Die großartige Carolin Emcke, “Friedenspreis des Deutschen Buchhandels”-Trägerin, verwies in ihrer jüngsten SZ-Kolumne auf einen unangemessenen Euphemismus, der bei Betrachtung der gegenwärtigen Megakrisen gern benutzt wird.
[….] Verlorene, ignorante, vergeudete Zeit bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen lässt sich nicht mehr einholen. Es ist wie auch bei der Pandemie ein Leben in Wenn-dann-Funktionen, bei dem jede Unterlassung in der Gegenwart in absehbarer Zeit unweigerlich bestraft wird. Die im Abkommen von Paris beschlossene Begrenzung der globalen Temperaturerhöhung um 1,5 bis 2 Grad heißt adrett-harmlos "Klima-Ziel", als ob das nur ein beschwipster Vorsatz fürs neue Jahr wäre, an den zu halten sich ohnehin niemand verpflichtet fühlt, wenn die Promille wieder abgebaut sind, als ob es einfach eine Aufgabe wäre, an der zu scheitern ein wenig peinlich, aber nicht absolut vernichtend wäre. Aber jenseits dieser Schwelle droht nicht einfach nur ein bisschen schlechtes Gewissen des globalen Nordens, jenseits davon liegt nicht einfach der nächste gute Vorsatz, jenseits davon droht Zerstörung.
Vielleicht muss man die Sprache der Katastrophe übersetzen. Vielleicht muss das nüchtern Technizistische des Experten-Vokabulars, das den Schrecken kostümiert, einmal entkleidet werden. Es gibt ökologische Grenzen der Ignoranz, sie werden euphemistisch "Kipp-Punkte" genannt, als ob sich danach fröhlich weiter schaukeln ließe, aber es sind in Wahrheit Abgründe ohne Wiederkehr. Wenn sich die Erderwärmung unvermindert fortsetzt, wenn das 1,5-bis-2-Grad-Ziel gerissen wird, dann werden das Abschmelzen des Grönlandeisschildes, das Auftauen des Permafrosts, die Erosion des Amazonas als irreversible Prozesse immer wahrscheinlicher. Irreversibel heißt übrigens irreversibel. Unumkehrbar. Jede späte Einsicht ist dann nicht spät, sondern zu spät. [….]
Auch der Religionssoziologe Detlef Pollack benutzt die Vokabel "Kipp-Punkt", obwohl er sie offensichtlich selbst für zu schwach erachtet. Spiegel-Interviewer Hilmar Schmundt, verwendet unterdessen den gesamten kirchenfreundlichen Konnotationsbrei bei der Formulierung seiner Fragen. Die Abkehr von einem menschenfeindlichen Kinderfic**rverein mit beispielloser Kriminalgeschichte voller Genozide, hält auch er ganz selbstverständlich für bedauerlich.
[….] SPIEGEL: Die Kirchenbänke lichten sich: Laut einer Erhebung der Universität der Bundeswehr planten 2019 noch 24 Prozent der Befragten, zu Weihnachten in die Kirche zu gehen, nun nur noch 15 Prozent. Ist das eine Ausnahme wegen Pandemie und Ukrainekrieg?
Pollack: Nein, dieser Trend hält an. Erstmals stellen die konfessionell Gebundenen der beiden großen Kirchen in Deutschland nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung, der Anteil von Katholiken und Protestanten ist unter 50 Prozent gesunken. [….]
SPIEGEL: Wird die Entkirchlichung sich fortsetzen?
Pollack: Ja, wir befinden uns an einer Art Kipppunkt. Denn Mehrheitsverhältnisse haben die Tendenz, sich zu verstärken. [….] Die Unterschiede sind beträchtlich. Der Westen erreicht den Kipppunkt gerade, noch immer sind etwa 60 Prozent Mitglied einer der beiden großen Kirchen, im Osten dagegen weniger als 25 Prozent – dort stellen die Konfessionslosen mit rund 70 Prozent klar die Mehrheit. [….] [….] Viele Frauen haben vielleicht schlicht nicht mehr die Kraft und Zeit, um neben ihrer Erwerbstätigkeit auch noch große Energie in die religiöse Erziehung zu investieren. [….]
SPIEGEL: In einem Buch von 2012 wirkte Ihre Vorhersage zur Zukunft des Glaubens noch diffuser, inzwischen sehr deutlich: Die Säkularisierung ist unaufhaltsam, es geht bergab mit Religiosität und Kirchenzugehörigkeit. Das erinnert fast an die Klimaforschung der Achtzigerjahre, an die langen Debatten, ob der Klimawandel real ist. [….]
Pollack: Ja, in den Achtzigerjahren habe ich mich auch gefragt, was am Klimawandel dran ist – heute sind sich 90 Prozent der Wissenschaftler einig. Ähnlich verhält es sich mit der Säkularisierungstheorie. [….] [….] Ist der Glaube einmal weg, kommt er so schnell nicht wieder. Der Aufbau von Religion ist weitaus mühsamer als der Abbau. [….]
SPIEGEL: Was folgt politisch daraus, dass in Deutschland der Anteil kirchlich gebundener Menschen unter die Hälfte gerutscht ist?
