Montag, 18. Mai 2020

Der braune Abstieg – Teil II

Oberflächlich sieht es so aus als ob die AfD sich in ihrem dritten Häutungsprozess stecke. Ungefähr alle zwei Jahre kommt es zu dieser Metamorphose, dann verpuppt sich die immer dicker werdende braune Made, streift den bisherigen Vorsitzenden ab und wird als wesentlich giftigeres Ungeheuer, rechts von seinem alten Ich wiedergeboren.

(……) Prof Lucke kann offenbar nur von der Wand bis zur Tapete denken.

Bereits zwei Jahre später war die gesamte Kernidee der neuen Partei vollständig verworfen worden und eine neue, noch absurdere Sau wurde durchs Dorf getrieben. Die unternehmerisch krachend gescheiterte rechte Sächsin Frauke Petry verdrängte des Hamburger Prof im Pullover von der Parteispitze, strich das eine Thema (Euro) der Einthemenpartei und setzte nun ausschließlich auf xenophobe Gefühle.

Abgesehen von dem moralisch-ethischen Totalversagen, setze die AfD damit erneut darauf dem unter enormen Fachkräftemangel leidenden Deutschland insbesondere ökonomisch schwer zu schaden.
Denn die Maßnahmen und Ausgaben zur Integration der Flüchtlinge in Deutschland erweisen sich als reines Konjunkturprogramm. Die Arbeitslosigkeit sank, die Wirtschaft wuchs und mit inklusive einer Million Neubürger im Land sank die Kriminalitätsrate auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren.
Schon Frauke Petry hatte in den Jahren 2015 und 2016 bis zutiefst verstörende völkische Aussagen getätigt. Sie fabulierte davon Frauen und Kinder an den Grenzen erschießen zu lassen und wollte den Begriff „völkisch“ wieder positiv besetzen.

Nach weiteren zwei Jahren war dann auch Frauke Petry der rasant in den Rechtsextremismus abdriftenden AfD zu liberal. Sie verließ die Partei im September 2017 und wurde vom Revanchisten Alexander Gauland ersetzt.

Wieder bekam die AfD einen neuen Spin; die Flüchtlingsfeindlichkeit blieb, aber hinzu kamen nun offener Rassismus, nationalsozialistisches Gedankengut und teebeutlerisches Wissenschafts-Nichtverständnis. (……)

Vor ein paar Tagen erreichte der selbst weit rechts von Lucke und Petry stehende Co-Parteichef Meuthen in einem spektakulären 7:5-Vorstandsvotum den Parteiausschluss des brandenburgischen Hobby-Himmlers Andreas Kalbitz.
Meuthen stellte sich offensiv gegen den Mann, dem er bisher öffentlich bereitwillig den Hintern geleckt hatte.

[…..] Da war etwa das Kyffhäuser-Treffen in Thüringen 2017. Einige Jahre veranstaltete der Flügel am Fuß des riesigen Kaiser-Wilhelm-Denkmals Treffen. Höcke und Kalbitz träumten hier offen vom Umsturz. Schon damals war die Ansprache des Flügels so deutlich, dass die Wirtin des Veranstaltungshotels die AfD um Reden nur bei geschlossenem Fenster bat. Meuthen störte sich an der Rhetorik offenkundig nicht. Am Rande des Treffens wurde er gefragt, ob er sich wohlfühle auf diesem Fest der sogenannten Patrioten. "Sehr sogar", antwortete der Parteichef. Er sei ja auch schon zum zweiten Mal da. Die konservativ-patriotische Wende nehme hier ihren Anfang, lobte Meuthen. Und auf Kalbitz angesprochen sagte er damals der ARD, er würde "bestreiten, dass wir es hier mit einem Rechtsextremen zu tun haben". Man habe es mit einem "hochgebildeten, hochreflektierten Menschen zu tun", der "hervorragende Parteiarbeit" leiste. Die feinsinnige Rede von Kalbitz klang damals so: "Wir werden die Politik der Deutschlandabschaffer rückabwickeln." Deren Ende nahe, und zwar auf der "politischen Sondermülldeponie der Geschichte", sagte Kalbitz. "Wir werden auf den Gräbern tanzen. Wir holen uns dieses Land zurück." [….]

