Samstag, 25. Januar 2014

Luthers fiese Epigonen.

Vergleicht man in Deutschland die katholische mit der evangelischen Kirche, wirkt Erstere immer als die Konservativere und Unangenehmere.
Die extreme Homophobie, bizarre Zölibatszwänge und die misogyne Personalpolitik gibt es nicht bei den Protestanten.
Außerdem sind die klischeeartigen Chefs, die in der Tradition der Fürstbischöfe absolutistisch herrschen immer Katholiken.
Protz, Prunk und Prassen ist das Motto von Typen wie Tebartz-van-Elst, Mixa oder Marx, während sich die protestantischen Amtskollegen demonstrativ bescheiden geben.

Amerikaner wundern sich über solche Einschätzungen, weil in den USA die katholische Kirche als relativ liberal gilt – verglichen mit den protestantischen Radikalen.
Ursache dieser unterschiedlichen Wahrnehmung ist der enorme Anteil der Evangelikalen in den USA.
Die Bibelfanatiker bringen groteske Megachurch-Multimillionäre hervor, die mit höchst bizarren Märchengeschichten 2/3 Amerikas in ihren Bann ziehen:
 Die Erde ist genau 6000 Jahre alt, wurde von Gott genau der Genesis entsprechen geschaffen und anfangs lebte man in friedlicher Coexistenz mit den Dinosauriern.
 Die deutschen Evangelischen schön zu reden, ist aber auch nur sehr bedingt zu vertreten, denn intellektuell sind deren oberste Führer (Huber, Käßmann) gelegentlich so unterbelichtet, daß man sich fragt, wie die jemals ihren Hauptschulabschluß schaffen konnten.
Geistige Dünnbrettbohrerei in Kombination mit Freudlosigkeit und striktem Sündenverbot (Protestanten können sich Masturbation nicht in der Beichte verzeihen lassen; es gibt kein Moral-Reset) führen dazu, daß einst hochintelligente Protestantenkinder wie Uta Heinemann zur RKK konvertierten. Sie wollte der intellektuellen Enge entkommen.

Die Protestanten Deutschlands sind aber nicht nur durch besonders dümmliches Führungspersonal gekennzeichnet (Elisabeth Charlotte Motschmann, Irmgard Schwätzer, Katrin Göring-Kirchentag,…), sondern sie radikalisieren sich zunehmend.
Zwischen ein und zwei Millionen Deutsche Christen gehören dem evangelikalen Flügel an.
Durch den evangelikalen Einfluss konnten die Christen binnen kürzester Zeit über 100.000 Stimmen für eine menschenfeindliche homophobe Petition zusammen bekommen. Ekelhafte Umtriebe, die selbst vom ewig plappernden Plappermäulchen Käßmann mit (zustimmenden?) Schweigen quittiert wurde.
Groteske Typen sammeln sich an der evangelischen Basis die dümmsten Schäfchen ein,  um ihnen Schulbesuche auszureden, oder Hass auf Schwule einzutrichtern.

Ein Huhn, welches in Hamburg immer wieder für Furore sorgt, ist die radikale evangelikale Christin Gaby Wentland, 56.
Die Pastorenfrau gründete vor drei Jahren die Hilfsorganisation MISSION FREEDOM, mit der sie gegen Prostitution und Menschenhandel vorzugehen vorgibt.
Dabei verbreitet sie tränenrührige Geschichten wie die über „Lisa Heller“, 26, die schon mit neun Jahren in Hamburg zur Prostitution gezwungen wurde.
Wochenlang betete Wentland für die junge Hure und half ihr schließlich mit „Lichtduschen mit Jesu Licht“ der Prostitution zu entkommen.
Solche Geschichten rütteln die Zuhörer wach und lassen sie kräftig spenden.
Die Öffentlichkeit ist so beeindruckt, daß sie Mission-Freedom-Gründerin dieses Jahr den Bürgerpreis des Bundesverbandes  Deutscher Zeitungsverleger verliehen bekommt.

Gaby Wentland erntet Lob von vielen Seiten, ihr Verein erhält Spendengelder der Aktion Mensch und des Hamburger Spendenparlaments, ist Mitglied in der Diakonie. Nun soll die 56-Jährige sogar mit dem mit 20.000 Euro dotieren Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen ausgezeichnet werden. Das Hamburger Abendblatt hatte sie für die Auszeichnung vorgeschlagen.

Kleines Problem am Rande:
Wentland lügt. Lisa Heller war nie Hure.

Auf dem Kirchentag im Mai 2013 hatte die „Mission Freedom“ ihren ersten großen öffentlichen Auftritt: Erstmals zeigte eine frühere Zwangsprostituierte ihr Gesicht, sprach über ihr schockierendes Schicksal. Ihr eigener Vater habe sie bereits mit acht Jahren zur Prostitution in seinem Hamburger Bordell gezwungen, behauptete die junge Frau, die sich „Lisa Heller“ nannte. „Mission Freedom“ habe ihr geholfen.
„Diese Geschichte ist frei erfunden“, sagt Jörn Blicke, der das Dezernat „Milieu“ im Landeskriminalamt leitet. Das LKA hat recherchiert, immerhin hatte „Lisa Heller“ ihren Vater öffentlich eines Schwerverbrechens bezichtigt. Ergebnis: Als Kind kannte „Lisa Heller“ ihren Vater gar nicht, er hat nichts mit Prostitution zu tun, besaß nie ein Bordell.
Im NDR-Magazin „Panorama 3“ wischt Gaby Wentland die Erkenntnisse des LKA vom Tisch: „Da steht Aussage gegen Aussage. Wentland hat „Mission Freedom“ 2011 gegründet. Die vierfache Mutter ist Pastorin der Freien Gemeinde Neugraben. Die Worte ihrer Predigten („Die Braut Jesu findet ihre Erfüllung in Hingabe“) empfängt sie direkt von Gott, sagt sie.
Die göttlichen Eingebungen stehen online. Sie predigt auch über „Mission Freedom“: „Wir werden die Mädchen aus der Prostitution herausholen und ich denke, wir sind die Einzigen, die von Gott beauftragt sind, das zu tun (...) Ich will sehen, wie Tausende dieser jungen Frauen zurückgehen in ihre Heimatländer, erfüllt mit dem Heiligen Geist und sagen: Mein Gott kann alles!“
Die Vereinsgründerin ist überzeugt, dass der „mächtige Friede Gottes“ Verletzungen aus sexuellem Missbrauch heilen kann.

[….] Auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei vom 22. Oktober hatte der Senat mitgeteilt, dass weder das Landeskriminalamt (LKA), noch Behörden und Beratungsstellen mit dem Verein zusammenarbeiten. Arbeit und Konzept des Vereins entsprächen „nicht den fachlichen Qualitätsanforderungen im Umgang mit Menschenhandel“. Auch die Anerkennung des „Mission Freedom Home“ als Frauenhaus sei im April 2013 abgelehnt worden.  Der Senat kritisierte die „spezifisch religiöse Ausrichtung im Umgang mit Opfern sexuellen Missbrauchs“. Nach Einschätzung Jörg Pegelows, Sektenexperte der Nordelbischen Kirche, hat Mission Freedom ein „stark missionarisches Interesse“.
Tatsächlich haben die Beratungsstellen bei häuslicher Gewalt und Zwangsheirat, Lâle und Verikom, im August eine Unterlassungsaufforderung an Mission Freedom gestellt, „ab sofort die Nennung der beiden Träger im Kontext der Arbeit von Mission Freedom zu unterlassen“.
Und auch das LKA winkt ab: „In der Tat arbeiten wir nicht mit Mission Freedom zusammen“, sagt Jörn Blicke, Dezernatsleiter Milieu. „Wir vermitteln keine Frauen an Mission Freedom und wir weisen auch nicht auf Mission Freedom im Rahmen unserer Präventionsrunden im Milieu hin.“ [….] Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (Basfi) grenzt sich weiterhin klar von „Mission Freedom“ ab: „Die Basfi und die von ihr finanzierten Opferschutzeinrichtungen vermitteln keine Frauen an Mission Freedom. [….] „Erschreckend“ sei, heißt es in der Behörde, dass die Hamburger Diakonie sich hinter den Verein gestellt hat. Zwar räumt Diakoniesprecher Steffen Becker ein, „man sehe den Verein durchaus kritisch“. Und das Frauenhaus des Diakonischen Werkes lehnt die Zusammenarbeit ab. Aus dem Dachverband ausschließen werde man den Verein trotzdem nicht, sagt Becker. [….]



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