Das finde ich schon recht
amüsant, wie die professionellen Politbeobachter über eine große Koalition
urteilen und sich ausmalen was alles erreicht werden könnte.
Ich staune.
Merkel ist 1990 das erste
Mal Ministerin geworden. Seit 23 Jahren ist sie also entweder Mitglied der
Regierung und/oder Parteichefin, bzw Oppositionsführerin.
Nach fast einem
Vierteljahrhundert Dauermerkel glauben Journalisten immer noch sie würde
reformieren wollen?
Da kann man genauso erfolgsversprechend während der Polarnacht in einem Iglu hocken und darauf hoffen einen schönen braunen Teint zu bekommen.
Da kann man genauso erfolgsversprechend während der Polarnacht in einem Iglu hocken und darauf hoffen einen schönen braunen Teint zu bekommen.
Tatsächlich las ich sogar
angesichts der TVE-Affäre mehrmals, daß die große Koalition die Kraft finden
könnte, die Staatskirchenleistungen endlich mal abzuschaffen.
Sehr witzig! Das hat die
letzten 94 Jahre nicht funktioniert und nun soll ausgerechnet Angela Phlegma
die alten Zöpfe abschneiden?
Und das als Führerin einer
Koalition, in der alle drei beteiligten Parteien jenes Ansinnen noch vor wenigen Wochen abgeschmettert hatten?
Im
klaren Widerspruch zur Verfassung kassieren die Kirchen ab.
Trauriges Jubiläum: „94 Jahre Verfassungsbruch“
[…]
Am 14. August 1919 trat die
Weimarer Reichsverfassung (WRV) in Kraft. Damit jährt sich der dort in Artikel
138 verankerte und heute in Artikel 140 des Grundgesetzes übernommene Auftrag,
die historischen Staatsleistungen an die evangelische und katholische Kirche
abzulösen, zum 94. Mal. Die Humanistische Union hat anlässlich dieses
Jahrestages aktuelle Daten zu den Staatsleistungen präsentiert: Demnach werden
sich die zweckfreien staatlichen Zuwendungen an beide Kirchen in diesem Jahr
auf die Gesamtsumme von 481,4 Millionen Euro belaufen. Das entspricht nach
HU-Berechnungen einer Steigerung von 6,6 Mio. Euro im Vergleich zum
Vorjahr. Obwohl die evangelische Kirche
weniger Mitglieder hat (23,9 Millionen) als ihr katholisches Pendant (25,7
Millionen), erhält sie mehr Gelder. Insgesamt fließen in diesem Jahr fast 280
Millionen Euro von den Staatskonten in ihre Kassen. Die katholische Kirche
erhält vom Staat 202 Millionen Euro. Den höchsten Betrag zahlt Baden
Württemberg an die beiden Kirchen aus (108 Millionen Euro), der geringste
Betrag fließt im Saarland (637.000 Euro). […] Die seit Jahren abnehmenden Mitgliederzahlen
in beiden Kirchen veranlassen den Staat offenbar nicht, über das erfüllen des
Verfassungsauftrags nachzudenken. Anstatt die Leistungen einzustellen,
entrichten alle Bundesländer – mit Ausnahme von Hamburg und Bremen, die keine
Staatsleistungen kennen – jedes Jahr steigende Rekordsummen an die zwei
Kirchen, „die ohnehin zu den reichsten Religionsgemeinschaften der Welt
gehören.“ Anträge zur Umsetzung des Verfassungsauftrages im Bundestag wurden
zuletzt mehrheitlich abgelehnt. […]
Unsere
Volksvertreter inszenierten dies als
wahren Tiefpunkt des Parlamentarismus‘.
Nein,
arm sind sie wirklich nicht die Kirchen.
Pro
Tag werden werden in Deutschland 25 Millionen Euro in „Kirchensteuer“
bezahlt. In Wahrheit ist das natürlich keine Steuer, sondern
Mitgliedsbeiträge, die der Staat als
Inkassounternehmen für Katholen und Evangelen eintreibt.
Eine
feine Sache.
Die
christlichen Kirchen kassieren also allein in Deutschland über eine MILLION
EURO PRO STUNDE!
Damit
werden aber nicht etwa die „sozialen Leistungen“ finanziert. [….] Von den
allein in Deutschland über eine MILLION EURO PRO STUNDE an die Kirchen gezahlten
Mittel werden aber auch nicht Bischofsgehälter oder Theologenausbildung
bezahlt.
Auch
das stopft der Steuerzahler – von denen eine relative Mehrheit nicht
Mitglied einer Kirche ist – RKK und EKD noch zusätzlich in den
Allerwertesten.
[….]
Offensichtlich werden wir aber von Volksvertretern bestimmt, die in ihrer
überwältigenden Mehrheit die Mehrheit der Konfessionslosen ignorieren und die
darüber hinaus auch noch die Verfassung ignorieren.
Gerade 40 Sekunden benötigte der Bundestag, um den lästigen
Tagesordnungspunkt abzuhandeln. Im Schnellverfahren votierten am frühen
Freitagmorgen die wenigen noch im Plenum anwesenden Abgeordneten um 0.26 Uhr
ohne Aussprache, aber mit großer Mehrheit dafür, weiterhin das Grundgesetz zu
ignorieren. Wenn es um das gute Verhältnis zu den beiden Großkirchen geht,
kommt es für die Fraktionen von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen nicht so drauf
an. Gemeinsam stimmte die ganz große Koalition gegen einen Gesetzentwurf der
Linkspartei, der den Einstieg in den Ausstieg aus den historisch begründeten
Staatsleistungen an die Kirchen bedeutet hätte.
Unglaublich, aber wahr: Damit bleibt ein seit 94 Jahren bestehender
Verfassungsauftrag nach wie vor unerfüllt. Dabei ist der Auftrag eindeutig:
"Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden
Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die
Landesgesetzgebung abgelöst“. […]
Man
stelle sich vor irgendeine andere Organisation, die seit Jahrzehnten
systematisch Kinderficker in ihren Reihen vor der Staatsanwaltschaft schützt,
würde in ähnlich unverfrorener Weise die Hand beim Steuerzahler aufhalten!
Die
kirchliche Abzocke auf Kosten der Allgemeinheit kennt aber keine Grenzen. (…)
Klar, die Gelegenheit ist
günstig, weil die Öffentlichkeit jetzt erstmals Interesse daran entwickelt,
was engagierte Atheisten schon lange wissen: Die Kirchen sind steinreich,
kassieren auch bei Ungläubigen ab und brüsten sich mit sozialen Leistungen, für
die in Wahrheit der Staat bezahlt.
Die dunkelkatholischen
Kräfte sind möglicherweise nicht ganz so schnell mit Facebook und Twitter, aber
andererseits sind sie auch nicht machtlos.
Während Papst Franz in Rom
TVE eben nicht entlassen hat, sondern ihn sogar nach eigenem Empfinden „ermutigt“
aus seiner Audienz entließ, rotten sich auch in den sozialen Netzwerken die
Tradis zusammen, die erbittert gegen jede Transparenz in den Kirchen streiten.
Heute ganz neu auf dem Markt
ist beispielsweise eine kleine Facebook-Gruppe des Namens „Gegen die Jagd auf Bischof Tebartz-van Elst.“
Seine Fans posten dort
eifrig „Entlastungsmaterial“ und empören sich über die angeblich so linken
Medien.
Eifrig schiebt man dabei
die Schuld an finanziellen Missständen anderen in die Schuhe.
Jetzt
wird es auch eng für Jochen Riebel (Staatsminister a.D.), der wie kein anderer
auf den Bischof
öffentlich unter der Gürtellinie eingeschlagen hat.
J.M.: Vielleicht sollte er einfach das
vormachen, was er für den Bischof gefordert hat: Zurücktreten. In seiner
Funktion als Vermögensverwaltungsrat scheint er mir jedenfalls untragbar.
A.R.: Der Verwaltungsrat mit seinen
abgehallfterten Politikern sollte sich Asche aufs Hauot streuen und schweigen !
Heuchler . Lügner und Denunzianten geben sich ein Stelldichein !
Wem
nutzt die Menschenjagd? Fakt ist: Die Medien haben jedes Maß verloren und
sollten sich schämen!
Fakt:
Es gibt keine Badewanne für 15.000 Euro. Das ist schlicht eine bösartige
Falschmeldung, um den Bischof als Verwender hinzustellen!
Und
weiter geht die Jagd. Er wird "Protz-Bischof" genannt, obwohl nichts
bewiesen ist. Selbst sein Upgrade in die Erste Klasse der Lufthansa, der erste
angebliche Aufreger, hat er privat (!) bezahlt.
Was sich hier noch als
Privatansicht einiger hundert Menschen daher kommt, wird aber längst auch in
millionenfacher Auflage von BILD, Cicero oder Manager Magazin verbreitet.
Springers „Welt“ vermutet eine Intrige gegen TVE und auch das eher moderate „Hamburger Abendblatt“
sorgt sich massiv um das Wohl der Kirche.
