Gesundheitlich
geht es bergab, Kinder, die ich später mal anbetteln könnte, habe ich nicht.
Die öde
Begriff Alterssicherung, dieses
unglaublich spießige Wort, nichts könnte weniger sexy sein, spukt in meinem
Kopf herum.
Das war
wirklich ein Vorteil ein Jugendlicher zu sein. Solche Begriffe spielten keine
Rolle. Man kannte sie entweder gar nicht, oder aber man assoziierte sie nicht
mit einem selbst.
Eine
Schulfreundin, die von ihren Eltern mit Anfang 20 etwas Geld vorab „erbte“,
weil diese ihr großes Haus verkauften und in eine Wohnung zogen, kaufte damals,
es muss so ungefähr 1990 gewesen sein, zusammen mit ihrem Verlobten ein
Reihenhaus am nordöstlichen Rande Hamburgs. Kurz vor Pinneberg.
Im
Erdgeschoss gab es Marmorfliesen, so daß jeder Besucher hartnäckig schon vor
der Tür genötigt wurde die Schuhe auszuziehen und nur in weichen Socken über
die makellosen fußbodengeheizten weißen Fliesen zu gleiten.
Und zum
Rauchen auf die Terrasse. Ebenfalls auf Socken. Schon ein Nikotin- oder
Teer-Molekül könnte schließlich einen wertmindernden Schleier auf die frisch
geweißte Raufaser legen.
Das gab
uns anderen für Jahre Stoff, um uns die Münder fransig zu lästern.
„Hast Du
Dir auch die Schuhe ausgezogen“ fragte ich als runnig gag gelegentlich meine
Besucher, die natürlich sofort wußten auf wen das gemünzt war. Und dann ging es
los:
Wer
verlobt sich denn bitte heutzutage noch? Spießiger geht es ja wohl nicht. Und
das in dem Alter. Und wer zieht in DIE Gegend? Da möchte man ja nicht mal tot
und begraben sein. Wie sollte man eigentlich als normaler Alkoholiker diese
Fahrtstrecke bewältigen?
Und ein
Reihenhaus, oder „Reihenendhaus“ – darauf legten sie Wert – mit 25? Zumal in
derselben Reihe auch die zukünftigen Schwiegereltern eine dieser völlig
gleichen Buden bewohnten.
Ich bin
eine treue Seele, habe mich immer sehr geduldig und solidarisch gegenüber
meinen Freunden verhalten. Aber in diesem Fall half nach vielen, schrecklichen
langweiligen Geburtstagen und sonstigen Partys in dem marmorgefliesten
Reihenhaus leider nur das große Schisma. Ich lud die beiden eines Tages zu mir
ein und erklärte freundlich aber bestimmt bei einem Glas Weißwein, daß ich in Zukunft
keinen Kontakt mehr mit ihnen haben wolle; wir hätten offensichtlich keine
Gemeinsamkeiten. An dem Abend fiel auch aus ihrem Munde das schöne Wort „undeutsch“,
gemeint ganz offensichtlich als Beleidigung.
Wir
haben uns tatsächlich nie wieder gesprochen und ich bin immer noch gern
undeutsch. Die beste Entscheidung meines Lebens. Da habe ich weise voraus
gedacht.
Von
solchen Mitmenschen muss man sich in seinem persönlichen Umfeld befreien.
Mit
einem
hätte ich aber nie gerechnet: Ein Vierteljahrhundert später beiße ich
mir in den Hintern, daß ich nicht damals auch eine Immobilie angezahlt
habe.
Das wäre
was! Damals waren die Preise vergleichsweise spottbillig, ich hätte die Bude
inzwischen längst abgezahlt und sie wäre inzwischen das Dreifache wert.
Damit
wäre meine Alterssicherung erledigt. Ich könnte entweder mietfrei wohnen, das Haus
selbst vermieten oder aber das Ding jederzeit zu einem großen Haufen Geld
machen.
Verdammt
noch mal, wer hätte damals geahnt, daß diese CDU-affinen Schuhe-aus-Verlobten
mit den Marmorfliesen RECHT HATTEN so früh eine Immobilie zu kaufen?
Ein abgezahltes
Reihenendhaus im inzwischen hochbeliebten Hamburger Speckgürtel: Dort wo seit
zehn Jahren die Immobilienpreise explodieren.
