Mittwoch, 13. März 2024

Am klerikalen Rand

 Vor genau 20 Jahren ging das legendäre „Kreuz.net“ online und lieferte acht Jahre lang, täglich eine Flut des dunkelkatholischen rechtsextremes Hasses, wie ich ihn zuvor nie erlebt hatte und mir ihn bis dahin auch nicht vorstellen konnte.


 [….] kreuz.net war eine deutschsprachige, katholisch-traditionalistische und rechtskatholische Website mit religions- und kirchenbezogenen Texten. Sie verbreitete auch rechtsextreme, antisemitische, frauenfeindliche, homophobe, diffamierende, rassistische und islamfeindliche Inhalte. [….]

kreuz.net bot nach Ansicht von Michael Sontheimer und Peter Wensierski in einem Beitrag im Magazin Spiegel Online „Eiferern“ ein Podium für die Verbreitung „rechtsextremer, vorgeblich katholischer Positionen“. Themenkomplexe waren unter anderem: Ablehnung von Schwangerschaftsabbruch und der Sterbehilfe, der Homosexualität und des Zweiten Vatikanischen Konzils, katholischer Traditionalismus, Berichte über und Werbung für Kirchenmusik, Privatoffenbarungen und neue geistliche Gemeinschaften, Kreationismus, Islamfeindlichkeit sowie Verbreitung von Antisemitismus und Holocaustleugnung. Die dabei verwendete aggressive Ausdrucksweise wurde von der Frankfurter Allgemeine Zeitung als „Hetzvokabular des Stürmers“ bezeichnet. Dazu wurden in bestimmten Themenbereichen gerne – meist pejorative – neologistische Eigenkreationen verwendet. Der Historiker und Publizist Volker Weiß und der Zentralrat der Juden in Deutschland stufen kreuz.net als Hass-Website ein.[…..]

(Wikipedia)

„Kreuz.net“ war ein tägliches Faszinosum, weil man zwischen Abscheu und Belustigung über die abstrusen Neologismen schwankte. Man konnte nicht nicht Kreuznet lesen. Spannend blieb auch die bis heute völlig geklärte Frage, wie groß die Schnittmengen mit der römisch-katholischen Kirche wirklich waren. Waren die Autoren und Betreiber tatsächlich alle gut vernetzte katholische Amtsträger, die heimlich für Kreuznet schrieben, oder doch eher Spinner und Sonderlinge à la „Pornojäger Martin Humer“ oder „Sedi-Pater Rolf-Hermann Lingen“, die sich nur selbst für bedeutende Katholiken hielten und von der offiziellen Kirche ausgelacht wurden? Im Laufe der acht Jahre wurden allerdings durchaus Autoren enttarnt, die ihre Texte zwischen Himmler- und Goebbels-Texten auf der rechtsextremen antisemitischen Plattform veröffentlichten und gleichzeitig hauptamtliche RKK-Gewächse waren.

[….] Nach SPIEGEL-Informationen sind oder waren dagegen mindestens zwei Dutzend Autoren mit kirchlichem Hintergrund auf dem katholischen, teils als verfassungsfeindlich eingestuften Nachrichtenportal aktiv, darunter Priester, Kirchenangestellte und mindestens ein Religionslehrer.

Texte finden sich unter anderem von Prälat Georg May aus dem Bistum Mainz, dem Papst Benedikt XVI. Anfang des Jahres den Ehrentitel Apostolischer Protonotar verlieh. Auch ein Sprecher des rund 500 Mitglieder starken Netzwerks katholischer Priester, Pfarrer Hendrick Jolie, ist mit Beiträgen auf kreuz.net erschienen. Ein besonders aktiver Schreiber ist Hubert Hecker, der für die katholische Kirche Religion an einer Schule im Bistum Limburg unterrichtete, bis er vor wenigen Wochen in Ruhestand ging. [….]

(SPIEGEL, 28.10.2012)

Ein sehr realer Kreuznet-Topos war der ultrarechtsextreme Verschwörungstheoretiker David Berger; aufgrund seiner Homosexualität stets nur als „Urinduscher“ bezeichneter Theologe, Mitarbeiter im Vatikan, Herausgeber der Zeitschrift „Theologisches“ und schließlich mit einer von Kardinal erteilten Missio Canonica in Köln tätiger Gymnasiallehrer.

Berger ging nach seinem Outing auf Abstand zu Kreuznet, tauchte kurz in liberalere Sphären ein, diffundierte aber schnell wieder kontinuierlich nach rechts und steht heute weiter Rechtsaußen, als es Kreuznet je war.

Als echter Nazi, hasst er Papst Franziskus wie die Pest, hält ihn mal für einen muslimischen, mal für einen kommunistischen Agenten; hauptsächlich aber für einen Ketzer ohne jedes theologisches Verständnis.

[….] Papst Franziskus ist eine Katastrophe für Kirche und Welt. Gerade die überzeugten Katholiken leiden enorm unter seinem Appeasement gegenüber der „neuen Normalität“ und fragen immer wieder: Verbreitet er Irrlehren? Ist er überhaupt rechtmäßiger Papst? [….]

