Sonntag, 2. September 2018

Bombshell, breaking news, impeachment

Wenn man die Trump-kritischen Bereiche der sozialen Medien ansieht, könnte man den Eindruck haben, sein Ende stehe unmittelbar bevor.
Die WH-Staffer im Panik-Modus, er selbst twittert immer hysterischer und nächste Woche erscheint auch schon das Woodward-Enthüllungsbuch, welches #45 endgültig den Rest geben könnte.
Man läßt sich von der Stimmung gern mitreißen, freut sich auf den Sturz des gefährlichen Irren.

 Aber dann erinnert man sich daran, genau das Gleiche auch schon an hundert anderen Tagen gedacht zu haben. Michael Wolffs Buch, die Abrechnung James Comeys, die schlüpfrigen Enthüllungen Omarosas. Die sagenhaften Blamagen, die Trump bereitwillig jeden Tag der Welt liefert, indem er lügt wie gedruckt, alle Versprechen bricht, nicht mal die US-Flaggenfarben kennt und an simpler Rechtschreibung scheitert.
All das schadet ihm nicht nur nicht, sondern lässt einen harten Kern von ca einem Drittel der US-Amerikaner nur umso hartnäckiger zu ihm halten.
Und schließlich reichen ein Drittel der Wähler locker, um alle Führungsposten zu besetzen, weil so viele Amerikaner grundsätzlich zu desinteressiert sind, um überhaupt zu wählen. Die massenhafte Wahlenthaltung der Millenials und das anachronistische Wahlrecht machten Trump zum US-Präsidenten

Ja, Trump könnte durch ein Impeachment-Verfahren abgesetzt werden, aber das klappte in der US-Geschichte noch nie.

Ein US-Präsident ist strafrechtlich immun und daher ist das Amtsenthebungsverfahren eine rein politische Frage. Um Rechtsstaatlichkeit zu simulieren, kommen den beiden Kammern dabei unterschiedliche Rollen zu.
Das Haus fungiert als Ankläger und kann mit absoluter Mehrheit aus nahezu beliebigen Gründen das Verfahren eröffnen. Der Senat fungiert als Richter und kann mit einer 2/3-Mehrheit den Präsidenten absetzen.

Zweimal wurde ein Impeachment eingeleitet. 1868 gegen Johnson, 1998 gegen Clinton, beide Male wurde die erforderliche Senatsmehrheit nicht erreicht.
1974 trat Nixon von selbst zurück, als ihm eine Abordnung seiner eigenen Partei aus beiden Kongresskammern unmissverständlich erklärte, ihn bei einem drohenden Impeachment nicht mehr zu unterstützen.

Die Republikaner von 2018 haben nichts mehr mit der Partei von 1974 gemein. So wie das gesamte Land tief gespalten ist, sind sie weit auf die ideologisch-rechtsextreme Seite abgedriftet. Es gibt so gut wie keine Mitglieder mit Moral und Rückgrat mehr.

[…..]  Amerika war immer anders (was europäische Kennedy- und Obama-Fans stets ignoriert haben), aber der sprichwörtliche "American   
Exceptionalism" der US-Gesellschaft hat sich gedreht: Aus einem libertären Individualismus wurde ein von Trump in Szene gesetzter Narzissmus, aus dem grenzenlosen Aufstiegsoptimismus ein trotziges Beharren auf Besitzständen, aus religiöser Inspiration bornierte Bigotterie und aus einer benevolenten Weltmacht deren arrogante Karikatur. [….]
Trump ist der Garant für den Wahlerfolg von 2016, den es eigentlich aufgrund der zunehmenden ethnischen Diversifizierung für eine rein auf weiße, reiche, heterosexuelle Männer ausgerichtete Partei gar nicht mehr hätte geben sollen.
Die GOP-Abgeordneten verdanken ihm ihre Macht und können aufgrund seiner spektakulären Borniertheit tun was sie wollen.
So einem werden sie nicht in den Rücken fallen, auch wenn er wie immer mal wieder „scherzhaft“ angekündigt einen unschuldigen Passanten auf der 5th Avenue vor der Kamera in den Kopf schießen würde.

Allerdings taten sich einige von Trump unterstützte republikanische Kandidaten bei Nachwahlen unerwartet schwer, obwohl es das spezifisch amerikanische Gerrymandering extrem schwer macht einer Partei ein Mandat zu entreißen.
Ein demokratisch dominierter Senat ist auch nach der Wahl vom 06.11.2018 sehr unwahrscheinlich, eine demokratische 2/3-Mehrheit ausgeschlossen.
Im Bereich des Möglichen liegt aber der Verlust der absoluten GOP-Mehrheit im House.

Trump hyperventiliert schon hysterisch was dann alles drohen könne. Selbstverständlich kreisen seine Gedanken dabei nur um sich selbst. Er will die Macht nicht verlieren und will die Basis mobilisieren bei den Midterms über sein Schicksal abzustimmen.
Ausnahmsweise ist #45 sich in dieser Hinsicht einig mit den Demokraten, die genau diesen Mobilisierungseffekt an der rechtsradikalen Basis fürchten und daher das böse I-Wort gar nicht mehr in den Mund nehmen.
Sollte es dennoch zu der Blue-Wave kommen und sollte diese gewaltig ausfallen, könnten sich durchaus GOP-Senatoren damit anfreunden gegen Trump zu stimmen.

Nicht aus moralischer Einsicht oder neuen juristischen Bewertungen der Trump-Untaten, sondern weil es um ihre eigenen Pöstchen und Pfründe ginge, wenn sie den Eindruck hätten mit Trump Wahlen zu verlieren.
Sollte sich der orangehaarige Twittertroll als Urnengift erweisen, könnte es durchaus im Interesse der Republikaner liegen ihn schnell loszuwerden und durch den biederen, skandalärmeren stramm rechts-religiösen LGBTI-Hasser Pence zu ersetzen. Der homophobe Hohlkopf aus Indiana könnte die nächsten beiden Jahre ein honorigeres Bild abgeben und die Wahlchancen der GOPer bei den wichtigeren Wahlen von 2020 wieder erheblich bessern.
Denn mit oder ohne Trump bliebe die radikal Hass-verseuchte weiße, nationalistische, antiliberale, ultrareligiöse, misogyne, verteebeutelte, Fox-fressende, xenophobe Dutzende Millionen starke republikanische Wählerbasis dem Land und der Partei erhalten.

[…..]  Ist Trump Ursache oder Symptom, der Grund für Amerikas Malaise oder ein Ausdruck davon? Im ersten Fall könnte seine Amtsenthebung die USA von einem Albtraum befreien, aber das reicht eben nicht, da ein großer Teil der amerikanischen Wähler den Aufstieg der charakterlosen Figur durch ihren Stimmzettel bewirkt hat und wenn von diesen ein wiederum großer Teil fest zu ihm steht. Das tun sie nicht, obwohl er ist, wie er ist: ein zwielichtiger Narzisst, der wie ein Mafiaboss redet, und obwohl er macht, was er macht: skrupellose Klientelpolitik für reiche, weiße Männer. Sondern weil er das tut. Im Fall eines Impeachments rückte nicht nur der kaum weniger problematische Vizepräsident Mike Pence ins Oval Office nach, es bliebe auch Trumpamerica, das verkrampft gegen seinen Orientierungsverlust ankämpft und eher noch verzweifelter und bissiger würde. [….]

Die Beerdigung John McCains dürfte das Pence-Szenario wahrscheinlicher gemacht haben.
Natürlich hassten die radikalen Trump-Anhänger den verstorbenen Senator aus Arizona.
Aber es dürfte diesmal doch eine Menge konservative Wähler geben, die bei der tagelangen überparteilichen höchst pathetischen Inszenierung peinlich berührt waren, daß wirklich das ganze Land zusammenstand, nur der eigene Präsident lieber schmollend Golf spielen ging.

[….] It was a moving tribute to a beloved lawmaker. Or perhaps it was a ruthless takedown of an autocratic president.
Actually, the service in Washington on Saturday honoring the life of late Sen. John McCain was, perhaps, equal parts of each.
President Donald Trump was not invited to speak at McCain’s funeral service. Instead, Trump, dressed in a short-sleeved white shirt and visor, instructed the Secret Service to drive him to his golf club in Northern Virginia.
Even if he had been welcomed at the service, it’s hard to imagine the president showing up to honor a man he had spent the previous three years belittling. [….]

Die zelebrierte Herzlichkeit zwischen den politisch radikal gegensätzlichen US-Präsidentenpaaren Bush und Obama, die Tränen des demokratischen Ex-Vizepräsidenten Biden und die eindringlichen Worte von Meghan McCain rührten das emotionale amerikanische Volk.


Dadurch wurde brutal offengelegt was Donald Trump nicht ist und nicht kann.
Obschon ich immer noch gar kein Fan McCains bin, ist die Anklage seiner Tochter sehr wirkungsvoll, weil sie #45 nie direkt anspricht, seinen Namen nicht nennt und dennoch jeder versteht was gemeint ist, wenn sie amerikanische Werte lobt.


Die McCain-Familie entspricht so offensichtlich viel mehr dem konservativ-patriotischen Idealbild als die peinlichen Trumps.


[….] While the appearance of Ivanka Trump and her husband Jared Kushner at Arizona Sen. John McCain’s memorial on Saturday raised eyebrows, the president’s daughter drew the ire of some observers by appearing to be texting during one of the tributes to the late senator. [….]
Sicher, die rechtsradikalen Medien, insbesondere Trumps tiefsitzende Mastdarmbewohner von Fox &  Friends, halten nach wie vor zu ihm und ätzen kontinuierlich gegen jeden, der sich gegen ihn stellt.

[……] The host of Fox & Friends were outraged on Sunday over what they perceived as indirect criticism of President Donald Trump at John McCain’s funeral on Saturday. Co-host Rachel Campos-Duffy said she was sure that a lot of “elites” were “gleeful at some of the shots taken at President Trump.” The hosts appeared to concede that praising decency and criticizing despotism now means criticizing the President. The speakers at the funeral never mentioned Trump’s name.
Fox News correspondent Garrett Tenney highlighted three examples of what he said many people interpreted as “subtle and not so subtle shots at the current commander in chief:” Barack Obama lamenting “mean and petty” discourse, George W. Bush saying McCain “detested the abuse of power” and “could not abide bigots and swaggering despots,” and Meghan McCain, the late Senator’s daughter, saying America was always great. [….]

Aber emotionale Bilder können mehr bewirken als rechtsradikaler Spin.
Jedem wird klar sein, daß bei Trumps Tod keinesfalls so viel Ehrerbietung und Gemeinsamkeit sein wird, wie jetzt bei John McCain.

Trump macht das wahnsinnig.

 […..] Dr. Howard Dean, a former Vermont governor and physician, asserted on Sunday that President Donald Trump has a mental illness that makes him unfit for the presidency.
[…..] “Trump has been an outlier since he’s been president and he’s not a particularly well respected person,” Dean explained. “He wasn’t very well respected when he was in business in New York and he’s not very well respected now.”
“What you had was what I think was an extraordinary tribute to John McCain,” Dean pointed out. “He basically rallied the decent people in this country, Republicans and Democrats, to make a statement about America being a decent country and not being represented by the president who is not a decent person.”
“We’ve seen that before with the president not being there, tweeting,” Witt observed. “He did it for First Lady Barbara Bush’s funeral. Howard, is this him saying, this is working for me, this is the way I’m going to go about it?”
“I’ve long believed the president is mentally ill,” Dean replied, “and I believe narcissism overcomes his ability to know, A, what’s good for the country, and B, what’s good for him.” [….]

Das Land wurde angesichts von John McCains Tod an all das erinnert, was Trump kaputt gemacht hat.
Möglich, daß die Midterms davon beeinflusst werden.
Möglich, daß Trump doch noch impeached wird.

Die Spaltung der Gesellschaft wird das nicht heilen. Der rechte, weiße Hass auf die multikulturelle Wirklichkeit wird weiter wachsen.

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