Freitag, 7. August 2020

Lose canon Biden

Der fromme Christ Trump, der als eifriger Bibelleser bekannt ist, alle Evangelien auswendig kennt und daher auch sein Leben lang konsequent ohne Sünde blieb, hob zum großen Schlag gegen Konkurrent Biden an. Der sei gegen die Bibel und gegen Gott!

[….] “He’s following the radical left agenda, take away your guns, destroy your 2nd Amendment, no religion, no anything, hurt the Bible, hurt God. He’s against God. He’s against guns. He’s against energy, our kind of energy. I don’t think he’s going to do too well in Ohio," Trump said. [….]

Der Vorwurf saß! Insbesondere weil er von einem so sittsamen, gottesfürchtigen Mann wie Trump kommt. Trump, der so bibeltreu und sündenfrei lebt, daß er ähnlich die Maria, die Mutter Gottes frei von der Erbsünde ist und nichts zu beichten hat. Er ist eben durch und durch gut.


[….] After months of reflection, Donald Trump says he still doesn't regret his decision not to ask God for forgiveness for his sins.
In an interview on Sunday with CNN, the Republican presidential frontrunner said that he does not regret never asking God for forgiveness, partially because he says he doesn't have much to apologize for.
"I have great relationship with God. I have great relationship with the Evangelicals," Trump said in the interview before pivoting to his poll numbers among Evangelical voters.
"I like to be good. I don't like to have to ask for forgiveness. And I am good. I don't do a lot of things that are bad. I try to do nothing that is bad." [……]

Es ist also nur zu verständlich, daß sich die frommsten amerikanischen Christen, die zig Millionen Evangelikalen wie ein Mann hinter Trump stellen: Der US-Präsident ist so ehrlich, treu, bescheiden und keusch, daß sie ihn alle lieben.
Zumal Trump ihnen endlich das Weihnachtsfest zurück brachte und sogar die Erlaubnis gab sich im Dezember „Merry Christmas“ zu wünschen.
Unter den vorherigen antiamerikanischen atheistischen Präsidenten Bush, Clinton, Bush und Obama war das streng verboten.

Der fromme Donald hat also eine starke moralische Position und so kam der bisher im einem Delawarer Keller versteckte Katholik Joe Biden empört hervorgeschossen:
„Böser Trump! Ich bin wohl gläubig und fromm!“

[…..] Presumptive Democratic presidential nominee Joe Biden on Thursday countered President Donald Trump's baseless attack that he, a practicing Roman Catholic, would somehow "hurt God," calling the comments "shameful."
"Like so many people, my faith has been the bedrock foundation of my life: it's provided me comfort in moments of loss and tragedy, it's kept me grounded and humbled in times of triumph and joy. And in this moment of darkness for our country — of pain, of division, and of sickness for so many Americans — my faith has been a guiding light for me and a constant reminder of the fundamental dignity and humanity that God has bestowed upon all of us," Biden said.
"For President Trump to attack my faith is shameful. It's beneath the office he holds and it's beneath the dignity the American people so rightly expect and deserve from their leaders," he added. […..]

Willkommen im US-Wahlkampf 2020.
Der Verfassungsexperte Dr. Jur. Biden, der Jura und Verfassungsrecht an der Widener University School of Law lehrte und im US-Senat acht Jahre Ranking Minority Member, sowie acht Jahre Vorsitzender des Justizausschusses war streitet sich mit einem amtierenden US-Präsidenten, der glaubt Corona dadurch zu heilen, daß man sich eine UV-Lampe in den Hintern schieb und noch nicht einmal das Prinzip der Gewaltenteilung kennt darüber wer der frommere Christ ist.

Es lief ja ganz gut für Biden. Trump ritt sich von ganz allein immer tiefer in den Abgrund, der Demokrat führt in den Swingstates Florida, Wisconsin, Pennsylvania und Michigan klar vor dem Amtsinhaber, könnte New Mexico und Arizona flippen und womöglich gar die tiefrot-republikanische Hochburg Texas an sich reißen.

Böse Zungen behaupten, es liefe so gut für Biden, da der in den 70ern und 80ern als brillante Redner inzwischen starke Zeichen von Senilität aufweise und sich bei öffentlichen Auftritten oft verhaspele.
Trump dagegen liebe die Massenveranstaltungen und könne bei den wahlentscheidenden TV-Duellen die Stimmung rumreißen, wenn Biden dabei als trotteliger Opa erscheint.

Ich halte diese Sichtweise für groben Unfug.
Qualifikationen und TV-Duelle sind längst zu Nebensächlichkeiten verkommen.
GWB und Trump verloren alle sechs, bzw drei TV-Duelle deutlich und wurden dennoch Präsidenten.
Hillary Clinton war mit Sicherheit die am besten qualifizierte Präsidentschaftskandidatin seit 100 Jahren. Die extrem brillante Juristin kennt das amerikanische politische System wie niemand sonst. Sie ist mit allen Wasser gewaschen, hat Erfahrungen auf allen politischen Ebenen. Sie war acht Jahre im Weißen Haus, dann US-Senatorin und Außenministerin.
Statt ihr zog aber ein in jeder Hinsicht völlig unqualifizierter Reality-TV-Depp ins Oval Office, der zuvor in einer sagenhaften über Jahrzehnte andauernden Kette von Pleiten bewies, daß alles was er anfasst im Desaster endet.

Qualifikation und TV-Form ist zu vernachlässigen.
Wichtig ist hingegen, daß die Wähler glauben ihren Kandidaten gut einschätzen zu können und ihn mögen.
Das ist bei Biden der Fall. Er ist der liebe Onkel, der schon seit 1973 im US-Senat dabei ist, so fürchterliche private Schicksalsschläge hinnehmen musste, der aber stets bescheiden blieb, mit der U-Bahn in den Senat fuhr und schließlich treu und lieb acht Jahre als Veep Präsident Obama diente.
Hillary Clinton polarisierte. Sie hatte viele begeisterte Anhänger aber dem standen Millionen Amerikaner gegenüber, die sie bis heute wie die Pest hassen.
Biden wird von niemand gehasst.

Zudem ist Trumps Geisteszustand im freien Fall. Er ist so verwirrt und borniert, daß er selbst bei den treuen Fans von Fox Peinlichkeit an Peinlichkeit reiht.

[….] Der US-Präsident vergeigt ein weiteres Interview kolossal. Was die Frage aufwirft, wie er in dieser Verfassung ein TV-Duell gegen seinen designierten Herausforderer Joe Biden überstehen will. [….]

Ich habe keine Angst vor einem leicht verwirrten Biden, der bei TV-Duellen schwach ist.
Erstens spielt das ohnehin keine wahlentscheidende Rolle und zweitens ist Trump so irre und verblödet, daß selbst ein Biden im Pech kaum mit dessen Irrsinn mithalten kann.

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