(David Berger, 29. September 2023)

[….] Mit der Abschaffung von „Summorum Pontificum“ Papst Benedikts XVI. und dem partiellen Verbot der klassischen römischen Messliturgie scheint Franziskus endgültig den Bogen überspannt zu haben. Katholiken in aller Welt protestieren gegen die Maßnahme, wollen dem Papst den Gehorsam verweigern. [….]

(David Berger, 1. August 2021)

[….] In der katholischen Kirche bahn sich rund um den Jesuotenorden und damit um seinen bekanntesten Vertreter, Papst Farnziskus, ein erneuter Skandal an: Recherchen des bekannten Vatikankenners Marco Tosatti zufolge haben Wohltätigskeitsorganisationen der Jesuiten  in den letzten vier Jahren  1.702.577 USD an Soros-Geldern erhalten. Dies ist besonders skandalös, da die Open Society Foundation in aller Welt die Freigabe der Abtreibung fördert, die von der katholischen Kirche offiziell strikt abgelehnt wird. [….]

(David Berger, 9. September 2020)

[….] Das Wirken von Papst Franziskus erinnere mehr an den Antichristen als an Christus selbst. Er sei dabei das Schatzhaus der katholischen Kirche in einen Abfallcontainer voll mit billigem Ramsch zu verwandeln. So die Vorwürfe des ehemaligen Apostolischen Nuntius in den USA, Msgr. Carlo Maria Viganò, die derzeit in der katholischen Kirche für Aufregung sorgen.

Mit jedem neuen Fehltritt von Papst Franziskus wächst die Opposition hoher Würdenträger gegen ihn. [….]

(David Berger, 2. Februar 2020)

[….] In einem Interview mit der linken Tageszeitung „La Stampa“ anlässlich der aktuellen Regierungskrise in Italien hat der Papst erneut einer naiven Flüchtlingspolitik das Wort geredet. Und den italienischen Innenminister Matteo Salvini mit Adolf Hitler verglichen. Allerdings ist Salvini bei den Italienern inzwischen beliebter als Franziskus: Hassrede aus Neid? [….]

(David Berger, 21. August 2019)

Typisch für rechtsextreme Eiferer wie Berger, ist ihre inhaltliche Inkonsistenz, die sich daraus speist, daß sie in erster Linie von blankem Hass getrieben sind und ihre Ideologie nur dem Hass anpassen.

So gilt der „Urinduscher“ als der vermutlich homophobste Publizist der dunkeldeutschen Szene, der wie kein anderer gegen „Homoehe“, „Genderideologie“ und jede Form des queeren Aktivismus hetzt, aber gleichzeitig nicht nur schwul ist, sondern laut seiner geleakten Sexdating-Sites ausgesprochen promisk aktiv ist.

Den eben noch so verachteten und geschmähten Papst, verteidigt er nun schlagartig mit vor Katie-Britt-artig bebender Empörung gegen Kritik, nachdem dieser sich günstig für Bergers größtes lebendes Idol, Wladimir Putin, äußerte.

[….] Kriegspropaganda der Tagesschau: Papst jetzt auch „Nazi.“ Verrückte Zeiten: Ein Papst ruft zum Frieden auf, statt Waffen zu segnen und führende Politiker in Deutschland echauffieren sich, beschimpfen den Papst in übelster Weise. In diesem kriegsgeilen Propagandasumpf darf natürlich auch die „Aktuelle Kamera“ nicht fehlen: Gestern rückte ihn die Tagesschau in die Nähe des Nationalsozialismus. […..]

(David Berger, 11.03.2024)

„Wir sind Papst!“ lautet nun offenbar wieder die Linie des Dunkelkatholiban Berger, während von Scholz über Strack-Zimmermann sogar bis Merz auf großem Abstand zum Stellvertreter Gottes auf Erden gehen.

[…..] Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat dem Appell von Papst Franziskus zu Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg deutlich widersprochen. »Bevor die ukrainischen Opfer die weiße Flagge hissen, sollte der Papst laut und unüberhörbar die brutalen russischen Täter auffordern, ihre Piraten-Fahne – das Symbol für den Tod und den Satan – einzuholen«, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Und warum in Gottes Namen verurteilt er nicht die verbale mörderische Hetze von Kyrill I., Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche und Ex-KGB-Agent, dem ukrainischen Volk gegenüber«, fragte Strack-Zimmermann. Sie fügte hinzu: »Ich schäme mich als Katholikin, dass er das unterlässt.«  [….]

(SPIEGEL, 10.03.2024)

Lang anhalten wird die neu entflammte Pontifikalophilie sicherlich nicht, da sich Bergoglios Bischöfe relativ deutlich gegen Bergers Partei positionieren.