Wie konnte dem zuletzt so schwächelnden Sprecher dieser Schlag gegen den extrem gut vernetzten Flügel-Großzampano gelingen?
Bis vor wenigen Wochen sah es so aus, als ob trotz der scheinbaren Auflösung des faschistischen Flügels der Partei die hochgefährlichen völkischen und offen mit dem Hitler-Nationalsozialismus liebäugelnden Ost-AfDler den internen Machtkampf gewonnen hätten.
Sprachrohr Bernd Höcke und seinem Stichwortgeber Hobby-Himmler gelang es spielend Meuthen zum Kotau zu zwingen, als dieser eine Spaltung der Partei vorschlug.
Die mächtigsten Köpfe der Bewegung; also Gauland, Weidel, Tino Chrupalla und Stephan Brandner hatten sich allesamt entweder aus Überzeugung, aus Angst oder durch Opportunismus Bernd Höcke untergeordnet.
Wäre es nicht eigentlich nur noch eine Frage der Zeit gewesen bis sich die AfD erneut verpuppt, Meuthen ausspeit und als kotige NPD wiedererscheint?
Es werden ganz in diesem Sinne auch die Messer gewetzt, um den Ausschluss‘ des Brandenburger Partei- und Fraktionschefs rückgängig zu machen.
Seine Landtagsfraktion steht zu ihm und Kalbitz selbst klagt vor dem Parteigericht.

[….] Nach dem Parteiausschluss von Kalbitz greift AfD-Fraktionschef Gauland Parteichef Meuthen scharf an. Er habe ihm im Vorfeld von diesem Schritt abgeraten, sagt Gauland im ZDF. […..]

Bernd Höcke, der sich vor wenigen Wochen noch mit plumpem SS-Humor damit gebrüstet hatte Männer wie Meuthen „aus der AfD ausschwitzen“ zu wollen, ist erwartungsgemäß im Trumpschen Rage-Mode.

[…..] Höcke, der Thüringer Landesvorsitzende und prominenteste Kopf des rechten Flügels, reagierte mit einer Kampfansage an den Bundesparteichef Jörg Meuthen. Höcke warf ihm "Verrat an der Partei" vor, weil Meuthen am Freitag den Ausschluss von Kalbitz im Bundesvorstand mit knapper Mehrheit durchgesetzt hatte. Höcke sprach von einem Versuch, die Partei zu spalten und kündigte an, er werde "die Spaltung und Zerstörung unserer Partei nicht zulassen". Offenbar überlegt sein Lager, einen Sonderparteitag zu beantragen.
Unterdessen zeigt sich auch die Parteispitze gespalten. So lehnte Meuthens Ko-Vorsitzender Tino Chrupalla den Ausschluss von Kalbitz ebenso ab wie die Spitzen der Bundestagsfraktion Alice Weidel und Alexander Gauland. [……]

Wieso ist Jörg Meuthen noch nicht von der braunen Wucht weggefegt worden?
Wieso kann er sich anders als seine unglücklichen erst zündelnden und dann in den Flammen umgekommenen Lucke und Petry noch halten?

Die Gründe sind in diesem Fall Geld, Macht und Privilegien.
 Faschistische Hetze ist zwar allen AfDlern wichtig, aber noch lieber stopfen sie sich die eigenen Taschen voll. Sie alle haben gelernt von staatlicher Parteien-Alimentierung zu leben.
Nach der Beobachtung der AfD-Jugend und des AfD-Flügels durch den Verfassungsschutz, lag es auf der Hand, daß die Schlapphüte nun ihr Augenmerk auf die gesamte Partei richten könnten.
Schließlich hatte man den eiternden Flügel nicht etwa amputiert und entsorgt, sondern ganz einfach absorbiert.

Entgegen ihrer großspurigen Aussagen haben die braunen Parlamentarier durchaus Angst vor V-Männern und intensiverer Beobachtung, weil sie am besten wissen wie viele Leichen sie im Keller haben und wie negativ sich weitergehende Verbote auf ihre pekuniäre Situation auswirken könnte.

Es spricht außerdem einiges dafür, daß die offensichtliche Konfrontation mit dem Verfassungsschutz, der selbst nicht gerade als linksliberal gilt und lange vom Werte-Union-Rechtsaußen Maaßen geführt wurde, bürgerliche Wähler abschreckt.
Man wollte eigentlich im Jahr 2020 die 30%-Marke erreichen, krebst stattdessen aber eher bei 10%.
Die überproportional vertretenen Polizisten und Beamten in den Reihen der AfD dürfen gar nicht in einer potentiell verfassungsfeindlichen Partei aktiv sein. Ein Problem für die Braunen, wenn Myriaden Mitglieder sich zwischen Job und Partei entscheiden müssten.
Bisher ist die Gesamtpartei ein „Prüffall“ des Verfassungsschutzes und möchte nicht zum „Beobachtungsobjekt“ hochgestuft werden.
Genau das könnte aber passieren, wenn sie es nicht vermag einen so offensichtlich Rechtsextremen wie Kalbitz loszuwerden.
Eine solche Beobachtung wäre durchaus lästig, denn dann müsste man parteiintern immer mit V-Männern rechnen, Telefonate könnten abgehört und nachrichtendienstliche Mittel angewendet werden.
Für eine derart mit Kriminellen durchsetzte Partei kein angenehmes Szenario.

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