Der Öffentlichkeit ist nichts mehr
heilig. Wer derzeit die geradezu hysterische Debatte um den Limburger Bischof
Franz-Peter Tebartz-van Elst verfolgt, kann sich nur noch wundern. [….] Sein
Fehlverhalten rechtfertigt nicht die Jagd, die eine säkulare Öffentlichkeit
gegen den "Kirchenfürsten" treibt. Immer "neue Vorwürfe",
die im Kern dieselben sind, werden herausgekramt und zugespitzt, selbst seriöse
Zeitungen wie die "FAS" spekulieren über eine angebliche Autismus-Erkrankung.
Schmähungen folgen auf Enthüllungen, Verleumdungen auf Anschuldigungen.
Verteidiger gibt es kaum noch. […] Kirche
ist eben nicht in erster Linie politisch, sondern eine Gemeinschaft der
Gläubigen. Wer Kirche auf Bischöfe, Stromnetze und Asylpolitik reduziert,
verkennt das enorme soziale und spirituelle Leben in den Gemeinden. Hier finden
junge wie alte Menschen einen religiösen Raum, der Heimat ist. Hier engagieren
sich viele Menschen für andere – jugendliche Gruppenleiter für Kinder, Frauen
und Männer für alleinstehende Senioren, Christen für Flüchtlinge. Und hier
liegt das Fundament für gesellschaftliches Engagement, von Kindergärten und
Schulen über Krankenhäuser bis zur Caritas.
In einem Punkt hat Herr
Iken Recht. Es ist erstaunlich, daß gerade die Frankfurter Zeitungen, die zu
TVEs Bistum gehören besonders kritisch über ihren Bischof berichten – zumal die
F.A.Z., bzw F.A.S. extrem konservativ ist.
Es scheint offensichtlich;
je näher man dem Limburger Oberhirten kommt, desto unsympathischer empfindet
man ihn.
Nirgendwo gibt es so
scharfe Worte der Abscheu, wie in seiner unmittelbaren Umgebung.
Es ist offenbar Abstand
bis ins säkulare Hamburg oder das protestantische Berlin notwendig, um TVE
beizuspringen.
Der ultrafromme Peter
Hahne (ZDF, Springer) schreibt in der BamS, welche 10,5 Millionen Leser
erreicht, über TVE.
Ich habe nie verstanden, warum die
Kirchen, sowohl die evangelische als auch die katholische, so defensiv [mit dem Thema Kirchensteuer – T.] umgehen. Denn die 9,8 Milliarden Euro – so
viel waren es 2012 – fließen doch in Bereiche, die die Kirchen besser
wahrnehmen, als der Staat es vermag: Notfall- und Militärseelsorge, Caritas und
Diakonie, Jugend- und Seniorenarbeit und die selbst unter Atheisten gefragten
Kitas und Schulen. […Ich] halte […]
das Theater um die 30 Millionen Euro für
ein denkmalgeschütztes Ensemble in Limburg für lächerlich, zumal es ja wohl
nicht aus den Kirchensteuern finanziert wurde, sondern vom „Bischöflichen
Stuhl“. Der wurde vom Staat als Entschädigung für die Enteignung der Kirchen vor
mehr als 200 Jahren gespeist. […]
So viel an Hass und Häme wie gegen
Tebartz habe ich selten erlebt. Es schreit zum Himmel, wenn erklärte Christen
oder Kirchenleute sich daran beteiligen und mit ihrem Spott Talkshow-Honorare
kassieren.
In der noch
auflagenstärkeren BILD (Reichweite 12,4 Mio Leser täglich) durfte Alexander „regierender“
Graf von Schönburg-Glauchau, Seine Erlaucht, Chef des gräflichen Zweiges des
einst standesherrlichen Hauses Schönburg, Ehemann von Irina Verena Prinzessin
von Hessen-Kassel-Rumpenheim, Großneffe von Prinzgemahl Philipp von
Großbritannien und somit auch von Queen Elisabeth II. und Bruder der
ultrakatholischen Fürstin Gloria von Thurn und Taxis seine Sicht der Causa TVE
präsentieren.
Die kirchenfeindliche Stimmung in diesem
Land ist langsam ekelhaft. Wie bei Hau-den-Lukas darf jeder mal ran. Vielleicht
ist es langsam an der Zeit, die Kirche im Dorf zu lassen. Die Kirche ist mehr
als die Verfehlungen eines Mannes. Die Kirche besteht aus Menschen. Darunter sind
Heuchler. Aber auch Heilige.
Im Übrigen gilt das Jesuswort: „Wer ohne
Sünde ist, werfe den ersten Stein!“
Bischof Tebartz, der
Unglücklich tut offenbar gut daran, den Bettel noch nicht hinzuwerfen. Er hat
noch mächtige Unterstützer in diesem Land.
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