Das kann er nicht leiden und framt die Causa als Ungehorsamkeit des deutschen Episkopats gegenüber Rom

[…] In einem gemeinsamen Papier haben sich die deutsch-katholischen Bischöfe klar von der AfD abgegrenzt: Sie sei für Christen nicht wählbar. Grundlage für diese Stellungnahme ist ein Zerrbild der Partei, das von „Correctiv“ stammen könnte und ihnen die lukrative Gleichschaltung mit den derzeit Mächtigen in Deutschland erleichtert, während sie sich zunehmend von Rom entfernen. [….] Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass man hier ein Bild der AfD kultiviert, das von Verfassungsfeinden (Parteien verbieten, Meinungsfreiheit abschaffen), „Correctiv“ oder einer Antifa-Gruppe stammen könnte, aber mit der Realität nichts zu tun hat. Die deutschen Bischöfe, die derzeit auf einem strammen Weg weg von Rom und hin zu einer Nationalkirche nach dem Vorbild der lutherischen Kirchenspaltung sind, zeigen ihre schismatische Grundstimmung, indem sie sich in die Arme der gerade in Deutschland Mächtigen werfen. Sie mutieren zu braven, mit den bekannten 30 Silberlingen gekauften Schoßhündchen von Parteien, die mit ihrer Abtreibungs-Agenda, ihrer Abschaffung der traditionellen Ehe, ihrer Verachtung unseres Grundgesetzes und der Menschenrechte, ihrer sektenhaften neuen Klimareligion, ihrer Kriegstreiberei usw. anti-katholischer, manche würden sogar sagen „dämonischer“ kaum vorstellbar sind. [….] Wie Luther die Bauern letztlich verraten musste, weil er sich der schützenden Hand Roms entzogen und in die Obhut der Reichsfürsten begeben hatte, so verraten die deutschen Bischöfe gerade ihre authentische Aufgabe als Glaubenshüter, indem sie sich dem faschistische Züge annehmenden „Kampf gegen Rechts“, besser dem Kampf der Ampelregierung gegen Machtverlust, anschließen. [….]

(PP, 23.02.2024)

Wer sich gegen Rechts engagiert, ist also in Bergers Wahnwelt faschistisch. Also „Antifaschismus = Faschismus“. Der frei drehende Katholonazi wird aber wohl vergeblich auf ein Pro-AfD-Machtwort auf Rom hoffen. Die deutschen Bischöfe sind sich nämlich bemerkenswert einig. Schon wird es für AfD-Politiker ungemütlich, wenn sie außerdem katholische Kirchenämter innehaben.

[….] Rechtsextreme, die sich explizit christlich geben, sind ein eher junges Phänomen. Nun haben sich die katholischen Bischöfe gegen völkisch-nationalistische Positionen abgegrenzt - und ein AfD-Politiker könnte sein Kirchenamt verlieren.

Die deutschen katholischen Bischöfe teilen nicht immer dieselben Ansichten, aber in diesem Punkt schon: Völkisch-nationalistische Positionen seien mit kirchlichen Haupt- und Ehrenämtern unvereinbar, erklärten sie vor knapp drei Wochen. Das einstimmig verabschiedete Diktum fand viel Beachtung - auch weil die Bischöfe darin explizit vor der AfD warnen. Und es sieht ganz danach aus, dass es auch spürbare Konsequenzen hat. Das zeigt der Fall von Christoph Schaufert.

Schaufert ist stellvertretender Vorsitzender der dreiköpfigen AfD-Fraktion im saarländischen Landtag - und Mitglied im Verwaltungsrat der katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Neunkirchen. Dieses Amt könnte er nun verlieren: Auf Antrag des Pfarrgemeinderats und des Verwaltungsrats prüft der Trierer Generalvikar Ulrich von Plettenberg den Ausschluss Schauferts aus seinem kirchlichen Amt. Dies bestätigte eine Bistumssprecherin der Süddeutschen Zeitung.

Der Fall Schaufert ist der erste, bei dem unter Berufung auf die Bischofserklärung ein AfD-Politiker aus einem kirchlichen Gremium fliegen soll. Schaufert sagte der SZ, er sei "fassungslos", will sich aber vorerst nicht weiter äußern.

"Das ist jetzt der Testfall", sagt Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht in Münster. Die Positionierung der Bischöfe ist rein ethischer Natur, sie hat keinerlei rechtlichen Charakter. Aber da ist ja noch das diözesane Kirchenvermögensverwaltungsgesetz, darin heißt es in Paragraf 8: Der Generalvikar kann ein Mitglied "aus wichtigem Grund, insbesondere wegen grober Pflichtwidrigkeit oder Ärgernis erregenden Lebenswandels" entlassen. Ob ein AfD-Mandat und eine entsprechende politische Betätigung dahin gehend ausgelegt werden kann, ist allerdings rechtlich unklar. [….]

(SZ, 12.03.2024)

Sobald der Urinduscher mal kurz zum Luftholen den Kopf aus Putins Arsch zieht und mitbekommt, was seine Soutanen-Bande zu seiner Nazipartei zu sagen hat, wird er toben wie Rumpelstilzchen.

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