Gerade hatte ich noch leicht gehässig wegen der Personal-Schwierigkeiten nach England geblickt.
So fährt man eine Wirtschaft gegen die Wand, wenn man auf dem Weltmarkt mitmischen will und gleichzeitig glaubt, die Grenzen fest verschließen zu können. Wenn man aber einseitig die Interessen der Besitzstandswahrer vertritt, glaubt die Augen vor dem Elend der Welt verschließen zu können und sich die Wirtschaftspolitik auf „Trickle Down“ beschränkt, wird man feststellen, daß Lindners unsichtbare Kraft des Marktes eben nicht ausreicht.
Der Markt erhält keine Bank- oder Postfilialen in kleinen Orten. Der Markt läßt keine Bahnstationen in wenig bevölkerten Dörfern bauen. Der Markt sorgt nicht für flächendeckendes Internet auf dem Lande. Der Mark schafft keine Ausbildungsplätze. Der Markt sorgt nicht für ausreichend Nachfrage. Der Markt baut keine günstigen Wohnungen für Menschen mit Durchschnittseinkommen. Der Markt generiert keine auskömmliche Altersversorgung. Der Markt schafft keine Klimaneutralität. Der Markt bezahlt Geringverdiener nicht anständig. Der Markt kennt kein Gemeinwohl. Der Markt stoppt nicht die völlig entkoppelte Reichtum-Vermehrung deutscher Milliardäre.
[…..] Der Hamburger Unternehmer und HSV-Mäzen Klaus-Michael Kühne gehört schon länger zu den reichsten Menschen der Welt. Auch in Zukunft dürfte der 84-Jährige kaum am Hungertuch nagen. Allein in den vergangenen zwölf Monaten nahm das Vermögen Kühnes um satte 20 Milliarden Euro zu. 33 Milliarden Euro soll Klaus-Michael Kühne nun besitzen. In der neuen Rangliste der reichsten Deutschen führt ihn das „Manager Magazin“ auf Platz drei. […..] Dass es wirtschaftlich trotz Corona so rund für ihn läuft, hatte sich der Milliardär offenbar nicht vorstellen können. Sogar als „erschreckend“, „ungesund“ und „überzogen“ habe Kühne die Kursexplosionen zuletzt laut „Manager Magazin“ eingeschätzt. […..]Tatsächlich nähert sich Deutschland englischen Verhältnissen, weil durch die völlig verfehlte CDU-Wirtschaftspolitik und katastrophale CDU-Migrationspolitik Millionen Arbeitskräfte fehlen.
[…..] Arbeitskräftemangel in Deutschland: »Die Leute rennen uns alle weg« […..] Den Annaberger Backwaren gehen die Beschäftigten aus. 160 Mitarbeiter hat die Firma, 20 weitere Stellen kann Hübner nicht besetzen. Sie findet kein Personal. Die Öffnungszeiten mehrerer Verkaufsstellen hat sie deshalb verkürzt. Die Lage, so schildert sie es, sei existenzbedrohend. […..] Szenenwechsel weit in den Westen, ins Städtchen Rhodt unter Rietburg an der Südlichen Weinstraße. Dort schlendern bei sonnigem Wetter Touristen konsterniert durch den Ort: Wo sonst ein halbes Dutzend Lokale Besucher bewirten, hat nur noch ein Restaurant geöffnet, und das lediglich für Gäste mit Reservierung. Das Problem ist das gleiche wie in Annaberg-Buchholz: Personalmangel. Ähnlich geht es vielen Branchen, an vielen Orten in Deutschland: Im Norden warnt die IG Metall, dass Windkraftbauer kaum noch neue Mitarbeiter finden. Den Spediteuren gehen – durchaus ähnlich wie im spöttisch beäugten Großbritannien – die Fernfahrer aus. Kita-Verbände melden akuten Erziehermangel. 42 Prozent der Architektur- und Ingenieurbüros müssen ihre Geschäftstätigkeit wegen fehlender Mitarbeiter einschränken, bei den Kanzleien von Steuer-, Rechts- und Wirtschaftsberatern sind es sogar 55 Prozent. Und der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht die deutschen Klimaziele in Gefahr: All die zusätzlichen Bau- und Instandsetzungsvorhaben seien »mit dem jetzigen Stamm an Beschäftigten wohl kaum hinzubekommen«.[…..] Deutschland geht nun nicht, wie von manchem befürchtet, die Arbeit aus. Das Gegenteil ist der Fall: Arbeit ist reichlich vorhanden. Dafür fehlt es fast überall inzwischen an Manpower, an Fachkräften, aber auch an ungelernten Arbeitskräften. […..]