Pollack: Viele Tabus werden fallen. Noch vor 20 Jahren hatten auch antiklerikal eingestellte Menschen einen gewissen Respekt gegenüber der Kirche, gestanden etwa den Bischöfe Anstand und Würde zu. Das ist vorbei. Jetzt wird vieles zur Disposition gestellt: die Kirchensteuer, der Religionsunterricht, die Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Neben differenzierter, kenntnisreicher Kirchenkritik hört man immer öfter eine ressentimentgeladene und vulgäre Ablehnung des Religiösen. Das ist ein kultureller Erdrutsch, der auch institutionelle Folgen haben wird. [….] SPIEGEL: Können die Kirchen sich dagegenstemmen?
Pollack: Nein, sie können das nicht mehr aufhalten und versuchen schon gar nicht mehr, ihre Besitzstände und Privilegien zu verteidigen, sonst würden sie noch mehr Menschen verlieren. Jedes Argument für die Bewahrung des Status quo wendet sich gegen sie, weil es als autoritär, undemokratisch und Verteidigung von Partikularinteressen angesehen wird. Die Kirchen müssen sich kleinmachen, um die Angriffsflächen so gering wie möglich zu halten.
[….] Vielleicht ist die Situation nicht in jeder Hinsicht aussichtslos. Es gibt immer wieder kleine Gelegenheitsfenster: In den Augen vieler leisten die Kirchen gute Arbeit, wenn es etwa um die Arbeit mit Behinderten geht oder um Hilfe für Arme und Schwache, um Beerdigungen oder die kirchliche Hilfe bei der Trauerbewältigung. Aber es schwindet die Möglichkeit, diese große Tradition, den riesigen Bestand an sozialen Konventionen, den Schatz an Lebensweisheit und geistlicher Kommunikation zu bewahren. [….]
Schmundt und Pollack sind Gefangene ihrer Subjektivität.
Nein, die deutschen Kirchen befinden sich nicht an einem über sie hineingebrochenen Kipppunkt, sondern sie erhalten endlich ihre (immer noch viel zu milde) Strafe, indem sie stetig ihrem Macht- und Achtungsverlust entgegentaumeln.
Das ist für die Gesellschaft, für die Menschen, für die Vernunft, für die Wissenschaft eine sehr gute Nachricht. Die Kirchen verlieren umso stärker, je gebildeter, wohlhabender und liberaler die Gesellschaft ist.
Je größer der religiöse Einfluss, desto ungerechter, intoleranter und diskriminierender geht es zu.
Donald Trump ist Liebling der Christen, während die katholische Kirche aggressiv vor der Wahl Joe Bidens warnte.
Der fromme Christ Greg Abbott, Gouverneur von Texas, ließ zu Weihnachten Busladungen voller frierender verängstigter Migranten im T-Shirt bei -8°C vor Kamala Harris‘ Residenz in Washington wie Vieh auskippen. Das sind Christen. So einer wird von Christen gewählt. Christen begeistern sich für Todesstrafe und Folter. Christen lieben Waffen und diskriminieren Queere. Christen rechtfertigen mit ihrer „Wir sind besser als die“-Ideologie Verstöße gegen Menschenrechte. Die UN-Menschenrechtscharta wird vom Vatikan nicht unterschrieben.
[….] Several busloads of migrants were dropped off in front of Vice President Kamala Harris’ residence in Washington, DC, on Christmas Eve in 18 degree weather late Saturday.
An initial two busloads were taken to local shelters, according to an administration official. More buses arrived outside the vice president’s residence later Saturday evening. A CNN team saw migrants being dropped off, with some migrants wearing only T-shirts in the freezing weather. They were given blankets and put on another bus that went to a local church.
Amy Fischer, a volunteer with the Migrant Solidarity Mutual Aid Network, which has been receiving migrants sent to DC since the spring, said the organization had been prepared for Saturday night’s arrivals, having been informed about it earlier by an NGO working at the border in Texas.
The arrivals included asylum seekers from Ecuador, Cuba, Nicaragua, Venezuela, Peru and Colombia, according to Fischer, who told CNN the buses were supposed to go to New York but were diverted to DC due to the weather. Busloads of migrants have been arriving in Washington weekly since April. [….] “What they’re seeing is much worse than what we see here. The three buses are just a small portion of what they experience on a day to day,” Laborde said in an interview with Sara Sidner on “CNN This Morning” on Monday. [….]
The White House, however, put the blame on the Texas governor, calling it a “cruel, dangerous, and shameful stunt.”
“Governor Abbott abandoned children on the side of the road in below freezing temperatures on Christmas Eve without coordinating with any Federal or local authorities,” White House spokesperson Abdullah Hasan said in a statement. “As we have repeatedly said, we are willing to work with anyone – Republican or Democrat alike – on real solutions, like the comprehensive immigration reform and border security measures President Biden sent to Congress on his first day in office, but these political games accomplish nothing and only put lives in danger,” Hasan said. [….]
Die christliche Kirche in Russland und ihr Oberhaupt Patriarch Kyrill sind die größten Fans von Wladimir Putin, heizen den Krieg mit der Ukraine begeistert an.
Also, Pollack und SPIEGEL, die gerechte Strafe für die Kirchen, wäre nicht bloß Machtverlust und Abkehr der Gläubigen, sondern vollständige Konfiszierung aller Vermögenswerte und Verhaftung der Geistlichen.
Die Kirche in Deutschland ist an keinem „Kipppunkt“, sondern siecht ihrem mehr als verdienten Ende entgegen.
Diesen Trend zu stoppen, ist keine „Hoffnung“, sondern eine BEFÜRCHTUNG.
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