Noch einmal; ich bin froh, daß Olaf Scholz genau überlegt, sich nicht drängeln läßt, daß er Amerikaner und Franzosen einbindet und daß er eben nicht mit fliegenden Fahnen deutsche Panzer gegen Russland schickt.
Einer meiner Onkel wurde 1944 von der Wehrmacht eingezogen, an die „Ostfront“ versetzt, irgendwo am Ural auf einen Erkundungsgang geschickt und gefangengenommen, bevor er einen Schuss in dem Krieg abgegeben hatte.
Seine ältere Schwester, meine Tante, suchte ihr Leben lang nach ihm, war immer mit dem Suchdienst des Roten Kreuzes verbunden, reiste mehrfach selbst in die Sowjetunion. Als 1955 die letzten Heimkehrer nach Deutschland geschickt wurden, traf sie einige „Kameraden“, die Jahrelang mit ihm zusammen in Gefangenschaft waren. Sie berichteten, ihm ginge es physisch relativ gut, weil er in Deutschland als Feinmechaniker ausgebildet worden war und ihn die Rote Armee daher für allerlei Arbeitsprojekte gut gebrauchen konnte.
Mindestens neun Jahre hatte er also seine Gefangenschaft überlebt. Ab dann fand sich nie wieder eine Spur.
Mit Glasnost und Perestroika keimte noch mal Hoffnung auf. Könnte es sein, daß er irgendwo in einem von der Welt abgeschnittenen sibirischen Dorf als alter Mann immer noch lebte? Vielleicht sogar mit Familie? Nun müsste es ihm erlaubt sein, einen Brief nach Hamburg zu schicken. Die elterliche Firma existiert noch am selben Ort; er hätte also gewußt wohin man einen Brief adressiert. Es kam aber nie etwas. Zuletzt hatte mein jüngerer Onkel nach der Gorbatschow-Ära in den 1990ern eine Reise in das sibirische Gebiet unternommen, wo die deutschen Gefangenen der Einheit seines älteren Bruders bis 1955 hausten. Aber es ist nichts mehr da. Rein gar nichts. Die Lager, die Baracken sind vollständig abgerissen. Dort befindet sich nur noch Graslandschaft. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber was mit den Deutschen, darunter mein Feinmechaniker-Onkel, passierte.
Inzwischen wäre mein sibirischer Onkel 100 Jahre alt. Es ist also sehr unwahrscheinlich, daß er noch lebt.
Seine Mutter (meine Oma) und seine Schwester (meine Tante) hingen besonders an ihm. Sie hatten ihr Leben lang ein Bild von ihm an ihrem Bett stehen. Als meinte Tante 90-Jährig starb, sagte sie mir, es sei kein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihren Bruder gedacht habe. Auf seinem Grabstein in Hamburg steht eingraviert „1944 vermisst in Russland“. Aber die Ungewissheit, diese ganz winzige latente Hoffnung, doch noch einmal von ihm zu hören; zu erfahren, daß er länger überlebt hätte, nahmen alle mit ins Grab. Meine Oma und meine Tante litten beide mehrfach an so schweren Depressionen, daß sie für lange Zeit im völligen Stupor in Klinken verbrachten.
Das ist auch Krieg. Das sind die Langzeitfolgen. Folgen für die Hinterbliebenen, die noch Glück gehabt haben. Die körperlich unversehrt davon kamen, nicht vergewaltigt wurden und nach dem Kriegsende bald wieder in Wohlstand und Demokratie leben konnten.
Den meisten Kriegsopfern ergeht es schlimmer.
Und schließlich ist da noch die Schuldfrage, die im Zweiten Weltkrieg eindeutig ist: Die Deutschen sind schuld, die Sowjetunion hat sich verteidigt und befreite Auschwitz und andere Vernichtungslager. Die Sowjetbürger sahen Schlimmeres und bezahlten einen weit höheren Blutzoll als die Deutschen.
[….] Der Zweite Weltkrieg begann mit dem Überfall des Deutschen Reiches auf Polen im Herbst 1939. In der Folge wurde weltweit gekämpft und es wurden Kriegsverbrechen und Massenmorde verübt. Insgesamt wurden schätzungsweise mehr als 70 Millionen Menschen getötet.
Die höchsten Verluste musste die Sowjetunion verzeichnen: Rund zehn Millionen Soldaten der Roten Armee wurden getötet oder starben in Kriegsgefangenschaft. Insgesamt verloren mindestens 24 Millionen sowjetische Bürger ihr Leben - bedingt durch den Rassenwahn des nationalsozialistischen Deutschlands. [….]
(Statista)
Die deutsche Wehrmacht überrollte am 22. Juni 1941 im „Unternehmen Barbarossa“ die alliierte Sowjetunion mit 121 deutschen Divisionen auf einer 2130 km breiten Front zwischen Ostsee und Schwarzem Meer.
