Die Grünen haben de facto einen Kanzlerkandidaten. An Robert
Habeck, der nordischen Sphinx ohne Eigenschaften führt kein Weg vorbei. Die AfD
zerlegt sich selbst, wird in der nächsten Koalition nicht mitspielen – auch wenn
viele CDU/CSUler das gern hätten.
Ebenso ergeht es der Lobby-Liste Lindner, die 2021 womöglich
gar nicht über die 5%-Hürde kriechen wird nach der blamablen Corona-Performance
des Posterboys im Porsche, der eigentlich nur damit auffiel Steffen Göpel,
seinem Millionärs-Gönner und Honorarkonsuls des sympathischen Lukaschenko-Regimes
in Belarus ohne Maske und Abstand herzend und küssend um den Hals gefallen zu sein.
Ein passendes Statement zu den so fairen Wahlen in Belarus und den
Corona-Regeln, das der Parteichef der Liberalen in größtmöglicher
Öffentlichkeit im Medienhotspot der Berliner Promitreffs „Borchardt“ abgab.
Ebenfalls selbst erledigt haben sich die Linken, die nicht
nur nicht vom angeblich so großen Frust über die erneute Groko profitieren
konnten, sondern sich so dämlich dabei anstellten eine Alternative aufzuzeigen,
daß sie demoskopisch noch unter dem dramatisch schlechten
Bundestagswahlergebnis von 2017 liegen, während die Groko enorme
Zustimmungswerte genießt.
So schwächliche Linke werden kaum gestalten können, sondern
nur immer allerbesten denkbaren Fall ab Ende 2021 schmalbrüstiger
Koalitionspartner einer Grün-rot-roten Bundesregierung sein.
Der Fall ist unwahrscheinlich, zumal fast alle maßgeblichen
Grünen sehr stark zur CDU tendieren, die Außenpolitik der Linken strikt
ablehnen und als „Bündnis90“ im Osten eine natürliche Feindschaft zum Personal
der Ost-Linkspartei pflegen.
Habeck oder Barbock werden Schwarzgrün anstreben.
Bei den ehemaligen Volksparteien, den „großen Parteien“ CDU
und SPD gibt es enorme Schwankungen und Fragezeichen.
Die CDU ist nur temporär wieder groß, weil Frau Merkel in
den Unsicherheiten der Pandemie und des Lockdowns all das sehnsüchtige
Vertrauen auf die Regierung auf ihre Partei zieht.
Aber sie wird (zumindest höchstwahrscheinlich) nicht noch
einmal als Kanzlerkandidatin antreten. Aus der Parteiführung hat sie sich lange
zurückgezogen und ihre Nachfolgerin als CDU-Chefin ist bereits krachend
gescheitert.
Die SPD hat diese große Verunsicherung bereits hinter sich
und ist trotz vorbildlicher Regierungsarbeit und beliebter Minister bereits im
Reich der Kleinparteien angekommen. Der Negativschock von 2017, als
Basis-Liebling, Mr. 100% Schulz mit dem Tiefstergebnis von 20,5% einlief,
erscheint nach den erbärmlichen Parteiführungsversuchen von Nahles, Esken und
Walter-Borjans wie ein Traumziel. Über 20% sind noch weit weg.
(…..) Das Umfrageinstitut Kantar
befragte vom 22.07.-24.07.2020 knapp 1.100 repräsentativ ausgewählte Bürger
welche SPD-Politiker sich zum Kanzlerkandidaten eigneten.
Das Ergebnis ist für die
Parteiführung ebenso vernichtend wie plausibel.
Scholz 42%
Heil 19%
Giffey 16%
Klingbeil: 12%
Walter-Borjans: 11%
Esken: 11%
Mützenich: 6%
[….] Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird laut einer Umfrage von
Wählerinnen und Wählern als Kanzlerkandidat der SPD favorisiert. [….] Die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und
Norbert Walter-Borjans wiederum konnte sich gerade einmal ein Zehntel der
Befragten als Kanzlerkandidaten vorstellen. Weit mehr als die Hälfte
bezeichnete sowohl Esken als auch Walter-Borjans als ungeeignet für das Amt an
der Spitze der Bundesregierung. [….]
Unter den Anhängern der SPD sprachen sich in der Umfrage 72 Prozent für
Scholz als Kanzlerkandidaten aus. Bei Giffey und Heil waren es jeweils 34
Prozent. Anhänger anderer Parteien sehen demnach ebenfalls in Scholz denjenigen
Sozialdemokraten, der sich am ehesten für eine Kanzlerkandidatur eignet.
[….]
Jede Parteiführung mit auch nur
rudimentärem Restverstand würde nun schnellstmöglich Olaf Scholz zum
Kanzlerkandidaten ausrufen, um damit den einmaligen Vorteil zu nutzen gegenüber
der chaotisierten CDU-Kandidatensuche mit geklärter Führungsfrage dazustehen.
Viele in der SPD verstehend die
Situation. Daher haben sich bereits Außenminister Heiko Maas, Hamburgs
Bürgermeister Peter Tschentscher, der Schleswig-Holsteinische SPD-Linksaußen
Ralf Stegner, der ehemalige Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz,
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann, Fraktionsvize Achim Post,
SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde, Seeheimer-Chefin Siemtje Möller, Bremens
Regierungschef Andreas Bovenschulte und auch die rheinland-pfälzische
Ministerpräsidentin Malu Dreyer für einen Kanzlerkandidaten Scholz
ausgesprochen. Beileibe nicht alles Scholz-Freunde, aber doch soweit rational
denkend, daß sie keine andere Möglichkeit sehen.
Nur die SPD-Chefs Esken und
Walter-Borjans stehen auf dem Schlauch und fragen sich offenbar nur eins: Wie
kann man die SPD weiter in den Abgrund treiben? Wie kann man sie von 14% in
Richtung Einstelligkeit bewegen? (…..)
Heute aber verblüffte die SPD-Parteiführung mit dem
einzig richtigen und dem einzig möglichen Schritt. Einen Schritt, der so
vorzeitig kam, daß er sich sogar zum Vorteil entwickeln könnte.
Sie setzen voll auf Olaf Scholz und das ist auch gut so!
[….] Deutschland braucht einen Kanzler, der entschlossen ist und erfahren.
Mutig auch in Krisen, sie kraftvoll überwinden kann. Mit Respekt vor jeder und
jedem Einzelnen. Und mit einem klaren Bild von einer guten und gerechten
Zukunft für alle.
Wir sind überzeugt: Olaf Scholz kann das! Deshalb haben wir heute dem
Präsidium und dem Parteivorstand vorgeschlagen, dass er unser Kanzlerkandidat
sein soll. Wir freuen uns, dass Präsidium und Parteivorstand unserem Vorschlag
einstimmig zugestimmt haben!
In den vergangenen Monaten haben wir an der Spitze der SPD gemeinsam
mit der Fraktionsführung und Olaf an der Spitze unserer Ministerinnen und
Minister im Bund sehr eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet – mit gutem
Erfolg, denn die Regierungsarbeit trägt eine deutliche sozialdemokratische
Handschrift!
Die Entscheidung für den Kanzlerkandidaten haben wir in den vergangenen
Wochen gründlich vorbereitet, viele Gespräche geführt, vertraulich beraten. Wir
sind gemeinsam zu der Überzeugung gekommen, dass wir in einem einigen
Führungsteam und mit einem Kanzlerkandidaten, dem die Menschen vertrauen, die
SPD zu neuer Stärke führen können. Als führende politische Kraft streben wir
ein progressives Bündnis an, das das Land nach vorne bringt – für alle
Menschen. [….]
(Saskia Esken, Norbert
Walter-Borjans , 10.08.20)
Hut ab für meine Parteiführung. Der Schritt mag ihr nicht
leicht gefallen sein, aber er macht aus ihrer Not eine Tugend.
In einer für die SPD nahezu aussichtslosen Lage um das
Kanzleramtsrennen setzten sie nun auf denjenigen, der immerhin die am wenigsten
schlechten Chancen hat und im Gegensatz zu den linken JuSo-Träumern schon
mehrfach bewies wie man erfolgreich Wahlen gewinnen kann.
Fast noch wichtiger ist aber die helle Aufregung, die der
Schritt im CDUCSU-Lager auslöst. Ausgerechnet die notorisch zerstrittene SPD
hat alle ihre Personalfragen gelöst, während die Union auf Hühnerhaufen-Modus
gestellt hat, ein neuer CDU-Parteichef in den Sternen steht und man noch nicht
mal ahnt von welcher Partei eigentlich der Unions-Kanzlerkandidat gestellt
werden wird.
16 Jahre war das Merkel-Erfolgsgeheimnis „sie kennen
mich/keine Experimente“ und nun ist es der SPD-Mann, der für Seriosität,
Erfahrung und Vertrauen steht. Die Menschen kennen Scholz, niemand bezweifelt
ernsthaft seine Eignung zum Kanzler und keiner muss unter seiner Führung Chaos
befürchten.
Nichts mögen konservative Wähler weniger als Streit und
Unsicherheit.
Markus Söder, der noch nicht mal wagt klar zu sagen, ob er
überhaupt zur Verfügung stünde ist kalt erwischt.
[…..] Die SPD schickt mit Olaf Scholz den Mann ins Rennen, der ausweislich
seiner Bekanntheit und seiner Popularitätswerte allein in der Lage ist, eine
Chance zu nutzen, die die SPD nicht hat: die Chance aufs Kanzleramt. […..] Die SPD wollte mit ihrer schnellen
Entscheidung Klarheit demonstrieren. Gefährlicher als eine zu frühe Nominierung
erschien ihr eine zu späte. Denn mit jedem weiteren Tag wäre der Eindruck
gewachsen, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die gegen Scholz an die
Parteispitze gelangt waren, versuchten nun, das Unumgängliche doch noch zu
umgehen: mit Scholz in den Wahlkampf zu ziehen.
Die SPD verspricht sich von dieser Klarheit einen Wettbewerbsvorteil,
gerade in Corona-Zeiten: Zumindest die Kandidatenfrage soll die
Sozialdemokraten nun nicht mehr von der Krisenbewältigung ablenken. Während die
Grünen noch rätseln, wie sie ihre Doppelspitze zu einer Spitzenperson
verschmelzen könnten, macht die Doppelspitze der SPD den Weg frei für einen
Dritten; während in der Union der Ausgang der Kandidatensuche völlig offen ist,
küren die Sozialdemokraten jenen Mann für das höchste Amt der Regierung, den
sie an der Spitze ihrer Partei nicht wollten. Dass ausgerechnet CSU-Chef und
Dauerwahlkämpfer Markus Söder gleich aufheulte, es sei jetzt keine Zeit für
Wahlkampf, bestätigt, dass die SPD einen wunden Punkt der Union getroffen hat.
[…..]
Möglicherweise kann es auch der SPD zum Vorteil gereichen,
daß anders als vor fünf Jahren die Vorsitzenden bezüglich der Kanzlerkandidatur
keine eigenen Absichten haben.
Gabriel setzte erst auf Schulz, als ihm klar war, daß er
selbst keine Chancen hat. Es war nie klar was der beständig schwankende Gabriel
eigentlich inhaltlich von dem rechten Seeheimer Martin Schulz hielt, der über
gar keine Regierungserfahrungen verfügte.
Bei Esken und Nowabo ist es genau umgekehrt. An ihrer
Positionierung im SPD-Spektrum besteht kein Zweifel.
Sie setzen nicht auf Scholz, weil sie denken, sie könnten
ihn inhaltlich schon irgendwie in ihre Richtung lenken, sondern weil sie
wissen, daß er regieren kann, daß er genügend Erfahrung hat, daß er anders als
Schulz (es 2016 war) bekannt ist und sie haben in dem Dreivierteljahr ihres
Parteivorsitzes gelernt wie absolut verlässlich Scholz ist. SPD-Absprachen
setzte er im Kabinett konsequent durch, auch wenn er persönlich die
Angelegenheit anders sah. Man munkelt, er habe auf der Weil-Linie durchaus eine
KfZ-Kaufprämie ins Corona-Paket nehmen wollen, aber in den
Koalitionsverhandlungen parteitreu gegen die CDU und CSU die Linie Eskens
durchgepaukt.
Das Aufschreien derjenigen Linken an der SPD-Basis, die
lieber ihr Klientel total im Stich lassen in die einstellige Opposition
rutschen und dann tatenlos zusehen, wie AFDP/CDUCSU asoziale Politik betreiben,
aber dafür das wohlige Gefühl genießen im Recht zu sein, zeigt noch mehr wie
richtig die Entscheidung für Olaf Scholz ist.
Niemand kann der Parteiführung ernsthaft vorwerfen in vorrauseilendem
Gehorsam vor König Olaf auf die Füße gefallen zu sein.
Nein, Esken und Nowabo wurden überzeugt.
Bevor es der praxisferne Kühnert-Flügel bemerkte, ahnt die
politische Konkurrenz durchaus, daß die SPD mit dem Vizekanzler ihr schwerstes
Geschütz auffuhr und ein Friedrich Merz, der überhaupt gar keine Erfahrung in
der Regierung hat, ideologisch seit 20 Jahren krachend auf dem Holzweg ist, genauso
unglücklich über den Gegner ist wie der Rest der Unionskandidaten.
[…..] Zu früh, falscher Kandidat, rein taktisch: Führende Unionspolitiker
reagieren mit Kritik auf die Nominierung von Olaf Scholz zum
SPD-Kanzlerkandidaten - dabei könnte er CDU und CSU durchaus gefährlich werden.
[…..] Die ersten prominenten Stimmen aus
der Union klingen skeptisch. Friedrich Merz, der Ende des Jahres erst CDU-Chef
werden und anschließend für die Union das Kanzleramt erobern will, sagt:
"Der Kandidat passt nicht zur Partei." Sein Parteifreund Norbert
Röttgen, ebenfalls Bewerber für den CDU-Vorsitz, nennt die Nominierung von
Vizekanzler Scholz eine "taktische Lösung, die nicht glaubwürdig
ist". Und Bayerns Ministerpräsident, der CSU-Vorsitzende Markus Söder,
kritisiert die Personalie, weil damit aus seiner Sicht der Wahlkampf zu früh
beginne. […..] Wen die Unionsparteien
ihrerseits als Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken, ist völlig offen. […..]
Für Unruhe wird das ungeklärte
Personaltableau noch monatelang sorgen, möglicherweise bis weit ins Wahljahr
hinein. Die SPD hat sich dagegen früh sortiert und kann derweil in aller Ruhe
an der Scholz-Kampagne basteln. […..] Und
dann ist da das strategische Problem, vor das ein Kanzlerkandidat Scholz die
Union stellt: Scholz' einzige Machtoption, um Merkel in der Regierungszentrale
nachzufolgen, ist zwar Rot-Rot-Grün, falls die SPD vor den Grünen landet – aber
niemand könnte R2G, wie das Links-Bündnis genannt wird, auch derart den
politischen Schrecken nehmen wie Scholz. […..]
Als Sozialdemokrat begrüße ich einen SPD-Kanzlerkandidaten, auf
den die Union mit Knieschlottern reagiert sehr viel mehr als einen, der ohnehin
nicht ernst genommen wird.
So wie nur der angebliche Wirtschaftsmann Schröder die Angst vor RotGrün nehmen konnte, so
wie nur die SPD eine grundlegende Sozialreform durchführen konnte, so wie nur
Kohl-CDU die bei konservativen so beliebte DMark, so wie nur die Merkel-CDU die
konservativen heiligen Kühe Atomkraft und Wehrpflicht abräumen konnte, ohne daß
es das Land zerreißt, ist es wohl nur Olaf Scholz, der den Deutschen die Angst
für einer Beteiligung der Linkspartei nehmen kann.
Selbst wenn die Grünen stärkste Partei werden sollten,
würden sie bei einer reinen Esken-SPD viel zu viel Vorbehalte gegenüber der Linken
haben, um nicht lieber auf Schwarz-Grün zu setzen.
Mit Olaf Scholz als Vizekanzler und Bundesfinanzminister könnte
hingegen auch ein Kanzler Habeck zusammenarbeiten.
Mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidat ist endlich die Tür auf
für eine Bundesregierung jenseits der Union.
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