Mittwoch, 29. August 2018

Stimmungsverdunklung.

Wir haben ja jetzt Lars Klingbeil.

Da wird es was mit der alten Tante SPD. Der Mann ist nämlich „internetaffin“.
Der kennt sich aus mit diesem #Neuland, in dem heutzutage so viel passieren soll. #Neuland ist dieser Ort, an dem all die vielen ehemaligen SPD-Wähler hocken, die man nicht mehr erreicht mit Infoständen vorm EDEKA – selbst wenn man neben SPD-Luftballons auch noch kostenlos SPD-Kugelschreiber und SPD-Lollis anbietet. Verstehe einer diese jungen Leute.
Aber die kriegen wir nun doch auf unsere Seite.
Geheimwaffe Klingbeil macht das. Der ist jung (40) und frisch (Seeheimer).
Jetzt hauen die großen SPD-Gliederungen short messages in die hippen sozialen Netze.
Sogar auf Facebook, dernier cri, Jugendtreffpunkt der hippen Online-Community gibt es jetzt die poppig aufpoppenden SPD-Botschaften als gesponserte Links für Likes. Natürlich im Sozi-Rot.
In einfachen Hauptsätzen, ohne Fremdworte, dafür aber gern in Versalien werden die mitreißenden Sprüche nur so rausgehauen – inklusive Heschtegg, damit sich auch die Gerontengeneration auf Twitter (Donald Trump, Horst Seehofer, Erika Steinbach) angesprochen fühlt.



OK, etwas blöd gelaufen mit den Reaktionen.
Soweit sind wir dann doch noch nicht in dieses #Neuland und #SPDerneuern vorgedrungen.

Wer kann denn auch ahnen, daß Wildfremde, ja, sogar Nicht-Sozialdemokraten frech ihren Senf dazugeben?
Dann kommt gleich das nächste Problem: Diese jungen Leute im Netz sind, …, wie soll ich das ausdrücken, aber diplomatisch sein?, sie sind, äh, leider nicht nett.



Wäre ich Philanthrop und hielte die Menschen für mehrheitlich einigermaßen anständig, würde ich auch denken, daß so ein SPD-Spruch von jedem unterschrieben werden kann:

Die demokratische Mehrheit muss noch lauter werden - gegen Selbstjustiz, gegen ausländerfeindliche Hetze, gegen Rassismus.

Mit den demokratischen Mehrheiten ist das aber so eine Sache im braunen failed state Sachsen.

Statt sich mit den Schwachen zu solidarisieren, rollt eine Welle des xenophoben Hasses durch Facebook.



Liebe SPD, ist das jetzt #SPDerneuern?
Einen Satz auf Facebook raushauen und dann paralysiert zugucken, wie hunderte rechte Trolle ihrer Xenophobie freien Lauf lassen? Wenn man sich schon in den neuen Medien versucht, braucht man auch ein Team, das gegenhält und diesen ausländerfeindlichen Anschuldigungen die Fakten entgegen stellt.


[….] Nein, "ungeheuerlich" ist kein origineller Begriff. Aber auf die Causa Chemnitz passt er wie wenige andere. Ungeheuerlich ist, dass Rechtsextremisten zusammen mit bis dahin politisch unauffälligen Bürgern Jagd auf Menschen machen, die sie für Zugewanderte halten; dass die Polizei nicht nur von der ersten Zusammenrottung am Sonntag überrascht wird, sondern dass sie auch die zweite, am Montag, grob unterschätzt; dass wiederholt zu wenige Beamte vor Ort und kaum wehrhaft sind; dass die AfD nahezu unverhohlen Verständnis für die Angreifer signalisiert und diese damit indirekt bestärkt; dass der sächsische Ministerpräsident sich bisher am Ort der Ausschreitungen nicht hat blicken lassen; dass der Bundesinnenminister, die unzweideutigen Bilder von der Hatz vor Augen, fast zwei Tage und gehörigen öffentlichen Druck braucht, um das Geschehen in Chemnitz zu kommentieren. [….]

Am wenigsten habe ich derzeit an der viel gescholtenen Mainstreampresse zu kritisieren.
Dort gibt es eine Fülle guter Analysen zum rechten Mob in Ostdeutschland.
Kein positionsvermeidendes Larifari, sondern klare Schuldzuweisungen an die total versagende CDU-Landesregierung.

 [….] Man hat das auch schon anders erlebt: Politiker, die öffentlich für Grundrechte eintreten. Ministerpräsidenten und Minister, die sich neben Demonstrantinnen und Demonstranten auf die Straße stellen, um zu dokumentieren: Dies ist ein demokratisches, freiheitliches Land. Wir lassen nicht zu, dass Menschenfeinde unsere Straßen dominieren.
Das war in Deutschland selbstverständlich. Anfang der Neunziger zum Beispiel, als der Hass sich schon einmal auf den Straßen entlud. Damals haben Politiker Stellung bezogen. Oder 2012 in Hamburg, als der Erste Bürgermeister Olaf Scholz 10.000 Bürgern "Wir stehen zusammen" zurief, während im Stadtteil Wandsbek Rechtsextreme aufmarschierten.
Doch in Chemnitz war davon am Montagabend nichts zu sehen. Ministerpräsident Michael Kretschmer schwieg. Innenminister Roland Wöller tauchte im Lagezentrum auf, aber nicht an der Seite seines Einsatzleiters oder am Ort des Geschehens. [….] Nun ist das Entsetzen groß. Es heißt, der Rechtsstaat habe versagt. Aber so ist es nicht. Nicht ein abstrakter Rechtsstaat hat versagt, sondern ganz konkret die Landesregierung in Dresden. Spätestens seit 2014 weiß sie, was in Sachsen vor sich geht. Woche für Woche und Jahr für Jahr war sie mit den Aufmärschen von Pegida in Dresden und Legida in Leipzig konfrontiert. Sie weiß auch, dass ein erheblicher Teil der rechten Demonstranten, die da Montag für Montag auftauchen, aus dem Umfeld von Chemnitz kommt. Die rechte Szene dort hat sich neu formiert und bietet Anknüpfungspunkte für rechte Protesttouristen aus dem ganzen Land. Schließlich hat die Landesregierung 2015 in Heidenau gelernt, wie schnell rechter Protest eskalieren kann.
Was am Montag in Chemnitz geschah, kam also nicht so unerwartet wie jetzt dargestellt. Viele Beobachter der rechten Szene haben früh davor gewarnt.
Doch der Polizeieinsatz verlief ungeheuerlich: Zu wenig Beamte waren vor Ort. Sie taten, was sie konnten, waren aber völlig überfordert. […..]

Ich bin gar nicht so verblüfft. Sachsen ist ein perfekter Nährboden für Rechtsextreme. Kombiniert man das mit drei Jahren AfD-Dauerpropaganda gegen alles Fremde, einer CDU-Landesregierung, die ungeniert Stimmung gegen Migranten macht und einem CSU-Bundesinnenminister, der ebenfalls Heimatvertriebene ausschließlich als Plage darstellt, die man loswerden müsse, muß man sich nicht wundern.
Der marodierende Bachmann-Dräbitz-Höcke-Berger-Mob in Ostdeutschland ist das Eine. Die charakterlichen Abgründe, die sich im #Neuland auftun, wenn man es auch nur wagt an demokratische Spielregeln zu erinnern, sind die Kehrseite.

Mir reicht es jedenfalls. Ich verabscheue Menschen generell und bekenne mich zum Antinatalismus.
 
Ich erkläre hiermit meinen Austritt aus dem menschlichen Volk.
Amerikanisch, deutsch, polnisch, ungarisch, türkisch – welches ist mir egal. So wie man aus einer Religionsgemeinschaft austreten kann, sollte man auch förmlich seine Abkehr von einer Gattung vollziehen können.
Menschen sind eine einzige Pest.
Und besser wird es nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen