Der 1971 in Bonn geborene Professor für Makroökonomie an der
Humboldt-Universität zu Berlin Marcel Fratzscher ist seit über sieben Jahren
Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Das 1925 gegründete Berliner DIW ist mit weit über 300
Mitarbeitern heute die größte deutsche ökonomische Forschungsinstitution und
sicherlich der sozialistischen oder sozialdemokratischen Umtriebe unverdächtig.
Mit großer Genugtuung bedienen sich FDPler, Arbeitgebervereine, Industrielobbyisten, FriedrichMerze seit Jahrzehnten der DIW-Analysen.
Mit großer Genugtuung bedienen sich FDPler, Arbeitgebervereine, Industrielobbyisten, FriedrichMerze seit Jahrzehnten der DIW-Analysen.
Umso entsetzter verfielen Christian Linder und Co in
Schnappatmung angesichts der Fratzscher-Auftritte in den letzten Monaten.
Der politisch neutrale Forscher diagnostiziert zunehmend
Zustände, die der rosaroten Welt der Markt-Gläubigen die Luft ablassen.
[…..] Der Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Schocks zeigt
nach Ansicht des Ökonomen Marcel Fratzscher die Stärke der Politik und die
Gefahren reiner Marktgläubigkeit. Wenn sich Gesellschaften nur auf den freien
Wettbewerb verließen, würden die Risiken derzeit überdeutlich, sagte der
Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin der
Deutschen Presse-Agentur: „Ich würde schon sagen, dass die Corona-Krise so
etwas wie der letzte Sargnagel für den Neoliberalismus ist.“ Hilfen für
Arbeitnehmer, Unternehmen, Kliniken oder Schulen seien in der aktuellen Lage
ohne Alternative.
„Nun sehen wir: Der Staat ist die letzte Instanz, wenn es darauf
ankommt“, sagte Fratzscher. „Der Markt kann in entscheidenden Bereichen nicht
mehr allein funktionieren.“ Die Finanzkrise 2008/2009 habe dies angedeutet,
ebenso die Migrations- und die Klimakrise. Covid-19 mache die Kritik am
schwerfälligen, bürokratischen Staat nun ziemlich unglaubwürdig.
„Die Bundesregierung hat über eine Billion Euro an Garantien und
direkten Hilfen mobilisiert“, betonte der DIW-Chef. „Das ist ein Signal, das
uns allen bewusst machen sollte: Ein starker, effizienter, gut funktionierender
Staat ist absolut essenziell.“ Das gelte auch fürs Gesundheitswesen, das nicht
primär Gewinninteressen unterworfen sein dürfe.
„Beim Blick in die USA, wo viele Menschen auf sich allein gestellt
sind, wird einem klar, wie wichtig staatliche Institutionen jetzt sind.“ [….]
Nach dem weltweiten Jahrhundertversagen der Marktwirtschaft
von 2008, als sich insbesondere in Deutschland das Prinzip „Gewinne
privatisieren, Verluste sozialisieren“ etablierte, konnte die
Steuersenkungen-Steuersenkungen-Steuersenkungen-Westerwelle-FDP noch ein Rekordergebnis
von fast 15% bei der Bundestagswahl 2009 einfahren, um dann auch sofort
Milliardengeschenke an ihre reichen Spender der Versicherungs- und Hotel- und
Pharmabranche zu verteilen.
Während die Steuerzahler also finanziell für die astronomischen
Verluste der Lindnerigen Finanzspekulanten geradestanden, kamen die
Superreichen, die diese toxische Krise angerichtet hatten dank ihrer weltweiten
politischen Protektion ungeschoren davon.
Der deutsche Urnenpöbel setzt auf Schwarz/Gelb. Schluss mit
Sozialstaat und freie Fahrt für die Wirtschaft.
Millionenschwere Heuschrecken wie Friedrich Merz, der allein
eine Million Euro pro Jahr beim Hedgefonds Blackrock verdiente* nicht wahrhaben wollten und unverdrossen auch den
Altersarmut entgegen sehenden Geringverdienern empfahl mit Aktien zu
spekulieren, wollten es nicht wahrhaben.
Aber ihr System ist am Ende.
*verdient hätten die Million die Beschäftigten der
Betriebe, mit deren Hände Arbeit die Gewinne erwirtschaftet wurden und nicht,
der Blackrock-Lobbyist Merz, der nie schwitzen musste.