Leider
kommt mir diese Erkenntnis ein Vierteljahrhundert zu spät. Jetzt sind sowohl
die Mieten als auch die Kaufpreise für Immobilien in Hamburg in astronomische
Höhen geklettert.
Ein
ganzes Haus zu kaufen liegt weit außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten.
Außerdem bin ich jetzt schon so alt, daß sich die Banken anstellen, weil
Immobilienkredite möglichst mit dem Eintritt des Rentenalters (65, 66, 67)
abgezahlt sein sollen.
Das wird
verdammt knapp bei mir. In Hamburg kosten kleine Eigentumswohnungen inzwischen
rund 35 Jahresmieten. In 35 Jahren gucke ich mir die Radieschen aber mutmaßlich
längst von unten an.
Irgendeine
Alterssicherung muss ich aber mangels Familie betreiben; zumal ich fast nie in
meinem Leben angestellt war und meine BfA-Auskünfte immer eine voraussichtliche
Rentenhöhe unter 50 Euro ausspucken. Das reicht nicht zum Leben.
Mein
Ausweg sollte der Kauf einer kleinen Einzimmerwohnung sein. Eine Neubauwohnung
ist genauso unbezahlbar wie eine sehr zentral Gelegene.
Es
bleiben also leicht runtergerockte Wohnungen in B-Lagen aus den 1950ern bis 1970ern in
möglichst großen Wohnungseigentümergemeinschaften (so daß die laufenden
Sanierungskosten einen nicht auffressen).
Nach
Möglichkeit kennt man privat Handwerker verschiedener Gewerke, die einem dann
dabei helfen das Teil vor der ersten Vermietung in Schuss zu bringen.
Als
Anfänger darf man nur eine Wohnung in der Stadt kaufen, die man wirklich gut
kennt und deren Stadtteile man ganz genau beurteilen kann. Prima wäre etwas
Innenstadtnahes wie St Georg, Winterhude, Eppendorf, aber das ist inzwischen
genauso unmöglich zu bezahlen wie die Luxusstadtteile Rotherbaum, Harvestehude
oder Uhlenhorst.
Sogar
ehemalige reine Arbeiterstadtteile wie Barmbek, über die ich noch die Nase rümpfte,
als ich anfing zu studieren, sind heute superhipp. Da gibt es kein Angebot
mehr.
Inzwischen
habe ich mir Gegenden von Hamburg angesehen, in denen ich vorher noch nie gewesen
bin und staunte über die Myriaden Wohnungen, die dicht an dicht gebaut auch da
rumstehen, wo wirklich nichts los ist.
Wohnungsbesichtigung
für 1-Zimmerwohnungen im Preis von 100.000,- bis 150.000,- in leicht
vergammelten Gelbklinkerbauten aus den 1960ern laufen heute so wie zu meiner
Uni-Zeit Besichtigungen von Mietwohnungen. Die Interessenten kommen im
10-Minutentakt und müssen nicht nur sofort zusagen, sondern auch bereit sein
die anderen zu überbieten.
Wer noch
in Ruhe vorher die Unterlagen (Wohngeldabrechnungen,
Eigentümerversammlungsprotokolle, Teilungserklärung,…) durchlesen will, hat
schon verloren.
In
irgendeinem Ratgeber („Augen auf beim Wohnungskauf“) steht, man solle als Laie
einen Gutachter von der Handwerkskammer beauftragen, der sich das Objekt
gründlich anguckt und nach versteckten Kostenfallen guckt. Könnte ja irgendwo
Schwamm im Gebälk sein, der Keller durchfeuchtet oder die Heizung marode sein.
Zu dem
Tipp kann ich nur sagen: Hahahaha! Wenn ich in Hamburg einem Verkäufer einer
Einzimmerwohnung sage, daß ich erst einen Fachmann alles abklopfen lassen will,
hat er die Bude schon dem nächsten Interessenten vertickt, bevor ich eine
Antwort bekomme.
Als
Kaufinteressent muss man außerdem die Makler gleich schriftlich nachweisen, daß
man die Kaufsumme aufbringen kann. Wer erst nach der Wohnungsbesichtigung zur
Bank geht, hat schon verloren.
In dem
Punkt verhielt ich mich mustergültig, bat bei zwei Banken um einen
Beratungstermin mit der Immobilienabteilung, um da mal gründlich meine Hosen
runterzulassen, so daß ich für den Fall, daß Immobilienscout24 plötzlich die
passende Bude offeriert dem Anbieter sofort sagen kann „nehme ich, Finanzierung
ist geklärt!“.
Die
Immobilienberaterin der Deutschen Bank war sehr freundlich, konnte mir aber
nicht helfen, weil sie in eine andere Größenordnung gehörte. Offensichtlich werden
bei ihnen die Berater nach Reichtum der Kunden gestaffelt.
Wer eine
Millionen Euro-Kredite vergibt, ist nicht für arme Schlucker wie mich
zuständig, die „nur“ 100.000,- haben wollen für eine Minibude.
Der Herr
für die Kleinstkredite war aber sehr beschäftigt, rief mich nie zurück,
schickte keine Mails.
Ich Depp. Ich hätte die Deutsche Bank nicht um
100.000,- bitten sollen, sondern lieber um eine Milliarde Euro, wie sie Trump
bekommen hat. Wenn es mehr als neunstellig wird, scheint ja nicht mehr so genau
hingesehen zu werden und es stört ja offenbar auch gar nicht, daß Trump seine
Milliarde nicht zurückzahlt an die Deutsche Bank.
Da ich
nicht weiterkam, wandte ich mich an die Commerzbank. Nicht aus Überzeugung,
sondern weil das zufällig die nächste Bankfiliale ist.
Dort
bekam ich am gleichen Tag einen Rückruf. „Unser Immobilienfachmann würde sich
gerne mit ihnen treffen am…“
Immerhin.
Inzwischen hatte ich alle meine finanziellen Unterlagen, eine detaillierte
Selbstauskunft mit Einnahmen und Ausgaben akribisch erstellt und auch ein
farbig ausgedrucktes Exposee für eine zugegeben extrem vergammelte und übel
geschnittene Wohnung im Norden Wandsbeks dabei. Die Gegend war gut, sehr ruhig
gelegen, aber nur drei Minuten zu Fuß zum großen Einkaufszentrum und dem U-Bahnhof.
Die
Bruchbude sollte nur 107.000,- kosten, also inklusive aller Nebenkosten mit
Renovierung vermutlich um die 125.000,-. So mal als Rechengröße. In Wahrheit
wollte ich die Wohnung gar nicht, da sie tatsächlich zu kaputt war, aber
irgendwas musste ich dem Commerzbanker ja zeigen.
Wie sich
herausstellte, verfügt auch die Commerzbank gar nicht mehr über eigene
Immobilienexperten. Die wurden alle schon vor langer Zeit von schlauen
23-Jährigen Controllern, die frisch von der Uni kamen, rausgeworfen und gegen
halbselbstständige Externe ausgetauscht.
Der
Mann, mit dem ich sprach, stammte aus Braunschweig und arbeitete für Wüstenrot –
mit Zuständigkeit Hamburg. „Über Wandsbek brauchen sie mir nichts zu sagen, das
kenne ich gar nicht, in Hamburg ist sowieso alles A-Lage!“
Ach was?
Location, location, scheißegal?
Es
folgte ein 17-Seitiger Beratungsbogen, der meinen „Finanztyp“ herleiten sollte.
Möchte ich eher Sicherheit und wenig Rendite, oder mehr Risiko?
Was soll
man schon dazu sagen, wenn man dem Typen gegenüber sitzt, der über die Kreditvergabe
entscheidet?
- Nein, ich bin ein Hallodri, der nur ab und zu seine Rechnungen bezahlt?
- Nein, ich bin ein Hallodri, der nur ab und zu seine Rechnungen bezahlt?
Nach
meinen eigenen Auskünften hätte ich eigentlich in die CDU gehört.
Ihn beeindruckte
das alles wenig, weil er, wie er stets versicherte, nicht persönlich
entscheide, sondern sein Programm.
So war
beispielsweise mein Auto ein echtes Problem.
In der
Wüstenrot-Maske werden für Immobilienkäufer KfZ-Kosten von monatlich 100 Euro
aufwärts angesetzt.
Ich gebe aber nur 50 Euro aus. Laut Wüstenrot
geht das aber nicht.
Was tun?
Meine Selbstauskunft mit höheren Ausgaben versauen?
Was kann
ich dafür, daß ich seit 30 Jahren unfallfrei fahre und eine so günstige
Schadensfreiheitsklasse habe, daß ich kaum Versicherungen zahle, daß ich nur so
wenig Kilometer mache, daß ich wenig Benzin tanke und die Karre selbst so
wertlos ist, daß ich natürlich auch kein Vollkasko zahle?
Abgezahlt ist mein Auto auch noch!
Abgezahlt ist mein Auto auch noch!
Ich
passte einfach nicht ins Raster. Das größte Problem war natürlich die fehlende
Festanstellung. Ich habe nun mal keinen Arbeitgeber, der ein monatliches Gehalt
garantiert. Man kann nur anhand meiner Kontoführung rückverfolgen was ich
üblicherweise monatlich einnehme.
Das aber
reicht nicht mehr, wenn man zukünftig die Kreditraten abzieht.
-
Aber,
aber, das macht doch nichts, denn ich will ja die Wohnung vermieten und bekomme
dann entsprechende Mieteinkünfte hinzu.
Nein,
Mieten sind kein Arbeitseinkommen – laut Wüstenrot. Vielleicht stehe die
Wohnung ja auch leer.
Klar,
kleine zentral gelegene Wohnungen in Hamburg bekommt man ja auch so irre schwer
vermietet im Moment.
Nicht nur, daß die Jungs für ausgeliehene 100.000,00 Euro 144.000,00
zurückbekommen, nein, es darf auch nicht mal jedes Geld sein, sondern nur das
was in deren Programm als reguläres Arbeitseinkommen zu verbuchen ist.
Wir
wurden uns also nicht einig.
Das
nächste mal frage ich doch nach einer Milliarde. Mal sehen, ob das klappt.
Vielleicht
ist die Commerzbank auch einfach nicht der beste
Anlaufpunkt für Immobilienfinanzierungen.
Seit
drei Jahren prahlen die Commerzbanker von einem 220-Millionen-Bauprojekt am
Großen Burstah – einem echten Filetstück der Hamburger City, das die
Tochterfirma COMMERZ-REAL verwirklich wollte.
Die
Commerzbank hat aber offensichtlich Experten in der Kategorie meines
Wüstenrot-Beraters engagiert und alles in den Sand gesetzt. Nach drei Jahren
haben sie immer noch niemand gefunden, der für sie baut. Dafür haben wir jetzt
Stillstand und Baugruben in der Innenstadt.
[…..] Das Mitgefühl am Markt hält sich in
Grenzen.
Das 7.800 m2 große
Grundstück der früheren Hamburger Allianz-Zentrale am Großen Burstah gehört zu
den Premiumlagen in der City. Die Commerz Real möchte hier das Burstah Ensemble
bauen. Das Investitionsvolumen liegt - oder vielmehr lag - bei 220 Mio. Euro.
Das dürfte sich angesichts der gravierenden Baukostensteigerungen kaum halten
lassen - sofern die Commerzbank-Tochter das Projekt überhaupt realisiert.
Auf fünf Baufeldern
sollen 43.400 m2 BGF für Büros, Wohnungen, Läden und Gastronomie entstehen. Im
denkmalgeschützten Globushof von 1907 ist ein Hotel vorgesehen - im Gespräch
war die Accor-Marke MGallery by Sofitel. Das 14-geschossige Allianz-Hochhaus
von 1971 wurde bis Ende April bis auf das erste Obergeschoss abgerissen.
Seitdem ruht die Baustelle. Zum einen gibt es noch keine Baugenehmigung. Doch
vor allem gibt es bis dato keinen Generalunternehmer (GU), der bereit ist, das
Projekt in dem von der Commerz Real gesteckten Budgetrahmen samt
Festpreisgarantie zu realisieren. […..]
Für wohl 65 Mio. Euro hatte die Commerz
Real das Grundstück im Sommer 2015 für den offenen Fonds hausInvest erworben.
Freo Financial & Real Estate Operations sowie Quantum Immobilien waren als
operativ Verantwortliche für Planung, Bau und Vermietung vorgestellt worden.
Quantum jedoch warf das Handtuch - wohl eher aus Verärgerung über die mühsame
Abstimmung mit der Stadt, heißt es aus Marktkreisen. Freo stieg im Februar 2017
aus. Ein Marktbeobachter erklärt: "Commerz Real steckt seit einem Jahr
völlig fest und erkennt, dass sie es alleine nicht entwickeln können. Die haben
große Sorgen, das Geld ihrer Anleger zu versenken." [….]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen