"Die amerikanische
Regierung ist kein Objekt der Beobachtung deutscher Dienste.
Ich gehe davon aus, dass auch die
US-Sicherheitsbehörden
unsere Entscheidungsträger nicht
ausforschen."
- Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am 5. Juli
in der Bild-Zeitung.
"Mir ist nicht
bekannt, dass ich abgehört wurde."
- Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 14. Juli im
ARD-Sommerinterview.
"Sicherheit ist ein
Supergrundrecht."
- Innenminister Friedrich nach einer Sitzung des
Parlamentarischen
Kontrollgremiums zur Kontrolle der
Geheimdienste (PKGr) am 16. Juli.
Merkels extrem
erfolgreiche Wunderwaffe; ihre Strategie der „asymmetrischen Demobilisierung“
hat die nagelkauende Uckermarkerin sehr mächtig gemacht.
Partei und Regierung
dominiert sie nach Belieben und auch in Europa geht nichts gegen Merkels
Willen.
Last, but not least: Da
Merkel das Glück hat einen völlig verblödeten Urnenpöbel zu regieren, gewinnt
sie mit ihrer „Ich tu nix und sage alles was ihr wollt“-Methode jede Wahl und
thront bei jedem Beliebtheitsranking auf Platz 1.
Nachdem die SPD-Koalitionsverhandlungsführer
sich auf zehn Kernforderungen konzentriert haben, toben viele Parteimitglieder,
deren individuelle Kernanliegen sich nicht in der Liste der 10 Essentials
wiederfinden. Als Partei mit einer breiten Programmatik haben die Sozis viele
Pläne, die sie umsetzen wollen. Klar mehr als zehn jedenfalls.
Merkel hat es da viel
einfacher. Selbst nach Stunden-langen Grübeln käme niemand auf zehn
programmatische Dinge, die der CDU noch wichtig sind.
Es gibt lediglich einige
destruktive Stimmungen. Die CDU ist gegen EU-Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei, gegen doppelte Staatsbürgerschaft, gegen Frauenquote und gegen volle
Homorechte. In Stein gemeißelt ist das aber nicht; Merkel könnte auch das
jeweilige diametrale Gegenteil durchdrücken.
Konstruktiv kann die CDU gar nichts einbringen. Sie hat
generell keine Konzeptionen oder Strategien.
Es soll nur vage irgendwie so weiter gehen.
Änderungsbedarf sieht man nicht.
Handlungsbedarf bricht
höchstens von außen über die CDU-Kanzlerin ein. Das strategische Denken ist im
Kanzleramt längst abgeschafft.
Das beklagen
interessanterweise in erster Linie konservative Medien.
Es folgte der Herausgeber der stramm
konservativen F.A.Z. Frank Schirrmacher.
Bürgerliche Werte: „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“
Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig
gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die
Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen.
Das zutiefst bürgerliche
Manager-Magazin empört sich in der aktuellen Ausgabe über die totale
Denkfaulheit und intellektuelle Unterbesetzung des Merkel’schen Kanzleramtes.
Wie die Merkel-Regierung Politik simuliert
Strategische Fragen werden geräuschlos verwaltet - bestenfalls. Der Euro?
Eine Großbaustelle ohne Bauplan. Die Energiewende? Ein Projekt mit desaströsem
Vollzugsdefizit. Die drohende Vergreisung der Gesellschaft? Die alles
umwälzende Digitalisierung der Wirtschaft? Themen für "Gipfel"
genannte Konferenzen, mit denen die Merkel-Regierung Politik zu simulieren
pflegt - schöne Bilder, keine Folgen.
[….] Im
Kern plagen das Kanzleramt zwei Defizite: ein personelles und ein
strukturelles. Zum einen mangelt es an straffer Leitung; dem Amt fehlt Führung
an der Spitze, auch wichtige Abteilungen waren schon stärker besetzt.
Zum anderen ist die Organisation der Regierung überholt: Nach wie vor
dominiert das Ressortprinzip. Gemäß Grundgesetz ist die Regierungsgewalt
geteilt zwischen den Ministerien. Das Kanzleramt soll kontrollieren und
koordinieren. Doch in einer Zeit, in der viele Probleme Ressortgrenzen
sprengen, steigt zwangsläufig die Bedeutung der Zentrale.
So erscheint das Merkel-Amt als real existierendes Paradoxon: An der Spitze
steht eine Kanzlerin mit Richtlinienkompetenz, die aber, wenn irgend möglich,
keine Richtlinien vorgibt. Ihr assistiert ein Kanzleramtschef, der Konflikte
ausräumen und Entscheidungen beschleunigen soll, stattdessen aber Streit schürt
und Beschlüsse ausbremst.
[…] Der eigentliche Hebel einer
Kanzlerschaft besteht in der Deutungshoheit. Wirkmächtig agieren kann der
Regierungschef, wenn er Strategien formuliert - indem er Volk und Welt eine
Idee davon vermittelt, wohin man gemeinsam will, und diese Idee dann
konkretisiert. Verfassungsrechtler nennen das Richtlinienkompetenz.
Im Zentrum der Macht herrscht inhaltliche Leere
Ideen? Konzepte? Strategien? All das ist Merkels Sache nicht. Im Zentrum
der Macht herrscht eine bedrückende inhaltliche Leere.
Das beklagen auch Topentscheider des Regierungsapparats selbst, die die
Stiftung Neue Verantwortung kürzlich befragen ließ. Um in einem immer unsichereren
Umfeld managen zu können und den Ereignissen seltener hinterherzurennen -
"vor die Lage" zu kommen, wie Ministeriale das nennen -, wünschen
sich die meisten Befragten mehr strategisches Denken und mehr Koordination.
Der bürgerlich-Intellektuelle CICERO
beklagt währenddessen den Jubeljournalismus, der unkritische Merkelbelobigungen
abliefert.
Wird es problematisch,
leugnet Merkel die Realität und gibt „Es geht uns gut“-Parolen aus.
So auch bei der
Snowden-Causa.
Die Ausspähaffäre durch
die NSA ignorierte Merkel erfolgreich aus der kurzen Aufmerksamkeitspanne des
Urnenpöbels.
Das ist der Nachteil der
Niemals-Handeln-Strategie Merkels. Manchmal fällt sie einem auf die Füße, wenn
man zu offensichtlich versäumt hat rechtzeitig einzugreifen und dann am Ende
eine riesige Terrine mit Krötensuppe auslöffeln muß.
Trotz des Abkommens, das den USA unter
bestimmten Bedingungen ohnehin Zugriff auf die Daten zu Zwecken der
Terrorabwehr gewährt, soll sich die NSA in die Server des privaten
Dienstleisters Swift eingehackt haben.
Bislang schickte Merkel den
Innenminister und die Justizministerin vor
Aus Deutschland hingegen kam bislang ziemlich
genau: Null Komma Nichts. Nach den ersten Enthüllungen im Juni verschickten das
Innen- und das Justizressort Fragenkataloge, die unbeantwortet blieben. Im Juli
reiste Innenminister Hans-Peter Friedrich in die USA, um sich aufklären zu
lassen, kam allerdings mit leeren Händen zurück. Peer Steinbrück forderte im
Wahlkampf einmal, die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der
EU und den USA so lange aussetzen, bis Letztere die Dimension ihrer Spionage in
Europa aufgeklärt hätten – das hat die SPD inzwischen vergessen. Im August
erklärte Ronald Pofalla, sozusagen ex cathedra, die Affäre für beendet, und
tatsächlich spielte das Thema im weiteren Wahlkampf kaum eine Rolle, geschweige
denn in den Sondierungen. […] Diese
Unschlüssigkeit über die Bedeutung dessen, was wir wissen, ist auch Resultat
jener effektiven Beschwichtigungspolitik, die die Kanzlerin nun zum ersten Mal
durchbrochen hat. Die Obama-Regierung ging in die Offensive: alles normal,
alles notwendig, alles legal. Und Merkel stellte sich bekanntlich doof: Ach,
ja, das "Neuland" Internet. Mit dem Ding kann man Handys abhören? So
blieb die Affäre stecken, irgendwo zwischen fantastischem Schrecken und
Fantasterei.
Auch ihre Europäischen
Verbündeten ließ Merkel im Stich. Ohnehin haben sich unter ihrer Kanzlerschaft
Deutschlands Außenbeziehungen dramatisch verschlechtert. In vielen Ländern ist
das Ansehen Deutschlands komplett ruiniert; in anderen wie Russland, Polen,
England oder Frankreich sind „bloß“ die Regierungen mit Merkel zerstritten,
weil die Kanzlerin ein erratisch-egoistisches Deutschlandbild zeichnet.
Solidarität ist der CDU-Chefin völlig fremd.
Die französische Zeitung "Le
Figaro" verweist auf den Anruf von Frankreichs Präsident François Hollande
am Montag bei US-Präsident Barack Obama als Reaktion auf einen Bericht von
"Le Monde" über massenhafte Spähaktionen in Frankreich. Seit Juli
dringe Hollande auf eine härtere Reaktion gegenüber Washington, Merkel habe ihn
nicht unterstützt, schreibt "Le Figaro". Am Vorabend des EU-Gipfels
an diesem Donnerstag seien die neuen Enthüllungen und die Reaktion der
deutschen Regierung aber ein Warnschuss in Richtung der USA "und ein
Aufruf zu einer gemeinsamen und starken Reaktion der EU".
Merkels ganze
Euphemisierungsstrategie bricht nun zusammen. Aus dem Neuland quillt Hohn und
Spott für die „Physikerin der Macht“, die sich so leicht austricksen ließ.
Dr. Siegfried Hansen @DrSiHansen
Na, jetzt ist Mutti aber empört. Die Bürger abhören,
das ist ok im Sinne der inneren Sicherheit. Aber jetzt auch... http://fb.me/ZpxpFvXP
opm loge @OpmLoge
Merkel du falsche Schlange!!! Wenn Bürger abgehört
werden ist Dir das Scheiss egal wenn selbst betroffen dann wird Obama angerufen..pfui
Andreas Marktzyniker @Marktzyniker
Also ich finde es "antiamerikanisch", dass
#Merkel sich wg. #Überwachung v. #Merkelphone beschwert Sofort aus #CDU-
ausschließen !
Kai Eff @KaiEff
Warum ruft #Merkel eigentlich Obama direkt an? Wen sie
nun anruft, ist doch schnuppe, Obama hört es eh :D #merkelphone #merkelgate
Inzwischen
sickern auch erste Privat-SMSe Merkels an die Hauptstadtpresse durch:
Privates
Privates
Sauer, Joachim » Merkel, Angela 23.06.13
13:48:12
"Angela, gestern war noch 1 Stück
Streuselkuchen übrig. Wo ist das hin?"
Merkel, Angela » Sauer, Joachim 23.06.13
13:49:02
"Weg"
Sauer, Joachim » Merkel, Angela 23.06.13
13:49:40
"???"
Merkel, Angela » Sauer, Joachim 23.06.13
14:32:46
"Hab ich für Poffi
mitgenommen"
Sauer, Joachim » Merkel, Angela 23.06.13
14:33:01
"Du hast Pofalla meinen
Streuselkuchen gegeben???"
Sauer, Joachim » Merkel, Angela 23.06.13
15:10:13
"Angela??? Was hast Du Dir dabei
gedacht???"
Merkel, Angela » Sauer, Joachim 23.06.13
15:10:23
"Richtlinienkompetenz LOL"
Bekanntwerden
der NSA-Affäre
Pofalla, Ronald » Merkel, Angela
01.07.13 10:23:04
"Chefin, schon gelesen? Angeblich
werden Sie von der NSA abgehört. Da müssen wir was tun."
Merkel, Angela » Pofalla, Ronald
01.07.13 10:24:17
"Damit jetzt rauszukommen, wäre
ungünstig wg Obama-Besuch. Wir reagieren wie immer."
Pofalla, Ronald » Merkel, Angela
01.07.13 10:25:03
"Also gar nicht. Sehr gute Idee,
Chefin."
Nicht daß es den Wähler
nachhaltig stören würde, aber ein bißchen aufgebracht sind schon einige.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter
Schaar mahnt entschiedene Schritte der neuen Bundesregierung gegen die
überbordende Überwachung an. Die Tatsache, dass auch das Mobiltelefon der
Bundeskanzlerin durch US-amerikanische Geheimdienste überwacht worden sein
könnte, "belegt, wie absurd der politische Versuch war, die Debatte über
die Überwachung alltäglicher Kommunikation hierzulande für beendet zu
erklären", sagte Schaar der "Mittelbayerischen Zeitung".
"Angesichts der neuen Enthüllungen war es geradezu verantwortungslos, die
Aufklärung nicht entschiedener vorangetrieben zu haben."
Allerdings hat die Kanzlerin viereinhalb
Monate und ein sattes Maß an allerpersönlichster Betroffenheit gebraucht, um zu
einer angemessenen politischen Reaktion zu gelangen und endlich zum
Telefonhörer zu greifen.
Auch das bleibt inakzeptabel. Auch das
geht gar nicht.
Merkel, die im Wahlkampf
leutselig behauptete hatte es gäbe keine Spitzelaffäre nun Jahrelang selbst
ausgespäht zu wähnen, ist natürlich Futter für die Satiriker. Da lacht das Netz.
Nun hat sich auch Hans-Peter Friedrich
(CSU) zur mutmaßlichen Überwachung des Mobiltelefons der Kanzlerin geäußert.
Wörtlich sagte der Bundesinnenminister: "Freiheit ist ein Grundrecht,
muss aber vor dem Supergrundrecht auf Sicherheit zurücktreten. Die
Abhörsicherheit des Handys von Merkel ist wiederum - und das erfinde ich nicht
einfach so - ein Superdupergrundrecht, vor dem das Supergrundrecht auf
Sicherheit zurücktreten muss."
John B. Emerson, Botschafter der
Vereinigten Staaten in Deutschland, zittert nach eigenem Bekunden bereits vor
seiner Begegnung mit Guido Westerwelle (FDP), von dem er wegen der
Handyaffäre um Angela Merkel einbestellt wurde. "Ich habe große Angst vor
dem gerechten Zorn des allseits respektierten Guido Westerwelle. Dieser Mann
hat in seiner Amtszeit, die in wenigen Tagen endet, nicht nur Tyrannen das
Fürchten gelehrt, er war auch lange Zeit Vorsitzender einer der wichtigsten
Parteien dieses Landes", so der Diplomat diplomatisch.
Noch lustiger ist wieder
einmal nur die Realität:
"Es ist nicht meine
Aufgabe, mich in Details von Prism einzuarbeiten. (...) Der amerikanische
Präsident Obama hat vor einigen Tagen gesagt, hundert Prozent Sicherheit,
hundert Prozent Privatsphäre, null Unannehmlichkeit, das sei nicht zu haben.
Das stimmt."
-
Kanzlerin Merkel am 19. Juli vor der Bundespressekonferenz.
"Die Vorwürfe sind
vom Tisch. (...) Die NSA und der britische Nachrichtendienst haben erklärt,
dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halten. (...) Der Datenschutz
wurde zu einhundert Prozent eingehalten."
-
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) am 12. August nach einer Sitzung des
PKGr.
"Wir haben keine
Anhaltspunkte, dass dies geschehen ist. (...) Alle Verdächtigungen, die erhoben
wurden, sind ausgeräumt."
- Innenminister Friedrich am 16. August in der
Rheinischen Post auf die Frage, ob europäische oder deutsche Regierungsstellen
abgehört wurden.
"Ich habe keinen
Grund, an den Angaben der USA zur Einhaltung deutschen Rechts zu
zweifeln."
-
Kanzlerin Merkel am 19. August in der Passauer Neuen Presse.
"Was wir heute
hier erleben ist die Fortsetzung des rot-grünen Sommertheaters. Wie erkläre ich
einen Skandal, der keiner ist."
- Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael
Grosse-Brömer (CDU) in der Bundestagsdebatte über Tempora und Prism am 3.
September.
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