionen. Ein Ackerbau, der auf Vielfalt
statt auf Monokulturen setzt, wenig Pestizide und Kunstdünger verbraucht,
entlastet die Klimabilanz. Wie empfindlich riesige Felder reagieren, zeigt sich
in diesem Sommer in Nord- und Ostdeutschland. Wo vor Jahrzehnten noch Bäume und
Hecken kleinere Äcker säumten und so ein stabiles Mikroklima schufen, wächst
heute Mais, Getreide oder Raps, so weit das Auge reicht. Böden trocken so
schneller aus, erodieren leichter. Insekten und andere Tiere können in solche
Agrarwüsten nicht überleben.
[….]