Klar, solche Typen wie Matt Gaetz, Louie Gohmert, Andrew Clyde, Mo Brooks, Lauren Boebert, Jim Jordan, Devin Nunes, oder Marjorie Taylor Greene sind zweifellos genauso geistesgestört wie sie bei ihren Auftritten wirken. Sie sind alle ungebildet, vielfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, hatten nie beruflichen Erfolg und fanden dann als diejenigen Abgeordneten, die stets die allerschrillsten bösartigsten Lügen aussprachen, Gehör bei der rechten Basis und den Trump-Medien.
Bei 211 House-Mitgliedern und 50 Senatoren können aber nicht alle derartig debil sein. Unter 261 Menschen müssen zumindest einige wissen, daß sie lügen, der eigenen Bevölkerung schaden, die Demokratie zerstören.
Wieso machen die alle, neun Monate nach Trumps Abwahl,
dieses Theater immer noch mit?
Nun, das erklärte vorgestern Bill Maher sehr schön. Es gibt keinen anderen Job,
bei dem man als unqualifizierte Knalltüte so viel Privilegien und
Aufmerksamkeit bekommt. Man muss nur einmal reinkommen. Durch Voter-suppression
und Gerry-Mandering sind die Wahlbezirke so zugeschnitten, daß über 95% der
Amtsinhaber alle zwei Jahre vom Volk tumb wieder gewählt werden. Es reicht also
de facto aus, Wahldistrikts-Kandidat zu sein. Gewählt wird man sowieso.
Das Problem ist also von seiner Partei nominiert zu werden. Dafür braucht man die völlig fanatische Basis und muss den Müll öffentlich behaupten, den die extremistischsten und dümmsten Bürger tagtäglich über ihre Verschwörungs-Radiohost, FOX-Propagandisten und braune Social-Media-Gruppen konsumieren.
Diese rechts-rassistische Trump-verehrende Nazibasis lässt sich außerdem finanziell sehr gut anzapfen. Allein Donald Trump sammelte seit seiner Abwahl schon über 100 Millionen Dollar von seinen Red-Neck-Fußtruppen ein.
Ein Treppenwitz, daß die ärmsten, ungebildeten Wähler ohne Krankenversicherung, die Partei wählen, die ihnen am meisten schadet und dann auch noch 100 Millionen Dollar freiwillig an einen Milliardär spenden.
Von so viel Dummheit profitieren selbstverständlich auch all die evangelikalen Megachurch-Betreiber, die nicht nur Multimillionäre werden, sondern auch noch steuerfrei leben. Kein Wunder, daß auch andere Unternehmen auf den Zug aufspringen.
(….) Starbucks, der in den USA dominierende Kaffee-Anbieter mit weltweit 30.000 Filialen und 30 Milliarden Dollar Umsatz, ist eigentlich eins dieser Kulturphänomene, auf die sich alle US-Amerikaner einigen können. Sie lieben Starbucks-Coffee to go. In der Realität von 2021 wissen aber die Q-Trumplicans, daß der Konzern 1971 im notorisch liberalen Bundesstaat Washington gegründet wurde. Das Unternehmen hat seinen Sitz und Seattle und machte immer mal wieder durch seinen Einsatz gegen Rassismus und Homophobie auf sich aufmerksam.
Als schwulenhassende Rassisten fühlen sich die GOP-Wähler inzwischen so davon abgestoßen, daß sie Starbucks boykottieren – ebenso wie viele andere Unternehmen, die sich beispielsweise mit BLM solidarisieren. In den Zwei-Staaten-USA muss eine Alternative her.
[….] Für Trump-Anhänger ist es gar nicht so leicht, einen ordentlichen Kaffee zu bekommen. Marktführer in den USA ist Starbucks, die von linken Hippies im ultraliberalen Seattle gegründete Kaffeehaus-Kette. Die gibt es praktisch überall. Nichts für Leute, die Waffen lieben, den Trumps folgen und den Sturm auf das Kapitol für ein Komplott der Antifa halten. Aufrechten Republikanern ohne Kaffeeheimat bietet ein Unternehmen aus Salt Lake City seit einiger Zeit beides: eine feine Röstung und das gute Gefühl, mit jedem Schluck "America first" zu trinken. Schon der Name hat Feuerkraft: "Black Rifle Coffee", "Schwarzes Gewehr Kaffee". Der Kriegsveteran Evan Hafer hat das Unternehmen 2014 explizit als Pro-Militär-, Pro-Polizei- und Anti-Hipster-Marke gegründet. Was das bedeutet, zeigt sich im Online-Shop. Dort können die Kunden etwa zwischen den Kaffeesorten "Sanfter Schalldämpfer", "Kanonenboot" oder schlicht "Freiheit" wählen. Lange Zeit gab es die Röstungen nur auf der Website des Unternehmens. Doch der politische Auftstieg von Donald Trump zum US-Präsidenten ließ auch das Unternehmen wachsen. Die Macher nutzten das. Und schalteten Anzeigen, in denen sie sich zu Trump bekannten. "Black Rifle Coffee" wurde so zum "inoffiziellen Heißgetränk" der "Make America Great Again"-Bewegung, schrieb die New York Times, zum Starbucks für Rechte. [….] Im vergangenen Sommer, auf dem Höhepunkt der "Black Lives Matter"-Proteste, erschoss der Teenager Kyle Rittenhouse zwei linke Demonstranten. Es gibt ein Bild von ihm aus dem Herbst 2020, auf dem er ein "Black Rifle Coffee"-T-Shirt trägt. Er war da gerade gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. Nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar gingen zwei Bilder von Aufrührern um die Welt, die Baseballkappen der Kaffeemarke trugen. [….]
(SZ, 23.07.2021) (….)
(Halb-Amerika verlässt die Realität, 23.07.2021)
Die Black Rifle Coffee Company (BRCC) ersann eine praktische Methode, um mit den Extremisten und Idioten Geld zu verdienen. Sean Hannity, die Lügen-Ikone der TV Nazis und sogar der heilige Prophet Donald Trump höchst selbst empfahlen BRCC, die daraufhin ihren Umsatz von einer Million Dollar 2016 auf rund 80 Millionen 2019 und 160 Millionen im Jahr 2020 steigern konnte. Sie ist nun der »inoffizielle Kaffee des MAGA-Universums« und schickt sich an zum politischen Statement der Rechtsaußen zu werden.
Aber wenn man sich derart auf eine bestimmte Käuferschicht fixiert, birgt das auch Nachteile. Der BRCC-Chef Hafer beging einen schweren Akt der Blasphemie, als er dieses Jahr wagte mit Journalisten der New York Times zu sprechen.
[…..] Dass die Röster überhaupt mit der verhassten Presse geredet haben, kam bei Teilen der MAGA-Basis als Kriegserklärung an. Geradezu auf Abscheu aber stößt, dass sich der 44-jährige Vorstandschef Evan Hafer, ein Irak- und Afghanistan-Veteran, von Rassismus und der rechtsextremen Bewegung Proud Boys distanzierte. »Der Rassismus kotzt mich an«, sagte Hafer dem »Times«-Reporter, das unvermeidliche F-Wort setzte die Zeitung in seinen Zitaten vornehm in Klammern. »Ich hasse rassistische, Proud-Boy-ische Leute. Ich würde sie dafür bezahlen, dass sie meinen Kundenstamm verlassen.« […..] Aus Sicht mancher Rechter ist dies der zweite und ultimative Verrat ihrer Marke. Den ersten Schock erlebten sie, als der Teenager Kyle Rittenhouse, der bei den »Black Lives Matter«-Protesten im vergangenen Jahr zwei Demonstranten erschossen haben soll, im Herbst auf Kaution aus der Haft entlassen wurde. Ein Foto zeigte Rittenhouse, der bei militanten Rechten Heldenstatus genießt, damals in einem T-Shirt mit dem Black-Rifle-Coffee-Emblem. BRCC bestritt damals jede Verbindung zu dem damals 17-Jährigen und beteuerte seine Unterstützung für das Justizsystem. [….]
Hafer ließ sich soweit in den stramm rechten Sumpf ziehen, daß er nun nicht mehr die vorsichtigste Distanzierung von mordenden Nazis wagen kann, ohne Kunden zu verlieren.
Aber Absatzmärkte außerhalb der MAGA-Blase sind verschlossen. Welcher halbwegs anständige Mensch würde Black Rifle Coffee trinken?
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