Der vom genialen Wolfgang Menge kreierte Alfred Tetzlaff war so ein kleines Würstchen. Konservativ, xenophob, besserwisserisch und zutiefst heuchlerisch.
Er verachtete Arbeiter und noch mehr diejenigen, die für Arbeitnehmerrechte eintraten. Seine ganze Bewunderung galt der Oberschicht. Direktoren, dem Geldadel, der Aristokratie oder auch hohen Militärs. Er blickte auf Arme herab, adorierte Reichtum. Dabei hatte er selbst nur einen schlecht bezahlten Job, war ungebildet und lebte in dem Haus, das seine Frau geerbt hatte.
Er selbst war der geborene Untertan, der zu keinerlei Solidarität gegenüber seiner eigenen „sozialen Schicht“ fähig war, sich irrational für etwas Besseres hielt und stets bereit war, nach oben zu buckeln, servil die Hintern seiner Vorgesetzten zu küssen.
Das reaktionäre Spießertum des Kleinstbürgers faszinierte uns alle so sehr, daß Ein Herz und eine Seele von 1973 bis 1976 ein Straßenfeger war.
Der Charakter schien grotesk überzeichnet zu sein, so daß man ihn herzlich auslachte. Dabei gab und gibt es bedauerlicherweise viel mehr Tetzlaffs in unserer Welt, als uns lieb sein kann.
Heute staune ich, wie unkritisch Jugendliche bei Amazon bestellen, bei Lidl und Aldi einkaufen, Techmilliardäre wie Musk bewundern.
Social-Media-Milliardäre des Kardashian-Typs leben nicht aus eigener Kraft ihren ausbeuterischen Lifestyle, sondern werden von Abermillionen Followern für ihren Reichtum bewundert. Wenn sie einen neuen Rolls Royce, Diamantschmuck, Handtaschen im Wert einer Eigentumswohnung oder einen Privatjet präsentieren, hagelt es Millionen Likes von all den armen Schluckern, die sich so etwas nie im Leben leisten können werden.
Natürlich ist jeder von uns partiell den Superreichen ausgeliefert. Es lässt sich kaum vermeiden, durch sein eigenes Verhalten Gates, Musk, Bezos, Zuckerberg, Schwarz, Albrecht und Co immer mehr Geld zuzuschaufeln.
Aber ich werde nie verstehen, wieso sich nicht viel mehr Menschen im Alltag wenigstens ein bißchen um Alternativen bemühen.
Muss man bei der Wohnungssuche oder beim Online-Preisvergleich ausgerechnet auf Portale zurückgreifen, die den ultrarechten Schwurbler Döpfner reicher machen? Immowelt.de & immonet, Stepstone, Meinestadt, idealo.de, kaufDa, Bonial, finanzen.net und viele andere mehr gehören dem Axel-Springer-Konzern. Das ist aber nicht bloß irgendeine Firma, die mir zufällig etwas unsympathisch ist, sondern BILD, WELT, Döpfner und Reichelt sägen an unserer Demokratie, verbreiten Fake-News und Covidiotie.
Man muss weder ein Buch, noch ein Hemd oder ein USB-Kabel bei Amazon kaufen. Es ist völlig unangebracht, Steuerflüchtlinge und Umweltsäue bei ihrem Tun auch noch zu unterstützen, wenn es Alternativen gibt.
Ich kaufe grundsätzlich niemals bei Discountern, weil ich regionale Händler und Produzenten unterstützen will. Natürlich verstehe ich, in einer privilegierten Lage zu sein. Ich muss nur für eine Person einkaufen und lebe mitten in einer Millionenstadt, in der ich die freie Auswahl habe.
Hätte ich sieben Kinder, lebte von Grundsicherung und das in einem Minikaff, in dem ein Lidl im Umkreis von zehn Kilomatern der einzige Supermarkt ist, würde ich notgedrungen auch dort einkaufen.
Aber dazwischen gibt es viel grau; viele Leute, die in den Discounter gehen, weil sie bequem sind, nicht nachdenken oder schlicht geizig sind.
Ich bin es leid, von meinen Lieblingspolitmagazinen das 197. mal Horrorgeschichten über Gammel- oder Separatorenfleisch zu hören.
Was erwarten die Leute denn, wenn sie ein Kilo Tiefkühl-Lasagne für 99 Cent kaufen? Daß das aus glücklichen Kobe-Rindern, die ihr Leben lang gestreichelt, massiert und liebevoll umhegt wurden, hergestellt wurde? Oder ist es wahrscheinlicher, daß da ein paar alte Hunde und Pferde vom Abdecker mit verwurstet wurden?
Naomi Kleins „No Logo“ erschien vor 22 Jahren und die weltweiten Verbraucher und Wähler haben immer noch nicht begriffen, daß sie eine gewaltige Marktmacht ausüben mit ihren alltäglichen Entscheidungen.
Es ist zum Verzweifeln.
[…] Im Würgegriff der Feinde der Menschheit
Das Supreme-Court-Urteil gegen effektiven Klimaschutz in den USA ist ein Symptom für ein viel größeres Problem: die unglaubliche, globale Macht der Branchen, die uns in den Untergang führen.
[…] Diese Woche hat diese globale, dezentrale, aber extrem effektive Verschwörung in den USA deutlicher, als sie das sonst tut, ihr Gesicht gezeigt. Die Karten liegen auf dem Tisch. Aber die Menschheit reagiert nicht. Bislang. In den USA wurde deutlich, worauf die sogenannten Konservativen dort, die in Wahrheit primär willfährige Handlanger der US-Öl-, Gas- und Kohleindustrie sind, seit vielen Jahren hinarbeiten: auf die Möglichkeit nämlich, ihre planeten- und damit zivilisationszerstörenden Geschäftsmodelle vor möglichst jeder Einschränkung zu beschützen. […]
(Christian Stöcker, 07.03.2022)
Wir sind diesen Weltenzerstörern eben nicht hilflos ausgeliefert, sondern könnten wählen gehen, unsere Konsumgewohnheiten ändern, weniger Kinder bekommen, gezielter einkaufen, nachhaltiger leben, uns informieren, handeln – und all das ohne FFF-artig mit Superkleber auf einer Straßenkreuzung fixiert zu werden.
Es wäre nicht notwendig gewesen, daß die Erstwähler 2021 die FDP zur zweitstärksten Partei erkoren.
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