Wie die meisten meiner Schulfreunde hatte ich auch mit 16 mein
eigenes Sparbuch auf der Bank.
Während einige schon regelmäßig neben der Schule Geld
verdienten, beliefen sich meine Einkünfte weitgehend auf Taschengeld, das ich
allerdings auch üblicherweise verprasste, sobald ich es bekommen hatte.
Das Sparbuch war eher für die außergewöhnlichen Eingänge,
wenn man zu Weihnachten oder dem Geburtstag etwas bekommen hatte.
Mit den damals üblichen zehn Prozent Zinsen war dieses
kleine blaue Büchlein eine tolle Sache. Insbesondere als ich mit 19, als ich
schon studierte, für mich vollkommen überraschend eine fünfstellige Summe auf
einen Schlag bekam, weil mein Mutter kurz nach meiner Geburt eine
Ausbildungsversicherung abgeschlossen hatte, die über 18 Jahre lief und auch
die ganze Zeit entsprechend verzinst wurde. Erstaunlicherweise hatte sie mir
nie etwas davon gesagt und so staunte ich nicht schlecht, als aus heiterem
Himmel mein Konto so angenehm aufgefüllt wurde. Inzwischen hatte ich zwar auch
einen Job an der Uni und verdiente wie die meisten Studenten hier und da noch ein
paar Mark dazu, aber die Sparbuchzinsen von diesem Versicherungsgeld waren
außerordentlich hilfreich in meinem Alltag.
Woher die Zinsen eigentlich kamen; wer das Geld erwirtschaftete,
das mir in den Schoß fiel, interessierte mich damals nicht.
Es war eine diese einfach nicht existenten Fragestellungen,
von denen man sich heute nicht mehr vorstellen kann, wieso vor einem halben
Jahrhundert niemand darüber nachdachte:
Haben Millionen Tonnen Kerosin, die in der Atmosphäre verbrannt werden, irgendwelche Folgen?
Ist es eigentlich unbedenklich, daß Juden, Amerikaner und
Muslime ihren Söhnen einen Teil des Penis abschneiden?
Hört der Zinssegen auf dem Sparbuch eines Tages auf?
Gibt es eine dringende Notwendigkeit Scham- und
Achselbehaarung penibel zu rasieren?
Können Kühe und Schafe das Klima kaputtfurzen?
Macht es irgendeinen Sinn, wenn jeder immer ein Telefon
dabei hat und 24/7 erreichbar ist?
Inzwischen ist die Welt eine andere geworden.
Jeder 13-Jährige zupft sich akribisch die Haare vom Skrotum,
tippt ununterbrochen auf seinem Klugtelefon herum, trennt Müll und weiß
vermutlich nicht einmal was ein Sparbuch ist.
Nun heißt es Kapitalismus kaputt.
Wer heute eine große Versicherungssumme ausgezahlt bekommt
und damit zur Bank geht, bekommt einen Hieb mit dem Nudelholz auf den
Hinterkopf.
Wenn der nette Herr aus der Sparkasse überhaupt das Geld
nimmt, ist es möglich, daß man zur Strafe zahlen muss.
Die günstigere Alternative ist es ein Bankschließfach für
knapp 100 Euro im Jahr zu mieten, sein Geld in großen Scheinen dahinein zu
legen und abzuwarten bis es weginflationiert wird.
Alles was Merkel und Schäuble in der 2008er Krise von der „schwäbischen
Hausfrau“ erzählten; die wissenden Mahnungen der Porsche- und Jet-Besitzer Merz
und Lindner an die Niedrigverdiener, das Geld müsse erst mal erwirtschaftet
werden, sind zu hohlen Phrasen geworden.
Schulden sind etwas Gutes. Sie bringen die Wirtschaft in
Schwung. Wenn Herr Scholz sich ein paar Hundert Milliarden leiht, bekommt die
Börse vor Glück einen Eisprung. Endlich haben wenigstens ein paar Milliarden
der weltweit umherschwirrenden Billionen ein Zuhause gefunden.
Sparen um des Sparens Willen ist geradezu kriminell.
Schon gibt es Befürchtungen, daß Milton Friedmanns Helikoptergeld,
welches ausgerechnet die antisozialistische Trump-Administration möglicherweise
auszahlt, gar nicht den gewünschten konjunkturbelebenden Effekt hat.
Ökonomen wollten mit so einer Maßnahme die Gefahr einer Depression
abwenden. In einer Depression sinkt die Nachfrage unter das Angebot, so daß das
Angebot aktiv verkleinert wird. Wirtschaftswissenschaftler fürchten dieses
Szenario wie kein anderes, weil damit eine brutale Abwärtsspirale in Gang
kommt.
Hätte jeder Verbraucher 1.000 Dollar extra, würde sie direkt
in den Konsum gehen und somit die Nachfrage deutlich stärken, so daß wiederum
die arbeitsplatzintensiven Produktionen und Dienstleistungen angekurbelt
würden.
So denken sich das die schlauen Ökonomen in der Theorie.
Aber was ist eigentlich in Corona-Zeiten, wenn alle zu Hause
sitzen und ihr Geld gar nicht ausgeben können, weil Reisen, Restaurantbesuche,
Theatererlebnisse und Champagner-intensiver Spaß im Bordell verboten sind?
Das Geld muss raus, die schwarze Null muss weg.
Partiell wird das auch von konservativen Politikern
vorausgesetzt.
Ich habe noch nie gehört, daß die Bürger aufgefordert wurden
bei der heißgeliebten Autoindustrie zu sparen.
Bitte keine Mercedes-Limousinen und BMWs mehr kaufen, weil
die zu teuer sind?
Keine PS-Starken Motoren mehr? Bitte keinen Schnickschnack
in der Ausstattung. Hat Oondi Scheuer schon jemals damit gedroht teure Spielereien
wie Regensensoren, elektrische Fensterheber, beheizte Sitze, Parkassistenten
oder Alufelgen zu verbieten, weil wir als „schwäbische Hausfrauen“ sparen
sollten und nicht mehr als unbedingt notwendig für die Autos ausgeben sollten?
Verlangt irgendein Auto-Lobbyist nur noch billige und
zuverlässige Dacias und Ladas zu kaufen, weil die nur ein Zehntel des
Anschaffungspreises kosten und nicht so wartungsintensiv sind?
Nein, das wird nicht gefordert, weil die Automobilindustrie
Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen bringt.
Je mehr Geld für Autos rausgehauen wird, desto besser.
Es ärgert Lobbyisten wie
Matthias Wissmann und Hildegard Müller sehr, daß man den Deutschen keine
Mindestmotorleistung von 200 kW vorschreiben kann, weil diese blöde Greta immer
vom Klima redet.
Während aber Luxusautos
tatsächlich sinnlos sind, weil ein Lada genauso den Zweck erfüllt von A nach B
zu fahren wie ein Bentley, gibt es bessere Wege dem Luxus zu frönen.
Kauft Euch eine wunderbare mechanischen Armbanduhr für
einen fünf- oder sechsstelligen Betrag. Sie ist zwar auch sinnlos, weil jedes
Klugtelefon ebenfalls die Zeit anzeigt, aber ihre Schönheit tut im Gegensatz zu
Autos niemand weh. Es ist reine Mechanik, die nicht die Umwelt zerstört und
hochwertige Arbeitsplätze schafft. Eine Patek oder Rolex produziert auch keinen
Abfall und ist ewig haltbar. Die können noch die Urenkel tragen.
Noch besser als eine Uhr und
sehr viel besser als ein BMW wäre es viel Geld in die Gesundheit zu
investieren.
Bitte nicht mehr bei Pflegepersonal und Krankenhauskosten sparen!
Ein sehr teures
Gesundheitssystem ist gut!
Das ist ein nachhaltiger,
sinnvoller und notwendiger Wirtschaftszweig, der sehr viel gut bezahlte
Arbeitsplätze generiert und den Menschen hilft.
Es gibt keinen Grund alle Profite den Pharmakonzernen und Medizintechnikherstellern
zu überlassen. Diese verschieben die Milliarden in Steueroasen. Der arme reiche Bernd Broermann hat mit seinen Hamburger Asklepioskrankenhäusern, die
er vom Beust-Senat auf Kosten der Allgemeinheit geschenkt bekam, so viele Milliarden
verdient, daß er gar nicht mehr weiß wohin damit und wahllos anfängt
Luxushotels aufzukaufen.
Aber pumpt das Geld in die
Gehälter, in neue Intensivplätze, in Pflege und Betreuung, in
Patientensicherheit und Hygienemaßnahmen, in Ausbildung und Forschung.
[….] „Es ist unverantwortlich, angesichts der Covid-19-Krise an den
Fallpauschalen zur Finanzierung der Krankenhäuser festzuhalten. Die
Fallpauschalen sind hauptverantwortlich für die jetzige Misere in den Kliniken.
Pflegenotstand, Personalmangel, wenig Bevorratung sowie fehlende Betten- und
Laborkapazitäten sind Ergebnis des Kostendrucks, dem die Krankenhäuser seit
über 15 Jahren ausgesetzt sind“, erklärt Harald Weinberg, krankenhauspolitische
Sprecher der Fraktion DIE LINKE, zum heute vom Bundeskabinett beschlossenen
Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz. Weinberg weiter:
„Gesundheitsminister Spahn
bricht sein Versprechen gegenüber den Krankenhäusern, dass kein Haus durch
Covid-19 ins Defizit rutschen werde. Statt den Kliniken jetzt Sicherheit zu
geben, dass sie sich ohne finanzielles Risiko der Epidemie stellen können, lässt
Spahn wirtschaftliche Fehlanreize bestehen. Jedes einzelne Krankenhaus muss nun
selbst betriebswirtschaftlich abwägen, ob sich Engagement gegen Corona lohnt
oder nicht – das ist wahnwitzig.
Der logische Schritt wäre ein echter ‚Schutzschirm‘, also die Zusage,
den Krankenhäusern befristet für die Zeit der Epidemie ihre gesamten Kosten zu
erstatten. Dafür müssten die Fallpauschalen ausgesetzt und die Kosten am Ende
spitz abgerechnet werden. Andernfalls wird es bei den Krankenhäusern
Krisengewinner und Krisenverlierer geben. Das ist in einer Zeit, in der
größtmögliche gesellschaftliche Solidarität notwendig ist, das vollkommen
falsche Signal.“ […..]
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