Schon Ende 2014 war der Kern des Kapitalismus durch die
Negativ-Zinsen implodiert. Den durchaus auch Marktwirtschafts-freundlichen Zentralbanken
blieb angesichts der durch die Finanzspekulanten angerichteten
Mega-Schuldenkrise gar nichts anderes übrig, als diese Billionen-Verluste in
den Staatshaushalten wegzuinflationieren und den Markt mit ultrabilligem Geld zu überschwemmen.
Jakob Augstein brachte es damals auf die wunderbare Formel „Kapitalismus kaputt“!
[….] Kapitalismus kaputt
Die Commerzbank hat bekannt gegeben, dass sie bei "einzelnen
großen Firmenkunden mit hohen Guthaben sowie bei Großkonzernen und
institutionellen Anlegern" eine "Guthabengebühr" berechnen will.
Was damit gemeint ist: negative Zinsen. Geld bringt kein Geld mehr. Geld kostet
Geld. Das ist die Implosion des Kapitalismus.
[….] Worum geht es beim Zins? Verzicht wird belohnt. Aber Buße soll tun, wer
heute schon ausgeben will, was er erst morgen hat. Das Problem ist: In einer
alternden Gesellschaft kippt das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage
nach Geld. Früher liehen sich junge Leute Geld, das sie später zurückzahlten.
Heute sparen alte Leute für ihr längeres Leben. Die Folge ist das, was Ökonomen
"säkulare Stagnation" nennen: Auf den Konten verstaubt das Geld,
ungenutzt.
Wie zwingt man die Leute dazu, von ihrer Sparsucht zu lassen?
Negativzinsen. Die Europäische Zentralbank hat sich schon vor Monaten auf
diesen Weg begeben, die Geschäftsbanken folgen jetzt langsam nach.
Für Vertreter der reinen Lehre ist das Teufelszeug: "Ein negativer
Marktzins ist ein Frontalangriff auf die Marktwirtschaft", hat der Volkswirt
Thorsten Polleit geschrieben: "Die Idee, den Zins abzuschaffen, hatten
schon die Marxisten und Nationalsozialisten. Ein negativer Marktzins würde das
,antikapitalistische' Zerstörungswerk perfektionieren."
Das wäre natürlich furchtbar. [….]
Während die Kanzlerin noch von der sagenhaft schwachsinnigen und falschen Metapher „der schwäbischen
Hausfrau“ spricht, wissen wir heute: Sparen ist schlecht und sollte verboten werden.
Die Marktwirtschaft funktioniert nicht ohne einen starken Staat,
der sie einhegt, reguliert, kontrolliert.
Neu ist die Erkenntnis natürlich nicht.
Die Herausgeber der ZEIT, Marion Gräfin Dönhoff und Helmut
Schmidt verfassten darüber schon vor einem Vierteljahrhundert treffende und
weitsichtige Analysen, die wie wir heute, nach dem Tod der beiden, wissen erschreckend
real sind.
Der Wahnsinn des Urnenpöbels zeigt sich darin, daß der Mann,
der mit „Mehr Kapitalismus wagen“ dagegenhielt, heute als fähigster
Kanzlerkandidat der CDU gilt.
(…..) Marion Dönhoff schrieb
schon in den 1990er Jahren ihr bedeutendes Werk „Zivilisiert den Kapitalismus“ und
legte damals schon dar, was uns dann richtig offensichtlich 2008 mit der
Weltfinanzkrise ereilte.
Welche Gegenmeinung soll man da
noch einnehmen, wenn jemand so offensichtlich voll ins Schwarze getroffen hat.
Bezweifelt denn noch irgendeiner,
daß den internationalen Spekulanten das Handwerk gelegt werden muß? Ich würde
dazu gern eine SERIÖSE Stellungnahme lesen, die mir erklärt weswegen das
Derivatehandeln und Spekulieren mit Lebensmitteln eigentlich sein muß.
Es gibt auch Menschen, die sich
dafür einsetzen.
So schrieb CDU-Darling Friedrich
Merz, den heute noch fast die ganze Partei zurücksehnt, im Jahr 2008 sein Buch
„Mehr Kapitalismus wagen“.
Wenn jemand so rechts
argumentiert, merkt man allerdings meistens sehr schnell wieso das so ist. In
Merz‘ Fall hängt das offenbar damit zusammen, daß er für den Hedgefonds „TCI“
arbeitet und persönlich damit sehr reich geworden ist.
Darauf läuft es fast immer
hinaus.
Wenn jemand etwas offensichtlich
Unsinniges beschließt, wie zum Beispiel den Merkel’schen Freifahrtschein für CO2-verschleudernde
schwere Limousinen, dann erfolgte dies natürlich nicht aus Überzeugung, sondern
auf Druck.
Eine Millionenschwere Lobby ist
sehr effektiv.
Waffenexporte, AKW-Subventionen,
tierquälerische Geflügelzucht – wieso so etwas erlaubt ist, kann relativ leicht
beantwortet werden.
Gier, Geld, Macht. (……)
(Verschiedene Journalisten, 28.10.2013)
(Verschiedene Journalisten, 28.10.2013)
Christian Lindners Partei schrammt inzwischen an der
5%-Hürde.
Das sind angesichts der offensichtlichen Untauglichkeit all
seiner Ansichten immer noch fünf Prozentpunkte zu viel.
Das DIW, welches dem Lindnerismus endgültig auf den
Müllhaufen der Geschichte schmeißt, ist damit nicht allein; die anderen
Wirtschaftsfreundlichen Professoren und Institute sehen es genauso.
[….] Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK), sprach sich für eine gezielte Ausweitung der
Staatsausgaben aus: «Jetzt muss die Nachfrage gestützt werden. Auch
Investitionen in Wasserstoffnetze könnte man anschließen. Und der
Investitionsstau im Straßenbau und bei den Schulen ist groß.» [….]
Der industriefreundliche Subventionskapitalismus à la
Lindner und Merz ist am Ende.
Die Alternative dazu lautet natürlich nicht Protektionismus,
Isolationismus oder gar Planwirtschaft.
Nein, Unternehmertum und Gewinne muss es weiterhin geben,
aber es braucht einen starken sozialdemokratisch geführten Staat, der Exzesse
wie Steuerfreiheit für internationale Tech-Konzerne abstellt, der eine
Tobinsteuer einführt, streng auf Arbeitnehmerrechte, Teilhabe und Umweltschutz achtet.
So wie Deutschland jetzt aufgestellt ist, wird es nicht mehr
lange gut gehen.
[….] Je länger die Covid-19-Pandemie anhält, desto höher die Zahl der
Unternehmenspleiten, was wiederum den Berg fauler Unternehmenskredite in der
EU-Finanzbranche anschwellen lässt und Banken wie jüngst die spanische
Santander in Schieflage bringt. Davon abgesehen urteilen US-Think-Tanks, der
weltweit zunehmende Protektionismus werde der extrem exportabhängigen
Bundesrepublik eine dauerhafte konjunkturelle Erholung unmöglich machen. In
den ökonomisch kollabierenden Vereinigten Staaten etwa, die im zweiten
Jahresquartal eine Kontraktion der Wirtschaftsleistung um rund zehn Prozent
hinnehmen mussten - auf das Jahr hochgerechnet, wie es US-Standards entspricht,
sind es sogar 32,9 Prozent -, sprechen sich im Wahlkampf beide Kandidaten für
eine stärkere Abschottung des US-Binnenmarkts aus. Für die deutsche
Exportindustrie, deren bedeutendster Absatzmarkt die USA zuletzt waren, ist das
eine verhängnisvolle Perspektive. [….]
Deutschland braucht jetzt also dringend all das, wovon sich
Lindners Fußnägel hochbiegen:
Strenge Corona-Maßnahmen, mehr Schulden, kräftige Investitions- und Konjunkturprogramme, Ausweitung der Sozialleistungen und ein deutlich angehobener Mindestlohn (ohne Ausnahmen durch Werksverträge), so daß die Binnenkonjunktur angekurbelt wird.
Strenge Corona-Maßnahmen, mehr Schulden, kräftige Investitions- und Konjunkturprogramme, Ausweitung der Sozialleistungen und ein deutlich angehobener Mindestlohn (ohne Ausnahmen durch Werksverträge), so daß die Binnenkonjunktur angekurbelt wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen