Andrea Nahles
war sicher nie die Hellste, aber wie kann es sein, daß sie nach 25 Jahren als
Spitzenfunktionärin immer noch nicht das geringste Gefühl dafür entwickelt hat
wie ihr Handeln beim gemeinen Volk und der Parteibasis ankommt?
Einer
ihrer ersten richtig großen Auftritte war der berühmte Mannheimer Parteitag von
1995, als die wie gedopt erscheinende Juso-Chefin Feuer und Flamme für ihren
Pfälzer Landsmann Rudolf Scharping begleitet von einem WDR-Fernsehteam
einmarschierte. Nun sei nur eins
wichtig, den Rudolf wieder zum Parteichef zu wählen.
Ohne das
geringste Gespür für das Rumoren der Basis setzte sie auf den falschen Mann, um
dann freilich nach dem fulminanten Auftritts Lafontaines und des sich
abzeichnenden Führungswechsels schnell umzufallen und für den Neuen zu werben.
1998 zog
sie in den Bundestag ein, gründete den alten linken Frankfurter Kreis als Forum
Demokratische Linke 21 neu und bemerkte als Vorsitzende gar nicht, daß sich
mit der WASG eine neue politische Bewegung und dann Partei auf Kosten der SPD
bildete.
2005
folgte ihr ganz großer Paukenschlag. Mitten in den außerordentlich schwierigen
Koalitionsverhandlungen mit Merkel, als eine gedemütigte SPD das
Bundeskanzleramt räumen musste und der arme Franz Müntefering alles
zusammenhalten musste, als es ganz extrem auf Geschlossenheit und Stärke ankam,
um sich in der Groko zu positionieren, beschloss Nahles der eigenen Partei in
den Rücken zu fallen. Müntefering hatte als Parteivorsitzender Kajo Wasserhövel zum Generalsekretär nominiert und Nahles stach ihm ein Messer in den Rücken,
indem sie selbst gegen Wasserhövel kandidierte. Wieder einmal völlig blind für
die Konsequenzen ihres Handelns stürzte sie die Partei in eine schwere Krise
als Müntefering nach der Kampfabstimmung entnervt ob des Vertrauensbruchs den
Parteivorsitz hinwarf. Nachdem sie den ganzen Parteivorstand beschädigt hatte,
war sie beleidigt und wollte weder Generalsekretärin, noch wie von Platzeck
vorgeschlagen Partei-Vize werden, um den Scherbenhaufen wieder aufzuräumen.
2012 wurde
die hochengagierte Unterstützerin der Kinderfickerorganisation RKK –
Nahles ist Mitglied der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands und des
Zentralkomitees der deutschen Katholiken – zur Totengräberin aller
laizistischen und säkularen Genossen. Als Generalsekretärin verbot sie zwei
angestrebte laizistische Arbeitskreise in der SPD, weil sie wieder einmal nur
durch ihre eigene Brille sah und nicht das geringste Gefühl für die
Konsequenzen hatte – nämlich, daß viele atheistische SPD-Mitglieder austraten.
[…..]
In der Antwort der SPD-Generalsekretärin
Andrea Nahles auf diese Anfrage hieß es nun dazu: „Die Gründung eines solchen
Arbeitskreises für konfessionsfreie und nichtreligiöse Menschen in der SPD ist
(…) derzeit und bis auf weiteres nicht beabsichtigt. Hierzu gibt es im
Parteivorstand der SPD keine Bestrebungen.“ Vier dünne Zeilen wischen damit den
Glauben vom Tisch, dass die Führung der ehemaligen Arbeiterpartei sich für eine
Gleichberechtigung dieses Teils der Mitgliederschaft erwärmen könnte. [….]
Jeder
versteht: Nahles ist tiefgläubig, andere sind atheistisch. Aber daß sie als
Generalin für alle Mitglieder spricht und daß ihre Entscheidungen Konsequenzen
haben scheint sie gar nicht zu begreifen.
Ihre
völlige Entkopplung von der Realität bewies Nahles dann im Bundestagswahlkampf
2013 als Generalsekretärin. Sie arbeitete nicht mit dem eigenen
Kanzlerkandidaten zusammen, stahl den Werbespruch „Das Wir entscheidet“ einer
ausbeuterischen Leiharbeiterfirma als Wahlkampfslogan und hatte nicht den
geringsten Plan mit welchen Themen man in die Bundestagswahl gehen könnte.
Nachdem sie wohlgemerkt schon vier Jahre für Programmatik zuständige
Generalsekretärin war und 2009 versprochen hatte die Partei total zu erneuern.
Als neue
Sozialministerin ab 2013 kappte sie alle Verbindungen zu linken Arbeitsgruppen, formulierte keinen einzigen
kritischen Satz zu PEGIDA und begann unsolidarische ausländerfeindliche Politik
umzusetzen.
[…]
Sie hat, zumal als Arbeitsministerin,
mitunter einen klaren Blick für die Wirklichkeit an den Tag gelegt - gemessen
an dem Umstand, dass sie einst aus dem linken Juso-Verband kam, der sich gerne
in Nischenthemen einrichtet. Es war ausgerechnet Nahles, die vor zwei Jahren
dem Kabinett einen Gesetzentwurf vorlegte, der bestimmt, dass EU-Ausländer erst
dann Sozialleistungen bekommen können, wenn sie fünf Jahre in Deutschland
gearbeitet haben. Das Gesetz der damaligen Großen Koalition war eine Botschaft
an EU-Neulinge wie Rumänien und Bulgarien, von wo eine Einwanderung in die
deutschen Sozialsysteme beobachtet wurde.
Nahles reagierte
damals - unausgesprochen auch unter dem Eindruck des vorherigen
Flüchtlingsandrangs - auf das Abschmelzen der Kernklientel der SPD, der
klassischen Industriearbeiter. Diese Gruppe misstraut einem liberalen
Migrationskurs, flüchtet sich in die Wahlabstinenz oder wendet sich gleich der
rechtspopulistischen AfD zu. Der "rechte" Kurs der "linken"
Nahles wurde damals von vielen nur am Rande wahrgenommen, zeigt aber, wie
unideologisch sie agieren kann.
[….]
Wieder
einmal ahnte sie gar nicht was passieren könnte, daß sie nämlich Wasser auf die
AfD-Mühlen kippt. Das erlebte Merkel
dann beim Einzug von Weidel, Gauland und Co in den Bundestag.
Als neue
starke Frau der SPD, zunächst 2017 als Fraktionsvorsitzende verstand sie nicht
wie es an der Basis ankäme trotz des ausdrücklichen Absage an eine Groko doch
in die Groko zu gehen und auch Martin Schulz‘ nächster Totalumfaller, nämlich
trotz gegenteiliger Behauptungen Bundesminister unter Merkel werden zu wollen.
Schulz
werde Außenminister verkündete Nahles und fuhr gemütlich nach Hause in die
Pfalz – wieder einmal völlig ohne Gespür dafür was für ein Shitstorm sich an
der Parteibasis entwickelte.
(…..)
Wie soll diese Frau eine gute Parteivorsitzende sein, wenn sie offensichtlich
auch nicht das geringste Gespür für die Lage in der SPD hat?
Sie
sah nichts kommen und fuhr gemütlich erst mal nach Hause, weil ihr völlig
entging wie die Stimmung an der Basis und den Landesverbänden war.
Hätte
sie nur einen Funken politisches Gespür, wäre sie in Berlin geblieben, säße im
Willy-Brandt-Haus, um Brände zu löschen.
[…..]
Das Chaos in der SPD erwischte Nahles am
Freitag im heimischen Karneval. Aus der Eifel heraus versuchte sie erst mal
Zeit zu schinden. Sie zollte Schulz "höchsten Respekt und
Anerkennung", betonte aber auch: "Vor uns liegt nun der
Mitgliederentscheid der SPD. Ich gehe davon aus, dass wir uns jetzt voll und
ganz auf die inhaltliche Debatte konzentrieren."
Doch auch Nahles ist
nicht so unschuldig, wie sie nun tut. Schließlich hatte sie sich mit Schulz vor
wenigen Tagen auf die Personalrochade geeinigt, die ihn nun die Karriere
kostete. Gemeinsam, so betonte es Nahles noch am Mittwochabend, habe man
entschieden, dass er Außenminister werde und als Kompensation den Parteivorsitz
an sie abgebe. Das helfe, "Skeptiker abzuholen" vor dem
Mitgliederentscheid.
Wenn in der SPD also
ohnehin schon alle wussten, dass das mit Schulz' Wunsch nach einem Ministeramt
schiefgehen würde, warum hielt sie ihn nicht davon ab? Und warum sagte Nahles dann öffentlich das
Gegenteil? [….]
Nix-Merker
Schulz soll nun also von Nix-Merkerin Nahles ersetzt werden? (….)
(….)
Binnen einer Woche zeigt sich erneut wie erodiert das Vertrauen in die
Parteispitze ist.
Vor
sechs Tagen hatten Schulz, Nahles und die Stellvertreter so schön ausbaldovert,
daß Schulz den Job als Partiechef gegen das Außenamt eintauscht und Gabriel
abserviert wird.
Die
fanatisch fromme Närrin Nahles war sich ihrer Sache so sicher, daß sie beruhigt
nach Hause fuhr, beim Möhnenumzug in ihrem Heimatort Weiler in der Eifel zu
feierte. Und sich zur Weiberfastnacht auch äußerlich zur Lächerlichkeit
preisgab
Wie
so oft in ihren 23 Jahren in der Parteispitze unterlag sie aber einer
katastrophalen parteipolitischen Fehleinschätzung.
Die
Basis nahm nämlich gewaltig übel:
·
Daß das Amt als
Parteichef offensichtlich als minderwertig und dem schönen Außenministerjob
nachranging eingeordnet wurde.
·
Daß wieder in einem
Hinterzimmerdeal entschieden wurde.
·
Daß der beliebteste
deutsche Minister gefeuert werden sollte.
·
Daß Schulz das gerade
erst erfolgte 82% Vertrauensvotum des Parteitages in die Tonne trat.
·
Daß Schulz sein
ausdrückliches Versprechen (erneut) brach.
Binnen
Stunden brach ein Shitstorm der Basis über die Abgeordneten herein. Schulz
mußte die Notbremse ziehen, weil selbst er, der Mann mit der längsten Leitung,
begriff wie es um das Groko-Votum stand. (….)
Nahles
wurde tatsächlich anschließend Parteichefin; aber nicht ohne sich selbst noch
zweimal ein Bein zu stellen.
Zunächst
wollte sie sich nämlich per Akklamation im Parteivorstand direkt inthronisieren
lassen. Allerdings kannte sie nach 23 Jahren im Vorstand und als langjährige
Generalsekretärin die Satzung gar nicht und vergaß, daß nur ein
Vizevorsitzender kommissarisch Chef werden kann.
(….)
In Rekordzeit meldeten mehrere Landesverbände (Berlin, Sachsen-Anhalt,
Schleswig-Holstein) Nahles nicht unterstützen zu wollen.
Sofort
fand sich eine Gegenkandidatin, mit der – wie zu erwarten – im Parteivorstand
niemand gerechnet hatte.
Das
Parteipräsidium entwickelt sich unter Schulz und Nahles zum Dresden der SPD,
dem Tal der Ahnungslosen.
[….]
In der SPD regt sich Widerstand gegen
einen schnellen Wechsel an der Parteispitze - ohne Beteiligung der Basis. Die
Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange hat in einem Brief ihre Kandidatur
für den Bundesvorsitz der Sozialdemokraten angekündigt. [….] [….]
Was
für ein kapitaler Fehlstart der Partei nach dem Schulz-Aus.
Ein
erneuter Hinterzimmerdeal, den die Vorständler gestern noch ganz
selbstverständlich planten, ist erst mal vom Tisch.
Scholz
muss einspringen. (….)
Simone
Lange, die Flensburger Bürgermeisterin und Gegenkandidatin für den
Parteivorsitz nahm Nahles gar nicht ernst, verweigerte sich einer
Podiumsdiskussion mit der Norddeutschen Polizistin.