Es müssen sehr viele Stellschrauben gedreht werden.
Migranten willkommen; mindestens 400.000 Menschen mehr sollen jährlich nach Deutschland geholt werden. Sie müssen gefördert werden, statt sie mit Blockierung von Familiennachzug und Arbeitsverboten abzuschrecken. Berufsausbildungen aus anderen Ländern haben anerkannt zu werden.
Aber auch in Deutschland müssen Hausaufgaben gemacht werden. Deutsche Superreiche auf Steuerflucht müssen hart sanktioniert werden. Wer wie Amazon Milliardengewinnen in Deutschland macht und dabei Myriaden kleine Ladenbesitzer ruiniert, muss a) Steuern zahlen und darf nicht b) die deutsche Infrastruktur kostenlos nutzen. Unternehmer müssen verpflichtet werden auszubilden. Wer nicht in den Nachwuchs investiert, darf sich nicht anschließend beklagen, daß er keine Mitarbeiter findet. Das deutsche Bildungssystem von Kita über Berufsschule bis zu Universitäten muss personell und finanziell erheblich besser gestellt werden. Wir brauchen Mindestlohn.
Und schließlich muss der nächste Wirtschaftsminister einen Weg finden, den eklatanten Lehrlings- und Mitarbeitermangel zu beheben, indem diese Berufe finanziell attraktiver werden.
Wenn so wenig Menschen Bäcker, Krankenschwester, Paketboten, LKW-Fahrer, Pfleger oder Friseur werden wollen, daß die Betriebe aus Mitarbeitermangel aufgeben müssen, funktioniert der Markt nicht.
In dem Fall müssen Gesetzgeber und Regierung eingreifen, damit die Bäckerei-Chefs und Friseurladen-Inhaber ihre Azubis erheblich besser bezahlen. Wenn sie das nicht können und stattdessen eher Konkurs anmelden, funktioniert der Markt nicht.
In dem Fall müssen Gesetzgeber und Regierung eingreifen und den Verbraucher zwingen pro Amazon- oder Ebay-Paket einen saftigen Aufschlag zu zahlen. So saftig, daß die Paketfahrer wirklich gut bezahlt werden und so saftig, daß die Bürger wirklich animiert werden in den Buchladen nebenan zu gehen, statt beim 200 Milliarden schweren Jeff Bezos ihren nächsten Rosamunde-Pilcher-Schmöker zu bestellen.
Steuern sind nicht nur dazu da, um Lindners superreiche Spender zu ärgern, sondern sie sollen a) den Staat handlungsfähig machen und b) auch im wörtlichen Sinne das Verhalten der Bürger steuern.
[…..] Der Hamburger Klempnermeister Steffen Wossidlo (42) sucht händeringend Auszubildende, doch es bewirbt sich einfach niemand. Mit diesem Problem ist er nicht allein. Überall in Deutschland leiden Betriebe unter einem Nachwuchs- und Fachkräftemangel – nicht erst seit der Pandemie. „Das Problem ist, viele junge Leute sehen eine Handwerksausbildung nur noch als letzte Option“, sagt Wossidlo zur MOPO. „Sie machen mit Ach und Krach ihr Abi und fühlen sich danach für eine handwerkliche Ausbildung überqualifiziert.“ Wossidlo ist Chef eines Betriebs am Fischmarkt, der sich um Sanitär-, Heizungs- und Gasanlagen kümmert. Mit den Auszubildenden hatte er nach eigener Aussage immer „Pech“, weil sie „nicht mit dem Herzen dabeigeblieben sind“. Viele Kollegen wollen schon gar nicht mehr ausbilden. Doch: Wo keine Azubis sind, gibt es später auch keine Fachkräfte. „Alle haben die Nase voll vom Fachkräftemangel“, sagt Wossidlo. Laut des Bundeswirtschaftsministeriums betrachten schon jetzt mehr als die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland den Fachkräftemangel als Risiko. Besonders betroffen sind Berufe aus dem Handwerk, der Metall- und Elektroindustrie, dem MINT-Bereich (Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sowie dem Gesundheitssektor. […..]
Wenn man mit Embolie oder Brüchen 12 Stunden unbehandelt in Notaufnahmen hockt und dabei auch noch von völlig überlasteten Pflegern angemeckert wird, wenn sich die Personalnot in Pflegeheimen und Kliniken laufend verschlimmert, weil die milliardenschweren Klinikkonzernbesitzer nicht willens sind, medizinisches Personal auszubilden oder gut zu bezahlen, dann müssen die Nachfolger der Markt-gläubigen Sinnlosminister Spahn und Altmaier gewaltig auf den Tisch schlagen.
[…..] 965 der 1.942 Krankenhäuser in
Deutschland haben im Jahr 2017 Pflegefachkräfte ausgebildet. Das sind weniger
als 50 Prozent, wie aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf
eine schriftliche Anfrage der pflegepolitischen Sprecherin der Linksfraktion im
Bundestag, Pia Zimmermann, hervorgeht. […..]
Gesundheitsversorgung sollte ohnehin eine hoheitliche Aufgabe sein und nicht ermöglichen, daß Superreiche wie der Multimilliardär Bernd Broermann jährlich so horrende Gewinne aus seinen Asklepios-Kliniken abzieht, daß er gar nicht mehr weiß, was er mit alle den Milliarden tun soll und deutschlandweit willkürlich Luxushotels aufkauft.
Wenn Patienten schlecht und falsch behandelt werden, weil Broermann viel zu wenige Pflegekräfte einstellt und über die Hälfte der Krankenhäuser gar nicht ausbilden, funktioniert der Markt nicht. Dann müssen die Krankenschwestern so gut bezahlt werden wie amerikanische Travel-Nurses.
[…..] Sie kündigen, verkürzen ihre Arbeitszeit oder wechseln in andere Krankenhäuser: Dem UKE gehen die Intensivpfleger aus. So schildern es Mitarbeiter in einem Brandbrief an die Chefetage. Grund für die Personalflucht seien eine chronische Unterbesetzung und aus ihrer Sicht unmenschliche Arbeitsbedingungen. Darunter leide nicht nur das Personal, sondern auch die Patienten, die nicht mehr adäquat versorgt werden könnten. […..] Auch die Hygiene leide dem Brief zufolge: „Leider passiert es des Öfteren, dass Patient:innen eine beträchtliche Zeit in ihren eigenen Fäkalien liegen müssen“, heißt es dort. An eine empathische Begleitung von Patienten und Angehörigen sei schon lange nicht mehr zu denken. All diese Faktoren können laut den Pflegern die Liegezeit verlängern und das Sterberisiko erhöhen. […..]
Die nächste Bundesregierung muss unbedingt durchgreifen und das Totalversagen des Marktes ausgleichen.
Was für eine unerträgliche Absurdität, daß maßgebliche Kräfte bei den Grünen immer noch den unteren Einkommensschichten in den Rücken fallen wollen und wie Habeck und Baerbock, nach wie vor Gefallen an einem Bundeskanzler Laschet finden, sich lieber mit FDP und CDU und CSU zusammentun, drei Parteien, die allesamt gegen Mindestlohn sind und Superreiche noch reicher machen wollen.
Zum strikt weißen, nicht diversen, Grünen Verhandlungsteam gehören außerdem die ausgesprochenen CDU-Fans Ministerpräsident Winfried Kretschmann, sowie die beiden Hamburgerinnen und früheren Akteurinnen im CDU-Beust-Senat Anja Hajduk und Katharina Fegebank, die wie zu erwarten ebenfalls für Jamaika trommeln.
Es bleibt zu hoffen, daß sich die kollabierende CDU selbst aus dem Spiel nimmt.
Es bleibt zu hoffen, daß die Grüne Jugend rebelliert. Die Grünen Spitzen sind durchaus willens, erneut den schlecht bezahlten Bürgern in den Rücken zu fallen.
Robert Habeck erinnert an die Situation in Schleswig-Holstein 2017. Auch dort gab es rechnerisch zwei Regierungsoptionen: Ampel und Jamaika. Wie heute im Bund, lagen die Grünen vor der FDP, hatten also die auschlaggebende Stimme. Sie wollten lieber mit der CDU, als mit der SPD regieren.
Auch in BW gab es im März 2021 eine Mehrheit Links der Union.
Aber wieder waren es die Grünen, die sich weigerten und trotz linker Mehrheit lieber mit der CDU eine Koalition bildeten.
Die Grünen Wähler liebten es und belohnten die Grünen mit Zuwächsen.
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