Durch drei Millionen deutsche Soldaten und 600.000 Soldaten aus Italien, Ungarn, Finnland, Rumänien, Slowakei; durch 600.000 Kraftwagen, 625.000 Pferde, 3350 Panzer, 7300 Geschütze und 3000 Flugzeuge wurden letztendlich bis zu 40 Millionen Sowjetbürger getötet. Die Deutschen hatten es von Anfang an als „Vernichtungskrieg“ angelegt. Für den „Lebensraum im Osten“ sollte die gesamte Bevölkerung ausgelöscht werden.
Auch Wladimir Putins älterer Bruder kam durch die Deutschen in St. Petersburg ums Leben. Der „Blitzkrieg“, das bis dahin nie dagewesene schnelle Vorrücken durch technisch überlegene deutsche Panzer, wurde weltweit zum Schreckenswort.
Fast Forward zu 2022: Putin greift die Ukraine an. Nach elf Monaten beklagt Russland um die 200.000 Tote und Verletzte. Die Verluste in der Ukraine sind kaum zu bemessen.
Es hat sich in den 77 Jahren seit dem Ende des WK-II viel geändert. Nun gibt es gute Gründe, die Ukraine auch mit deutschen Waffen zu unterstützen.
Es gibt aber auch alle Gründe, sich aus moralischen und historischen Gründen zu sperren, jemals wieder deutsche Panzer auf dem ehemaligen Gebiet der Sowjetunion in Richtung Osten schießen zu lassen.
Deswegen ist es auch unverzeihlich, wenn die deutsche Außenministerin, halb im Versehen, öffentlich erklärt „wir befinden uns im Krieg gegen Russland“.
Der Grüne Hofreiter und die Gelbe Strack-Zimmermann sind Feuer und Flamme für deutsche Panzer in der Ukraine.
Franka Lehfeldt, die offenbar völlig verblödete Ehefrau des Finanzministers Christian Lindner, legte noch eine Schippe Peinlichkeit drauf und plapperte davon, die linksterroristische RAF aus dem 1970ern habe das KZ Auschwitz befreit.
[….] Ein Fehler in einer Moderation zum Holocaust-Gedenktag hat der Nachrichtensprecherin Franca Lehfeldt Häme und Spott eingebracht.
Lehfeldt sagte im Fernsehsender »Welt«: »Heute vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.« […]
Der König der Doofheit ist und bleibt natürlich Donald Trump. Er hatte den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 gelobt und Putin dafür zum „Genie“ erklärt.
Nun plappert der Ahnungslose, der in Umfragen bei republikanischen Wählern wieder vor allen anderen Kandidaten zur Präsidentschaftskandidatur 2024 liegt, davon wie leicht er den Krieg beenden könne.
[…] Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat behauptet, er könne „binnen 24 Stunden“ erfolgreich zwischen Russland und der Ukraine vermitteln und so den Krieg beenden. Trump, der sich seit seines Besteller-Buchs „The Art of the Deal“ als Verhandlungskünstler versteht, prahlte auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social über sein angebliches Verhandlungsgeschick.
„Wäre ich Präsident, wäre der Russland/Ukraine-Krieg nie passiert“, schrieb Trump – gänzlich in Großbuchstaben – am Donnerstag (26. Januar). Weiter versicherte der Republikaner, der bereits eine Kandidatur für die US-Wahl 2024 angekündigt hatte, den Konflikt jetzt noch rasch beenden könnte. „Wenn ich Präsident wäre, könnte ich binnen 24 Stunden ein Ende dieses schrecklichen und schnell verletzenden Krieges aushandeln“, schrieb der Ex-Präsident. […]
Schon empfehlen Stimmen aus der MEHRHEITSFRAKTION des US-Kongresses Joe Biden, Trumps Rat zu folgen.
[….] Rep. Troy Nehls, a vocal critic of U.S. military aid to Ukraine, said Thursday that President Joe Biden should call in his predecessor to end the conflict with Russia. "Joe Biden, you need to call Donald Trump. Donald Trump will call Vladimir Putin and end this war," Nehls, R-Texas, said on Fox News. "We must stop this war, and Donald Trump can do it."
Nehls said he thought Putin, the Russian president, would respond to Trump because “he never went into Ukraine” when Trump was president. [….]
Ein EU-Regierungschef sieht es ebenso.
[…] Russian President Vladimir Putin’s key ally, Prime Minister of Hungary Viktor Orbán, on Tuesday said former U.S. President Donald Trump is the only person who can end the war in Ukraine. […]
Nein, ich habe lieber keine Konservativen, keine Baerbock und keine FDP im Kanzleramt.
Ich bin froh, dort mit Olaf Scholz einen besonnenen Mann zu wissen, der genau die Konsequenzen seines Handelns abwägt.
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