Freitag, 8. Mai 2020

Der braune Abstieg

Kann man sich das heute noch vorstellen?
Bei ihrer Gründung vor gerade mal sieben Jahre wirkte die AfD noch wie eine reine Wirtschaftspartei, der überdurchschnittliche viele alte und geistig verknöcherte Akademiker angehörten, die davon fabulierten den Euro abzuschaffen, dafür wieder die D-Mark einzuführen und den vielen ärmeren EU-Ländern die Solidarität zu entziehen. Der hagere und offenbar wenig vernetzte Bernd Lucke war dabei meistens unfreiwillig komisch, weil sich jeder fragte wie man einen Lehrauftrag an der Uni Hamburg bekommen kann, wenn einem offenbar noch nicht einmal die grundlegende Aspekte des internationalen Handels und der Währungspolitik geläufig sind.
Eigentlich konnte es ein Kind verstehen was ein Ausstieg aus dem Euro für Deutschland bedeuten würde: Massive Abwertung der südeuropäischen Währungen und weltweite Flucht von der internationalen Finanzanleger in die Mark.
Der Kurs des deutschen Geldes stiege so hoch, daß sich kaum einer noch deutsche Waren leisten könnte.
Es gibt kein Land auf der Erde, für das so ein Zustand noch schlimmer als für Deutschland wäre.
Schließlich ist die hiesige Binnenkonjunktur traditionell erbärmlich schwach. Nirgendwo sind daher die Exporte so wichtig wie beim selbsternannten „Exportweltmeister Deutschland“
Welch ungeheuer schlechte Idee ausgerechnet diese größte Stütze der deutschen Wirtschaft abzureißen. Prof Lucke kann offenbar nur von der Wand bis zur Tapete denken.

Bereits zwei Jahre später war die gesamte Kernidee der neuen Partei vollständig verworfen worden und eine neue, noch absurdere Sau wurde durchs Dorf getrieben. Die unternehmerisch krachend gescheiterte rechte Sächsin Frauke Petry verdrängte den Hamburger Prof im Pullover von der Parteispitze, strich das eine Thema (Euro) der Einthemenpartei und setzte nun ausschließlich auf xenophobe Gefühle.


Abgesehen von dem moralisch-ethischen Totalversagen, setzte die AfD damit erneut darauf dem unter enormen Fachkräftemangel leidenden Deutschland insbesondere ökonomisch schwer zu schaden.
Denn die Maßnahmen und Ausgaben zur Integration der Flüchtlinge in Deutschland erweisen sich als reines Konjunkturprogramm. Die Arbeitslosigkeit sank, die Wirtschaft wuchs und mit inklusive einer Million Neubürger im Land sank die Kriminalitätsrate auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren.
Schon Frauke Petry hatte in den Jahren 2015 und 2016 bis zutiefst verstörende völkische Aussagen getätigt. Sie fabulierte davon Frauen und Kinder an den Grenzen erschießen zu lassen und wollte den Begriff „völkisch“ wieder positiv besetzen.

Nach weiteren zwei Jahren war dann auch Frauke Petry der rasant in den Rechtsextremismus abdriftenden AfD zu liberal. Sie verließ die Partei im September 2017 und wurde vom Revanchisten Alexander Gauland ersetzt.

Wieder bekam die AfD einen neuen Spin; die Flüchtlingsfeindlichkeit blieb, aber hinzu kamen nun offener Rassismus, nationalsozialistisches Gedankengut und teebeutlerisches Wissenschafts-Nichtverständnis.


Inzwischen akzeptiert die AfD grundsätzlich keine Fakten mehr, frönt einem zutiefst sadistischen Weltbild, bestreitet die Existenz des Sars-CoV-2 oder den Klimawandel durch Erderwärmung und hofiert Faschisten, deren Aussagen selbst von den eigenen Parteifreunden nicht von den Hitler-Aussagen aus „Mein Kampf“ zu unterscheiden sind.
Die Afd wird nicht etwa trotz ihres faschistoiden Kurses gewählt, sondern weil sie wie die NSdAP klingt.


Die neuen Führer der AfD sind keine Neonazis, sondern Original-Nazis, die heute noch Hitlers Massenmörder-Regime nachtrauern und ihren tiefen Menschenhass offenbar mit den Gedanken an die 60-millionenfache Mörder-Clique der NSdAP befriedigen.