Damit
schätzte sie wieder die Parteibasis völlig falsch ein; kam gar nicht auf den
Gedanken, daß man ihr das als Arroganz auslegen könne.
Beim
Parteitag selbst, am 22.April 2018 war sich Nahles ihrer Wahl so sicher, daß
sie verbreiten ließ, alles über 75% sei wirklich ein ordentliches Ergebnis.
Sie
erhielt dann 66% und war wieder einmal völlig überrascht von ihrer
Außenwirkung.
Und so
debakulierte sich die SPD-Chefin die nächsten vier Monate durch bis die Affäre Maaßen kam. Der sollte weg und das sei auch gelungen, lobt sich
Nahles heute in einem direkten Brief an alle Mitglieder selbst.
[…..]
Liebe Genossinnen und Genossen,
seit gestern Abend ist
klar: Der Verfassungsschutzpräsident muss gehen. Das hat die ganze SPD
gemeinsam gefordert, weil er das Vertrauen in eine seriöse und faktenbasierte
Arbeit verspielt hat und zum Stichwortgeber für Verschwörungstheoretiker
geworden ist. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz muss das
Vertrauen der gesamten Bundesregierung genießen. Deswegen war die Ablösung von
Herrn Maaßen für uns zwingend, er wird auch in Zukunft nicht für den
Verfassungsschutz zuständig sein. Gestern Abend haben wir das durchgesetzt. [….]
(Andrea
Nahles, 19.09.18)
Offenbar
glaubt diese völlig der Realität entkoppelte Frau, sie könne damit darüber
hinweg täuschen, daß Maaßen nicht nur um zwei Besoldungsstufen zum
Staatssekretär befördert wurde, sondern daß für den AfD-affinen Mann auch noch
SPD-Staatssekretär Gunther Adler, der einzige Bau-Experte im BMI in den
vorzeitigen Ruhestand geschickt wurde.
[….]
Horst Seehofer opfert einen SPD-Mann für
seinen Schützling [….]
Das ist
ja ein parteipolitischer Sieg für sie Sozis!!!
Wie
schon seit 20 Jahren kapiert Nahles einfach nicht wie ihre Handlungen ankommen
beim „gemeinen Volk“.
[…..]
Dass aus dem Nicht-Degradieren eine
Beförderung geworden ist, ist ein Fall fürs Kabarett und Indiz für die
Machtverhältnisse. Seehofer und Maaßen sind demnach gemeinsam mächtiger als
Merkel und die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles. Bestenfalls ist es ein Patt. Am
bittersten ist die gefundene Lösung für die Sozialdemokraten. Sie haben
erreicht, was sie wollten, Maaßens Ablösung. Sie haben in gewisser Weise jedoch
ebenso das glatte Gegenteil erreicht. […..]
Ich kann
diese billigen Punkte nicht leiden, wenn in TV-Hearings vor großen Wahlen
jemand, der Präsident oder Kanzler ist, nach dem Preis für ein Pfund Butter
oder einem Liter Milch gefragt wird.
Weiß der
Befragte das nicht, oder rät sehr falsch, ist er triumphal der Entkopplung von
den einfachen Menschen überführt.
Nach
einigen peinlichen Outings lernen politische Spitzenkandidaten inzwischen
auswendig was sechs Eier oder ein Pfund Zucker kosten, um sich bei einer
entsprechenden Frage als Mann/Frau des Volkes präsentieren zu können.
Das sind
aber Albernheiten. Natürlich kann eine global involvierte Person, die täglich
sechzehn mit Terminen vollgestopfte Stunden arbeitet nicht selbst auch noch zu
Tante Emma zum Milchholen geschickt werden.
Ich will
auch gar nicht, daß ein hochbezahlter Minister seine Zeit mit Foto-Terminen bei
EDEKA verplempert. Frau Merkel muss nicht wissen wie viel fünf Brötchen bei „Dat
Backhus“ kosten.
Bei grundsätzlichen
ethischen Entscheidungen, wie zum Beispiel der Strafbeförderung eines außer Kontrolle
geratenen AfD-Beraters im Amt des Verfassungsschutzpräsidenten, sollte Frau
Nahles aber ein Gespür dafür haben, daß so etwas sehr hohe Wellen schlägt.
Das ist in
der Tat groteske Abgehobenheit der politischen Klasse, wenn man glaubt die Opferung
eines Parteigenossen, um dafür Maaßen irgendwie hochzuloben, wäre ein
politischer Erfolg.
[…..] Psycho-Drama
auf offener Bühne […..] Was ist das Beste, was einem Berufsbeamten
passieren kann? Dass die SPD seine Entlassung fordert, denn dann winkt eine
Beförderung. Und die Sozialdemokraten sind’s zufrieden. Es gibt Dinge, die kann
man sich gar nicht ausdenken, so absurd sind sie.
[…..]
Es hat gute Gründe für Kritik an dem
bisherigen Verfassungschef Hans-Georg Maaßen gegeben und gute Gründe dafür,
seine Entlassung zu fordern. Er hat sich in die Tagespolitik eingemischt und
damit seine Pflichten als beamteter Leiter einer Behörde verletzt. Und nun wird
er also befördert, zum Staatssekretär im Innenministerium. Über das sinkende
Ansehen der Regierungsparteien, insbesondere der SPD, muss sich niemand
wundern.
Ein Bruch der Großen
Koalition hätte Neuwahlen bedeutet, und angesichts der guten Umfragewerte für
die rechtsradikale AfD sollten die sich derzeit Demokraten nicht wünschen. Aber
eine Fortsetzung des Psycho-Dramas auf offener Bühne wird die Popularität der
Akteure nicht steigern, und es bedarf ja leider keiner seherischen Gaben, um
vorherzusagen, dass die nächste Krise höchstens eine Frage von Wochen ist. […..]
Ich
missgönne Maaßen nicht seine monatlich 2.500,- Euro Gehaltsplus. Das sind
Penauts. Vielleicht kann er sich jetzt endlich mal eine vernünftige Brille
leisten.
Viel
problematischer ist der offensichtlich völlige Verlust des Urteilsvermögens
aller drei Spitzenkoalitionäre.
Wie oft
haben wir schon gehört, die Politik wäre gar nicht so schlecht, es gelänge nur
nicht die SPD-Erfolge dem tumben Volk zu vermitteln.
Das
stimmt sogar. Und mit Nahles als Chefin des WBH wurde die parteipolitische
Vermittlungstätigkeit gänzlich aufgegeben.
[…..]
Warum Hans-Georg Maaßen im Zentrum der
Macht bleiben darf, wo jeder normale Angestellte entlassen oder in die Provinz
versetzt würde? Nicht vermittelbar. Warum sich Horst Seehofer dauerhaft wie
Rumpelstilzchen aufführen darf und trotzdem immer bekommt, was er will? Nicht
vermittelbar. Warum die Automobilbranche den Verbraucher nach Strich und Faden
betrügt, aber von der Regierung beschützt und gepäppelt wird? Nicht
vermittelbar. Wie Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) das Volk zu
Aktionstagen für den Wald einladen kann, während gleichzeitig der
jahrtausendealte Hambacher Forst dem überkommenden Braunkohleabbau geopfert
werden soll? Nicht vermittelbar. Wie die SPD es schafft, sich einzureden, als Teil
dieser Regierung eine Politik machen zu können, die von den Leuten dankbar als
sozialdemokratisch wahrgenommen wird? Jenseits jeder Fassbarkeit. [….]
Das
Verrückte ist, daß Andrea Nahles immer noch Recht hat mit ihrer Analyse, daß es
dem Land besser geht mit einer Groko und sechs fähigen SPD-Ministern als in
jeder anderen Konstellation.
Jamaika
ist geschietert, bei Neuwählen gäbe es sicher einen weiteren Rechtsrutsch und
noch geringeren Einfluss der Sozis und in einer Minderheitenregierung hätten
wir noch sechs Kanaillen-Minister à la Spahn und Seehofer mehr, die auch noch
besonders rechtsradikal agieren müssten, weil sie dann auf das heimliche
Wohlwollen der fast einhundert rechten Gauland-Epigonen angewiesen wäre.
[…..]
Europa steht vor einer Zerreißprobe, es
droht ein Handelskrieg mit den USA, die Situation um Syrien erfordert unser
ganzes diplomatisches Geschick. Deswegen ist für die SPD wichtig, dass wir eine
handlungsfähige Bundesregierung behalten.
[…..]
Wir haben die Parität in der
Krankenversicherung wieder eingeführt, wir haben das Rückkehrrecht in Vollzeit
durchgesetzt, die Rente stabilisiert. Heute sind das Gute-Kita-Gesetz und die
Qualifizierungsoffensive im Kabinett, am Freitag setzen wir uns auf dem
Wohnungsgipfel für den Mietpreisstopp ein, wir wollen die Grundrente einführen
und die sachgrundlose Befristung abschaffen.. [….]
(Andrea
Nahles, 19.09.18)
Stimmt
ja, Frau Nahles. Stimmt.
Aber
umso wichtiger ist es, diese Erfolge nicht mit völlig planloser
Koalitionsführung zu konterkarieren. Heute redet jeder auf der Straße über
Maaßens Beförderung das gibt keine Pluspunkte für Nahles.
Sie
hätte das vorher wissen können und abgestimmt mit den SPD-Ländern und MPs unter
voller Rückendeckung in den Maaßengipfel gehen sollen. Stattdessen stolpert sie
wie eine Anfängerin allein in das Meeting, lässt sich vorführen, kommt gar nicht
auf die Idee, die Beförderung könne irgendwie schlecht ankommen bei der Basis
und stellt gar nicht erst die Frage, wer eigentlich als Staatssekretär gefeuert
wird, wenn Maaßen übernimmt.
Und so
macht Nahles lieber Werbung für Polit- und Parteiverdrossenheit, bringt AfD und
Pegida dazu sich ins Fäustchen zu lachen.
[….]
SPD und CSU verhalten sich in
beängstigender Weise unprofessionell
Der Einzige, der wegen
der Maaßen-Affäre künftig ohne Job dasteht, ist der letzte SPD-Staatssekretär
im Innenministerium. Der Mann ist übrigens ein über alle Parteigrenzen hinweg
geschätzter Experte für den Wohnungsbau, er steht also für das Thema, das die
SPD zur sozialen Frage unserer Zeit erklärt hat. An diesem Freitag will die
Bundesregierung mit einem Wohnungsgipfel reüssieren - aber ihren wichtigsten
Experten wirft sie raus. Wer soll das alles noch verstehen?
Die Koalition ist
durch den Kompromiss zwar gerettet, aber nur bis zur nächsten Krise. Und auf
die wird man nicht lange warten müssen. In der SPD wächst der Unmut über Andrea
Nahles stündlich. [….]
Es gibt
leider immer noch keine Alternative zur Groko, aber Nahles macht es den
Befürwortern jeden Tag schwerer
Ein Jahr
nach der Bundestagswahl steht die SPD unter Nahles noch mal deutlich schlechter
da und das ist durchaus eine Leistung der Parteiführung angesichts einer
soliden bis teilweise sehr guten Performance der SPD-Minister.
Nahles
ist selbst zum größten Mühlstein am Hals der SPD geworden. Statt der Partei in
dunklen tiefen Gewässern Auftrieb zu geben, hängt sie wie eine Tonne Blei an
den Füßen der armen alten Tante.
Die
Groko ist das kleinste Übel. Aber Groko muss ja nicht bedeuten, daß die
SPD-Vorsitzende sich wie eine merkbefreite Debile aufführt, so dass man sich
nach jedem Koalitionsausschusstreffen für sie schämen muss.
Ich kann
mir nicht vorstellen, daß sich ein SPD-vorsitzender Maas oder Scholz auch so
verschaukeln lassen würde.
Ich
trauere Schröder nach.
Der
hätte sich schon gar nicht so verarschen lassen und wäre auch nicht vor der
Presse geflohen.
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