Der heutige 08. Mai steht für den 75-jährigen Jahrestages des Kriegsendes.
Nach 60 Millionen Toten, sechs Millionen ermordeten europäischen Juden und einem völlig zerstörten Kontinent konnte das apokalyptische deutsche Killer-Regime endlich gestürzt werden.
Der Tag ist nicht nur an sich und wegen des runden Jahrestages wichtig, sondern auch weil die letzten Zeitzeugen aussterben, die als ehemalige Auschwitz-Häftlinge wie Esther Bejarano, 95, vehement fordern den Tag zum Feiertag zu machen. 80.000 Menschen haben die entsprechende Petition inzwischen unterschrieben. Selbstverständlich wurden an dem Tag nicht nur die (wenigen noch lebenden) KZ-Häftlinge befreit, sondern auch das gesamte deutsche Volk, das nach sechs Jahren Krieg endlich von der Waffengewalt, die das gesamte Land zerstört hatte, erlöst wurde. Das deutsche Volk wurde auch von Propaganda, Einheitspresse, Totalitarismus, Willkürherrschaft, Denunziantentum, Gestapo-System, Rassegesetzen, drakonischen Strafen, Verboten der Kunst befreit.

[…..]  Initiiert haben die Petition die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano und die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees Deutschland, hatte bereits im Januar einen offenen Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben.
“Der 8. Mai muss ein Feiertag werden!”, schrieb sie. “Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschla­gung des NS-Regimes.”
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt unterstützt Bejaranos Forderung. […..]

Alexander Gauland ist moralisch aber derartig verkommen, daß er, der im Krieg Geborene immer noch den tödlichen Wahnphantasien des Hitler-Faschismus hinterhertrauert.
Der braune AfD-Großzampano springt der 95-Jährigen Berjano in den Rücken und lehnt ihren Vorschlag kategorisch ab.

"Aber es war auch ein Tag der absoluten Niederlage, ein Tag des Verlustes von großen Teilen Deutschlands und des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit."
(Adolf Gauland 05.05.2020)

Während Historiker in diesem Nazi-Reflex die typischen Agitationen der Rechtsextremen sehen…..

[….] Fischer-Miyakis: Zunächst einmal ist es hochgradig revisionistisch. Er impliziert damit ja, dass er den damaligen Status Quo infrage stellt. Er spricht von einem Verlust von großen Teilen Deutschlands. Wir feiern am 8. Mai aber nicht Gebietsverkleinerungen, sondern einen Tag der Befreiung, weil wir es nach all dem Terror heute besser wissen als unsere Vorfahren. Wenn Gauland noch im Jahr 2020 von Gebietsverlusten spricht, dreht er diese Logik gewissermaßen um. Aus Feiertag wird dann eher "Trauertag".
Liebrandt: Das sind ja wohlüberlegte Worte. Das ist keine spontane Äußerung, sondern bewusste. Gauland streitet die Verbrechen ja nicht ab, sondern versucht, auch vermeintlich ruhmreiche deutsche Geschichte in der Zeit von 1933 bis 1945 danebenzustellen. Das ist dieselbe Logik wie bei seiner "Vogelschiss-Theorie". Er versucht, den Kontext zu erweitern: Es gab diese Verbrechen, Gauland bleibt aber in dieser Aber-Argumentation verhaftet, um dann den Fokus auf andere Aspekte zu legen. […..]

….scheinen viele politische Beobachter nicht recht die Ungeheuerlichkeit der AfD-Aussagen zu verstehen.
Es ist wohl der extremste Euphemismus überhaupt, wenn man von verlorenen „Gestaltungsmöglichkeiten“ spricht und damit nichts anderes meinen kann als den Wunsch Hitler hätte noch weiter „gestalten“ sollen.

[….] Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Äußerung von Alexander Gauland, der 8. Mai sei als Tag der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg ungeeignet für einen Feiertag, scharf kritisiert. "Mit der Betonung, der 8. Mai sei auch ein Tag der absoluten Niederlage für Deutschland und großer Gebietsverluste gewesen, zeigt Alexander Gauland, wes Geistes Kind er ist", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der "Neuen Osnabrücker Zeitung".[….] Diese Betrachtung des 8. Mai 1945 sei häufig unter Neonazis zu finden, sagte Schuster. [….]  Ähnlich wie Schuster argumentierte dabei auch der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte. "Wer die Kapitulation Nazideutschlands noch heute allen Ernstes als Niederlage bezeichnet, zeigt eindeutig, dass er sich in der Tradition von Faschisten versteht", erklärte er.
Von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hieß es auf Twitter: "Gauland beklagt den Verlust von Gestaltungsmöglichkeiten durch das Ende der Nazi-Diktatur." Eine der wichtigsten Aufgaben von "uns Demokraten" heute sei, dass Menschen wie Gauland in Deutschland nie wieder Gestaltungsmöglichkeiten bekämen. […..]

 Die AfD, die scheinbar mühelos in Ostdeutschland jeden vierten Wähler dazu bringt bei ihr das Kreuz zu machen, ist inzwischen sogar rechts an der NPD vorbeigezogen.

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